Sprossen der Jakobsleiter nicht nötig zu haben, dann kann ich in den Himmel der Wahrheit hineinfliegen mit einem Wort: dann kann ich prophezeien. Und so prophezeie ich denn: Bevor noch unsere Erde zweimal die Reise um die Sonne gemacht hat, bist Du an irgendeine Korsetträgerin aus Hodorf und Umgegend gc- bunden, und ein halbes Jahr schwelgst Du in dem Wahn, nun erst die Gedanken des großen Meisters, der die Welt machte, zu der- stehen." Heinrich Bruhn gedachte ihrer, an die er allein denken konnte, wenn von Heiraten die Rede war. Und weiter dachte er, Emil Paulscn könnte es erraten, und er selbst könnte rot werden, und indem er es dachte, errötete er wirklich und sah sich ertappt. Emil Paulsen bemerkte es, lächelte, Emil Paulscn wußte diskursiv? intuitiv?, was in Heinrich vorging! Entweder trug Heinrich wirklich Fensterglas vor der Brust, oder Emil Paulscn war das, wofür er sich ausgab. Erst hatte der Geheime gelächelt, dann flog ein Wölkchen freundschaftlicher Sorge über sein Gesicht. Das ist Unsinn," sagte er,das mutzt Du nicht tun. Nicht AltcS träumen! Wenn Du träumen willst, dann etwas Neues!" (Fortsetzung folgt.) Der Garten des Laubenkolonlften. August. Nachdem auf die Dürre wiederholt kräftige Regengüsse gefolgt waren, fing Prictzke, der in der letzten Zeit den. Kopf ständig hängen ließ, allmählich an, ihn wieder höher zu tragen und ver- gnügt in die Zukunft zu blicken. In demselben Maße, wie sich seine Lebenslust und sein Vertrauen in die Zukunft gehoben haben, ist auch der Wasserstand in seinem Teiche gestiegen, und die frisch eingesetzten Fische, vie sich anfangs herdenweise zusammen ver- steckt hielten, fangen an, munter in der trüben Flut umherzu- plätschern und bei Hellem Sonnenschein ab und zu einmal einen lustigen Sprung in die Luft zu riskieren. Prietzke ist kein so» genannter Besserwisser, im Gegenteil, er ist stets Belehrungen zu» gänglich, aber er ist ein Schlaumeier, bildet sich ein, manches zu verstehen, was anderen fremd ist, und plaudert nicht gern aus der Schule. Als der Teich auf der Parzelle fertig war, grub er unter der Erde einen GeHeimgang nach dem vorüberflicßcnden Feldbach  , um diesem das Wasser abzufangen. Das gelang ihm auch, aber mit dem Wasser aus dem Feldbache war auch ein Hecht in die Prictzkesche Fischzuchtanstalt hinübergewechselt, der nun anfing, sich an der Karpfen- und Schlcibrut gründlich zu mästen. Am letzten Sonntag zog Prietzke seine Wasserstiefel an, stiefelte in den Teich und arbeitete mit einem Fischnetz gewaltig darin herum, um den Hecht zu fangen, während Frau Prietzke mit dem Wiegen der Petersilie beschäftigt war, um den gefangenen Räubergrün" zu machen. Alle Bemühungen waren anfänglich vergeblich, da der Hecht dem tückischen Garn zu entrinnen verstand, bis schließlich, nachdem sich das Wasser wieder geklärt, eine wohlgeziclte Flinten- kugcl seinem Dasein ein Ende machte. Verspeist wurde er in aller Stille, da seine geringe Größe die Teilnahme der Nachbarschaft nicht zuließ. Sonntag, den 12. Juli, hat Prietzke in seinem Gartenbuchc nicht rosenrot, sondern schwarz eingetragen. Der furchtbare Ge- Wittersturm, der am Nachmittage dieses Tages von Osten her über die Neu-Vogelsdorfcr Gartenkolonie dahinbrauste, hat seine frisch gepflanzten, noch schmächtigen Obstbäume gewaltig geschüttelt und zerzaust und die wenigen Aepfel, die bisher Prictzkes Stolz waren, zu Boden gerissen. Frau Prictzke hat das unreife Zeug zu Apfel- brei verarbeitet und mit Zucker versüßt; aber der Genuß dieser Speise ist kein ungetrübter gewesen, und die Feier des Erntefestes wurde auf bessere Zeiten, die noch kommen sollten, hinausgeschoben. Die Obstkulturcn sind überhaupt die Schmerzenskinder der Kolonisten, sie erfordern besondere Pflege, setzen einen ständigen Kampf gegen allerlei Schädlinge voraus und lassen jahrelang auf den Ertrag warten. Die ersten Früchte, die ein frisch gesetzter Baum im zweiten oder im dritten Jahre der Pflanzung bringt, sind nur Angstfrüchte, die ihre Entstehung und notdürftige Aus- bildung in der Hauptsache der durch die veränderten Verhältnisse, d. h. durch das Umpflanzen gestörten Ernährung des BaumeS ver- danken. Man tut am besten daran, in den ersten Jahren die angesetzten Früchte abzunehmen, und dem Baume dadurch die Möglichkeit zu bieten, die ganze Kraft aus seine innerliche Aus- bildung, d. h. auf die EntWickelung eines gesunden HolztricbeS zu verwenden. Weniger hart als bei Kern- und Steinobst ist die Ge- duldprobe, die uns frisch gcpflanztcS Bcerenobst auferlegt. In diesem Monat angelegte Beete frühester Erdbeerensorten, wie Dcutsch-Evcrn und Laxstons Nobel, bringen schon im Mai-Juni deS nächsten Jahres ganz ansehnliche Erträge, während beim sonstigen Beerenobst frühestens im zweiten Jahre nach der Pflan- zung auf guten Ertrag zu rechnen ist. Ich bezog im Herbst vorigen Jahres aus einer märkischen Baumschule eine Anzahl hoch- stämmiger Stachelbeerbäumchen in verschiedenen Sorten. Die Bäumchen waren fast wurzellos und hatten außerdem so schwache Kronen, daß ich anfangs die Annahme verweigern wollte; schließ- lich habe ich sie aber doch gepflanzt. Zu meinem nicht geringen Erstaunen sind sie nicht nur sämtlich weitergekommen, sondern fie haben auch im vorigen Monat, das heißt 9 Monate nach der Pflanzung, einen verhältnismäßig reichen Ertrag an Früchten gc- bracht und dabei einen gesunden Trieb entwickelt, der auch fürs nächste Jahr eine gute Ernte gewährleistet. Einer der besten Freunde Prietzkes, mit welchem ich die Leser schon früher bekannt gemacht habe, ist der ehemalige Herr Meier aus Rixdorf. Ich sage absichtlich: der ehemalige, denn heute heißt er Lehmeier. Er hat sich in der Nähe der Görlitzer Bahn seßhaft gemacht und, nachdem seine Bewerbungen um Tante Röschens Hand in Französisch-Buchholz   bei dieser keine Gegenliebe gefunden haben, eine andere geheiratet; weil aber in der Kolonie noch mehrere Meier ansässig waren, die man nur, wenn man sie zu- sammen vor sich hatte, voneinander unterscheiden konnte, so hat Herr Meier den Namen Lehmcier angenommen, womit er zugleich das Andenken seiner verstorbenen Mutter, die eine geborene Lehmann war, verewigt. Meier treibt auf seiner Parzelle Gemüse- bau in so großem Umfange und mit so großem Erfolge, daß er sich schon wiederholt mit dem Gedanken getragen hat, vollständig zur vegetarischen Lebensweise überzugehen. Prictzke war wiederholt bei ihm, um seine Kulturen zu besichtigen und aus ihnen zu lernen. Da hat er denn gesehen, daß Lehmeier die Kohlrabi nicht, wie es andere Leute tun, bei der Ernte dicht über dem Boden ab- schneidet oder gar mit den Wurzeln herausreißt, sondern die knollenartige Verdickung mit einem langen und scharfen Messer so vom Wurzelstock abschneidet, daß eine sehr große Schnittfläche entsteht und noch 2 3 Blätter an dem geschonten Knollenrest über dem Wurzclstock verbleiben. Die große Schnittwunde an der so geköpften Pflanze vernarbt in wenigen Tagen; es bildet sich auf derselben eine dünne, korkähnliche Nindendccke und, o Wunder, in den Achseln der zurückgebliebenen Blätter und um den Rand der Schnittfläche überhaupt bilden sich bald neue Knospen, aus welchen sich in kurzer Zeit erneut zwei, drei oder mehr junge Kohlrabi entwickeln, die ö 8 Wochen nach der Ernte eine zweite feine und schmackhafte Ernte liefern. Ich empfehle dieses Verfahren zur Nachahmung. In gleicher Weise kann man auch bei allen übrigen Kohlgewächscn, den Blumenkohl ausgenommen, verfahren. Der schöne, runde, geschlossene Kopf des Wirsing  -, Rot- und Weißkohls wird so geschnitten, daß die ausgewachsenen, flach ausgebreiteten Blätter am Strünke zurückbleiben. Auch hier bilden sich bald neue Triebe und neue Köpfe, oft drei bis vier an jedem Strunk, die, ohne daß die Pflanze besondere Mühe macht, eine zweite sehr gewichtige Ernte liefern. Verfährt man bei den spätesten Kohl- sortcn, die den Ertrag für den Winter liefern, in gleicher Weise, und läßt man sie dann während des Winters ungestört auf den Beeten stehen, so schlagen die Strünke im zeitigen Frühling sozu- sagen an allen Ecken und Enden aus, und wenn auch diese AuS- triebe keine geschlossenen festen Köpfe liefern, so geben sie doch zu früher Jahreszeit, zu der höchstens Treibhausgemüse für schweres Geld erhältlich ist, ein außerordentlich zartes und wohl- schmeckende? Blättergemüse, das Grün- und Rosenkohl ablöst. Auf der Parzelle beginnt jetzt das feinste der Kohlgemüse, der Blumenkohl, seine dicht geschlossenen, schweren weißen Köpfe zu entfalten, die sich aus Tausenden von Blütenknospen zusammen» setzen. Um recht zart und appetitlich zu sein, müssen diese Köpfe eine weiße Farbe zeigen. Um diese zu erzielen, knicke man die Herzblätter der Pflanze über den Blütenköpfen um, indem man an der entsprechenden Stelle die Mittelrippe bricht. Diese ge- knickten Blätter erhalten von der Mutterpflanze immer noch genügend Saft zugeführt, um nicht zu welken; sie decken die Blumenköpfe und halten damit das Licht ab, so daß diese bis zur Ernte geschlossen und weiß bleiben. Die anfangs des vorigen Monats mit Blätterkohl und Rosen» kohl für den Winterbedarf gepflanzten Beete müssen nun zur Unterdrückung des Unkrautes und zur Auflockerung der Erde wiederholt behackt, daneben aber auch bei Trockenheit reichlich bc- wässert werden. In magerem Boden erweist sich bei trübem Wetter wiederholt gegebene flüssige Düngung als sehr vorteilhaft. Blätter- kohl läßt man ungestört wachsen; je höher er wird, desto besser ist es. Den Rosenpflanzen nimmt man aber zu Ende des Monats die Triebspitzcn, die als Gemüse verwertet werden können, damit die Pflanze gezwungen ist, von da ab ihre ganze Kraft auf die in den Blattachscn erscheinenden Knospen, die Röschen, zu verwenden. die man bekanntlich im Winter erntet und als schmackhaftes Gemüse stets gern auf dem Tische sieht. Die Tomaten wollen in diesem Jahre nicht viel Früchte ansetzen. Heiße sonnige Witterung und reichliche Ernährung durch Tunggüsse befördern aber den Fruchtansatz. Von Mitte des Monats ab werden sämtliche Trieb» spitzen geköpft, um ein ferneres Blühen zu verhindern, da aus den späten Blüten keine reifen Früchte mehr hervorgehen, weil die Tomate als frostempfindlich schon dem ersten Herbstfrost zum Opfer fällt. Zu Anfang dieses Monats können noch Rettiche für den Winterbcdarf gesät werden; die schärfsten sind die schwarzen runden und langen Winterrettiche. Als prächtigen, zu allen Jahreszeiten vorzüglich gedeihenden neuen Rettich habe ich den langen schwarz-weiß genetzten Scdanrettich in diesem Jahre kennen gelernt. Als ich Prietzke einen gut entwickelten Rettich dieser Sorte stet mir zeigte, sperrte er buchstäblich Mund und Nasenlöcher auf, so was hatte er denn doch bis dahin nicht gesehen. Die Rübe dieses Rettichs ist 2925 Zentimeter lang und endigt in eine Hauptwurzel, die man bis zu Zentimeter Tiefe in den