In erster Linie Verständnis erforderie, wurde ihr mit jedemTage lieber.Es kam ein Augenblick, wo Renda glaubte, ste habe ihmihr ganzes Herz zugewandt, und er freite um sie.Sie hörte ihm zu, als spräche er eine wildfremde Sprache.Aber ihr Betragen ihm gegenüber änderte sich nicht. Sieblickte ihn so teilnehmend an wie je zuvor. Er Wichte zuletztweder aus noch ein.Da kamen Begebenheiten von austen. die die Lust er-jchütterten.Die Wahl machte Renda zum Feinde der Gräfin, und siebegann mit Angst das Verhältnis zwischen ihm und Biondazu verfolgen. Sie durften sich nicht mehr sehen. Kurz daraufverließ er die Stadt wie Lo Forte: er fühlte sich vor den Nach-stellungen der Gräfin nicht mehr sicher.Eines Tages wurde Bionda ein Brief von ihm in dieHände geschmuggelt. Sie las diesen Schrei eines zu Todegetroffenen Mannes in einer Bezauberung, die tagelang an-hielt, und ihre Antwort war erfüllt von einer übersinnlichjubelnden Sfimmung. Ein neuer Brief kam, der wie eineSiegeshymne klang und sie erwiderte ihn in demselbenTönen. Es wurde ein Briefwechsel wie ein Wcchselgesang,wurde zwitschernde Vogelliebe und stiller<seen Träume, inWorte gefangen.Als er aber auf der Höhe seines Siegesrausches ver-langte, sie sollte hinausfliehen ins Leben und zu ihm, mitihm flüchten, da schlugen die schweren Pforten zu: sie könnenie die Seine werden.Einer der Briefe wurde der Gräfin hinterbracht, und alssie erst auf der Spur war. gelang es ihr, alle zu finden.Nun wurde sie wachsam; sie argwöhnte, Bionda sinneauf Flucht, und sie fürchtete Renda als Biondas Mann. Kamer in rechtmäßigen Besitz der Minen, die sie bereits geplünderthatte, so wurde er mit den Verbindungen, über die er ver-fügte, zu einem gefährlichen Gegner.Weder sie noch Renda begriff, was in Bionda vorging.Jeden Brief, den sie von Renda empfing, dichtete sie um. Sieließ sich von feinem Reichtum füllen, hinter den Worten aberverschwand er, der sie geschrieben, und sie dichtete GianandreaLo Forte an seine Stelle. Wenn sie ihre Antworten schrieb,die behende Liebesergüsse waren, so atmete sie bloß in ihrerLiebe zu Gianandrea und setzte Rendas Namen nur als einezufällige Form ein, welche doch von einer Zärtlichkeit, dietiefere Gefühle auslöste, ihre besondere Betonung erhielt. Esfehlte ihr wol nicht ganz an einem gewissen Verständnis fürdas Willkürliche dieser Uindichtung, aber die kalten Argu-mente der Wirklichkeit übten ebenso geringe Wirkung auf siewie die Phantasie auf ihre Umgebung. Ihre Gefühle er-fuhren jene Erschütterung, die Kristalle bildet; sie durftenschaffen und sich am Anblick des Geschaffenen erfreuen. Mitjedem Tage wurde sie frischer und kräftiger. Während sie sichin ihre eigene Welt hineindichtete, dichtete sie sich ins Lebenzurück.Darum mußte sie leiden, als Renda das Meer zwischensie legte, alle Fäden abschnitt und verstummte.Die Gräfin sah ihren Kummer und deutete ihn, wie siekonnte. Sie dachte von nun an nur daran, Renda un-schädlich zu machen, indem sie Bionda verheiratete.(Fortsetzung folgt.)CBuchdruck bcrEctnr.J101 Du sollst nicht begehren!Von Timm Kröger.lt. Beim Schweinepriester.PanseS-Allee ist eine aus Eigerchäuscrn bestehende Garten-straße, Vorgängerin der Billenstraßen, die wir jetzt auch in Land-städten antreffen. Wilhelm Frahms Haus war einstöckig und ent-hielt zu ebener Erde eine Reihe Zimmer, links das Wohnzimmer,rechts die Schlafstube, gerade vor einen größeren Raum, wo dasEssen aufgetragen wurde. Und sie waren mit dem geräumigenHausflur durch Türen verbunden, während die beiden Eckstubcn,wovon die eine als beste Stube, die andere als Ankleideraum be-nutzt ward, nur Türen nach den anstoßenden Räumen hatten.Als der Schweinepriester mit dem ncugekleideten, von denToten Auferstandenen nach Hause kam. saß Matthies mitn Swungschon im Wohnzimmer... Wilhelm führte seinen Begleiter nachdem rechten Eckzimmer und hvlte dann Matthies herbei.„Kennst Du den?" fragte er, auf den Fremden zeigend. TerBefragte musterte lange und umständlich und sagte nach derMusterung— nichts; in seinen Mienen aber las Frahm, daßMatthies Lhm recht sah.„Komm mal mit/ wendete er sich an den Alten,»ich mußmit Dir reden."Georg Engelbrccht blieb in dem Eckzimmer zurück, WilhelmFrahm und Matthies gingen durch das Eßzimmer in die besteStube.Da kann uns niemand hören, dachte et.Und als sie in der besten Stube waren, wiederholte er seineFrage:„Kennst Du den?"„Die Toten stehen auf, Wilhelm."„So ist es, Ohm."Matthies mitn Swung wurde durch die halbe Marsch hindurchgeahmt.„Was ist da zu machen?" fragte er.„Tie Toten müssen übers große Wasser, Ohm, und wir beidemuffen Geld in unseren Beutel tun."Und als der Alte nicht gleich antwortete, fuhr er fort:„Tukennst ja meinen lieben Amtsbruder mit seinem emphatischen„Laß dich nicht gelüsten!"—„Tu sollst nicht begehren!""Heinrich Bruhn und seine Frau fanden, als sie vor das HauSkamen, die Tür offen und im Hausflur niemand. Der den ganzenRaum ausfüllende Teppich sog das Geräusch ihrer Tritte auf. Auchdie Tür nach der Wohnstube war an die Wand gelehnt und dasZimmer leer. Sie gingen hinein. Sie hörten das emphatische„Laß Dich nicht gelüsten!", blieben stehen und merkten, daßSchweinepriester Heinrich Kanzelton nachahme..Laß Dich nichtgelüsten!"—„Tu sollst nicht begehren!" Es kam gut heraus,genau mit dem Tonfall eines Redners, der, wie Johannes derTäufer, sein„Kehret um!" in die Wüste hinaus predigt, mit Hein»rich Bruhns Tonfall. Was der große dicke Schweinehändler fürGesten dazu mache, brauchte Heinrich nicht zu sehen, das lag feinabgewogen in der Stimme. Heinrich sah ordentlich die fette undrunde Hand gegen die Zimmerdecke gestreckt und den bedeutungsvollerhobenen Zeigesinger hin und her geschüttelt.„Marie!" rief Heinrich leise.„Ich höre—"Sie setzten sich in die Seffel, entschloffen dem Stück weiter zulauschen.Und wieder hob sich Schweincpriesters Stimme:_„Laß Dichnicht gelüsten! Hörst Du Deinen lieben Neffen? Ist ja ein präch-tiger Menschen und ein verständiger dazu, aber in dem Punktrappelts. Die ganze Gesetzgebung lastet auf seiner Seele—*Heinrich Bruhn sah sein« Frau sieghaft an.„Wenn er wüßte," redete des Schweinepriesters kräftigeStimm« wieder,„wenn Pastor Bruhn wüßte, daß Georg Engel-brecht noch lebt, dann sähe er in sich selbst nichts mehr und nichtsweniger als einen Ehebrecher. Die Juristen sollen sich, wie ichhöre, darüber streiten, welche Ehe dann eigentlich die gültige sei."Der junge Ehemann sah zaghast auf seine Frau, wurde aberam Anblick ihres ernsten Lächelns getrost.„Heinrich Bruhn," redete der Schweinepriester weiter,„ist einkorrekter Mann: Zwischen ihm und seinem Weibe soll alles klarsein. Ich bin nicht sicher, ob er sich nicht verpflichtet fühlt, seineFrau zu verlassen, wenn er weiß, daß der Tote springend�lebendigim Zimmer meiner Frau sitzt und sich nach einer heißen Suppesehnt.... Nun, Du weißt ja das alles besser als ich."Matthies Ohm hatte sein„Ja" und„Jawohl" ein paarmalhineingeworfen, nun sagte er:„Ich kenne ihn. Er ist so, wie Dusagst."Aber Heinrich murmelte:„Gefehlt— ich bin nicht so— ichwar mal so." Seine Frau drückte ihm warm die Hand.„Ja," fuhr Wilhelm Frahm fort.„Wir müssen Sorge tragen,daß er und vor allen Dingen auch Frau Marie nichts erfährt.Georg muß verschwunden sein, bevor sie von der Reise zurück»kehren."„Er muß gleich weg," bestätigte der Alle.„Aber wie fangen wir's an?"„Ja, wie ist es zu machen?"„Ich meine," fing der Schweinepriester wieder an,„wir beide.Tu, der Ohm von Marie Schott, und ich, der SchweinepriesterWilhelm Frahm, wir müssen Geld in unfern Beutel tun."„Es wird wohl nicht anders," erwiderte der Alte.„Tüchtig viel. Ohm. Nordamerika ist zu nahe bei, das ist'nKatzensprung. Da lausen auch zu viele Leute aus unserer Gegendherum, die auf Gesichter seines Schlages kundig sind; das genügtnicht. Er muß nach Australien. Was meinst Du zu Australien.Ohm?"„Willem, ich mein, da gehört er hin, unser Mann."„Und bißchen müssen wir ihm auch an die Hand geben, daßer was anfangen kann und ordentlich sein und seinen Weg machen,wenn er will. Ich muß mich an Wittmaack u. Sohn wenden. Wirmüssen ihm einen kleinen Bankkredit mitgeben."„Du hast recht, Willem."„Was sagst Tu zu: die Reise frei und fünftausend?"„Ich sag. was Du sagst."„Aber der Mann soll uns einen Schein ausstellen, worin erverspricht, nach unseren Weisungen übers Meer zu gehen."„Du beulst an alles, Willem. Aber wenn er zwar den Scheinausstellt und doch nicht danach tut, gar nicht weggeht oder wieder-kommt?"„Daran Hab ich auch gedacht. Und Hab gedacht, ich muß ihnsicher an Bord bringen. Erst habe ich gedacht, ich wollte mich bct