heim Storthina nachsuchte, der damalige Kultusminister in der Debatte erlläne. Ibsen verdiene»für dieses Stück eine staat- liche Versorgung in der Form, datz man ihn in das Luchthaus setze I" Aver die bäuerlich-radikale Mehrheit des StorthingS nahm diese Aenderung an. Als Antwort plant die.Schriftsteller- Vereinigung", unter diesen Verhältnissen an der Rominierung über- baupt nicht mehr mitzuwirken, sondern sie ganz dem Minister zu überlasten. Sie rüsten sich zur Wehr und der so prächtig un- gestüme KnutHamsunist dabei der Rufer im Streite. Die große Förderung, die die norwegische Literatur im Lande Edet, ist verblüffend und imponierend. Vielleicht hat fie ihren sprung darin, daß fie so jung ist. Erst in dem zweiten Drittel des neunzehnten Jahrhunderts schrieb Henrik Wergeland sgeb. 1808) die ersten norwegischen Literaturwerke. Vor ihm schrieben die norwegischen Dichter dänisch , fie hatten auch kein Publikum, denn von den 2 000 000 Einwohnern war nur ein kleiner Bruchteil des Lesens kundig. Aber in jener Zeitepoche, als Wergeland die norwegische Literatur schuf, wurde auch das Land der all- gemeinen Schulpflicht näher gebracht, und vielleicht hat die norwegische Literatur deshalb so enge Fühlung mit dem Volke ge- Wonnen, weil daS Volk gleich fähig gemacht wurde, fie aufzunehmen. g ebenfalls ist eS ein eigenartiges und interestantes Schauspiel zu hen, wie enge Nation und Literatur verwoben find. Werge- land, Björnson und Jonas L i e haben eine Verbreitung ge- funden, von denen wir Deutschen uns keine Borstellung machen können, dazu trägt allerdings die sehr zweckmäßige Einrichtung bei, daß in kurzen Zwischenräumen die neueren Werke der populären Schriftsteller als Volksausgaben in wöchentlichen Lieferungen aus- gegeben werden, was die Anschaffung sehr erleichtert. Auch der lange, rauhe Winter trägt dazu bei. den Leseeifer der norwegischen Landbewohner zu steigern. In Finnmarken, wo in einzelnen Teilen von Mitte November bis Mitte Februar volle Dunkelheit herrscht, in allen Tälern des Gebirges, wo die Hütten wochenlang meterhoch eingeschneit find und durch den Schnee Tunnels gegraben werden müssen, um fich außerhalb der Hütte zu bewegen— in allen diesen Hütten greift der Bauer zu diesen Zeiten willig und freudig nach den Büchern, die ihm die Gefangenschaft ertragen helfen. So ist der wilde Ungestüm des norwegischm Winters zugleich ein bedeutender Faktor m der Volksbildung. Ist schon der Ungestüm, mit dem der Winter in dieses Land einzieht, etwas PrachWolleS<die Wintertemperatur ist im Küstengebiet durch die Nähe des GolfftromeS sehr milde; Kristiania hat im kältesten Monate Januar—4.2 Grad EelfiuS Tagesmittel), so gewährt der siegreiche Heranstürmer deS Frühlings geradezu einen unvergeßlichen Eindruck. Plötzlich, ganz unvermittelt, weicht im März der Frost und der Sonnenschein wird zur sonnigen Wärme. Der Ueberrock wird lästig, die Fenster können offen stehen und die Freunde beginnen von ihrem .Osterousfluge" zu sprechen. Sie alle ziehen in das Gebirge und ich erfahre den Grund: je höher am Berge, um so wärmer ist«S in diesem Lande. Und dann verfolgt man nun täglich die Temperatur- berichte von den großen Fremdenstationen aus allen Teilen de« Landes, vom— 1000 Meter hoch gelegenen F e f o r und von G o l a a. die beide im Gudbrandsdal, Peer GyntS firnreicher Heimat, liegen, wie vom Tonsaasen im Valdresgebiete und selbst von hoch oben im Norden, vom.Fjeldsaeker" bei Trondheim her und von überall dringt die Kunde: Nachttemperatur— 12 bis— 16 Grad ZelfiuS, MittagSIemperatur+ 28 bis-f- 25 Grad ZelfiuS I Und man will's nicht glauben und erfährt, daß die Skiläufer und Winter- gäste schon im April Schneebäder nehmen, denen ein Sonnenbad nachfolgt, und daß die Sonnenbäder nur kurze Zeit währen dürfen, denn die Glut ist zu brennend, zu sengend. Und verwundert liest man dann am 18. März, daß der Hardangerjökelen jlvOO Meter) heuer zum erstenmal von zwei Bergenser Kaufleuten auf Skis erstiegen wurde und daß diese nack zwei Tagen, von der Sonne gebräunt,.wie Dahomeyneger" zurückgekehrt sind. Unfaßbar er- scheint einem da? inmitten des WiuterpanoramaS und doch kann man sich davon überzeugen. Im Tale ist der Schnee früher fort, und eher beginnt es auf den Wiesen zu grünen, aber diese sengende Sonne bleibt aus. Doch wenn man nur ein wenig in die Höhe zieht, zum Beispiel auf den Holmenkal bei Kristiania , da umfängt einen der ganze Zauber dieses NaturspieleS. Skiläufer und Rodelfahrer beleben die Hänge; Schnee, Schnee, dichter Schnee, soweit das Auge reicht; nur auf den obersten Baumwipfeln ist er schon geschmolzen, und das Taimengrüu ragt selbstgefällig in die Höhe. Aber auf diesem riefigen, unübersehbaren Schneefelde glitzert und funkelt es, strahlt und leuchtet es, so prächtig weiß, so blendend scharf, daß man es nicht lange betrachten und doch nicht den Blick davon wenden kann. Stundenlang fitzen wir dann dort, auf der Terasse der.Touristenstue", vor uns das Winterschneefeld und um uns Sommersonnenglut— im März I Und dann erlebt man dieses großartige Schauspiel des norwegischen Frühlings im Hochgebirge. Ich Habs zu Ostern im Gud- brandsdal erlebt. Tauscude von AuSflüglern tummelten sich da im Gebirge. Skiwanderer, die tagelang von einer Fremdenstation des Landes zur anderen ziehen. Niemand kann sich vorstellen, welche Weiten dem Skiläufer zur Frühlingszeit in diesem Lande zur Ver- fügung stehen. Schneestürme hat er nicht zu fürchten, die Kälte ist eine Legende während des Tages, nur vom Schnee strömt Frische, Erfrischendes aus und kühlt die Lust, die wie ein kühle« Trunk durch die Lungenflügel streicht, während die Sonne de». Schweiß aus allen Poren treibt. Ein Sportparadies ist dieses Terrain, unendlich günstiger. als jenes der Schweiz , deren Berghänge steil. mit Skis also gar nicht oder nur schwer zu ersteigen find. Hier aber gibt eS keine vereinzelten steilen Berge, das rst das Charakteristische deS norwegischen Hochgebirges; es gibt nur Bergketten, deren Rücken nicht nebeneinander durch Schluchten getrennt find, sondern wie ineinandergewachsen. Von der Mitte des einen Hügels schiebt sich nach Ost oder West ein .Seitenbuckel" ab. an den fich in der Höhe eine zweite Hügelwelle schließt und immer höher und zugleich auch breiter fich an« schließend eine dritte und eine vierte. Wie die Wellen eines Meeres, das hoch und höher ansteigt, in weit von ein- ander entfernten Wellentürmen ist das. Und eben diese wellen- förmig aufsteigenden Berge ermöglichen eS, spielend und mühelos jeden Gipfel, der aber immer ein Plateau ist, zu ersteigen und noch günstiger ist dieses Terrain für den Abstieg. Vom Gipfel- Plateau aus kann man in fast gerader Linie herabsausen, bei immer fast gleichmäßiger Geschwindigkeit, denn wenn daS Hangabfahren den Schwung verstärkt, so mildert ihn gleich wieder das eingeschobene ebene Terrain. Ein Berg, der— auf Skis— in drei Stunden er« stiegen ist, ist in Stunde abwärts genommen, dank auch dem prächtigen Schneeterram, das die Sonuenglut vor zu großer Härte und der Nachtfrost vor allzu schnellem Schmelzen behütet. Auch über die bis Ende Mai gefrorenen Gebirgsseen kann man aus den Skis dahingleiten, aber man kann kaum atmen, so schwül und stickig ist die Hitze, die der See bei der Tagesglut ausströmt. Dem Skiläufer, der an die Frische gewöhnt ist, die durch den porösen Schnee aus dem geftorenen Boden dringt, benimmt diese Glut, die der geftorene See ausströmt den Atem.' Glutvolles Eis, eine immense, immense weiße Schneefläche von sengendem Sonnenschein Übergossen— märchenhaft erscheint daS, märchenhaft, wie der ganze norwegische Frühling, der uns staunend gewahren läßt, wie wenig wir von diesem Lande eigentlich viffen, Kristiania . C. M. kleines Feuilleton. Sprachwissenschaftliches. Neue Weltsprachen. Die Völker deS klassischen Altertums, Griechen und Römer, sahen in denen, die nicht ihre Sprache redeten, Stammler, und in alter Z«it erkannten nur wenige, eigent- lich nur Dichter, welchen Wert für die Seele, für das Innenleben des Menschen, deS Volkes, in der Muttersprache verborgen liegt. In- dessen machte sich schon früh das Hemmnis fühlbar, das für den internationalen Verkehr der Menschen durch die Verschiedenheit der Sprachen aufgerichtet ist, und das Lernen fremder Sprachen auch aus rein praktischen Gründen geht in das frühe Altertum zurück. Natür- lich mußte es daS Bestreben sein, die Sprache des Volkes zu lernen, daS am mächtigsten und auf geistigem Gebiete am einflußreichsten war, und so kann man im Altertum das Babylonische, das Griechische, dann das Lateinische als Weltsprachen bezeichnen. Noch da? Mittel-' alter hat dem Lateinischen diesen Rang gelassen, dann trat, als Folge der polttischen und wirtschaftlichen Verhältnisse, das Franzosische und daS Englische an seine Stelle, und in der Neuzeit erhebt auch das Deutsch - Anspruch auf die Nolle einer Weltsprache und kann gewissermaßen als eine solche betrachtet werden. Aber diesen natür- lichen Weltsprachen haben schon lange völkerfreundliche Ideologen, spekulative Gelehrte. Polyhistoren und auch Phantasten künstlich« Weltsprachen oder Hilfssprachen an die Seite zu setzen gesucht, die für jeden europäischen Menschen mit mittlerer Elementarbildung leicht erlernbar sein sollten. Unter den Geistern, denen die Herstellung eines solchen Völkervcrbindungs- und Völkerversöhnungsmittels am Herzen lag, wollen wir nur den Begründer der Berliner Akademie der Wissenschaften, Leibniz , nennen, dem eS auch unvergessen sein soll, daß er in der Zeit undeutscher Sprachmischung für die Rein- erhaltung unserer Muttersprache eingetreten ist. Eine Geschichte der verschiedenen Hilfssprachversuche in einem Zeitraum von zwei bis drei Jahrhunderten haben die franzosischen Gelehrten L. Couturat und L. Leau geschrieben. Sie find auch die treibenden Kräfte der Körperschaft, die 1900 auf der Pariser Weltausstellung begründet wurde und der Mittelpunkt der Weltsprachebestrebungen geworden ist: des„Ausschusses zur Einführung einer internationalen Hilfssprache". Von den künstlichen Weltsprachen find in weiteren Kreisen bekannt geworden das V o l a p ü k des Pastors Schleyer, das aber nach kurzer Blüte längst wieder der Vergessenheit anheim gefallen ist, und das Esperanto des russischen Arztes Zamenhof , das über eine große Zahl rühriger Werber verfügt, in einer ganzen Zahl Lehrbüchern dargestellt ist, Anhänger auch in Gclchrtenkreisen in nicht geringer Zahl aufweist, u. a. den Chemiker Wilhelm Ost wald , und, bisher freilich vergeblich, seine Zulassung auch bei den Akademien nachgesucht hat. Wie zahlreich aber die Weltsprachen- Pläne sind, daß nicht nur Sprachforscher, sondern auch Männer praktischer Berufe sich mit ihnen abplagen, darüber unterrichtet uns der Rechenschaftsbericht der Delegation. Da haben wir die„V er» einfachte Sprache" des Touloner Mgrineprofessors Thaust,
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25 (30.5.1908) 103
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