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Beste wünschten. Er hatte nicht die leiseste Ahnung davon, Jund Fräulein Chavonne"( denn das gnädige Fräulein" daß Lau erzählte, Semper habe ihm die Rolle der Prinzessin war damals noch nicht Mode), und was fie sprachen, hatte die nur aus Neid weggenommen, und wenn ihm jemand gesagt höfliche und respektvolle Form, die unter wenig Bekannten hätte, daß Lau das erzähle, so würde er gesagt haben: zweierlei Geschlechts gebräuchlich ist; aber in ihren Herzen Du lügst."

Als er sich wieder dem Plaze Hildens näherte, war sie nicht da. Er ließ die Blicke durch den Saal schweifen dafie tanzte! Oweh, fie tanzte!

23. Kapitel.

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(( Asmus gibt fernere Beweise von seiner Dummheit, baut ein Schloß und eine Kirche und landet schließlich in einer Belle.) Merkwürdig, es war ihm ganz recht, daß fie tanzte. Warum sollte sie nicht tanzen? Es war doch selbstverständlich, daß sie tanzte; sie hatte sich ja auch zum Tanze angekleidet, sehr geschmackvoll wie immer, sehr einfach, und doch so besonders. Er verstand nicht das Geringste von Frauen­garderoben; aber daß sie mit ihren neunhundert Mark Ge­halt keine kostbaren Gewänder kaufen konnte, war ihm klar. Und doch sie hatte immer etwas Besonderes und Nobles in ihrer Erscheinung.

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Tanzen! Ja, das war auch so eine Mauer, die ihn vom weiblichen Geschlechte trennte. Frauen wollen tanzen, und er konnte nicht tanzen. Die Semper fonnten ihren Kindern keine Tanzstunden geben lassen. Nicht einmal Schlittschuh­

laufen hatte er gelernt; denn als Knabe war er nie so reich gewesen, ein Paar Schlittschuhe erwerben zu können, und als Jüngling hatte er feine Zeit mehr dazu gefunden. Als Achtjähriger hatte er einmal getanzt, auf einem fogenannten Kindergrün", mit einer siebenjährigen Dame, fünf Stunden lang war er herumgesprungen wie ein Heupferdchen, immer mit derselben Dame, und es war herrlich gewesen. Er sah es so unendlich gern, wenn ein Paar sich mit Anmut im Tanze drehte. Nie glaubte er fester an eine schönere Welt, als wenn er Menschen in anmutiger Bewegung sah. Und Hilde Chavonne tanzte schön. Wenn er sie aufforderte....

Hahahahaaaa! Er wußte wohl eine ganze Reihe junger Leute, die ungeniert eine Dame aufforderten, obwohl fie nicht tanzen fonnten, und dann so lange mit Todes­berachtung herumhopsten, bis sie's heraus hatten. Woher sie den Mut nahmen, einer Dame dergleichen zuzumuten, das blieb ihm ein Rätsel.

Sobald er sein Lehrergehalt bezog, wollte er tanzen lernen. Sein Lehrergehalt? Er wollte ja Schauspieler

werden.

Tanzen Sie nicht?" fragte ihn Hilde.

Ich kann nicht tanzen," sagte er. Und er erzählte ihr, daß er Schauspieler werden solle. Sie war aber sehr da­gegen; mit auffallender Lebhaftigkeit riet sie ab. Was sie denn dagegen habe, fragte er verwundert. Da wurde sie rot und sehr verlegen. Schließlich sagte sie, sie habe immer ge­hört, daß auch das Los der größten und berühmtesten Bühnen­fünstler nur ein glänzendes Elend sei. Ueberhaupt habe er doch noch ganz andere Fähigkeiten. Er müsse Dichter werden. Jezt machte er riesengroße Augen, und das Rotwerden war an ihm. Woher wissen Sie denn, daß ich dichte?" Sie haben doch Fräulein Wieselin erlaubt, daß sie sich

Ihre Balladen abschrieb-"

Und die haben Sie gelesen?" rief Asmus erschrocken. ,, Die haben alle an der Schule gelesen-" Asmus hätte in den Boden sinken mögen. Das ist ja sehr unrecht von Fräulein Wieselin," rief er. Warum?" fragte Hilde erstaunt." Durfte sie sie nicht

zeigen?"

Aber ich bitte Sie! Diesen Schund! Das ist ja törichtes, kindisches Zeug

Diesen Unsinn!

Hilde schüttelte nachdenklich den Kopf. Das glaube ich nicht," sagte sie. Unreif mögen diese Gedichte sein, aber es ist etwas drin."

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Als ein Tänzer kam und sich vor Hilde verbeugte, lehnte fie ab. Sie lehnte auch alle folgenden Einladungen ab, und bis zum Ende des Balles saßen sie beide an demselben Tisch und plauderten. Er fühlte sich wohl und glücklich; aber er merkte nichts.

Und als das ganze Künstlerbolt" mit seinem Anhang nach dem letzten Zanze in ein Café schwärmte, morgens um vier Uhr in ein Café! Asmus tam sich wie ein Roué  bor  , als er sich eine Schokolade bestellte, da schienen es beide seostverständlich zu finden, daß sie wieder beieinander faßen. Es war etwas Seltsames um ihre Unterhaltung. Sie sagten natürlich Sie" einander und Herr Semper"

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war ein Glauben und Vertrauen, von dem sie selbst noch nichts wußten; ihre Herzen sagten Lieber Herr Semper" und Liebes Fräulein Chavonne", ohne daß sie selber es hörten, und dieser Gegensatz zwischen fremden Worten und vertrauter Meinung erfüllte Asmussens Herz mit jenen wohligen Spannung, wie fie in frühen Knospen sein mag. Aber so dunkel, so wenig bewußt war dieses Gefühl, daß er fich keinen Augenblick nach seiner Ursache fragte, es vielmehr ohne Nachdenken genoß wie die Sonne eines Maientages. Als er früh gegen sechs eine Stunde weit nach Hause ging, fühlte er nicht die leiseste Ermüdung; denn er war jung und war König. Aber als er die ruhigen Atemzüge seiner schlafenden Eltern hörte, und als er die Aermlichkeit des elterlichen Hausrats betrachtete, da fiel es ihm schwer aufs Herz, daß er Schauspieler werden sollte, ( Fortsetzung folgt.)

Ueber den chemischen Charakter des Befruchtungsvorgangs.

Die Existenz einer tierischen und pflanzlichen Art ist an die Fortpflanzung geknüpft, denn die Lebensdauer des einzelnen Or­ganismus ist beschränkt. Die Eitveißstoffe der Zellen, aus denen ja Tier und Pflanze besteht, haben die Eigenschaft, aus den zu geführten Nährstoffen( bei Tieren müssen darunter immer auch fertige Eiweißftoffe sein) neues Zellmaterial aufzubauen: die Zelle wächst, um sich schließlich in zwei Teile- zwei Tochterzellen zu teilen. Das ist die einfachste Art der Fortpflanzung, wie wir fie bei den niedrigsten Lebewesen, den einzelligen Pflanzen ( Algen), den Bakterien und den einzelligen Tieren( Protozoa, z. B. den Infujorien) antreffen. Eine andere Art von Fortpflanzung ist die durch Knospung und Sproffung, wie sie bei niederen Tiers formen und sehr vielen Pflanzen vorkommt. Die höher organis sierten Lebewesen, wie die Blütenpflanzen und die meisten viel zelligen Tiere, find zweigeschlechtlich; hier geschieht die Forts pflanzung nicht durch einfache Zweiteilung des mütterlichen Or ganismus oder durch Sprossung. Hier bedarf es der Befruchtung. Der mütterliche Organismus liefert die Eizelle, das Ei; der väter­liche Organismus liefert die Samenzelle, den Samenfaden. Beide berschmelzen zu einer einzigen Belle, die sich durch fortgesette Teilung, Furchung, zum neuen Lebewesen entwidelt. Diese Ber fruchtet das Ei. Es ist die geschlechtliche Fortpflanzung, die von chmelzung nennen wir eben" Befruchtung": der Samenfaden be­der Fortpflanzung durch Teilung und Knospung unterschieden wird.

Von diesen Fortpflanzungsmethoden gibt es nun mancherlei Abweichungen. So vermehren sich manche Tierformen( z. B. die Hydromedusen) abwechselnd ungeschlechtlich und geschlechtlich: eine geschlechtlich erzeugte Generation erzeugt durch ungeschlechtliche Knospung eine neue Generation, die sich wieder nur durch ge schlechtliche Fortpflanzung vermehren kann, und so fort.

Bei anderen wieder können die Eier, die sonst einer Befruch tung durch die Samenzelle bedürfen, auch ohne Befruchtung zur Entwickelung gelangen: das nächste Beispiel sind die Bienen. Bei ihnen entwickeln sich die befruchteten Eier zu Weibchen( bei sehr reichlichem Futter, das einzelnen zu Teil wird, gibt es Königinnen), die unbefruchteten Eier werden zu Männchen, zu Drohnen. Die Entwickelung unbefruchteter Eier nennt man Partheno genese, was so viel heißt als Jungfernzeugung. veränderungen, die das befruchtete Ei, der Keim, in seiner Ent Mit dem Studium der Befruchtungsvorgänge und der Forma widelung zum fertigen Individuum durchmacht, beschäftigt sich die Embryologie oder die Keimesgeschichte. Sie hat in neuefter Beit einen mächtigen Aufschwung erfahren, namentlich nachdem fie vom bloßen Beobachten zum Experimentieren übergegangen ist.

Nun sind die Formveränderungen, die der werdende Organisa mus zu durchlaufen hat, in ausgedehntem Maße erforscht worden. Es erhebt sich hier ein monumentaler Bau, der auf den ersten Blick als wahres Labyrinth erscheinen mag. Doch hat man nur den ersten Pfad gefunden, so herrscht hier in allem eine strenge Gesetz­immer wieder feffelt. Das muß jeder zugeben, der mit Verständnis mäßigkeit, eine Durchfichtigkeit, Klarheit und Einfachheit, die an das Studium der Embryologie gegangen ist.

In jüngster Zeit hat sich die Embryologie mit Hülfe des Experiments an das Problem der Befruchtung herangemacht. Was ist ihr Wesen? Welchen Zweden hat sie zu dienen? Um so mehr mußten diese Fragen zum Nachdenken anregen, als man die Er­scheinungen der Parthenogenese genauer fennen lernte. Hier ente