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Das mußte er wie ein unfreiwilliger Geials in feiner Geele) Grita Tributeit füßte dem Prediger den Rockfaum: Dank aufspeichern. Bei den zehn Geboten wie fein die Einleitung auch vielmal für die schönen Worte, und daß Sie's mir gesagt der Fortgang, der Schluß! Scheinbar berechnet, aber im Grunde haben. Ich mußte ja gar nicht, wie tief ich in Sünden steckte. durch nichts als die Natur des Gegenstands, durch die Zweck. Und ich will der lieben Gott auch bitten, daß er's mir vergibt, mäßigkeit getragen. und soll auch gewiß nicht wieder geschehen, es war ja nur des Jungen wegen. Er hat ja eine Braut und möchte Hochzeit machen und ein Geschäft anfangen. Wenn es Sünde ist, so zu denken dann wollen wir es nicht tun, und meinetwegen und seinetwegen soll Tante noch lange stricken.' ( Fortsetzung folgt.)

Bor allen Dingen die Bereitung des Akers, Einsenkung der guten Gesinnung. Das dritte Gebot rechnete er noch dazu. Und nun die strafende Gotteshand auf die übeln Taten gelegt: die Familie und die äußeren Gewalten, Leib und Leben, die keusche Sitte, das Eigentum, die Ehre. Das ist der Kreis, worin die berlegbaren inneren und äußeren Güter beschlossen sind. Und noch einmal legt Gott Jehova den Finger auf die Wurzel aller Uebel: " Du sollst nicht begehren!"" Laß Dich nicht gelüften!"

Wie er es morgen am besten sage, das war die Arbeit seiner

Feder und feiner Gänge um das Pult. Die, die zu meinen Füßen Ethnologische Streifzüge durch

figen, find Unmündige und Waiser im Geiste. Wie soll ichs fünden, daß sie es mit nach Hause nehmen? Wie verschieden wird der Ader sein, auf den ich mein Samenkorn streue! Junge Leute

Augenblicke der Rührung sind ihnen nicht fremd, aber sie bilden die Gefäße brausender Begierden. Da sind silberhaarige Alte mit Fehlern und Mängeln, aber wunschloser als die Jugend, daher vor bösen Entschlüssen gesicherter.

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Wie soll ich's sagen?"

Wenn er beim Arbeiten Pausen machte, dann lief er immer rauchend um sein Pult. Erst lief er vor Wochenbettsfreuden über den letzten glücklich ausgegorenen und zu Papier gebrachten Ge­danken, und gleich darauf lief er in Geburtswehen der kommenden. Wie soll ich's fagen?"

Ein Kilometer, drei Pfeifen- da hatte er es. " Ich werde ein guter Arbeiter im Weinberg sein," murmelte er. Ich werde den Pflug auf tiefe Brache stellen. Mag auch wilde braune Erde aufgeworfen werden die freie Gottesluft wandelt alles in fruchtbaren Humus."

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Grita!" rief er. Er wollte seiner Aufwartung den Ofen empfehlen, seinen Spaziergang machen und dann im Gasthof das Mittagessen einnehmen.

Grita, eine bewegliche, runde, schwarzäugige Litauerin mitt Ieren Alters, nach Masuren verschlagen, kam mit dem Seehunds pelz, mit den warmen Handschuhen, mit Hut und Stock und der Gummischuhen, diese nach östlicher Mode mit brauner Wolle aus­geschlagen und bis über die Knöchel gehend.

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In die Gummischuhe trat der Pastor gleich hinein, den Belz hatte Grita ihm über den rechten Arm gezogen und machte An­ftalten, es links ebenso zu machen da sagte sie: Herr Paftor, denken Sie, Zante strict wieder." Tante war eine alte Frau, neunzig Jahre alt, ein halbes Jahr hatte sie zu Bett gelegen, man hatte geglaubt, ihr Leben werde berlöschen, wie ein Lampendocht tut, dem es an Del fehlt Nun aber war Tante aufgestanden und strickte wieder.

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Tante hatte ein fleines Vermögen. Wenn sie mal die Augen schließt, wird Grita Tributeit ihre einzige Erbin sein. Aber Tante stricte wieder.

Der Pastor war angezogen, er stand in Pelz und Hut vor Grita Tribufeit.

Das ist ja schön," antwortete er. Die Litauerin seufzte leise vor sich hin. ,, Grita, freut es Sie denn nicht?"

" Ja, Herr Pastor, freuen wollt ich mich ja. Ganz gern, aber Tante fann nicht mehr sehen und nicht mehr hören und ist sich felbft und anderen zur Last, und vom Leben hat sie rein gar nichts und mag auch nicht mehr darüber sein, und jeden Tag sagt sie: Wenn unser Herrgott mich doch zu sich nähme." Und denn August, was mein Sohn und gelernter Kaufmann ist, will einen fleinen Handel anfangen und muß Geld haben, und wir wissen nicht, woher nehmen, und bei Lebzeiten gibt Tante nichts ab, da ist sie viel zu geizig zu."

Und da haben Sie gedacht: Für August und für mich wäre es ganz gut gewesen, wenn es dem lieben Gott gefallen hätte, der guten Tante für immer die Augen zuzumachen."

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Der Geistliche sah hart drein.

Ach Gott , Herr Pastor! Ja, das hab ich getan," erwiderte die ehrliche Grita und sah ihrem Herrn mit unschuldigem Tiger blick in die Augen. Ist das Sünde?"

Wie heißt das neunte Gebot, Frau Tributeit?"

Die Litauerin wußte das neunte Gebot nicht mehr. Sie stammelte was von" Du sollst nicht stehlen!" Sie war zu lange aus der Schule. Der Pastor half ihr, er renkte ihr Gedächtnis ein, da besann sie sich. und unter seinem Beistand dämmerte auch noch etwas vom zehnten Gebot. Und als sie sich besonnen hatte, da hatte der geistliche Herr Veranlassung zu einer kleinen Vorübung für die Predigt, die morgen für die Gemeinde be­ftimmt war. Du sollst nicht begehren! Laß Dich nicht gelüften!" Im Grunde freute sich der Seelsorger über diesen handgreif lichen Fall eines sündhaften Gelüftens. Das werde ich morgen wenn auch nur andeutungsweise, verwenden," dachte er. Grita Tributeit erfuhr, daß sie gefehlt habe, daß sie Gedanken, wie die verratenen, gar nicht aufkommen lassen dürfe, ihnen nicht Raum geben, ihnen nicht nachhängen, daß es ihre Pflicht sei, diese Bilder und Vorstellungen zu unterdrücken, und daß fie vor Gott dem Herrn schuldig sei, da sie gegen sein Verbot gefehlt habe.

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die Balkanbalbinsel.

GO

Die wichtigen politischen Ereignisse, die sich in den letzten Tagen man denke nur auf dem Balkan abgespielt haben und zweifellos an Mazedonien in naher Zukunft noch abspielen werden, dürften es angebracht sein lassen, einmal einen furzen ethnologischen Streif zug durch jene Länder zu unternehmen, die mehr oder minder zu der politischen Interessensphäre" gehören. Zunächst sei eine furze geographische Erläuterung vorausgefchickt.

Was versteht man geographisch unter Balkan " und Bal fanhalbinsel"?" Balkan " heißt auf türkisch Gebirge. Im Alters tum wurde das 21-45 Kilometer breite gewaltige Gebirge, das sich vom serbischen Grenzfluß Timot im 600 Kilometer in westöstlicher Richtung bis an das Schwarze Meer erstreckt, Hämos genannt. Dieses Gebirge, das in den Dst, Bentral- und West­ Balkan zerfällt, bildet die Wasserscheide zwischen dem Aegäischen Meere und der Donau . Berühmt und wichtig sind mehrere Pässe des Balkan ; sie sind zum Teil fahrbar. Auch führen über ihn zahl­reiche Karrenwege, Saumpfade, Eisenbahnen und eine ganze Anzahl Straßenzüge. Die hohe Bedeutung der Balkanhalbinsel , die man besser als die südosteuropäische Halbinsel bezeichnen würde, ist in ihrer geographischen Lage begründet: an der Schwelle Afiens gelegen, ist sie eines der wichtigsten Durchgangsländer für den Levantehandel.

Diese Halbinsel weist nun ein buntes Völlergemisch auf und ist augenblicklich nicht nur von Interesse durch die türkische Revolution, sondern auch als der ständige Schauplatz grimmiger Streitigkeiten der verschiedenen Nationalitäten. Fast tann man sagen, daß dort ein Kampf aller gegen alle entbrannt ist, und dieser Kampf nimmt oft Formen an, die für den sogenannten gebildeten Mitteleuropäer unverständlich sind. In der Tat werden diese Erscheinungen ver ständlich erst auf Grund der Kenntnis der geschichtlichen Tatsachen und der Entrollung der ethnologischen Musterkarte der Balkan­ halbinsel , die uns im Süden der blauen Donau ein in Europa nicht wieder vorkommendes Nationalitätengetvimmel zeigt. Allerdings tann die Aufgabe, den Schauplatz der Nationalitätenlämpfe in wenigen Strichen zu zeichnen oder durch scharfe Grenzlinien die Völker abzusondern, nicht so leicht gelöst werden. Der von mehreren Völkern um worbenen Gebiete gibt es noch sehr viele, die eingesetzten Kräfte find häufig so gleichwertig, das Boltsbewußtsein ist manchmal so schwankend, daß jede Lösung von mehreren, wenn nicht von allen Seiten und gewiß nicht immer ohne Grund, angefochten werden würde. Selbst die relativ zuverlässigsten Statistiken werden stets von den darin behandelten Nationalitäten angezweifelt und für ab­sichtlich übertrieben erklärt. Indessen ergeben verschiedene andere vertrauenswerte Quellen ein immerhin zuverlässiges Bild über die Völkerelemente der Baltanhalbinsel.

Als Hauptgruppen der Balkanvölfer kann man nennen: Türken, Bulgaren , Griechen, Serben und Montenegriner, Mbanesen und Rumänen.

Von diesen sind die Bulgaren , Serben und Montenegriner Slawen, die Griechen, Rumänen und Albanesen Gräfo- Latiner. Das türkische Gebiet in Europa zählt nicht mehr ganz sechs Millionen Bewohner. Die Türken oder Osmanen bilden nirgends die Grundbevölkerung eines größeren Raumes in ihrem Lande; namentlich von Griechen und Bulgaren durchsetzt, sind sie unter den übrigen Stämmen zerstreut, wie Besatzungen, um unterdrückte Länder im Baume zu halten"." In Europa liegen die Türfen nur im Lager." Eine Menge der an ihnen gerühmten Züge, die Würde, die Ruhe, die Geduld der Türken beruht, genauer zugesehen, auf einer negativen Seite ihres Wesens, die alle rasche Bewegung des Leibes und des Geistes ausschließt. Unwissenheit, Dünkel, Seelenschlaf, Phlegma, der Glaube an ein unabänderliches Fatum, der Mangel aller Mitleidenschaft für Menschengeschöpfe, sind die Grundlagen aller türkischen Tugenden, die oft an die der Indianer erinnern. Aber diese falten, langsamen Naturen können auch entzündet werden: Wildheit, Haß und Fana­tismus sprühen den Funken in den nach dieser Seite rasch fassenden Bunder. Daß manchen Beobachtern türkisches Wesen im Vergleich mit griechischem so zusagt, erklärt sich leicht: die rohe Ehrlichkeit und Treue des Naturmenschen( die oft mit einem Nichtwissen zu­fammenfällt) neben der Geriebenheit eines Handelsvolkes nimmt uns immer ein.

Die Bulgaren wohnen ziemlich geschloffen im heutigen Bulgarien und Östrumelien, sowie in einem großen Teil Mazedoniens ; westlich greifen sie nach Serbien hinein, und im Süden sind sie mit