Wen?"

An Gettner. Gelt'n tuat er halt it recht viel."

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Ein Name ist wie der andere. Ich hab' übrigens auch schon daran gedacht. Der Geitner wäre der Mann, der die Leute aufmerksam machen könnte."

Für so was is er g'schickt; dös glaab i selber." " Und wenn jemand zu Ihnen kommt, Hierangl und redet mit Ihnen darüber, dann können Sie ja bestätigen, daß Sie die Schrift gesehen haben?"

Dös kon' i scho, Herr Pfarrer, da ko im neamd ver­flag'n."

Schön! Es bleibt dabei. Grüß Gott, Hierang!!" ' B Good."

Der Hierangl schritt langsam durch den geräumigen Gang; vor dem Hausaltare fuhr er nach feiner Gewohnheit mit dem Daumen über das Gesicht herunter, zum Zeichen des heiligen Kreuzes.

Wie er den Pfarrhof verließ, faß ihm ein verstecktes Lachen in den Mundwinkeln und er fagte halblaut vor sich hin: Sei Feind is er it."

4]

( Fortfegung folgt.)

Die Kolaken.

Bon Leo Tolstoi  

( Nachdruck verboten.)

Ein tüchtiger Kofat brüstet sich mit der Kenntnis des Tatarischen, und ist er angeheitert, so spricht er selbst mit femem Landsmann tatarisch. Trotzdem glaubt dieses in diesen Erdenwinkel verschlagene, von halbwilden mohammedanischen Stämmen und Soldaten eingeschlossene chriftliche Völkchen auf einer hohen Stufe der Entwidelung zu stehen und hält nur den Kosaten für einen Menschen. Auf alles übrige blickt es mit Berachtung herab. Den größten Teil des Tages bringt der Kofat auf den Grenzwachen, auf Kriegszügen, auf der Jagd oder beim Fischfang gu. Er arbeitet fast nie zu Hause. Ein Aufenthalt im Dorfe it eme Ausnahme von der Regel. It er aber da, so führt er ein flottes Leben. Jeder Kosak   hat seinen eigenen Wein, und das Trinken ist nicht so sehr eine allen gemeinsame Gewohnheit, als vielmehr ein Brauch, dessen Richterfüllung als Abfall gelten würde. Die Fran betrachtet der Kosat als ein Mittel zu feinem Wohlstande; nur das Mädchen darf dem Sergnügen nachgehen, die Frau läßt man von ihrer Jugend bis in ihr tiefftes Alter für sich radern und verlangt von ihr nach orientalischer Auffaffung Unter­würfigkeit und Arbeit. Jufolge dieser Anschauung bekommt die Frau, die sich förperlich und sittlich entwidelt, trob ihrer schein­baren Demut, wie im ganzen Crient, einen unvergleichlich größeren Einfluß und ein größeres Gewicht im Hauswesen als im Westen. Ihre Fernhaltung vom effentlichen Leben und ihre Uebung in männlicher, schwerer Arbeit geben ihr ein um so größeres Gewicht im Hauswesen.) Der Kojat, der es für ungeziemend hält, in Gegenwart Fremder ein liebevolles oder müßiges Gespräch mit feiner Frau zu führen, fügt sich untvillkürlich ihrem Uebergewicht, wenn er mit ihr allein unter vier Augen bleibt. Das ganze Haus, das ganze Vermögen, die ganze Wirtschaft hat sie erworben, erhält fie allein durch ihre Arbeit und Sorgfalt. Obgleich er die feite Heberzeugung hat, daß Arbeit für den Kofafen eine Schande ist und nur dem nogaischen Knecht und der Frau ansteht, hat er doch das dunkle Gefühl, daß alles, was er genießt und sein Eigen nennt, die Frucht dieser Arbeit ist, und daß es in der Macht der Frau, ferner Mutter oder Gattin, die er als eine Reibeigene ansieht, liegt, ihn alles deffen zu berauben, was er genießt. Ueberdies hat die beständige männliche, schwere Arbeit und die Gorge, die in ihre Hand gelegt ist, der grebenischen Frau einen selbständigen, höchst mannhaften Charakter gegeben und ihre physische Kraft, ihren ge­sunden Verstand, ihre Entschloffenheit und die Festigkeit ihres Charatters auffallend entwickelt. Die Kofatenfrauen sind meist stärker, flüger, entwickelter und schöner als die Rosaken. Die Schönheit der grebenischen Frau fällt befonders durch die Vereini­gung des reinsten tscherfeffischen Gefichtstypus mit der breiten, mächtigen Gestalt der nordischen Frau ins Auge. Die Kosaten­Frauen tragen tscherkessische Tracht das tatarische Hemd, den Beschmet( tatarischer Halbrod) und die Tichuwjaks( Fußbekleidung); nur das Kopftuch tragen sie russisch. Prunkfucht, Sauberkeit und Reichtum in der Kleidung und in der Ausschmüdung der Hütte bilden eine Gewohnheit, ein Bedürfnis ihres Lebens. Im Verkehre mit den Männern genießen die Frauen, besonders aber die Mädchen, vollständige Freiheit. Als der Ursiz des grebenischen Sofatentums gilt das Dorf Notomlinst. Hier haben sich mehr als in anderen Dörfern die Sitten der alten Grebenen erhalten, und die Frauen diefes Dorfes sind von altereher wegen ihrer Schönheit im ganzen Kaufafus berühmt. Den Lebensunterhalt der Rosaten bilden die Weinberge und Fruchtgärten, die Melonen- und Kürbis­felder, der Fischfang, die Mais- und Hirsesaat und die Kriegs­beute

Das Kofatendorf Notvomlinsk liegt drei Werft vom Teret ent fernt und ist durch einen dichten Wald von ihm getrennt. An der einen Seite der Straße, die durch das Dorf führt, ist ein Fluß; an der andern sieht man grüne Wein- und Fruchtgärten und die Treibsanddünen der nogaischen Steppe. Das Dorf ist von einem Erdwalle und einer Stechdornhede umgeben. Die Tore, durch die man in das Dorf hinein und aus ihm herausfährt, haben hohe Flügel und ein fleines Schilfbach. Neben ihnen steht eine Kanone auf einer hölzernen Lafette, ein Ungetüm, das die Kosaken einmal erbeutet haben und aus dem seit hundert Jahren kein Schuß ab­gefeuert worden ist. Ein Kofat in Uniform und Flinte steht an dem Tore auf Wache oder auch nicht, macht vor dem Offizier, der borübergeht, Front oder auch nicht. Unter dem Dache des Tores steht mit schwarzer Schrift auf einer weißen Tafel: Häufer 266. erheben sich alle auf Pfeilern von einer Elle Höhe oder mehr, find Männliche Seelen 897, weibliche 1012. Die Häuser der Kosaten fauber, mit Schilf gedeckt und haben hohe Giebel. Sie sind alle, wenn nicht neu, so doch gerade, sauber, mit mannigfaltigen hohen Treppen verfehen und leben nicht eines am andern, sondern liegen frei und malerisch in den breiten Straßen und Quergaffen. Bor den hellen, großen Fenstern vieler Häuser erheben sich hinter Zäunen dunkelgrüne Lindenbäume, zarte, bellblättrige Atazien mit ihren weißen, duftigen Zweigen über die Hütten und gleich daneben Sie lebhaft glänzenden Sonnenblumen und die verschlungenen Ranken der Feldnelfe und des Weins. Auf dem großen Blaze fieht man drei Läden mit bunter Ware, Sonnenblumenfernen, Schoten und Pfefferkuchen; und hinter einem Zaun ragt aus der alten Lindenallee, größer und höher als alle andern, das Haus des Regiments- Kommandeurs mit den Flügelfenstern hervor. Menichen fieht man befonders im Sommer an Wochentagen wenig in den Straßen des Dorfes. Die Kosaten find im Dienst: auf der Grenzwache und auf Kriegszügen; die Alten auf der Jagd, beim Fischfang oder mit den Beibern bei der Arbeit in Garten und Feld, nur die ganz Mten, die Kinder und die Kranken bleiben zu Hause.

55.

Es war einer jener schönen Abende, wie ne nur im autasus vorkommen. Die Sonne war hinter den Bergen untergegangen, aber es war noch hell. Die Abendröte stand an einem Drittel des Himmels, und in ihrem Schein hoben sich die Bergriefen in matten Umriffen ab. Die Luft war dünn, unbeweglich, lautlos, die Berge warfen ihre langen Schatten weit in die Steppe. In der Steppe, jenseits des Flufjes, auf den Straßen überall war es menschen­leer. Sweht man hie und da einmal Berittene, so bliden schon die Kosaden ven der Grenzwache und die Tschetschenzen aus dem Aul mit Verwunderung und Neugier die Reiter an und suchen zu er paten, wer wohl diese bösen Menschen sein tönnten. Wenn der Abend kommt, flüchten sich diese Menschen aus Furcht voreinander in ihre Wohnungen, und nur das Tier und der Vogel streift frei, ohne Furcht vor dem Menschen, über diese Wüste dahin. Aus den Gärten eilen, noch ehe die Sonne untergegangen ist, die Nosaten­frauen unter munterem Geplauder nach vollbrachter Arbeit heim. und in den Gärten wird es öde, wie in der ganzen Gegend; aber dafür wird das Dorf um die Abendstunde lebendig. Von allen Seiten kommen die Menschen ins Dorf: zu Fuß, zu Pferd, auf knarrenden Wagen. Die Mädchen in geftidten Hemden kommen unter lustigem Geschwäh, die Ruten in der Hand, durch das Tor dem Vieh entgegen, das sich in einer Wolfe von Rauch und Mücken, die es aus der Steppe mitschleppt, hin und her drängt. Die fatten Kühe und Büffel ziehen durch die Straßen, und die Kosatenmädchen fchlendern zwischen ihnen in den bunten Beschmets hin und her. 3hr lautes Geplauder, ihr fröhliches Lachen und Jauchzen unter­bricht das Gebrüll des Viehs. Dort kommt ein beurlaubter Roial, bewaffnet, auf seine Hütte zugeritten. Er neigt sich zum Fenster und flopft an die Scheibe, Gleich erscheint ein hübscher, junger Frauenkopf und spricht liebevolle und freundliche Worte. Dort femmt ein stämmiger, zerlumpter nogaischer Arbeiter mit Schilf aus der Steppe hereingefahren, er wendet den Inarrenden Wagen auf dem Hofe des Auls um, nimmt den Ochsen, die ihren Kopf hin und her bewegen, das Joch ab und bearüßt den Houswirt tatarifi. An der Pfütze, die fast die ganze Straße einnimmt und an welcher die Leute seit Jahren, mühsam an den Baun gedrückt, vorüber­gehen, zwängt sich eine barfüßige Sofatenfrau mit einem Holz­bündel auf dem Rüden hindurch. Sie hat ihr Hemd hoch über die weißen Füße geboben, und ein heimfehrender Jäger ruft ihr scherzend zu: Höher, höher, schamhaftes Mädchen," und zielt nach ihr; die Koiakenfrau läßt das Hemd los und verliert ihr Holz. Ein alter Rofat, mit aufgeschürzter Hofe und offener, grau­behaarter Brust, kommt vom Fischfang heim. Er trägt auf dem Rüden, im Neb  , noch zavvelnde, filbergraue Fettheringe, kriecht, um fich den Weg zu verkürzen, durch den verfallenen Zaun des Nachbars und zerreißt sich dabei den Kittel. Dort schleppt ein altes Weib einen trockenen Baumstumpf, und um die Ecke hörk man Arthiebe. Die Kosakentinder freischen und treiben auf den Straßen, wo nur ein glattes Plätzchen ist, ihre Kreisel. Weiber Klettern, um den Weg zu verkürzen, über die Zäune. Aus allen Schornsteinen steigt der duftige Rauch des Kuhmists. Auf allen Söfen hört man ein lebhafteres Treiben, wie es der Stille der Nacht vorherzugehen pflegt.

( Fortsehung folgt.)