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dadurch in ein sehr merkwürdiges Licht rüdten. Und plöglich, für einen| trachtet, sobald die Sonne bis auf 6 Grad unter den Horizoni Augenblid, einen einzigen, furzen Augenblick, erschien dem alten gefunten ist, ein gänzlich willkürlicher Begriff, bem mit der Uhr Aufseher, der sein ganzes Leben im Gefängnis zugebracht hatte und nicht beizukommen ist. fein Reglement für eine Art Naturgefez hielt, dieses selbe Gefängnis, wie überhaupt das ganze Leben, als eine Art Narrenhaus, in dem er, der Aufseher, der Hauptnarr war. ." knurrte er und spie Hier bist Du nicht in der Und ich will nicht- ga- ga- ga 1" lachte Jansson. " Satan du!" rief der Aufseher, der das Bedürfnis fühlte, fich zu befrenzigen.
Pfui! Daß dich diefer und jener! aus. Na, was grinsest Du denn? Kneipe!"
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Einem Satan war nun dieses Bürschchen mit dem fleinen, berwitterten Gefichtchen ganz und gar nicht ähnlich, doch lag in feinem Gänferich lachen etwas, das die Heiligkeit und Unantastbarkeit des Gefängnisses entschieden verlegte. Wenn er nur noch ein Weilchen so lacht dann stürzen am Ende diese Mauern wie morscher Schutt zusammen und die berrosteten Gitter fallen von den Fenstern und der Aufseher selbst führt die Arrestanten vor das Tor: Bitte, meine Herren, gehen Sie ein bißchen in der Stadt spazieren oder will vielleicht jemand von Ihnen eine Landpartie machen?"
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Satan!
Aber Jansson hatte bereits aufgehört zu lachen und blinzelte nur noch pfiffig. " Daß Du mir ja...", fagte der Aufseher in unbestimmt drohendem Tone und ging, immer hinter sich schauend, davon, An diesem ganzen Abend war Jansson ruhig und sogar vergnügt. Immer wieder sprach er den Sag vor hin:" Mich darf man nicht hängen", und dieser Satz schien ihm so überzeugend, so boll Weisheit, so unumstößlich richtig, daß er gar feine Ursache hatte, fich zu beunruhigen. Sein Verbrechen hatte er längst vergessen, und nur eins bedauerte er manchmal: daß er nicht dazu gekommen war, die Bächtersfrau zu vergewaltigen. Bald aber hatte er auch das bergessen.
Jeden Morgen fragte Jansson, wann man ihn hängen würde, und jeden Morgen antwortete der Aufseher ärgerlich: " Haft noch Zeit, Satan! Immer fiz Du!", worauf er sich rasch entfernte, bevor noch Jansson zum Lachen gekommen war.
Und aus diesen gleichmäßig wiederkehrenden Worten, wie aus dem Umstand, daß jeder Tag begann, berging und endete wie nur irgend ein ganz gewöhnlicher Tag, gewann Janßon die felsenfeste Ueberzeugung, daß überhaupt keine Hinrichtung stattfinden werde. Sehr bald hatte er die Gerichtssigung vergessen, wälzte fich den ganzen Tag auf der Pritsche und träumte tonfus und vergnügt von den einsamen Schneefeldern mit ihren Hügeln, vom Stationsbüffet und von sonstigen fernen, schönen Dingen. Man fütterte ihn im Gefängnis gut, und sehr rasch, schon nach wenigen Tagen, hatte er zugenommen und begann eine wichtige Miene aufzusetzen.
( Fortsetzung folgt.);
( Nachdruck verboten.)
Die weißen Nächte.
Von Dr. W. Steinhammer. Viele Wochen, bebor am Abend des Johannistages, als ein Erinnerungssymbol an den uralten heiligen Sonnenwendkultus, die Feuer auflodern, die die kurze Mittsommernacht erhellen, hat auch in Deutschland jene astronomisch interessante Zeit begonnen, die man in Skandinavien und in Rußland als„ die weißen Nächte" bezeichnet, weil es fortan auf lange Zeit nicht mehr gänzlich dunkel wird. Droben, jenseits des Polarkreises, wo zur Winterszeit die Finsternis wochen und monatelang ihre schwarzen Fittiche über Wasser und Land, über Berg und Tal, über Gletscher und öde Tundren breitete, feiert jetzt das Licht ebenso lange Triumphe und weckt als Spender jedes Lebens auf dem färglichen Boden Milliarden von Blüten, umschwirrt von unzähligen Fliegen- und Mückenscharen, zu einem kurzen Dasein. Die Unterschiede von Tag und Nacht sind geschwunden, und wie für den Nordlandreisenben die gewohnte Tageseinteilung verloren geht, so daß er zu jeder Stunde effen, trinken und schlafen lernt, so scheint die nordische Vogelwelt der Möwen und Taucher böllig das Ruhebedürfnis verloren zu haben, um sich im Glanze der Mitternachtssonne ebenso lebendig umherzutummeln wie am höchsten Mittag.
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Auch in unseren Breiten bis tief ins südliche Deutschland bekommen wir einen wenn auch nur schwachen Abglanz der weißen Mittsommernacht zu sehen. Wenn um 29 Uhr abends -die nachstehenden Zahlen gelten, wo nichts anderes angegeben, für die Breitengrade von Berlin , Hannover und Posen die Sonne zur Rüste gegangen ist, vollziehen sich die Erscheinungen der fortschreitenden Dämmerung, die zur Beit ber Tag und Nacht. gleichen in schnellem Tempo ablaufen, nur sehr langsam. Wir sehen hier gänzlich von der sogenannten bürgerlichen Dämmerung ab, unter der man die Zeit versteht, während der man nach Sonnenuntergang( oder vor Sonnenaufgang) im Zimmer die gewöhnlichen Beschäftigungen noch ohne fünstliche Beleuchtung vornehmen und größere Schrift lefen kann. In hohem Grade abhängig von der Bewölkung und der sonstigen Beschaffenheit der Atmosphäre ist die bürgerliche Dämmerung, die man als beendet be
Unmittelbar nach dem Verschwinden der Sonne erhebt sich an dem ihrem Untergange entgegengesetzten Punkte des Horizontes wie ein dunkles graues Segment, das sich über den Purpurschein im Osten legt, der aschenfarbene Erdschatten, die sogenannte erste Gegendämmerung". Die rote Farbe des westlichen und nordwestlichen Himmels verwandelt sich allmählich in Orangegelb, über dem zenitwärts eine breite Stelle von transparentem, leuchtendem Lafurgrün liegt, während noch höher hinauf purpurne Töne wie im Osten hervortreten, die an schönen Abenden zu großer Inten sität anwachsen. Schnell und mit einer Pracht, die sich in Worten nicht wiedergeben läßt, wechseln die Farbenspiele, bis die hellsten Sterne hervorzutreten beginnen. Hiermit ist das Ende der bür gerlichen Dämmerung und das Verschwinden des ersten westlichen Dämmerungsbogens eingetreten, über dem sofort der zweite weit liche Dämmerungsschein mit einem ähnlich verlaufenden, aber viel schwächeren Spiel des Farbenwechsels entsteht.
Langsam blaßt die prächtige Erscheinung ab, bis in der Zeit der längeren Nächte nach einundeinhalb bis zwei Stunden volle Nacht eingetreten ist. Die Sonne ist, wie der Astronom sich ausdrückt, tiefer als 18 Grad unter den Horizont, d. H. unter den Dämme rungskreis gesunken und die von ihr ausgehenden Strahlen können auch auf dem gekrümmten Wege, den die Aberration( Abirrung) und Refrattion( Brechung) des Lichtes einschlägt, auch als zerstreutes Licht nicht mehr bis zu uns gelangen. Schon von Mitte Mai angefangen und bis Ende Juli sinkt das Tagesgestirn nicht mehr unter den Dämmerungsfreis herab und damit hat die Zeit der weißen Nächte begonnen, die man freilich in ihrer ganzen geheimnisvollen Schönheit nicht in der Nähe einer großen erleuch teten Stadt, am wenigsten südwärts von einer solchen, sondern nur weit draußen auf dem Lande, am besten von einer stattlichen Bergeshöhe beobachten kann.
Nun wird es überhaupt nicht mehr gänzlich Nacht. Langsam zieht, wenn des Tages Lärm längst verstummt ist, die durchsichtig grün glimmende Helligkeit, die alles in eine gespenstische Ungewißheit taucht, am Horizonte weiter, bis sie um Mitternacht als Aurora borealis über dem Nordpunkt steht. Schon eine Stunde später ist sie merklich größer geworden. Noch eine Stunde später beginnen schon in den südlichen Teilen des Horizontes die Konturen der Bäume und Häuser sich deutlich vom Himmel abzuheben. Reise, wie im Traum verloren, schluchzen die ersten Vögel durch das 8wielicht. Von Minute zu Minute wächst die Helligkeit, bis endlich der erste blendende Sonnenstrahl den Triumph des vollen Tages verkündet.
Allerdings, im südlichen Schweden und Norwegen , in Peters burg und weiter hinauf in Finnland , malt sich das Kind der beiden extremen Brinzipe von Licht und Finsternis mit noch phantafti scheren Farben und ruft jene Illusionen erzeugende Stimmung hervor, in der man wachen Auges und Verstandes die luftigen Geister der Mittsommernacht zu sehen vermeint. Aber auch weiter gegen Süden zu bis an die Donaulinie macht sich die helle Nacht um Johanni herum noch bemerkbar. Während man schon in Bergen dann die Straßenlaternen nicht mehr anzündet, während es in Drontheim auch um Mitternacht so hell ist, daß man selbst im Zimmer feiner Lampe mehr bedarf, beginnt dicht nördlich von Tromsö , unter dem 70. Breitengrade, also noch 40 Minuten südlich bon Hammerfest, die Zeit der weißen Nächte schon am 26. März, um bis Mitte September anzudauern. Auf der Däneninsel im Spik bergenarchipel, wo Wellmann seine Ballonstation errichtet hatte, wird es schon vom 2. März an nicht mehr gänzlich finster und am 11. November zu enden, so daß die Spuren der astronomischen Nordpol beginnt diese Zeit schon am 29. Januar, um erst am Dämmerung um Mitternacht nur während einer Zeitspanne von 80 Tagen fehlen.
Da die Mitternachtsdämmerung nur an Orten gesehen werden fann, wo die Sonne nicht unter den Dämmerungskreis, also nicht tiefer als 18 Grad unter den Horizont herabfintt. ist die äußerste füdliche Grenze der Erscheinung der Parallelkreis, den man sich unter 48 Grad 30 Minuten gezogen denkt. Diese Linie läuft, in Frankreich bei Brest am Atlantischen Ozean beginnend, südlich von Paris über Fontainebleau , über Offenburg in Baden , Ulm , Augs burg , Gänserndorf nördlich von Wien , Munkacs in Ungarn , hinter Czernowiß nach Rußland übertretend, nach Barizin an der Wolga , streicht nördlich vom Kaspischen Meere und dem Aralsee durch Mittel- und Zentralasien , die Mongolei und die nördliche Mandschurei und kehrt, zum Kreise sich schließend, über Sachalin , den Stillen Ozean , Vancouver - Jsland entlang der Nordgrenze der Bereinigten Staaten über den Rate Superior, den Lorenzoftrom, New- Foundland und den Atlantischen Ozean in sich selbst zurüd. Die genau rechnende Theorie, die mit einem Erdball von reiner Kugelgestalt oder der Form eines Rotationsillipsoids rechnet, hat aber auch hier ein Loch, wenn nicht allzu weit von der Südgrenze hohe Berge liegen, von deren Gipfel der Fernblick bis zu jener reicht. Rechnerisch unanfechtbar ist es also, daß selbst von den Spiken des Berner Oberlandes um die Sommersonnenwende die Mitternachtsdämmerung gesehen werden könnte, wenn eben nicht der Lichtschimmer, demgegenüber wegen seiner diffusen Verbreitung das Fernrohr ohnmächtig bleibt, sich dort wegen seiner Geringfügigkeit der Wahrnehmung mit dem unbewaffneten Auge entzöge.