auch der Haupimann hinzu, schüttelte den» Gastgebe? die Handund geleitete ihn an der Seite Botbergs zur großen Tafel. In»Gehen zupfte der Gutsbesitzer den Aintniarin am Aermel:„Mußich etwa gar jetzt schon Abbitte leisten?" fragte er.,.O. Jetzt noch nicht, erst wenn die Punschbowle aufgetragenWird."„Sagt einmal. Botberg." fing er nach einer Weile wieder an,ginge es nicht, daß Ihr mir das abnehmt? Das heißt... ichmeine..."„Wie? Meint Ihr, ich solle für Euch die Abbitte bortragen?"„Ja, es wird wohl ganz gleich sein, ob ich... ich wüßte näm-lich nicht recht die Worte zu setzen..„Meinetwegen denn! Weshalb auch nicht? Die Hauptsacheist, daß Ihr dabei leid. Wollt Ihr den Punsch mit brauen helfen?"„Nein, o nein!" wehrte Hellman ab.„Besorgt das selbst....Führt mich nur hinaus aus dem Gewimmel."„Wie es Euch beliebt; aber wenn Ihr mich an das Punschglasklopfen hört, so kommt herein."„Gut, ich werde kommen."Der Amtmann schob nun den Gutsbesitzer in einen Seiten-räum und begab sich in den Saal zurück, wo der Hauptmann mitHülfe dcS Wirtes die Bowle anrichtete. Nach und nach sammeltefich um die Geschäftigen eine Gruppe minderer Leute, die bishernie gesellen hatten, wie man eine- Bowle braut.„Alto, das alles zusammen gibt eine Bowle?" fragte einer.„Wäre es nicht gerade so gut, wenn man all diese Zutaten einzelnzu sich nehmen würde, den Kognak, den Wein, den Zucker?"„Nein, davon versteht Ihr nichts, so schmeckt's besser."„Ist das nicht schon zuviel Kognak?" mischte fich ein Zlveiterdrein.„Im Gegenteil. Bringt nur noch eine Boutcille Kognak undeinige Flaschen Wein."„Aber das wird ja zu stark werden l"„llnd zu teuer sein!"„TaS hat nichts zu sagen. Ich meine, die Hauptsache ist.daß sie gut schmeckt, koste sie, waS sie wolle! Ihr seid doch nichthergekommen, um Zuckerwajser zu trinken?"„Wie teuer stellt sich eine solche Bowle? Ich wäre wirklichneugierig, das zu wissen!"„Kostet davon, aber stellt keine müßigen Fragen.'„Laßt fie mich auch kosten. Meiner Treu', die schmeckt fein!"„O, noch nicht ganz so, wie fie schmecken sollte," meinte derHauptmann, nachdem er auch davon gekostet hatte.„Da muß nochEhampagner hinein- Her mit ein paar Flaschen, Herr Wirt!"«Behüte, behüte!" wandten einige Aengstliche«in.„Was versteht Ihr davon! Ich sage Euch, in eine feine Bowlegehört unbedingt Champagner!"Die Mehrzahl bekräftigte dicS mit einem zustimmenden überlauten Gelächter.Der Wirt brachte den Champagner. Die Bowle wurde nunverrührt, und jetzt erst gab der Hauptmann zu. daß fie„grade an-ginge". Man brachte das Niesengesäß mit dem duftenden Gebräuauf die Takel, und die Honoratioren gruppierten fich mit ver-gnügten Gefichtern in der Runde.(Schluß folgt.)(Nachdruck verdoten.)'Cafilet, das Stammlandder marckkamfchen Dynaftie.Im Nordosten und Nordwesten Marokkos stehen oder kämpfenschon geraume Zeit französische Truppen, und nun ist in den letztenTagen auch der Südosten des Landes zum Kriegsschauplatz gc-worden, und die Feindseligkeiten find mit einen für beide Teileverlustreichen Kampfe eröffnet worden. Es war bereits seitlängerem davon die Rede, daß französische Truppen von Südosten,von Süd-Oran her in Marokko einzumarschieren gezwungenseien, da der Gegensultan Mulah Hafid in Tafilet, dem Stamm-lande der scherisischen Dynastie, Anhang gewinnen soll, und weildie Franzosen überdies die unruhigen Stämme dieser Oase schonlange als eine schwere Gefahr für Südalgerien und die nord-westliche Sahara ansehen. Daher haben sie auch ihre Bahn nachAin Sefra der marolkanischen Grenze entlang südwestwärts weiter-geführt, so daß der heutige Endpunkt nur noch etwa 1A) Kilometer von Taftlet entfernt liegt.Die Oase Tasilet oder Tafilelt ist das Stammland der heu-tigcn marokkanischen Herrschcrsamilie, und in der Reihe der Titeldes Sultans ist auch der eines„Königs von Tasilet" vertreten.Im Jahre 1620 kam aus der arabiscben Hafenstadt Jamba einScherls— also ein Heiliger und cmgcblickcr Nachkomme des Propheten— namenL Mulav Ali nach der feit 1536 Marokko einverleibte» Oase und erlangte dort Vncll ein hohes Ansehen, so daßsein Sohn Mula!) elcb-Scberif sich bereits„König von Tafilet"nennen konnte. Dessen Nachwlger aber, Mulay Reschid, ging garschon angriffsweise gegen die Dynastie von Fes vor und gewann1668 den marokkanischen Thron. Der jetzige Sultan iit dersechzehnte in der neuen Herrscherreihe MarokkosUnser Wissen über Tafilet ist, wie überhaupt vom SüdostenMarokkos, noch nicht sonderlich groß; denn nur wenige europäischeReisende haben die Oase bisher aufgesucht, und sie haben überdiesimmer nur kurze Zeit in ihr verweilen können. 1828 war derFranzose Rene Caillie dort, Gerhard NohlfS ist zweimal,1862 und 1864, in Tafilet geweien, und 1893 folgten ihm der Eng-läuder Harns und der Franzose Delbrel. Die Berichte dieserReisenden geben uns ein ungesähres Bild von der Oase.Der Südosten Marokkos ist eine ärmliche Wüste, die denliebergang vom Atlas zur eigentlichen Sahara bildet. Die Zahlder wasserführenden Wadis(Flußtäler) und Quellen ist gering,und an diese sind die bewohnbaren und anbaufähigen Oasen ge-bundeu. Die von Tafilet verdankt ihr Bestehen dem Wadi GheriSund dem Wadi Tis, die vom Hohen Atlas herunter kommen undspäter in der Sahara fich verlieren. Tafilet dehnt sich in einerLänge von vielleicht 80 Kilometern und einer Durchschnittsbreitevon etwa 15 Kilometern zwischen jenen beiden Wadis aus, die ihrWasser zur Berieselung der Palmengärten und Aecker abgebenmüssen, da Regen nur selten fällt und auf ihn kein Verlaß ist.Ein reich verzweigtes Kanalnetz von primitiver, doch zweckent-sprechender Anlage überzieht die ganze, gegen 1150 Ouadratkilo«meter umfassende kulturfähige Fläche. Einzelne Kanäle führenauch nach ganz trockenen Sommern etwas Wasser, aber es sindnicht alle von den sieben Bezirken der Oase in dieser Hinsichtgleich gut bedacht; manche, wie Es-Sifa, sehen dürftig und ver-wahrlost aus, und ihre Tattclpalmenhaine wollen nicht recht ge-deihen. Die Tattelpalme kommt in großer Menge vor. ihre Be-stände bedecken fast die ganze Oase und gleichen einem dichtenWalde, der überall den freien Uebcrblick hemmt. Sie allein istes, die den Bewohnern die Existenzmöglichkeit sichert. Die Ernteversorgt nicht nur die Oase selbst, sondern findet ihren Weg überganz Marokko in großer Menge, sogar nach Europa. Angebautwerden ferner Weizen, Gerste, Hirse und Mais. In den Gärtenwerden auch Kohl, Zwiebeln, Erbsen, Bohnen, Weintrauben,Granatäpfel, Aepsel, Birnen, Kürbisse und Melonen gezogen, abernur die Wohlabcndcn können stcb den Genuß aller dieser Dingeleisten. An Haustieren werden gehalten: eine kleine, doch hübscheund ausdauernde Pferdeart, Kamele, Rindvieh, Maultiere, Esel,Ziegen, Schafe, Hunde, Hühner und Tauben.Die Bewohnerschaft besteht aus Arabern, Berbern und Juden.Die arabische Bevölkerung ist am zahlreichsten und umfaßt vierStämme, darunter den der Scherifenfamilien. Sie haben zumTeil schon viel Berberblut in den Adern. Die Berber selbst, diedie ursprüngliche Bevölkerung darstellen, gehören fast alle zu demgroßen und mächtigen Stamm der Ait Atta. Ihnen sind auch diesogenannten HaratinS zuzurechnen, die aber stark mit Negern ausdem Sudan sich vermischt haben; sie kommen aus dem Wadi Drauin Süd-Marokko und verdingen sich in Tafilet als Feldarbeiter.Die Scherisenfamilien bestehen im wesentlichen aus Abkömmlingendes oben genannten Mulay Ali; sie wohnen in eigenen großenHäusern für sich- und heiraten gewöhnlich nur untereinander,derart, daß die erste Frau aus einer Scherifenfamilie genommenwird, während die übrigen Frauen auch angesehenen Familienin Fes entstammen. Die Kinder sind in jedem Fall Scherife,sogar die einem Scherif von gekauften Sllavenmädchcn geborenenSöhne. Aus diesen Familien ernennt der Sultan den Gouverneurvon Tafilet, nach dessen Befehlen und Wünschen jedoch weder dieAraber- noch die Berberstämme viel fragen. Die marokkanischenSultane selbst lassen fich sehr selten in ihrem Stammlande blicken;geschieht es, so kommen sie. um an den Gräbern ihrer beiden erstenAbnherren zu beten und um Frieden unter den fehdelustigenStämmen zu stiften, wobei der Erfolg aber gering zu sein scheint.Als Harris Tafilet besuchte, war auch gerade der Sultan MulayHassan dort, und das soll seit 110 Iahren wieder das erste Malgewesen sein, daß ein Sultan in die Oase kam. Daß die marok-kanischcn Herrscher in Tasilet ihre Schätze verborgen halten, istein Märchen. Jene heiligen Gräber Mulay Alis und MulaySesch-Scherif liegen in dem Zentralbezirk Wadi Jfli; übrigenswerden sie mehr von fremden Pilgern als von den Tafileternselbst verehrt, obwohl diese Mulay Alis Namen beständig imMunde führen. Größeren religiösen Einfluß als die Dznastiescheinen die in der Oase verbreiteten Bruderschaften und Sektendes afrikanischen Islam zu besitzen.Die anderen Araberstämmc liegen untereinander oder mit denBgrbern in nahezu beständiger Fehde, und zwar besteht die häusigsteVeranlassung zum Kampfe darin, daß die höher im Tale wohnendenBerber den tiefer sitzenden Arabern das Wasser abschneiden, wasmanchmal wirklich der Fall ist, manchmal aber auch ein unbegründc-tcr Verdacht. Zwar liegt in Risani, am Sitz des Gouverneurs, eineGarnison von etwa 50 marokkanischen Soldaten, aber sie würde denVersuch einer Einmischung in die örtlichen Streitigkeiten wahrschein»lich mit dem Leben bezahlen. Jene Fehden find ziemlich blutig;denn alle männlichen waffenfähigen Gefangenen werden ohne Er-barmen niedergemacht, erstochen, da Pulver und Blei dafür zu teuerist. Bon den jüdischen Familie» hat jede ihren Patron unter denMoSlem, einen Araber oder Berber.Vou den sieben Bezirken Täfilets ist der in der Mitte liegendevon Wadi Jfli der religiöse und Handelsmittelpunkt, er steht inbester Kultur, hier wohnt der Gouverneur, und hier haben sich diefür die Oase entscheidenden geschichtlichen Ereignisse abgespielt, so»weit wir darüber etwas wissen. Die Araber sollen im Jahre 707unter Musa ben-Rassr hierher gekommen sein, die Berberfürsten