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Ach, ich weiß wohl, was Dir fehlt!" rief er ganz empört aus. Wer Dir doch eine neuen Glauben in die Herzenswurzel hinein­pfropfen könnte für den, den Du bei dem Perpetuum verloren hast! Nun ja

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( Fortsetzung folgt.)

( Nachdruck verboten.)

Die Hopfenernte im Elfaß.

Bon Emil Unger.

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[ werden hineingelegt. Hat der Eigentümer Pferde, so kann ble ganze Kolonne fahren. Anderenfalls nehmen fie den zweiräderigen Karren, mit dem unvermeidlichen Hund davor.

Dann gehts hinaus in das tauschwere, mit weißem Reif bea deckte Feld. Siegreich bahnt sich die glühende Sonnenkugel ihren Weg durch den Nebel und die Tautropfen blißen wie Perlen. Fröstelnd lassen sich die Leute auf dem nassen Erdboden nieder, um ihr Tagewerk zu beginnen. Unter Aechzen und Stöhnen wird die erste Stange aus der Erde gezogen, um die sich dann eine Familie gruppiert. Die Finger wollen noch nicht recht, und man hört von Zeit zu Zeit aufmunternde oder auch scheltende Worte. Es herrscht Während sich den Berliner Kindern die Pforten der Schule zu zu Anfang meist eine gedrüdte Stimmung. Sobald aber die Sonne den großen Ferien schon im Hochsommer öffnen, verlegt man dies kräftiger scheint, lösen sich die Zungen und bewegen sich mit den in manchen Gegenden Deutschlands auf den Monat September, Fingern um die Wette. Manche verzichten auf das erste Frühstüc und zwar aus praktischen Gründen, um die Kinder zur Arbeit ganz, aus Gründen der Sparsamkeit oder auch, um sich nicht auf­heranzuziehen und sie gehörig auszunuzen. So auch im Unterzuhalten, andere beißen ab und zu in ein Stüd trodenen Brotes, elsaß , wo der Hopfenbau eine große Rolle spielt und die Ernte An- das sie, da der Hopfen schwarze, flebrige und besonders sehr bittere fang September beginnt. Da nun das Pflücken der Dolden an sich Hände erzeugt, mit der Schürze oder einem Feßen Papier halten. teine schwere Arbeit darstellt, sondern die Hauptsache dabei die Dann geht die Arbeit emfig weiter. Schnelligkeit ist, so leuchtet es von vornherein ein, daß die Hilfe flinter, gelentiger Finger außerordentlich begehrt wird. Natürlich temmen nur die Kinder der ärmeren Schichten in Betracht, bei benen bekanntlich Müßiggang aller Lafter Anfang bedeutet, dem nur dadurch rechtzeitig und wirksam vorgebeugt werden kann, daß man die Bübli" und die Maidli" in ihrer freien Zeit intensiv beschäftigt.

Als Hopfenzentrale ist Hagenau zu nennen, eine Kreisstadt bon ungefährt 15 000 Einwohnern. Sie bildet den Knotenpunkt an der Bahn Weißenburg- Straßburg und weist noch Reste ehemaliger Befestigungen auf. Kein Geringerer als Friedrich Barbaroffa soll thr Begründer sein, indem er sich auf einer Insel des Moder ein Jagdschloß erbaute. Die Hopfenkultur steht daselbst und in der Umgebung in hoher Blüte, wozu das flache, sandige Land wesentlich beiträgt. Die Pflanze selbst erfordert das ganze Jahr hindurch un­unterbrochen sorgsame Pflege, sofern der Züchter eine erträgliche Ernte erzielen will. Ausschlaggebend bleibt dann immer noch, twie bei der gesamten Landwirtschaft, die Witterung. Ein Sturm oder Hagelschauer fann in ein paar Stunden den größten Teil der Ernte vernichten. Dann werden die Dolden scheckig oder kupferrot und müssen zu einem Spottpreis verschleudert werden. Anderer­seits wirft der Hopfenbau unter einigermaßen günstigen Um Ständen immerhin einen erheblichen Gewinn ab. So mancher hat es dabei zu Besiz und Wohlstand gebracht, zumal die Arbeitskräfte daselbst noch sehr minimal entlohnt werden. Während man früher die Hopfenpflanze nur an hohen, mastähnlichen Stangen empor­ranten ließ, ist man in neuerer Zeit mehr und mehr zum Draht­bau übergegangen, da dieser verschiedene Vorzüge aufweist, vor allen Dingen billiger ist.

Dem Fremden, der zum ersten Male in diese Gegend kommt, wenn der Hopfen in voller Reife prangt, bietet sich ein eigenartiges Bild. So weit das Auge schaut, recken sich hohe Stangen oder Drähte von den blätterreichen Pflanzen bis obenhin dicht, oft bauschig, umwunden, in langen schnurgeraden Reihen empor. Nur ab und zu schiebt sich ein Kartoffel-, Weizen- oder Rübenfeld da­zwischen. Die Dolden aber hängen wie Tannenzapfen herab und harren der Pflücker. Mit dem September beginnt auch die Ernte. Dann herrscht da ein äußerst reges und buntes Treiben und in emsiger Hast wird die Arbeit aufgenommen. Das ganze Feld er schallt von Rufen, Singen, Peitschengeknall. Da die Befizer und hre Leute das Pflüden, nebenbei gesagt, eine mühselige Gedulds­arbeit, nicht selbst besorgen können, so werden alle erreichbaren Hilfskräfte herangezogen. So kommen jährlich große Scharen armer Leute aus dem Unterelsaß aus der Gegend bei Weißenburg , besonders aber aus der angrenzenden Pfalz , die letteren fast durch weg Gebirgsbewohner, mit Kind und Regel nach Hagenau . Meist Legen sie, um das Reisegeld zu ersparen, den ganzen Weg- 8 bis 14 Stunden zu Fuß zurüd.

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Am Orte angekommen, verteilen sie sich in Gruppen, die einen bei diesem, die anderen bei jenem Befiber in Arbeit tretend. Viele haben auch feste Bläbe, wohin sie jedes Jahr wiederkehren. Das Bflücken selbst geschieht im Afford, der Korb voll Hopfen wird ge­wöhnlich mit 10-12 Pf. bezahlt. Schlafgelegenheit erhalten sie unentgeltlich, indem ihnen der Wirt eine Scheune, einen Speicher oder die Tenne, wo die Dolden getrodnet werden, freimacht. Einige Schütten Stroh, wenn es gut geht, ein paar Strohsäde, dienen diesen anspruchslosen Saisonarbeitern als Lager. Dabei wird es mit der Trennung der Geschlechter nicht so genau genommen, die Nacht deckt alles zu. Oft tut der Befiber noch ein übriges, indem er den Leuten Kartoffeln gratis" zur Verfügung stellt. Dafür müssen sie dann einen halben oder ganzen Tag Kartoffeln aussuchen, wovon sie ihren Teil auch bekommen. Um 5 Uhr mor­gens wird geweckt. Auf den Straßen knarren schon die Räder der Milchkarren, und die Hunde begrüßen sich gegenseitig mit lautem Gebell. Die Pflüder schlüpfen schlaftrunken in die Kleider, sofern fie diese abgelegt haben, und streichen fich das Stroh aus den Haaren. Dann gehts in den Hof an den Brunnen. Der falte Morgenwind bläst ihnen ins Gesicht. Einer pumpt Wasser und die anderen waschen sich auf die primitivfte Art den Schlaf aus den Augen. Die Frauen haben unterdessen das Herdfeuer entfacht. Hurtig fochen sie mit vereinten Kräften eine Mehl- oder Kartoffel­fuppe. Ist das Frühstück beendet, wird draußen der Wagen ge­Laden. Böcke, Körbe und sonstige unentbehrliche Gegenstände

Mittags wird eine kleine Pause gemacht. Das Mahl besteht gewöhnlich aus Brot und Sirup oder Obst. Manche essen troden Brot und trinken Bier, das sie in einer Flasche in dem Loche einer ausgezogenen Stange fühl gestellt" haben. Nachmittags fommen dann die Nachzügler, Verwandte und Bekannte des Besizers, Onkel und Basen, Gymnasiasten und höhere" Töchter, die sich das Leben da draußen auch mal ansehen und einen halben Korb voll Dolden zupfen wollen. Sie bringen Deden, Kissen, Stühlchen zur Bes quemlichkeit mit und so viel Eßwaren, als wollten sie eine Woche bimatieren. Sie suchen sich dann die schönste Stange aus, um mit den zarten, gutgepflegten Fingern hübsch vorsichtig Dolde für Dolde abzupflücken.

Die Kosten der Unterhaltung auf dem Felde müssen stets nicht Anwesende tragen, denn über persönlichen Klatsch erhebt sich das Gespräch selten, obgleich die guten Hagenauer die Frömmigkeit in Erbpacht genommen haben. Ab und zu fingen die Burschen und Mädels lustige oder auch schwermütige Volkslieder und sorgen damit für einige Abwechselung. Aber auch geschimpft und geprügelt wird genug, wenn die Finger der jüngeren nicht so schnell arbeiten, wie es die Alten wünschen. Unablässig muß geschanzt werden, da gibts kein Umschauen. Man kann da Mütter sehen, die in der Gier nach den paar armseligen Groschen hart und herzlos werden gegen ihre eigenen Kinder. Durch ewiges Schelten und Antreiben werden die Aermsten bis zur äußersten Arbeitsleistung angestrengt. Oft genug schallt das Wehgeschrei eines dieser jugendlichen Ge fchöpfe über das Feld, wenn der Ranken, der dide Stengel der Pflanze, auf dem Rücken tanzt. Wozu haben sie denn auch Ferien? Gin betrübender Anblick!

Aber auch das Abliefern kommt dem Spießrutenlaufen gleich. Die Körbe sollen mit einer hohen Kuppel, nicht Spitze, abgeliefert werden. Im Interesse der Pflücker aber liegt es, mit möglichst wenig Hopfen eine Spitze herzurichten, die vor den strengen, prüfenden Blicken des Abnehmers bestehen kann. Da werden alle möglichen Trids angewandt. So stürzt man in unbewachten Augenblicken den Korb um und setzt sich mit dem rundlichen Körper­teil darauf. Dadurch wird der Boden nach innen gedrückt und die Aufnahmefähigkeit um etwas vermindert. Dann geht das Füllen des Korbes vor sich, indem man sorgfältig Handvoll für Handvoll der Dolden lose und loker in den Korb legt, bis er mit einer schlanken Kirchturmspike dasteht. Dann balanziert einer, den Korb weit von sich haltend, über Stangen, Hügel und sonstige Hinder­nisse, bis an die Stelle, wo fie in den Sack geleert werden. Ein Fehltritt, ein Stoß genügt, den Inhalt um ein Drittel zusammen­zuschrumpfen. Hat er glüdlich alle lippen umschifft und ab­geliefert, so erhält er eine Blechmarke, die am Abend in Geld um gesetzt wird.

Im Durchschnitt verdient eine Familie ungefähr 2-3 m. pro Tag. Bei äußerster Anstrengung und Sparsamkeit kann sie, wenn fie nach 3 oder 4 Wochen den Ort ihrer Tätigkeit verläßt, die horrende Summe von 20-40 m. mit in die Heimat nehmen. Ein Märchenschatz in den Händen dieser Leute, die in ihrer Bedürfnis lofigkeit nicht weit hinter dem chinesischen Kuli zurückbleiben.

( Nachdruck verboten.)

Sven Hedins Entdeckungen

in Tibet .

Sven Hedin setzt im Septemberheft von Harpers Monthly Magazine" seinen Bericht über seine Entdeckungen in Tibet fort. An die Erforschung des Heiligen Sees" Manasarowar schloß sich ein mehrwöchentlicher Aufenthalt, dann aber, nachdem noch eine Reihe von Lamaklöstern aufgesucht worden, bricht Sven Hedin auf zur Erforschung der Quellen des Indus. Nach langwierigen uma ständlichen Verhandlungen mit den Lehörden von Barkha tritt er nur mit fünf Mann und sechs Pferden die Reise an. Es ist ein abenteuerlicher und hindernisreicher Ritt, er führt mitten durch ein völlig unerforschtes Land; aber auch diesmal überwindet die Bähigkeit des Reisenden alle Schwierigkeiten, und endlich kommt auch der Abend, an dem die Reisenden am Singi- kabap", am Munde, aus dem der Indus hervorkommt", von den Pferden steigen. Den Tibetanern gilt der Ort als heilig; hohe Steinmonu

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