Da» beste Sckutz mittel gegc«, die Frostgefahr aber ist, wie nach asten diesen iVüsfuhriingcn begreiflich erscheint, die normale intensive Entwickclu lg des l.rotoplasmas. Darauf gründet sich der alte Satz, daß ,e,undc kräftige Bäume viel leich>r den Winter über- stchen als ranke Schwächlinge! Daneben ,jibt eS eine Menge äußerer Schutzmittel. Im allgemeinen verwendet man schlechte Wärmeleiter: man bedeckt die Umgebung mit Stroh, Laub, Matten, Reisern usla, man schlägt die Rosen in die schützende Erde ein, umgibt die unteren Teile der Weinrebe mit Erde oder schaufelt Schnee um die Pflanzen. Schncclose oder schnecarme Winter sind viel verderblicher als schnecrcichc. In den Hochgebirgen spielt der Schnee zweifellos eine große Rolle für die Pflanzen. Im Walde erhalten sich viele Gewächse wieder unter der dichten Laubdcckc den ganzer. Winter über grün. Daß sich Knollen und Zwiebeln in die Erde verkriechen, ,si schon erwähnt worden. Nun ist es aber interessant zu sehen, daß sie um so tiefer ,n der Erde stecken, je mehr der Standort der Er- kaltung und Ausstrahlung ausgesetzt ist, je mehr die Gefahr droht, daß im Winter nur eine leichte Schneelage den Boden bedeckt, und je größer die Wahrscheinlichkeit ist, daß selbst diese von Stürmen weggefegt wird. Während beispielsweise, sagt Keiner, die Zwiebeln und Knollen des Gelbstcrns und der Hohlwurz, wenn sie im schwarzen Humus der Buchenwälder unter dürrem Laube wachsen, nur wenige Zentimeter tief unter der Oberfläche liegen, sind sie auf offenen Wiesen erst in drei- bis vierfach größerer Tiefe ,m erreichen. Die Lage der Knollen vieler Orchi- decn sowie der Herbstzeitlose kann geradezu als ein Anhaltspunkt gelten, um zu bestimmen, wie tief in einer Gegend der Boden ein- friert: denn regelmäßig erscheinen diese in Tiefen eingebettet, zu denen der Frost des Winters nicht mehr vordringt... Wie die Zwiebelgewächse fliehen auch die Wasserpflanzen Häufig in die Tiefe. So sinken die Stöcke der Wasserschcrc vor Beginn des Winters auf den Grund der Gewässer hinab, wo eS fast niemals zum Frieren kommt, überwintern und erheben sich erst im nächsten Frühjahre wieder an die Oberfläche. Das kraus- blättrige Laichkraut entwickelt im Spätherbste nahe dem Wasser- spiegel Sprosse, die mit kurzen Blättern besetzt sind, und bevor noch die oberste Schicht des Wassers zu Eis wird, berichtet der erwähnte Forscher, lösen sich diese Sprosse von dem alten Stengel ab, sinken in die Tiefe unk bohren sich dort mit dem spitzen unteren Ende in den Schlamm-in... Hier also, wo die Einwirkung der Kälte kaum eine Rolle sptt't, halten die LebcnSträger des Laichkrautes ihren Winterschlaf. Eine hochinteressante Beobachtung hat Prof. W i c s n e r an der Keimfähigkeit der Samen gemacht. Er schreibt darüber in feinerBiologie der Pflanzen": Da in kalten Zonen die Vcgeta- tionsperiooc sehr verkürzt ist, so entsteht die Frage, ob nicht auch durch die Wirkung der Kälte auf Samen eine Beschleunigung der Keimung herbeigeführt wird. Vollständig gequollene Samen werden durch der. Frost getötet(Wasserreichtum!), hingegen er- fahren halbgequoll.nc Samen von Weizen. Roggen und Wicke durch Frostwirkung allerningS eine Herabsetzung des Kcimprozents, aber die meisten überlebenden Körner weisen eine größere Keim- Geschwindigkeit auf! Heber die Schutzeinrichtungen, die gerade den Samen und Keimlingen einen nicht ourch Einflüsse der Kälte ge- störten Wintcrschl. f ermöglichen, hat G. H a b e r l a n d t, der Entdecker des Pfla izenauges, instruktive Aufklärung gegeben. Vor allem ist schon die Samenhaut auf das Zweckmäßigste eingerichtet; {i- schließt den Keimling dicht ab und bewahrt ihn so vor dem chädigcuden Einfluß des häufigen Wechsels von Durchtränkung Mit Wasser und AuStrocknung, vor zu rascher Waffcraufnahme und zugleich vor der l.crderblichen Einwirkung gewisser Schimmelpilze uno Fermcntorgai.ismen. Die dichte feste Nmkleidung des zart- gebetteten Keimlings tut ein übriges. Die Länge des Winterschlafes und der Ruhezeit, die Pflanzen und Samen zur inneren Ausreife brauchen, ist natürlich außer- ordentlich verschieden. Bei vielen Gewächsen sind Monate, bei anderen wieder nur wenige Wochen dazu nötig. Darauf beruht die 5tunst des Gärtners, Tulpen und Hyazinthen, Maiblumen und Flieder schon zu Weihnachten wieder in herrlicher Blüte zu haben. Aber man sieht an dem hleichgrünen Laube, daß durch das künst- liche Treiben der Pflanzen doch keine normale Entwickelung er- zielt wird. Sie ist im Winter schon deshalb nicht möglich, weil die für das Chlorophyll unbedingt nötige Intensität des Sonnen- licktes fehlt. Und wenn es auch gelingt, den Gewächsen die günstigste Temperatur. Luftfeuchtigkeit und Nahrung zu geben, so (cheitert doch alle Kunst an der Unmöglichkeit, die Intensität der Sonncnstrablcn zu verstärken. Wieweit die Strahlung des elek­trischen Lichtes für die bessere Bllltenfarbe zum Beispiel der Hyazinthen in Anschlag kommen kann, steht dabin, da Hyazinthen, wie schon Hansen erörtert, auch im Dunkeln ihre farbigen Blüten treiben! Alles das bercchsigt uns zu dem Schluß, daß der Winterschlaf, bedingt durch die klimatischen Verbältnisse unserer Zone, für die Pflanzen eine Naturnotwendigkeit ist Verantw. Redakteur: Georg Davibsohn, Berlin. Druck u. Verlag: kleines Feuilleton. Sprachwissenschaftliches. Zur Läuterung de» Ausdruck». Ich mag ungefähr siebzehn Jabre alt gewesen sein, als mir die kleine Schrift Jakob Grimm  ?Uebcr den Ursprung der Sprache" in die Hände fiel. Die Hervorhebung der englischen Sprache darin kam mir bei einem deutschen Gelehrten nicht weiter ausfällig vor. wohl aber mawle die Behauptung, daß die deutsche Sprache zerrissen sei, einen starken, unangenehmen Eindruck auf mich. Denn das beißt doch wohl soviel, daß man sich in ihr wegen ihrer eigentümlichen Beickiaffenheit nickt so deutlich ausdrücken könne als in den fester gefügwn romanischen Sprachen. Jakob Grimm  besitzt aber ein großes Ansehen, und demzufolge hatte ich mich in meiner Bescheidenheit zu fügen. Ich glaubte ihm also, dock nur so lange, bis ich mich, aller« dingS besser gerüstet, in meinen dreißiger Jahren eingehender mit meiner Muttersprache zu beschäftigen begann. Sofort mußte ich zu meiner großen Befriedigung wahrnehmen, daß Jatob Grimm bei all seiner Gelehrsamkeit doch immer ein ziemlich un- bebolfener Stilist geblieben ist, besonders in den größeren Schriften und daß er fließend und leicht lesbar nur in der kleinen Schrift schreibt, in der er Mitteilungen über sein eigenes Leben macht." Um nun die angebliche Zerrissenheit zu beseitigen, bildet Grimm in der Einleitung zu seinem Wörlcrbuche Sätze wie folgende:Heute wie sonst könnten Aerzte durch ihren regen Verkehr mit Menschen aller Art den Umfang der Sprache genau erkunden und an der ein- fachen Darstellung des HippokrawS fleh ein Muster nehmen.... Die durchgedrungenen fremden Kunstwörter hindern sie noch, aus dem einheimischen Felde sich zu bewegen und verleiden es ihnen. Wer seinem natürlichen Sprachgefühl folgt, merkt sofort, daß die beiden in dem PassuS vorkommendensich" an falscher Stelle stehen. Beide Male gehören sie vor dee adverbiale Bestimmung, also bor  an der einfachen Darstellung" und vorauf dem ein- heimischen Felde". Ebenio gehörtden Umfang ihrer Sprache" gleich hinterAerzte". Augensebeinlich will Grimm da? Objekt ganz in der Nähe des Verbums haben, um der angeblichen Zerrissenheit vorzubeugen. Auf diesen letzten Fall, wo das Objekt ein Haupt­wort ist, möchte ich in diesem Zusammenhange weniger hinweisen als auf die künstliche Stellung der beidenfick", da diese letzte Unart nach seinem löblichen Vorgang eine große Verbreilunz angenommen hat. bei Gelehrten sowohl als bei Tagesschriftstellern, denen die Ueberlegung und sprachlichen Kenntnisse eines Grimm nicht zu Gebore stehen. Manche von ihnen empfehlen sich ihren Leiern bei jeder möglichen Gelegenheit sogar als literarische Fein- schmecker... Zum Glück gibt eS aber auch in der deutschen Sprache trotz aller scheinbaren Willkür, die immer und immer wieder von Nicht- kennern hervorgehoben wird, bestimmte Gesetze, die man einer zweifelhasten Schönheit zuliebe nicht ungestraft übertreten darf. Eines dieser Gesetze lautet: In der gewöhnlichen Prosa stehen alle näheren Bestimmungen, den Genitiv und den Kaius mit Präposition ausgenommen, vor dem Worte, das näher bestimmt werden soll: weicht man davon ab. so kaitn das nur bei Hervorhebungen geschehen. In unserem Beispiel würde alsosich bewegen" den Nachdruck bekommen und scheint so etwa im Gegensatze zu einemstill sitzen" stehen zu sollen. DaS wird aber keineswegs beabsichtigt, sondern von der Bewegung auf dem einheimischen Felde ist die Rede, folglich mußauf dem einheimischen Felde" unmittelbar vorde- wegen" stehen, weil dies dadurch näher bestimmt werden soll. Das sich" wird dadurch zurückgedrängt, und je mehr adverbiale Be- stimmungen hinzugefügt werden, desto weiter wird es zurückgeschoben. DaSsich" am Anfange und das Berdum am Ende umklammem Eewisscrmaßcn die ganzen Gedanken. Und hier zeigt sich im legensatz zu den romanischen Sprachen, daß daS Deutsche die in ihm ausgedrückleit Gedanken als etwa? Zusammengefaßtes übermitteln will. DaS Geietz der Zusammenfassung und Umklammerung ist an jedem Nebensaye und an jedem Hauptsatze, in dem eine zusammen- gesetzte Zeil vorkommt, deutlich zu beobachten. In den Grammatiken sucht man diesen Hinweis jedoch vergebens. Und doch wäre er für den Siilisten äußerst wichtig. Denn hier wäre die Warnung zu geben, daß man keine meilenweiten Umklammerungen machen darf, wenn man die Tragkraft des Gedächtnisses beim Leser nicht überlasten will, so daß ein ratloses Zurückfliegen nötig wird. Beispiele für solche Ungetüme kann man in Professoren- werken in unendlicher Zahl antreffen, und auch in der TaqeS- preffe begegnet man ihnen tagtäglich. Einige Sätze eines bekannten Journalisten mögen als abschreckende Beispiele für die falsche Stellung dessich" hier ihre Stelle finden:Pflicht des Journalisten ist es. dahin zu streben, daß ihr Beruf von der Miß- achtimg sich frei mache, die ihm vielfach noch anhaftet und daß er endlich siegreich über ein Vorurteil fich erhebe, das allzulange in Wirksamkeit war..." Spaß macht eS. zu sehen, daß durch die Entferimng dessich" von der richtigen Stelle daSüber ein Vor- uneil" zustegreich" zu gehören scheint, während eS doch in Wirk­lichkeit zuerheben" gehört. E. W. Vorwärts Buchdruckerei u.Verlagsanstalt Paul Singer LeCo..Berlin   SW.