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der letzte Abend, an dem er mit Wassiljew im Klub gespielt, trat und das eroberte Land, das mir mehr Reichtümer gibt, als ich in feine Erinnerung. Er war unmittelbar von ihr dorthin ge- für mein ganzes Leben brauche? Uebrigens ist es nicht gut, diesen fahren. Auch feiner demütigen Bitten, weiterzuspielen, erinnerte Reichtum nur allein zu genießen. Man muß ihn verteilen. Wem er fich und der fühlen Ablehnung des anderen. Ein Jahr sparjam aber? 678 Rubel Capel, der Rest wird sich schon finden... gelebt, und alles ist ausgeglichen, dann hol fie der Teufel!.. und nun umnebeln ganz berworrene Traumbilder seine Gedanken, Aber treh dieser Zuversicht beginnt er wieder die rüdständigen erft Wanjufchas Stimme und das Gefühl der unterbrochenen Be Schulden nachzurechnen, die Zahlungsfristen und die vermutliche wegung ftören den gefunden, jungen Schlaf, und bewußtlos steigt Zeit der Abzahlung. Ich bin ja aber noch bei Morel schuldig, nicht er an der neuen Station in den neuen Schlitten und fährt weiter. bloß bei Chevalier, fällt ihm ein, und die ganze Nacht steht vor Am anderen Morgen wiederholt sich dasselbe: ebensolche ihm, in welcher er diese große Schuld auf sich geladen hat. Es Stationen, ebensolcher Lee, ebensolche trappelnde Pferde, eben­war ein Gelage mit Zigeunern, das Gäste aus Petersburg , Saschta folche furze Wortwechsel mit Wanjuscha, ebenso unklare Zukunfts­B., der Flügeladjutant, Fürst D. und ein einflußreicher alter Herr bilder und Träume in den Abendstunden, und ein ebenso müder, geftiftet hatten... Und warum sind sie so selbstzufrieden, diese gefunder, junger Schlaf zur Nachtzeit alten Herren, dachte er und aus welchem Grunde bilden fie einen besonderen Kreis, an dem für andere teilzunehmen jo schmeichelhaft sein soll? Etwa, weil sie Flügeladjutanten find? Ist es nicht entseßlich, für wie dumm und schlecht sie die anderen halten? Ich habe ihnen gezeigt, daß mir gar nichts daran liegt, mit ihnen zu berkehren, aber mein Verwalter Andrej, meine ich, würde doch erstaunt sein, daß ich auf du und du mit einem Manne wie Saschka B. stehe, einem Obersten und Flügeladjutanten und an jenem Abend hat niemand mehr getrunken als ich; ich lehrte den Zigeunern ein neues Lied, und alle hörten zu. Wenn ich auch viel Torheiten begangen habe, bin ich doch ein ganz vor­trefflicher, junger Mann, dachte er.

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Der Morgen fand Olenin auf der dritten Station. Er tran! Tee, legte mit Wanjuscha Kisten und Kasten um, setzte sich ver­nünftig zwischen ihnen gerade und ordentlich hin und wußte nun, wo sich alle seine Sachen befanden, wo das Geld war und wieviel er hatte, wo der Baß war, der Postschein, die Chauffeequittung- und alles glaubte er so praktisch eingerichtet zu haben, daß ihm froh zu Mute war und der weite Weg ihm wie eine lange Spazier­fahrt erschien.

Den ganzen Vormittag und zur Mittagszeit war er ganz und gar in arithmetische Berechnungen vertieft, wieviel Werft er schon gefahren fei, wieviel noch bis zur ersten Station wären, zur ersten Stadt, zum Mittag, zum Tee, bis Tarnopol und den wievielten Teil der ganzen Reise der zurückgelegte Weg bilde. Dabei be­rechnete er auch, wieviel Geld er bei sich habe, wieviel ihm bleiben würde, wieviel er brauche zur Tilgung aller Schulden und welchen Zeil feiner ganzen Einkünfte er monatlich verbrauchen würde. Gegen Abend trant er seinen Tee und berechnete, daß bis Stavropol fieben Elftel des ganzen Weges seien, daß seine Schulden fieben Monate Sparsamkeit und ein Achtel feines ganzen Ber­mögens erforderten dabei beruhigte er sich, hüllte sich ein, glitt auf den Boden des Schlittens nieder und schlummerte wieder ein. Seine Phantasie war jetzt schon in der Zukunft, im Stautafus. Alle seine Zufunftsträume waren von Vorstellungen von Amalat Begs, von Tscherkessinnen , Bergen, Abhängen, schredlichen Wasser. ftürzen und Gefahren durchwoben; all das ftand wire vor ihm; aber die lockende Nuhe und der drohende Tod machten die Vor­Stellung dieser Bukunft anziehend. Bald tötet und unterwirft er mit ungewöhnlicher Zapferkeit und allgemeine Bewunderung er­regender Kraft eine zahllose Menge von Bergbewohnern. Bald ist er selbst ein Bergbewohner und verteidigt in Gemeinschaft mit ihnen seine Unabhängigkeit gegen die Ruffen. Sobald Einzel­heiten vor seine Phantafie treten, nehmen alle Mostauer Be­fannten an diesen Einzelheiten teil. Saschka B. fämpft auf der Seite der Russen oder der Bergbewohner gegen ihn. Selbst der Schneider Monfieur Capel nimmt, Gott weiß, wie es fommt, teil an dem Triumphe des Siegers. Kommen ihm dabei Demüti­gungen, Schwächen, Irrtümer aus alter Beit ins Gedächtnis, so ift die Erinnerung an sie nur angenehm. Natürlich, dort, in­mitten der Berge, Wasserfälle, Tscherkessinnen und Gefahren fönnen diese Berirrungen sich nicht wiederholen. Er hat sie schon einmal sich selbst gebeichtet und sie sind dahin. Aber noch ein Traum ist es, der tostbarste, der sich in jeden Zukunftsgedanken des jungen Menschen eindrängt: der Traum von der Frau. Dort in den Bergen scheint sie der Einbildung als eine tscherkessische Silavin in schlanker Gestalt, mit herabhängendem Zopfe und mit weichen, dunklen Augen. Er sieht in den Bergen eine einsame Hütte, und an der Schwelle steht sie. Sie erwartet ihn gerade, als er müde, von Staub, Blut und Ruhm bedeckt, zu ihr heim­tehrt, und er fühlt ihre Küsse, ihren Busen, ihre süße Stimme, ihre entgegenkommende Liebe. Sie ist entzüdend, aber ohne Bildung, wild, roh. Un langen Winterabenden beginnt er sie zu erziehen. Sie ist flug, gelehrig, begabt und eignet sich schnell alle notwendigen Kenntnife an. Wie es wohl tommt, daß fie so leicht Sprachen erlernt, daß fie die Werke des französischen Schrifttums Iesen und verstehen kann. Notre Dame de Paris"( Roman bon Victor Hugo ) z. B. muß ihr gefallen. Sie fann auch französisch sprechen. In der Gesellschaft kann fie mehr natürliche Würde be fiben, als eine Dame der allerhöchsten Kreise. Sie fann fingen, schlicht, fräftig, leidenschaftlich. Ach, was für ein Unsinn, fagt er zu sich selbst. Da sind sie gerade an eine Station gelangt, und es heißt, von einem Schlitten in den anderen steigen und Erink­geld geben, aber wieder sucht er mit der Phantasie den Unsinn auf, bei dem er stehen geblieben, und wieder treten die Tscher­tessinnen, der Ruhm, die Rückkehr nach Rußland , der Flügeladju tantenrang, die entzückende Frau vor sein Gedächtnis. Aber, es gibt ja teine Liebe, sagt er, Ehren sind Torheit und die 678..

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( Fortsetzung folgt.)

Das Wirtschaftsleben der alten Germanen.

II.

Unter allen Anregungen der Natur auf den Menschen," schreibt Friedrich Rabel in feinen Grundzügen der Völkerkunde"), müssen bei seiner tiefgehenden Abhängigkeit von ihr am frühesten sich die heilsam erweisen, die diese Abhängigkeit dadurch mildern, daß sie soviel wie möglich von dem Bande, das ihn an die übrige Lebewelt fesselt, in seine Hand geben. Der Weg dazu liegt in der festen Aneignung nützlicher Pflanzen und Tiere durch Aderbau unb Viehzucht."

Wir haben gefehen, daß die Germanen zur Zeit Caesars einer primitiven Viehzucht bereits oblagen. Man wird nicht unbedingt behaupten fönnen, daß Jagd und nomadisch betriebene Viehzucht bei allen Völkern die ursprüngliche Hauptftufe wirtschaftlicher Arbeit gebildet haben. In zahlreichen, von der Natur mit einer üppigen Rußvegetation gesegneten Landschaften fanden und finden fich die Menschen zusammen, um die Arbeit der Natur friedlich und faft mühelos einzuernten. Noch heute ziehen nach Rakel die Sandilleros in Mexiko zur Zeit der Melonenreife in die sandigen Niederungen des Goato- Coalco und ähnlich versammeln sich die Chippeway , ein Indianerstamm, um die Sümpfe, wo das Wafferreis ohne menschliches Butun gedeiht.

Da der Mensch eher ohne animalische Nahrung als ohne Cerea lien existieren kann, begünstigt die Natur selbst eine vegetarische Lebensweise.

Zur Zeit des Tacitus, ein Jahrhundert nach Chriftus, befanden fich die Germanen jedoch bereits auf einer Wirtschaftsstufe, auf ber der Feldbau mit der Viehzucht zu tontur tieren begann. Tacitus beschreibt die Wirtschaft der Gere manen in den Kapiteln 5, 15, 16, 17, 23 und 26 in dieser Weise:

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( 5.) Das Land bietet zwar in feinen einzelnen Teilen mert lich verschiedene Gestaltungen, doch im allgemeinen ist es mit ziemlich er finsterem Urwald oder wüsten Sümpfen bededt giebig, doch kein Boden für Obstbäume; reich an Bieh, dies aber meist bon fleinem Schlag. Selbst dem Hornbieh fehlt die ihm eigene Schönheit und der Schmuck der Stirne Zahlreiche Herden find die Freude des Germanen und das Vich ist sein einziger und berjagt liebster Reichtum. Gold und Silber ist ihnen Wiewohl unsere nächsten Grenznachbarn wegen bes Handels Gold bleiben doch die Bewohner des und Silber zu schäben wissen, Binnenlandes bei dem einfachen alten Tauschhandel. ( 15.) Wenn sie nicht in den Krieg ziehen, bringen sie viele Zeit mit der Jagd, aber noch mehr auf der Lärenhaut zu.... gerade die tapfersten Krieger treiben gar nichts; die Sorge für Haus, erd und Felb ist den Weibern, Greisen und den Schwächlingen der Familie überwiesen. ( 16.)" Daß die germanischen Völker keine Städte bewohnen, ja daß sie nicht einmal zusammenhängende Wohnfike lieben, ist befannt. Ginsam und abgesondert siedeln sie sich an, wo gerade ein Queli, eine Au, ein Gehölz einladet. Ihre Dörfer be­stehen nicht wie die unseren aus berbundenen, zusammenhängenden Säuserreihen; jeder umgibt sein Haus mit einem freien Play.... Sogar Mauerfteine und Biegel find ihnen unbekannt; alles ist rohes Gebält ohne Rüdsicht auf Schönheit und Anmut. Nur einzelne Stellen des Baues werden sorgsamer mit einer reinen, glänzenden Auch Keller graben sie aus, die sie oben Groart übertüncht. mit einer starken Misilage beschweren: eine sichere Wohnung im Winter und ein Bewahrungsort für Feldfrüchte...."( 17.) Die allgemeine Tracht ist ein Mantei, der mit einer Spange oder mit einem Dorn zusammengehalten ist... Auch Tierfelle tragen ( 23.) Ihr Getränk ist ein Saft aus Gerfte oder Weizen, fie. ein Gebräu, das eine gewisse Aehnlichkeit mit schlechtem Weine hat2). Die nächsten Anwohner des Rheines faufen auch Wein. Ihre Kost ist einfach: wildes Obst, frisches Wildpret oder faure ( 26.) Geldgeschäfte und Wücherzins sind unbekannte Milch.

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Leipzig und Wien. Bibliographisches Institut . 30 f. 2) Natürlich das Bier