44. Rapitel.

( 8wei Briefe, und jeder ein Schlag.).

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414

Er hatte seine Eltern nichts von der Vorladung vor den Schulrat gesagt, um sie nicht zu beunruhigen; er sagte ihnen auch nichts von dem Ausgange; denn seine Mutter würde doch Bemerkungen über seinen Sizkopf" gemacht haben. Eben weil sie so hizköpfig war, verurteilte sie alle Sitz­töpfigkeit.

" Drinnen auf'm Lisch liegen zwei Briefe für dich," sagte Frau Rebekka.

las:

Eilig ging er hinein, öffnete den einen der Briefe und

57191

Hilde Chavonne Hermann Kiefer Verlobte.

Hamburg , den

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( Fortsetzung folgt.)

Sezeffion 1908.

Juliol sold von Ernst Schur. must

IV. BIaftit.

asldala

Kein Wert von überragender Bedeutung, das der Plastik eine wenn auch nicht neue, so doch eigenartige Prägung gebe, beherbergt diesmal die Sezeffion. Die Jugend kommt hier nicht so ausschlag­gebend zur Geltung, wie es für die Malerei der Fall ist. Im Grunde nur Bariationen, die die alten Kräfte an der Arbeit zeigen.

Gerade die großen Werke lassen manches vermissen. Die große Bronzegruppe von Oppler( Simson und Delila), die gleich im Eingangssaal steht, leidet unter einer bedenklichen Theaterei, die statt Leben Pose gibt und so wenig die formalen Gesetze beachtet, daß das Künstlerische hinter dem Inhaltlichen arg zurückbleibt. In beinah verlegender Art schimmert das Modell und das Kelifchee hin­durch, und es ist dem Künstler nicht gelungen, die große Form, die in diesem Vorwurf liegt, herauszuholen.

Auch der Speerträger von Cauer, der im großen Mittel­saale steht, ist nicht von innerem Leben erfüllt. Er steht da wie eine leere Figur, ohne jene drängende Fülle des Seins, sei fie realistisch oder formal, die der Plastit erst Leben gibt. Das Allgemeine wird zur Leere, und wer es fertig bringt, diese lang in die Luft nach vorn pitende Lanze einer Plastik in die Hand zu geben, läßt es noch bedenklich an dem Zusammenfassen der Massen fehlen, worin das Wesen der Plastik besteht. Von Cauer hängt im Ein­gangsfaal noch ein Relief Fischer", das auf den ersten Blid be­deutsam erscheint. Das Formale ist betont. Die Figuren find gut in dem Viereck der Fläche untergebracht und heben sich breit und flächig ab. Doch wirkt diese Manier, da sie übertrieben ist, zu schematisch; die Figuren wirken wie aus dickem Teig ausgeschnitten; es ist eine Nachahmung römischer Reliefs ohne die Härte und Strenge der Römer. Solche Kunst muß zum Typischen streben; hier haftet das Individuelle zu stark an der Form. Es besteht ein Widerspruch. So wirkt das Relief plump, und wenn man die Hand des einen Stehenden betrachtet, die so gar nicht im Reliefſtil gefühlt ist, die nur ungeschickt dem Leben nachgeahmt ist und die Uebertragung in den Stil nicht mitmacht, dann weiß man, daß diese Form nicht innerlich gefühlt, sondern nachgeahmt ist.

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Wie sehr das Material mitspricht, das fieht man an der Figur eines stehenden Mädchens von Haller, im linken vorderen Ed saal. Ein Guß in Steinmasse, dessen lockere Oberfläche dadurch sehr fein belebt wird und dem Auge viel Reiz gewährt.

Eine eigene Erscheinung ist Barlach , der zeigt, wie gut aus dem ganz Individuellen eine Form gewonnen werden kann, die sich ganz von dem störenden Detail befreit. Sein Steppenhirt", fein " liegender Bauer", sein" figendes Mädchen"( Arbeiten in Holz) haben eine besondere Art der Materialbehandlung. Breit, markant treten die Flächen heraus. Eine gewisse Derbheit und Ungelenkheit tommen dem Ausdrud vorzüglich zustatten. Diese Figuren haben eine ruhige, große Reliefwirkung.

Als Relief eigenartig sind die Reliefplatten für ein Grabdenkmal von Waldschmidt. Bartlinig; zurückhaltend in der Form. Wie eine Zeichnung wirkend. Aber doch tritt hervor, daß dieser Künstler die Form beherrscht. Trotz der anscheinenden Flüchtigkeit der Be handlung spürt man die Genauigkeit der Zeichnung.

Georg Kolbe ist als Künstler eine Persönlichkeit, auf die fich die Aufmerksamkeit der Kunstfreunde seit einiger Zeit richtet. Dies mal ist er nicht gut vertreten. Die Brunnengruppe" im Eingangs­saal ist in der Auflösung der Massen in freie Gliederung verfehlt. Das Ganze ist eine Impreffion. Das Vorbild ist Rodin . Aber es fehlt das neue, formale Leben. Man sieht durch die Beine der Schreitenden hindurch. Bewegung ist in der Gruppe. Auch die Oberfläche der Körper ist gut behandelt, wirkt licht und lebendig. Die ringenden Kinder" haben in der Bewegung Frische, und lustig wirkt, wie die Beinstellung als Stützpunkt benugt ist. Eine gewisse primitive Note, die an Maillol erinnert, weiß Kolbe seinen Schöpfungen mitzugeben.

Auch die Kleinplastik bringt es hier zu feiner über­ragenden Erscheinung, obwohl auf diesem Gebiet wohl Treffliches geleistet werden könnte. Die Bronze( Venus) von Levi wirkt puppig und glatt. Größer gesehen ist die Tanzende" von Milly Steger ; eine gewisse Herbigkeit in der Bewegung verrät Eigenart.

Kleinfiguren findet man auch in der Vitrine, die im Mittelsaal steht. Kaum fingergroße Kinderfiguren und Grüppchen von Kraus, den italienischen Kinderfiguren auf den alten italienischen Bildern ähnlich. Schnelle, momentane Schöpfungen von formalem Reiz in der Vermeidung des Details. Die farbigen, glafierten Originalferamiken von Pottner, Tierfiguren, feffeln durch die malerische Behandlung des Farbigen, die vielleicht manchmal etwas bunt wirft, aber doch fünstlerisch bleibt. In feinem Schmelz gehen die Nüancen weich in einander über. Ein feiner, grauer Ton über­zieht das Ganze, das Weiß, Blau, Rot und Grün. Manchmal scheint das Vorbild der Natur zu getreu kopiert. Doch gewinnt das Impressionistische dieser Behandlung viel Reiz. Und jedenfalls muß man diesen Arbeiten auf dem Gebiete der Keramit eine Sonder­stellung einräumen. Die alte Art der Farben und Glasuren­behandlung ist hier in der naturalistischen Gestaltung beibehalten. Nur das Weiche, Malerische ist das Moderne daran.

Die Medaillen von Unterholzer( Wien ) im Eingangssaal zeichnen sich in den besten Arbeiten durch eine flächige, malerische Behandlung aus, die namentlich in den größeren Gruppen­darstellungen zum Ausdruck kommt.

Ein Spezialgebiet der Plastik gehört dem Porträt. Hier gewinnt die Frage, inwieweit Charafter und Schönheit, Form oder Naturnachahmung gegeneinander abzuwägen sei, be­sondere, aktuelle Bedeutung.

Ein Bildhauer z. B. wie Oppler beharrt ganz im Einfach­Realistischen. Das Naturvorbild gibt ihm einigen Anhalt, das Mar tante zu betonen, jedoch nur so mäßig, daß die Form, die sonst akademisch wäre, nicht langweilig wirft. Eine ganze Reihe solcher Porträtbildnisse stehen gleich im Eingangssaal. Individuelle, aber Der Brunnen von Pöppelmann gefällt wegen der Schlicht nicht sehr künstlerische Behandlung. Denn auch das Individuelle ist heit des Motivs, einer Hockenden weiblichen Figur, die in weichen hintenangehalten und kommt über ein paar Mätzchen in der Kopf­Massen lebendig durchgeführt ist. haltung, im lebendigen" Ausdruck nicht hinaus. Alte, Junge, Am meisten Größe hat die Ruhende Figur" von Engel- Kinder, Männer, Greise bewältigt so der Künstler mit einem Können, mann, die im Mittelsaal steht. Der poröse, braune Stein ist gut das mehr soliden Fleiß als Eigenart verrät. gewählt.( Wie überhaupt die moderne Blaftit in der Wahl des Dagegen zeigt Albiter mit einer kleinen Bildnisbüste in Terra­Materials, die nicht immer schematisch den Marmor nimmt, sich aus- totta, wie individuelle Erscheinung und plastische Form eins werden zeichnet.) Die Behandlung des Körperlichen hält wohltuend die fann, wie aus ihr Nahrung für sie gesogen werden kann. Das Mitte zwischen Individuellem und Allgemeinem. Eine gewisse Ab- Individuelle ist ein wenig gesteigert und so das Charakteristische tönung der Kontraste gleicht fein alles Edige aus. Man tönnte dem Typischen genähert. Der Endeindruck ist ruhig und angenehm. diese weiche und doch strenge Art malerisch nennen. Maillol , der Auch wer die dargestellte Person nicht kennt, erfreut sich an der Franzose, hat diese Behandlung aufgebracht. Und er wiederum hat ruhigen Verteilung der Massen. Auch das fizende Mädchen"( eben­sie von den Griechen. Go schimmert auch hier das hohe Vorbild falls Terrakotta) hat diese eigene Ruhe und Schönheit, die sich ein­griechischer Plastik hindurch, auf dem Umweg über Maillol . stellt, wenn das Detail überwunden wird und zugunsten der großen Erscheinung zurücktritt. Durch die interessante Behandlung der Ober­fläche, die ein wenig aufgelöchert ist, um die Glätte zu vermeiden, durch die breite Führung der Massen reizt dieses Werk zu nach­haltiger Betrachtung.

Im Eingangsfaal steht noch der Athlet" von Hengstenberg. Er bleibt in Modell stecken. Photographiemäßige Wirkung.

Wie das gemeint ist, das mag man aus dem daneben befind­lichen Torfo eines Ringers" von Metzner ersehen, der eine gewisse dekorative Größe durch bewußt energische Behandlung der Körperformen getvinnt. Man mag diese Art als ein wenig über­trieben bezeichnen; es steckt aber wenigstens eigenes Wollen darin. Im gleichen Saale, in der gegenüberliegenden Ecke, steht ein Wert von Friedrich, der Tanzieher". Auch hier ber gleiche Mangel. Das Individuelle des Modells ist nicht charakteristisch genug, um Intereffe zu erwecken, es ist aber auch nicht so ab­gedämpft, um die Form vorherrschen zu lassen. Eine mühselige Arbeit, ohne Temperantent, ohne Wollen,

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Neben Albifer ist Gerstel zu nennen, dessen Art fast die gleiche ist, beide gehen auf dasselbe Vorbild Maillol zurück. Der weibliche Kopf", die Italienerin", die Maste", fie alle haben jene eigene Sprache, die in Nuhe das Markante fagt. Harmonie ist der Eindruck, Harmonie ohne jenen lästigen Beigeschmack des Lang­weiligen. Auch Gerstel behandelt die Oberfläche ähnlich wie Albiker, die dadurch eigentümlich belebt wird.

Die Büsten von Klimsch haben etwas Nervös- Unruhiges, Aeußerliches. So freut man sich schon über eine Arbeit, wie die