wickelt sich ja die Eizelle ohne Befruchtung, dieselbe Eizelle, die sonst auch bei demselben Tiere der Befruchtung bedarf. Um bei Erforschung dieses Problems den richtigen Weg zu gehen, müssen wir nun vorerst wissen, welche Aufgaben denn die EntWickelung an eine regelrecht befruchtete Eizelle stellt. Betrachten wir ein Ei unmittelbar nach der Befruchtung. Es hat einen Kern, der sich zu gleichen Teilen aus dem Kopf des Samenfadens(Kern der Samenzelle) und dem Kern der Eizelle zusammensetzt. Es beginnt die Furchung des Eis. Der ursprüngliche Kern teilt sich Nacheinander in zwei, vier, acht und so fort Kerne, und auf jede Kernteilung folgt eine Zellteilung. Die Eizelle verhält sich ganz so, wie eine jede sonstige Körperzelle auch. Bei jeder Kernteilung besitzt zunächst jeder Tochterkern nur die halbe Masse des Mutter- kcrns. Doch sofort nach der Teilung beginnen die Tochtcrkerne rasch an Masse zuzunehmen, um schließlich die Größe des Mutter- ternes zu erreichen. Es wächst also jeder Tochterkcrn in der Ruhe- pause zwischen zwei Teilungen auf das Toppelte seiner ursprüng- lichen Größe: dagegen bleibt das ganze Ei an Umfang und Masse einstweilen noch unverändert. Woher nun das Material nehmen, das der Kern zu seinem Wachstum braucht? Nimmt doch die Ei- zelle während ihrer ersten Entwickelung von außen keine Nahrung aus. Die Eizelle beherbergt aber in ihrem Zellkörper eine Menge von Reservestoffen, die wir schlechthin als Dotter zusammenfassen. Darum ist die Eizelle auch so mächtig groß, besonders bei den eier- legenden Tieren, wo ja der Keim mit Reservestoffen für die Tauer seiner ganzen Entwickelung versorgt sein muß. Als Bei- spiel sei bloß das Hühnerei genannt. Den wichtigsten Bestandteil des Dotters bildet ein chemischer Stoff, den man Lecithin nennt. Er ist den Fetten sehr ähnlich. Am Aufbau des Lecithins ist Phosphorsäure beteiligt dieselbe Phosphorsäure, die auch für den Aufbau des Eikern wichtig ist. Es liegt nun nahe, anzunehmen, daß die Phosphorsäure, die die wachsende Kernmasse braucht, aus dem Lecithin des Dotters genommen wird. Auch die Eiweißstoffe, die der Kern zu seinem Wachstum braucht, können nur aus dem Dotter stammen. da ein befruchtetes Ei sich schon in bloßen Salzlösungen entwickeln kann. Die Phosphorsäure müßte also aus dem Lecithin heraus, das Lecithin müßte gelöst, gespalten werden. Dann könnte die Phosphorsäure, mit Eiweitzstoffen aus dem Dotter verbunden, zu Kernmasse werden. Aber noch andere Stoffe des Dotters, wie Fettsäuren, die sich auch am Aufbau des Lecithins beteiligen, könnten für die Kernmasse verwertet werden: sie könnten durch den Sauerstoff der Lust zu den Kohlehydratenoxydiert" werden. die ja in den Eiweißstoffen immer vertreten sind. Und daß der Sauerstoff für die Entwickelung des befruchteten Eies in höherem Grade Vonnöten ist, als für das unbefruchtete, das den Sauer- poff ja auch zur Atmung braucht, ist erwiesen. Wir wissen oder vermuten nun schon eine ganze Menge: das fettähnliche Lecithin muß gespalten werden, Oxhdationsvorgänge müssen eingeleitet werden, um die Entwickelung der Eizelle anzu- regen. Eine Reihe von chemischen Vorgängen, zu denen das Ein- dringen des Samenfadens den Anstoß gibt. Das wären so die chemischen Aufgaben, die die Entwickelung an die Eizelle zu stellen hätte und die dann der eindringende Samenfaden lösen müßte. Haben wir nun recht mit diesen Vermutungen? Werden wir so Herr über unser Problem? Da kann nur das Experiment ent- scheiden. Versuchen wir, das Ei ohne Mitwirkung des Samen- fadens zur Entwickelung anzuregen: die Parthenogenese bringt uns auf diesen Einfall. Wir versuchen es also mit der künst- lichen Parthenogenese. Das waren die Gedanken, die den verdienstvollen amerika- nischen Embryologcn Jacques Loeb bei seinen Experimenten leiteten(vgl. Jacques Loeb : Ueber den chemischen Charakter des Bcfruchtungsvorgangs, Leipzig bei W. Engelmann, 1908. Vor- trag, gehalten auf dem Internationalen Zoologen-Kongreß zu Boston ). Er ging darauf hinaus, die vermuteten chemischen Vor- gänge, die natürlicherweise durch die Befruchtung mit dem Samen- faden eingeleitet würden, durch Einwirkung chemischer Mittel her- vorzurufen. Loeb brachte unbefruchtete Eier des Seeigels auf etwa L Stunden in Seewasser, das er stärker salzhaltighypertonisch" gemacht hatte. Die Eier begannen sich zu teilen, wie es normaler- weise geschieht, doch nicht so schnell und regelmäßig. Auch bildete sich um das Ei herum kein Häutchen, wie es nach dem Eindringen des Samenfadens immer der Fall ist. Bracht« er Seeigeleier zuerst in Seewasser, dem eine kleine Menge Fettsäure zugefügt war, und dann erst in dashypertonische", stärker salzhaltig gemachte See- Wasser, so bildete sich auch das Häutchen, und fast alle Eier ent- wickelten sich zu Larven und weiter zum Pluteus-Stadium des See- igels. Statt der Fettsäure kann man auch Chloroform. Benzol und anderes nehmen. Dasselbe erreichte Loeb, wenn er dem See- Wasser statt dieser Stoffe eine kleine Menge verdünnter Natron- lauge hinzufügte. Bei Seeigeleiern, die nach der Behandlung mit Fettsäure oder Lauge gleich in normales, nicht hypertonisches, Seewasser zurück- gebracht wurden, bildete sich zwar das Häutchcn und es begann auch die erste Entwickelung(Furchung), aber zur Bildung einer Larve kam es nicht, die Eier starben ab. Bringen wir aber die Eier nach der Häutchenbildung in hypertonisches Scewasser, so er- folgt die Entwickelung in normaler Weise. Es folgt aus diesen Versuchen, daß die Häutchenbildung, durch die genannten Stoffe gngeregt, die Entwickelung des Eies wohl in Gang setzt, daß aber dabei die feineren chemischen Borgänge nicht ganz richtig ver» laufen und das Ei darum abstirbt. Erst durch die Nachbehandlung der Eier mit hypertonischem Seewasser wird die Entwickelung ,n die richtigen Bahnen gelenkt. Sehen wir uns die Stoffe an, die die erste Entwickelung dcS Eies in Gang setzen, was sich ja rein äußerlich durch die Häutcheu- bildung äußert. Fettsäuren, Chloroform, Lauge sind fett- lösende, fettspaltende Stoffe; mancher von ihnen bedient sich auch die Technik wegen ihrer fettlösenden Wirksamkeit. Oben batten wir die Vermutung ausgesprochen, daß die Entwickelung der Eizelle eine Spaltung des fettähnlichen Lecithins zur Voraussetzung hat: und das besorgten im Experiment die fettlösenden Stoffe. i Wir sahen, daß Eier, die schon ein Häutchen gebildet haben, mithin also in die erste Entwickelung eingetreten sind, absterben, wenn sie nicht mit hypertonischem Seewasser nachbehandelt werden. Wir schlössen daraus, daß durch die hypertonische Lösung die Ent- Wickelung in die richtigen, normalen Bahnen gelenkt wird. Eine weitere Reihe von Experimenten spricht nun dafür, daß es sich dabei um die Regelung von Oxydationsvorgängen handelt. Ver- drängt man nämlich aus der hypertonischen Lösung(etwa durch Aufkochen) den Sauerstoff, so bleibt die weitere Entwickelung aus, die Eier sterben nach kurzer Zeit ab, als ob sie gar nicht mit der hypertonischen Lösung in Berührung gewesen wären. Die hyper- tonische Lösung wirkt also nur bei Gegenwart von Sauerstoff. Und daß es sich dabei nicht um eine Erstickung der Eier wegen Sauer- stoffmangel handelt, dafür spricht der Umstand, daß unbefruchtete oder nicht zur Entwickelung angeregte Eier den Sauerstoffmangel im Laufe derselben Zeit ohne jeden Schaden ertragen. Das Bild, das Loeb auf Grund dieser Versuche mit künstlicher Parthenogenese von der chemischen Natur des Befruchtungsvor- gangs entwirft, steht in Einklang mit den Tatsachen, die man über die Keimung ölhaltiger Samen mit Sicherheit festgestellt hat. Auch hier handelt es sich um eine Spaltung von Fetten. Auch die Kei- mung der Pflanzensamen ist nur bei Gegenwart von Sauerstoff nröglich. Schließlich muß in Betracht gezogen werden, daß es recht Wohl denkbar ist, daß auch die natürliche Parthenogenese durch einen fettlösenden Stoff(eine Fettsäure) eingeleitet wird, der sich im Ei bildet, wenn es aus dem Eierstock austritt. Sind ja die Fett- säuren unter den Zerfallsprodukten, die bei jeder Lebensäußerung der lebendigen Substanz entstehen, stets vorhanden. , So haben uns die Experimente von Loeb ein gut Stück vor- wärts gebracht in der Erkenntnis des Befruchtungsvorgangs als eines rein chemischen Prozesses. Fettspaltung und Regelung der Oxhdationsvorgänge das wären die chemischen Aufgaben des in die Eizelle eindringenden Samenfadens. (Nachdruck verboten.) VerclacKtig. Eine Polizeigeschichte aus Berlin . Bon Roda Roda. Manuel de loS Orviedos(Fritze Kuleicke), Löwenbändiger der Menagerie Krulitzki, wohnt NW. Südufer, hinter dem Moabiter Güterbahnhof. Als er am 24. Januar d. I. gegen Abend an die Tür feiner Wohnung pochte, ward ihm nicht aufgetan. Fritze Kuleicke kehrte um und pilgerte nach feiner Stammdestille, wo er sich ein Schnapsalphabet genehmigte: Allasch, Benediktiner . Cnra?ao usw bis Zoppoter Gold. Er nahm hierauf noch rasch drei Grogs, um die Lücken auszufüllen, die bei O. X und I offen geblieben waren, ging heim und machte einen neuen Versuch, in seine Wohnung einzudringen. Diesmal gelang es. Frau Kuleicke hatte mich nämlich mittler» weile entlassen. Durch eine Verkettung von kleinen Zufällen erfuhr Manuel de los OrviedoS die Geschichte und hielt seiner Frau daS Sündhafte ihres Lebenswandels vor. Frau Kuleicke trägt seitdem ein Glas- auge. Die Bewohner des Hauses Südufer haben insgesamt ihre Quartiere gekündigt. Die Schäden an der Fassade wurden ausgebessert. Mir aber ließ Manuel de loS OrviedoS sagen: er werde mir die Eisbeine knicken wo, wie und wann er mich erwische. Nun bin ich gerade an den Unterextremitäten ungemein empfindlich. Ich beschloß, einer Begegnung mit dem rohen Patron womöglich ausznweichen, und simulierte andauernden Zimmerarrest. In diesem Nervenzustand traf niich mein Freund Niebaum, der mit allen Salben der Berliner Pharmakopöe gerieben ist. .Mensch", rief er aus,.wat bipe bloß vor ne Droomtute/ Wenn de Angst vorn Bändiger hast wat sperrst de Dir in Deine Jemächer? Et nebt doch noch ene Polizei." Ich dankte bewegt, begab mich aufS Revieramt und trug dort die Sache mit den Essbeinen vor. Als ich zu dem verfänglichen Punkt mit Senora de loS OrviedoS kam, sprach der Wachtmeister:- .Mein Lieber, warum haben Sie sich mit der Frau«in» gelassen!"