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Geologische Wanderungen in der ihrer Bildung Norddeutschland eine sandwüste, die nur hier und

fannt.

Umgebung Berlins  .

1. Die Rüdersdorfer   Kallberge.

da von einem plötzlich auftretenden tropischen Regen auf furze Zeit unter Wasser gesett wurde, sonst aber bis auf einige Salz fümpfe vollkommen troden war. Damit steht auch die Armut der Buntsandsteinschichten an Versteinerungen in Ginklang; was nach dem Tode von den spärlich vorhandenen organischen Wesen übrig­blieb, fiel schnell der Vernichtung anheim.

Ein Besuch der Rüdersdorfer   Kalfberge führt uns im Fluge durch den ersten Abschnitt des Mittelalters in der Ge Gleich hinter dem Steinbruch führt uns ein Fußpfad auf den schichte unserer Erde, durch die Triasperiode. Die Trias Schulzenberg, von dessen Aussichtsturm wir die gesamten (= Dreiheit) umfaßt im nördlichen Deutschland   drei aufeinander- Kaltbrüche überschauen können. Deftlich liegt der ausgedehnte folgende Stufen: Buntsandstein, Muschelfalt, Neuper. Albenslebenbruch, durchzogen bon einem jest trockengelegten von denen infolge von Störungen in der Lagerung der Schichten in Kanal, der nach Norden zum Kriensee umbiegt und zu dem nur Nüdersdorf nur die beiden ersten in schönen Aufschlüssen der Be- noch als Stapelplas dienenden Krienbruch führt. Im Westen ge trachtung zugänglich find; der Keuper ist nur aus Bohrungen be- wahren wir den Tiefbau, der den Heiniß- und Redenbruch schon fast vollständig in sich aufgenommen hat. Die Brüche sind bereits Am interessantesten, lehrreichsten und schönsten gestaltet sich über 600 Jahre im Betrieb, wovon die Ruinen einiger Gebäude der Ausflug, wenn wir die Rüdersdorfer   Kaltberge als Mittel- und Kalföfen am Westende des Heinißbruches Zeugnis ablegen. punkt einer Tagespartie Ertner Strausberg, Ein Zufall förderte seinerzeit das Gestein zutage. Das Gebiet nehmen, die selbst für weniger tüchtige Fußgänger nicht allzu an- zwischen Strausberg   und der Spree   war zweds Germanisierung strengend sein dürfte und fast stets im Waldesschatten durch eine um 1250 dem Kloster Zinna   verliehen worden, das dort verschiedene überaus reizvolle Landschaft führt. Bauernkolonien anlegte. Eine Beschwerde der Rüdersdorfer  Bauern über ihren steinigen Ackerboden führte zur Entdeckung des Kalklagers, mit dessen Abbau die Mönche sogleich begannen. Mit der Säkularisation der Klöster gingen auch die Kalkbrüche in den Besitz der Landesherren über; heute sind sie im Eigentum und unter Verwaltung des preußischen Fistus, der aber auf Grund alter Verträge der Stadt Berlin   ein Sechstel des Reingewinnes abgeben muß.

Der Vorortzug führt uns nach Erkner  , von wo wir über den Flakensee nach der Woltersdorfer Schleuse übersehen. Ein pracht­voller Rundblick bietet sich von dem Aussichtsturm auf den Kranichbergen. Ganz im Westen verschwimmt weit hinter dem blinkenden Spiegel des Müggelsees im Dunste das Häuser­meer Berlins  , zu beiden Seiten der Spree zeigen uns fanft ge­rundete Höhen die Ufer des einstigen großen Eiszeitstroms, der bor bielen Jahrtausenden die Schmelzwässer der Gletscher der Nord- Vom Schulzenberg in nördlicher Richtung weiterblickend ge­see zuführte. Im Norden schweift das Auge über eine sandige langen wir am Albenslebenbruch in die Region des Hügellandschaft, in deren Mitte sich die Schutthalden der Rüders- Muschelkalks, und zwar überschreiten wir zuerst seine unterste dorfer Kalfwerke erheben. Und wenn wir den Blick auf den Boden Abteilung, den Wellenkalt, der durch seine furchige Struktur zu unseren Füßen richten, so trifft er in dem mancherlei Schutt seine Herkunft aus von Wellenschlägen getroffenen Meeresboden und Gerölle zwischen schwedischen Graniten und Feuersteinen, berrät. aus Rügens   Kreidefelsen auch Trümmer von blaßblauem Muschel­Ehe wir aber die Muschelfalfablagerungen selbst betreten, falt und rötlichem Sandstein, die die Gletscher von den Rüders- gehen wir auf der Höhe am Rande des Alvenslebenbruches entlang dorfer Höhen abgerissen und bis hierher mitgeschleppt hatten. bis zur Nordostecke, wo an einer Stelle die vom Schutt befreite Gegenüber vom Woltersdorfer   Kieh Kieh wendisch Oberfläche des Muschelfalts in Gletscherschrammen und Fischerdorf; die wendischen Fischer siedelten sich am Ufer der Ge- Gletschertöpfen deutlich die Wirkungen des Inlandeises ver­wässer an, während die acerbautreibenden Deutschen   die Höhen anschaulicht. Die von Norden nach Süden vordringenden Gletscher bevorzugten( vgl. auch Nieder- und hohen- Schönhausen  !) hobelten die Schichtentöpfe des Muschelfaltes, soweit sie ihnen gewinnen wir das Ufer des Kaltsees, dem wir nach Norden Widerstand leisteten, glatt, und die darin eingefrorenen Steine hin bis Rüdersdorf   folgen. Der Weg dahin führt häufig an wirkten wie eine Raspel und verursachten breite und tiefe Furchen Quellen vorbei, von denen die Liebes quelle die bekannteste oder auch ganz feine Schrammen auf den glatten Flächen. Aus ist. Sie geben uns bei näherer Betrachtung ein anschauliches Bild den Spalten der Gletscher aber strömte das Schmelzwasser herab der Quellenbildung überhaupt. Unter dem Sande, aus dem die und strudelte mit Hilfe von allerlei Rollsteinen Riesentessel bis den See begleitenden Höhen bestehen, befindet sich eine tonige zu einer Tiefe von mehreren Metern aus. Mergelschicht, die für Wasser nur schwer durchlässig ist. Das Wasser, das sich aus der Atmosphäre niederschlägt, dringt ungehindert Von hier aus steigen wir in den Alvenslebenbruch hinab. Auf überall durch den Sand hindurch, und sammelt sich über dem un- die Wellenkalfschichten der Nordseite folgen die an der Ostwand durchlässigen Mergel an, von wo es an einzelnen Stellen, an der abgebauten des Schaumtaltes. Der Muschelfalt setzt sich Grenze der beiden Schichten, den Boden als Quelle wieder verläßt. nämlich aus verschiedenen, deutlich voneinander getrennten Unter­Wir müssen uns immer vor Augen Am Ende des Kalfsees biegen wir in den Dorfteil Rüder&- abteilungen zusammen. dorf Grund ein. Dort befindet sich hinter dem Hause Frie- halten, daß zur Bildung des ganzen Lagers wohl viele viele Jahr­drichstraße 35 ein Steinbruch, in dem die Schichten des Bunt- tausende nötig waren, in denen sowohl die Tiefe des Meeres, seine sandsteins und zwar dessen obere Abteilung, der Röth, vorzüglich chemische Zusammensetzung und vor allem seine Fauna und Flora So unterscheidet man einen aufgeschlossen sind. Schon bei oberflächlicher Betrachtung fällt es sich verschiedentlich veränderte. dem Beschauer auf, daß die einzelnen Schichten nicht horizontal ge- unteren, mittleren und oberen Muschelfalt, von denen jeder wieder lagert sind, wie man vermuten müßte, sondern daß sie nach Nord- in verschiedene Gruppen eingeteilt wird, die ihre Namen von den westen hin gegen den Erdboden geneigt sind und mit ihm einen sogenannten Leitfossilien erhalten, d. h. denjenigen Versteine­spizen Winkel bilden;( der Bergmann sagt: Die Schichten fallen rungen, die für die betreffenden Schichten charakteristisch sind. nach NW. unter einem bestimmten Winkel ein," ebenso bezeichnet Unter den Versteinerungen befinden sich besonders viele Muscheln, er die senkrechi zum Fallen gelegene Richtung, in der die Schichten von denen allerdings meistens nur die Ausgüffe ihrer inneren fich ausdehnen, mit Streichen", so daß es bergmännisch gesprochen, Höhlung, die sogenannten Steinkerne erhalten sind, welche oft heißt: die Rüdersdorfer   Triasschichten streichen von SW. nach NO. ganze Schichten zusammensetzen. Doch finden sich auch Reste von und fallen nach NW. ein). Dieselbe Beobachtung machen wir später Vorläufern der zur Tintenfischgattung gehörenden Amenoniten, bei den verschiedenen Muschelfaltschichten. Zum Verständnis dieser von Fischen und kleinen Meersauriern. Deutlich lassen sich auch Tatsachen müssen wir uns ins Gedächtnis zurückrufen, daß das zwischen den einzelnen Kalfschichten dünne Schnüre erdigen Tone Erdinnere noch größtenteils von feurig- flüssigem Magma erfüllt beobachten, die auf Perioden größerer Niederschläge hindeuten, in ist, daß es aber durch Ausstrahlung von Wärme ständig mehr und denen die in das Meer mündenden Flüsse größere Massen von mehr erkaltet und sich dadurch auf einen kleineren Raum zu- Schlamm und Sintstoffen mitbrachten und ablagerten als zu fammenzieht. Der feste Erdmantel muß dieser Volumenverkleine- anderen Zeiten. Auf der Nordseite des Alvenslebenbruches entlangschreitend rung folgen und sucht sich ihr durch Faltenwerfung anzupassen ( vgl. die Runzeln auf einem altgewordenen Apfel); solche Riesen- gelangen wir zu beiden Seiten des Krientanals in die falten haben wir in unseren Hochgebirgen, den Alpen, großen Teilen der deutschen   Mittelgebirge   usto. bor uns. Vielfach aber laffen sich die Schichten nicht falten; die Erdrinde zerreißt in Schollen wie die Eisdecke eines Flusses, einzelne Schollen sinten in die Tiefe, andere richten sich auf, schieben sich übereinander oder werden gar umgekippt. Eine solche aufgerichtete und über eine andere tiefer gelegene, hinweggeschobene Riesenscholle stellen die Rüdersdorfer   Kaltberge bar; die Schichten, die ursprünglich in der Reihenfolge Buntsandstein, Muschelfalt, Keuper über einander abgelagert wurden, liegen jetzt sozusagen neben einander, und bei einer Wanderung von Südosten nach Nordwesten durchschreiten wir die einzelnen Ablagerungen von den älteren ausgehend zu den jüngeren. Die aufgebedten Buntsandsteinschichten bestehen aus Vom Krienbruch aus gelangen wir unter der Straße verschiedengefärbten blauen, grünen und roten Sandsteinen und Rüdersdorf  - Tasdorf hindurch nach dem Nedenbruch, Mergeln, häufig unterbrochen durch dünne Schnüre von Faser- in dem hauptsächlich Schaumfalt gewonnen wird, und am Nord­gips von weißer bis gelber Farbe. Wahrscheinlich war zur Zeit rande des Tiefbaues entlang dessen Betreten verboten ist

Schichten des mittleren Muschelfalts, der hauptsächlich zur Her­stellung von Zement benutzt wird. Der obere Muschelfalt ist nur im Krienbruch aufgedeckt, der zwar nicht mehr ausgebeutet wird, aber überall noch die Lagerung der einzelnen Schichten erkennen läßt. Besonders fällt der glaufonitische Kalkstein durch seine grün­fiche Färbung auf. Er ist auch besonders reich an Versteinerungen, vor allem an Fischresten. Bei aufmerksamer Betrachtung sieht man überall winzige braunglänzende Zähnchen und blinkende Schüpp­chen aus dem Stalk hervorregen.( Wer überhaupt Versteinerungen sammeln will, der führe einen Hammer zum Zerschlagen der Blöcke mit sich und suche vor allem Schutthalden und Steinhaufen auf, da das dort befindliche Material schon angewittert ist und die Fossilien leichter erkennen läßt.)

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