des Herzens. Und immer Hatte ihn diese Behauptung ge-quält, geschmerzt, geärgert, ja erzürnt; denn er hatte dasGegenteil erfahren. Je mehr sich sein Wissen und sein Ge-dankenkreis erweitert hatten, ein desto heißeres Glühen hattesich in seiner Brust entzündet. Wie, weil man alte Irrtümerund alte Dogmen überwand und abtat, deshalb sollte dasHerz veröden? Nein, und tausendmal neinl Gedankenkönnen Gedanken töten, niemals aber unsterbliche Lieder undGestalten. Und selbst wenn die Lieder und Träume der-gangener Zeiten erfrieren müßten in der kalten Gipfellustverwegenster Gedanken, das Herz wird immer wieder blühen,sonst wär' es kein Herz. Aber sie erfrieren nicht, die altenBlüten und Früchte! Wie innig liebte er diese alten, frommenLieder mit ihrer lieblichen Einfalt, ihrem rührenden Ver-trauen, ihrem seligen Frieden. Warum sollte er sie nichtlieben? Der Glaube vergangener Jahrzehnte und Jahr-hunderte war so schön und so köstlich wie aller Glaubekommender Zeiten, weil er Glaube war. Warum sollte erihn nicht lieben?Durch ein anderes Erlebnis sollte seine Ueberzeugungbald darauf eine tiefe Befestigung erfahren.29. Kapitel.(ZlSmus hört eine feierliche Messe und zieht mit den JudenKurch die Wüste, und Rebetka Semper hält Kant für überflüssig.)Noch im letzten Seminarjahr bekam Asmus einenanderen Direktor: Dr. Korn war zum Schulrat ernanntworden—„ich habe mich nie um ein Amt beworben." konnteer mit Stolz in seiner Abschiedsrede sagen— und an seineStelle war Herr Murow getreten, ein breiter, hünenhafterMann und liberaler Theologe, der in seiner Antrittsredeseine Heimat sehr deutlich verriet, als er erklärte, daß„dasMark des Lahrers nur jäde— ihen könne, wenn das Harzdabei wäre".Murow und Semper waren nach wenigen WochenFreunde, und eines Morgens winkte der Direktor den Jllng-jling mit heimlichem Lächeln auf die Seite.„Hier Hab' ich'n Konzartbillett— Missa solernnisßon Cherubini— fahr jute Musik— haben Sie Lust?" Undtzx reichte ihm die Karte hin.(Fortsetzung folgt.)(Nachdruck oevSoten.)Sonnenflcche,Von Felix E r b e r.Will unsere Sonne nach langer Wanderung durch die weite,wolkenlose blaue Himmelsau am Abend von uns Abschied nehmen,indem sie ihre flammende Strahlenkrone auf die westlichen Ge-hänge niederlegt, dann sieht unser erstauntes Auge auf ihrer hellenScheibe manchmal dunkle Gebilde, die sich wie große Zähren vonihrem schönen, glühenden Antlitze abheben I...ES sind dies Sonnenflecke!...Die Astronomie kennt sie seit dem Monat Dezember des JahresIß lg, wo sie Johannes Fabricius, der Sohn des sternkundigenPfarrers zu Osteel, im Fernrohre fand, als er den Eonnenrandauf Ungleichheiten absuchte. Im Monat März des folgendenJahres sahen fie dann Galilei und der Jesuitenpater ChristofScheinet in Ingolstadt, die deshalb mitemander in einen heftigenPrioritätsstreit gerieten.Von den ersten Beobachtern wurden die Sonnenflecke fürscnnennahe Planeten gehalten, lvas auch dem Kanonikus TardaVeranlassung gab, sie„bourbonische Gestirne" zu nennen.Das Fernrohr erfuhr sehr bald recht wichtige Verbesserungenund so erkannte man denn auch die Sonnenfkecke als tatsächlicheGebilde aus der Oberfläche unseres Zentralgestirnes...Im Fernrohr erscheint uns die helle Scheibe der Sonne durch-aus nicht rein und fleckenlos, wie Aristoteles das annahm undlehrte, sondern ein Meer von zarten Schäfchenwolken, die einestarke Vergrößerung abermals in unzählige, kleine Lichtknoten—die Granulationen— auslöst, bedeckt st«.Ein jeder dieser Lichtknoten hat im Durchmesser 200 bis700 Kilometer und ein feines dunkles Geäder— das»photosphärische Netz" trennt die einzelnen Lichtknoten voneinander.Lichtknoten und Geädcr bilden zusammen die Lichthülle oderdie Photosphäre, welche die eigentliche Lichtquelle und auch derTräger der Sonnenslecken ist...Letztere tauchen immer zwischen dem zehnten und dem drei-ßigsten Grade südlich und nördlich vom Sonnenäquator auf undnur selten verirrt sich einer in höhere Regionen, in die sogenannte„Königszone". Die Sonncnflecke sind überaus seltsame Gebildeund auch das älteste Ergebnis astrophysikalischcr Forschung.Carrington will an ihnen bemerkt haben, daß sie bald nach einemMinimum(die Zeit, in der man nur wenige oder gar keine Fleckesteht) immer an der äußersten Grenze eines, etwa unserer irdischenheißen Zone entsprechenden Breitengürtels zum Vorschein kommen,langsam nach dem Sonnenäquator hin wandern und in dessenNähe dann bis fast zum nächsten Minimum verweilen.Diese Eigenbewegung gestattete uns, die Rotatwnsdauer derSonne aus den Flecken abzuleiten; aber das Resultat ist je nachder Entfernung der Flecke vom Sonnenäquator auch ein ver-schiedenes.Bis zum zehnten Grade nördlicher und südlicher Breite be-trägt es 25,3, vom dreißigsten bis zum vierzigsten aber schon27,7 Tags und über den vierzigsten Breitengrad hinaus läßt sichdie Rotation der Sonne aus den Flecken überhaupt nicht mehrbestimmen. Die Sonnenflecke zeigen sich dem Beobachter meistensin rundlicher oder langgestreckter Form und fie find ständig imWerden und Vergehen begriffen. Einige Forscher sind der Ansicht.daß fie eine große Aehnlichkeit mit den gewaltigen irdischen Orkanenhaben, denn letztere treten auch nur in ganz bestimmten geogra-phischen Breiten auf, streben gleich den Flecken nach den Polenhin und bilden am Aequawr den Kalmengürtel, der von Stürmenauf der Erde und von Flecken auf der Sonne frei ist. In derRegel erscheinen die Sonnenflecke in Gruppen, aber auch einzelnfinden sie sich, sogar zur Zeit eines Fleckenminimums. Die großenunter ihnen bilden sich meist aus mehreren kleinen und sie lösensich dann später auch wiederum in kleinere Flecke auf.Einen dunklen Kern, die Umbra, umgibt ein fadenartig durch-zogener Halbschatten, die Penumbra. Helle Lichtbrücken ragen oftin den scheinbar tiefer liegenden Kern hinern oder auch über ihnhinweg. So erscheinen uns fast alle größeren Flecke, indessen gibtes auch solche, denen die Ilmbra oder die Penumbra fehlt.Bei einigen Flecken sind die Kerne tief dunkel. Man nenntdie letzteren dann Dawesche Centra und diese find nach LangleysSchätzung immer noch fünfhundertmal heller als unser Vollmond,denn der Kontrast zur ungeheueren Lichtfülle der Sonne läßt ebendie Kerne so dunkel erscheinen.Die Sonnenflecke treten auf unserem Tagcsgestirn nicht überall in gleicher Häufigkeit und Dauer auf. Manche halten sich tage-,Wochen-, ja monatelang, so beispielsweise der große Fleck des Jahres1840/41, der anderthalb Jahre lang die helle Scheibe der Sonnetrübte.In der Regel sind die Flecke drei- bis siebenmal größer als derErddurchmesser. Einzelne erreichen aber oft eine ungeheure Aus-dehnung! So maß die Riesenfleckengruppe des Jahres 1905 gegen195 000 Kilometer im Durchmesser. Man hätte also ganz gut zehnnebeneinandergelegte Erdkugeln in ihr versenken können....Mit den Flecken zugleich kommen auf der Sonnenoberflächenoch andere Gebilde zum Borschein, nämlich die Sonnenfackeln.Sie bilden um die Flecke herum lichte Strahlen, die verschiedenartiggeformt find und auch in ganz fleckenarmen Regionen auftreten.Die ersten Beobachter knüpften an die Sonnenflecke die wunder-lichsten Vorstellungen. So hielt sie Scheiner für die Kuppen derSonnenberge, die aus dem Feuermeer emporragten. Andere hieltensie für große Schlackeninseln in diesem Glutmeer und Wilson er-klärte sie für trichterförmige Oeffnungen in die Lichthülle oder diePhotosphäre.Nach seiner Meinung würden die Flecke durch ungeheuereWirbelstürme hervorgerufen, die über die Lichthülle hinwegfegen.Diese Stürme herrschen auf unserer Sonne zweifellos vor und siesind unseren Zyklonen vergleichbar, aber für die Kraft ihres Wütensund die Größe ihrer Ausdehnung fehlt uns jedes irdische Maß undjede Vorstellung!... Die Frage nach der Bildung und Bedeutungder Sonnenslecke beantwortet die moderne Sonnenforschung in derWeis«, daß sie die Flecke in Verbindung mit Wärmeströmungen ausden tiefer liegenden Sonnenschichten bringt. Durch diese Wärme-strömungen wird eine Zirkulation der Lichthüllenmasse und einsstärkere Erhitzung der letzteren an bestimmten Stellen hervor-gerufen. Der aufwärtsströmeuden Wärme setzt die Lichthüll« abereinen Widerstand entgegen. Ist der letztere stark genug, um dieWärmestöße vom Innern der Sonne her aufzuhalten, dann wirddie Pbotosphäre au der betreffenden Stelle nur leicht emporgehoben.Es bilden sich dort Fackeln.War aber der Wärmeaufstoß mächtig genug, um die Lichthülle3u_ durchbrechen, dann spritzen in heftigster Eruption metallischeDämpfe, oft bis zur Höhe des Sonnenhalbmessers, empor. In parabolischen Bahnen steigen diese Lichtauswürfe auf, und der durchsein eigenes Gewicht dann niedergedrückte dunklere Ast erkaltet raschim Herabfallen durch die Atmosphäre, Chromosphäre und die um-kehrende Schicht der Sonne. Die herabfallenden Massen gelangenwieder zur Lichthülle, und hier kühlen sie nun auch die Stell« ihresAufsturzes ab und die umliegenden Regionen der Sonnenoberfläche.Die Lichthülle wird an der Stell« des Aufpralles dieser herab-fallenden Massen etwas eingedrückt, und zwar dann nur, wenn dieWirkung des Aufsturzes nicht so groß war, daß sie die Photosphärevöllig durchbrechen konnte. Es bilden sich auf der Lichthülle, undzwar an der Nicdergangsstellc der erkalteten Massen, dann jenematten Stellen, die wir die»verschleierten Flecken" nennen. Durch-brechen aber die herabfallenden Massen die Photosphäre, indem siegegen das Sonneninnere vordringen, dann werden fie in neuerheftiger Eruption wieder ausgeschleudert. So wechselt das überausinteressante Schauspiel!.Es kann nun vorkommen, daß die trichterförmige Oeffnungeines SonnenfleckS sich schloß, ehe die ausgeschleuderten Massenwieder zur Lichthülle zurückgelangten. In diesem Falle entsteht an