fööt kein Wunder, daß Asmus diese Sprache noch nicht der« stand. Er ahnte zum Beispiel nicht, daß das WortNotizen" mitGedichte" zu übersetzen war und daß der ganze Satz be- deuten sollte:..Wenn du Verse geschrieben hast, leg' sie in diese Mappe: das wird mir sein, als dürft' ich selbst sie hegen." Das Schicksal war dem Zauderer günstiger, als er es eigentlich. verdiente. AmFreischütz"-Abend folgten die Mansfeld einer Einladung, die sie nicht ablehnen konnten. und Asmus saß allein neben der Stillgeliebten! Er saß neben ihr, und da die billigen Plätze sehr schmal waren, saß er sogar recht dicht neben ihr, in beständiger Berührung mit ihrem Kleid, und einmal, als ihr der Zettel entfallen war und sie ihn aufheben wollte, streifte sogar ihr Haar, ihr löst- liches Haar seine Wange! Solche weihevollen Berührungen entzückten ihn tief und entmutigten ihn ganz. Denn je herrlicher sie war, desto weniger wagte er sie zu begehren: ihm war, als solle er in einem hochmngitterten Schloßgarten gehen und dort die seltenste Blume brechen. Eine tiefe Demütigung müßte die Folge sein. Aber schon ungestört mit ihr zu plaudern, war warmes, heimliches Glück. Er erzählte ihr, wie er als Knabe auf seinem Puppentheater denFreischütz" gespielt habe und wie ihm das Liebste daran die Wolfsschlucht mit dem feurigen Nad und allem Teufelsspuk gewesen sei. (Fortsetzung folgt.) Die Große Berliner Kunstausstellung 1908. Bon Ernst Schur . L Japanische Sammlung. Bildergalerie. Wohn« räume. »Wohnung und Galerie eines Kun st freundes" betitelt sich eine Folge von Sälen, die nur durch diesen Titel äußer» lich zusammengehalten find und diesen Zusammenhang nicht einmal durch einen Abschluß gegen die anderen Säle bekunden. Diese Ab- teilung beginnt rechts niit Saal 42. In Saal 42 und 43 befindet sich wohl die interessanteste Dar­bietung der Ausstellung: altjapanische Handmalereien und P l a st i k aus Privatbesitz . DaS ist wertvoll. weil dem größeren Publikum, das sonst solche Dinge nicht zu sehen bekommt. Kennlnis und Anschauung dieser fremden und eigenartigen Kunst vermittelt wird. Diese Kunst wirkt zuerst fremd. Memand wird und soll das leugnen. Die Gestallen erscheinen steif. Die Perspektive ist Mangel- hast. Zudem ist jede naturalistische Nachbildung vermieden und höchstens die Tierbilder frappieren durch ihre starke Lebendigkeit und Naturtreue, die aber eine ganz andere Naturtreue ist, als wir sie in solchen Fällen anzuwenden pflegen, künst- lerischer, freier. Man halte sich an die Tierbilderl Da fitzt ein Affe auf einem kahlen Zweig: grau in Grau das Bild. Sehr weich und leicht daS Fell; das Körperliche frappant natürlich. Dann Fische: mit jener zuckenden Bewegung, die den Raum, das Flüssige des Wassers durch dieses Gleitende, Hinschießendc suggeriert, so daß es leiner weiteren Beigaben bedarf. Wie viel zerstören wir durch überflüssige Gründlichkeit, die alles geben will und in diesem Uebereinander den Eindruck zerstört. Welch feiner, eleganter Rhyth- muS ist in diesen Fischen gegeben I Die Zartheit der Farben läßt den Vorgang wie visionär erscheinen. Enten im Schilf von packender Naturwahrheit I Dabei alles nur auf Farbe gestellt, deren breite, kraftvolle Behandlung die Form modelliert. Dann Vögel von jener Leichtigkeit der Erscheinung, die das Fliegende, Schwebende wie von selbst suggeriert. Manchmal scheint es, als nehme der Maler solch Tier nur als Mittel, Farben delikat nebeneinander zu bringen und die Grazie seines Pinsel- strichs zu zeigen. Dabei ist alles Notwendige doch mit Sachlichkeit behandelt. Genauigkeit gerade darin find die Fapaner Meister ist mit Flüchtigkeit zu einer eigentümlichen Feinheit verbunden. Ganze Blätter voll solcher ganz momentaner Tierstudien sind hier zu sehen. Knappe Notizen, deren Unmittelbarkeit erstaunlich ist. Wie rassig ist die Farbe behandelt I Das Leben blickt uns hier an, daS Leben, wie wir es in seinen feinsten Momenten beobachten, wo die Flüchtigkeit-in es Eindrucks, etwa ein hängender, im Licht sich leicht wiegender Zweig, die Schönheit zeigt. Schwieriger sind schon die Figurenbilder zu verstehen. Weibliche Gestalten, kriegerische Helden. Schauspieler. Man mutz diese Blätter schon lange betrachten, um die Grazie der leichten Bewegungen bei den weiblichen Figuren, die Wucht des Temperaments bei den Schau« spielern, das Rassige sowie die Monumentalität im Ausdruck der Krieger zu empfinden. ES ist erstaunlich, wie die Japaner hier mit der Gestalt konzentrierten Ausdruck erreichen und doch auch das Per- fönliche in Miene und Haltung geben. Die Farbe matt und zart bei den Frauen, grell bei den Schauspiekern und kraftvoll M den Helden spricht entscheidend mit. Im zweiten Saale find meist Landschaften ausgestellt, und die lyrische Feinheit und Zartheit des Ausdrucks wird auch hier leicht das Verständnis vermttteln. Wie zart Nebel die Berge umspinnt! Wie sich der Raum vertieft, ohne daß ein Zuviel gegeben wird. Die beinahe arabeSkenhaste Schönheit der Ueberrragung dieser Ratur ins Bild gibt immer wieder dem Betrachter neue Anregung. Huschend wie eine Impression erscheint die Wirklichkeit in einem schönen Bilde, wie ein Traum. Wie lebendig find die kleinen Häuschen hingesetzt, die sich am Hange ducken, mit ein paar Strichen. Dagegen die weichen Massen der Nebel, die wie ein Dust die Berge un, kleiden, die nur mit ihren Spitzen auftauchen wie aus einem wallenden Meer. Gauklerszencn, auf denen das Bewegt-Körperliche mit kühner, summarischer Kraft erfaßt ist, schließen sich an. Auch sie sind zu bettachten. Die moderne Zeichnung, das Plakat, hat von dieser abkürzenden nervigen Art gelernt, und könnte noch immer davon lernen. Auch die Plastik ist wichtig. Man beachte die Gans in Bronze am Eingang. Wie lebendig ist das Wesentliche erfaßt und künstlerisch behandelt. Und auch in der Vitrine läßt sich einiges finden, das von dem dekorattv-kunstgewerblichen Geschmack der Japaner Zeugnis ab» legt, wenn es auch keine erlesenen Stücke find. Die ausdrucksvolle, holzgeschnitzte Statue des Buddhapriesters z. B., oder die kleinen Flaschen mit dem grünen Stöpsel. Diese Ausstellung enthält keine Meisterwerke. Aber sie zeigt wiederum die Tatsache, welch großen Einfluß die japanische Kunst ausgeübt hat auf die moderne Entwickelung der europäischen Kunst. Noch viel gibt es hier zu lernen, wenn namentlich das formale Empfinden dem Stil dieser Kunst nachspüren wird und über der Schönheit und Eigenart der Behandlung das Fremde vergißt, das nur die Oberfläche dieser Erscheinung leicht verhüllt. Der imaginäre Kunstfreund hat in der Bildergalerie(Saal 44), die nun folgt, nur in wenigen Bildern einen besonderen Geschmack bekundet. Im wesentlichen folgt er dem Geschmack der Aus- stellungsleitung und verschmäht es nicht, süßliche Bilder und langweilig schematische Genreszenen sich an die Wand zu hängen. Nur ein kleiner Menzel(2125), eine schnelle Studie zu einem Leichenbegängnis, fällt ins Auge. Der Zug der Leid- tragenden ist von hinten gesehen; die grauen Rücken und die zum Teil fich umblickenden Gesichter mit der märkischen Physiognomie geben eine melancholisch-ernste und zugleich etwas langweilige Stimmung. Dann steut man sich über die frische Landschaft von Kaiser (2131), der Ettingerbach bei Polling, von heller, lichter FrühlingSerscheinung. Lustig und blinkend ist auch die.Prinzen- gracht bei Amsterdam ' von Hans Herrmann(2145). Breit und flüssig in den Farben ist der Bootshafen von B o s ch e n. Das Fischerdorf von Kallmorgen (2154) hat in den matten Farben feine Stimmung und Einheit. Das Allerbeste aber find zwei kleine Leibis(2156. 2137). Zwei Studienlöpfe; das eine ein weiblicher Kops von weicher, lockerer Erscheinung: von zartem Grau im Kleide und rosigen Tönen im Fleisch; der andere Kopf ist dunfler und alt» meisterlich gemalt. Der Kunstfreund hat auch eine Wohnung und unter dieser Devise geht diesmal die kunstgewerbliche Abteilung(Saal 50a h, und 51a, b). Im ganzen 9 Räume. Welch fürchterliche Wohnung hat dieser.Kunstfreund'! Er scheint von allen Göttern Verlasien. Geschmacklosigkeit macht sich breit. Keine Ahnung von neuer Raum- kunst. Er hat sein Geld hinausgeschmissen und die Möbelfabrikanten, die ihn nnt protzigem Interieurs, in denen eS kein Mensch von Ge» schmack eine halbe Stunde aushalten kann, haben fich davon ge- mästet. Wilhelm K i m b e I ist bisher nicht als entwerfender Künstler hervorgetteten. Aber er meint wohl, wenn Künstler ihre Namen nennen, könnte auch der Möbelfabrikant den seinen angeben. Dieses Wohnzimmer eines Herrn(2169), dieses Wohnzimmer einer Dame(2170) find typische Dokumente einer zuchtlosen Möbelfabrikanlen- Phantasie. Es ist kein Preis für die Ausstellungsleitung, den Künstlern einen so schlechten Dienst erwiesen zu haben, indem sie ihren Gegnern den Platz gibt. Denn Kimbel ist einer der Vor- käinpfer gegen die Künstlerherrschaft im Kunstgewerbe und einer der Schar, die gegen Muthefius wühlt. Hier macht er sich nun mit gräßlich geschmacklosen. Prunkenden, stillosen Möbeln breit und zeigt so am besten, wie nötig eS ist, daß künstlerischer Geschmack hier waltet, um aus dem Wirrwarr eine Einheit zu machen. Hier kann man sehen, was ohne den Künstler erreicht wird und mait erlebt auch den Beweis, wie sehr das Publikum durch solche Geschmacks- auswüchse der Fabrikanten geknebelt wird, die dem Suchenden nichts anderes vorsetzen als diese gräßlichen Machwerke und dann noch behaupten, so etwa? verlange daS Publikum. Diese gedrehten Säulen, dieses Ueberglänzende der Farben, dieses Durcheinander und das Grelle der Farben, das Fehlen jeder eigenen Form, das Ueberttieben-Bewegte, was der Laie so leicht für Prunk und Reichtum hält, dieses Fehlen jeder Raumgestaltung, dieses ganz Phrasenhafte und Verlogene das alles charakterisiert eine Zeitströmung, gegen die es anzugehen gilt. Ebenso wahllos und indiszipliniert ist das Wohnzimmer der Dame mit seinem Schielen nach dem Empire, dem gelben Kamin, dem Weiß und Rot- braun in den Farben. Eine sklavische Stilnachahmung wäre geschmack» voll dagegen-