gewordene, vorher für die Einpfindung nicht vorhanden gewesene Wärme bat den Stoff, in dem der Vorgang sich vollzog, erwärmt; der Wasserdampf wirkte also direkt wie ein Ofen. Aber leider komnit uns Menschen die Wärme dieses Ofens nicht zugute. Denn die in den Oberkleidern a�f solche Weise entstandene Wärme wird nicht bis nach innen, zur Körperhaut, geleitet, sondern sie geht ziemlich geschwind an die Außenluft, der lieber- rock nimmt sehr bald seine vorherige niedrige Temperatur wieder an; aber nun ist er mit Wassertröpfchen durchsetzt, und in sie geht eine große Menge der Körperwärme, die dazu dienen muß. die Tröpfchen wieder in Wasserdampf zu verwandeln; man bat häufig Gelegenheit zu beobachten, wie ein naß gewordener Uederrock noch während er aus dem Körper getragen wird, dampft. Einen großen Teil der dazu nötigen Wärme liefert der Träger des Nockes, und nunmehr wird leicht der Grund der bekannten Er- scheinung eingesehen werden können, daß man in nassen Kleider» gar so sehr sr'ierl, selbst wenn die Außenluft nicht einmal sehr kalt ist. Daraus folgt aber auch, daß Winterkleider, sowie sie in ihrem Gewebe viel Luft beherbergen müssew, möglichst trocken gehalten werden müssen, wenn sie dem Körper die ihm innewohnende, zum Leben und zur Behaglichkeit notwendige Wärme konservieren sollen. _ Dr. H. G. Kkims Feuilleton. Ans den Kinderjahrcn der Lustschiffahrt. Wir sind in der Er- obermtg der Luft so weit vorgeichnueii, daß es beinahe schon eine Art Romantik der Luftschiffahrt gibt. Neben den stolzen Bauwerken der heutigen Technik erscheinen die ersten Ballons zu Ende des acht- zehnten Jahrhunderts wie die Fahrzeuge der großen Seefahrer der Entdeckerperiode neben einem modernen Panzerschiff. Die Nera der ersten Luftfahrten ist für uns etwas Naives geworden, und ihre bild- lichen Darstellungen erscheinen ihrer Zeit ganz angemesien. Jene Ballons passen ganz gut in die Zeit Ludwigs XVI. Und doch ist damals verhältnismäßig Vorzügliches geleistet worden. Im Mo- nate Januar ist in Guisnes bei Calais ein Moiuimenl für den Lust­schiffer Blanchard errichtet worden, das nachstehende denkwürdige Inschrift trägt:l78S. Jean Pierre Blanchard , ein Franzose, in Begleitung von John Jeffenes, einem Engländer, reiste vom Schlosse zu Dover in einem Aervstaten am 7. Januar, nachmittags 2 Uhr, als erster durch die Luft über den Kanal von Calais , und stieg nach zwei Smnden an eben dem Orte nieder, wo die Einwohner von Guisnes zu Ehren den beiden Neisenden diese Säule errichteten." Diese Ueberquerung eines MeereSarmes ist für die damalige Zeit eine ganz außerordentliche Leistung. Max Leher hat sich der dankbaren Auf- gäbe unterzogen, das Ouellenmaterial, das zu diesem gelungenen Wagnis vorliegt, in der Deutschen Zeitschrift für Luftschiffahrt zu- sanimenzustellen, und hat damit ein wertvolles imd anschauliches Kulturbild aus der Pfadfiuderzeit der Aeronautik gegeben. Der Winter des JahreS 178S war sehr streng und anhaltend, so daß erst gegen das Ende des Monats März Ballonfahrten in An- griff genommen werden konnten. Für den 26. März hatte Blanchard in Douay seine 17. Auffahrt angekündigt, allein das Siurmwetter bereitete der Füllung des Ballons Schwierigkeiten. Erst am 18. April konnte der Aufstieg stattfinden. Blanchard durch- flog in l'/s Stunden bis nach Etoile in der Pikardie 32 Meilen. Um dieselbe Zeit tauchte in der lebhaften Phantasie der Pariser das Gerücht auf, der Erfinder des Luftballons, Montgolfier, habe endlich ein lenkbares Fahrzeug konstruiert. Blanchard wurde von lebhaftestem Interesse ersaßt und wandte sich schriftlich mit der Bitte an Montgolfier, ihn an seinen Lenkversuchen teilnehmen zu lassen. Dieser stellte darauf die falsche Meldung richtig und fügte hinzu, daß er allerdings unaufhörlich bemüht sei, seine Erfindung zu verbesiem, jedoch allmählich müde werde, sein Vermögen weiter zu opfern. Auch Montgolfier war nahe daran, jeden weiteren Versuch ans Mangel an Hilfsmitteln aufgeben zu müssen. Von der Lenkbarkeit war man damals doch noch recht entfernt. Wie sehr dies der Fall war. zeigt die bizarre Idee eines englischen Aeronmuen. der im Pantheon zu London ein Lustschiff in Gestalt eines FischeS gegen ein Eintrittsgeld von einein Schilling sehen ließ, das durch ein ganz wunderliches Mittel lenkbar gemacht werden sollte, nämlich durch vier dressierte Adler. Diese Vögel sollten die große Liebenswürdigkeit haben, der Londoner Bevölkerung das Schauspiel eines LenkballonS zu bieten. Es scheint jedoch, daß sie im letzten Augenblick gestreikt haben, da man von ihrem öffentlichen Auftreten nichts mehr gehört hat. Wenige Wochen nach dieser eigenartigen Ankündigung unternahm Blanchard in Brüssel seine achtzehnte Luftfahrt. Zunächst stieg ein kleinerer Ballon auf, an dem ein Fallschirm mit einem Hammel befestigt war. Dann folgte Blanchard in einem größeren Fahrzeug. Er holte durch geschicktes Manövrieren den kleinen Ballon ein und schnitt den Fallschirm ab, der den Hammel unversehrt der Erde wiedergab. Der Luftschisfer landete nach einer halbstündigen Fahrt tinweit der Stadt. Er hatte durch sein auf Subskription ge- stellte? flitternehmen viel Geld verdient. Nachdem ein Däne Hooghe durch mehrere mißglückende Ans'tiegversuche die Aufmerksamkeit in Deutschland geweckt hatte, hielt ei Blanchard an der Zeit, in Ham- bürg und anderen Orten seine staunen-rweckenden Künste zu zeigen. Er verdiente dabei beträchtliche Summ t. KnltttrhistorischeS. Aerztliche Frauenarbeit bei unserenAltbordera. Manches, was wir für einen Fortschritt, für eine Enianzipation, das heißtBefreiung" halten, stellt fich bei näherer Untersuchung alS eine Wiederaufnahme alter Gewohnheiten heraus. Die Frau, die heutzutage als Aerztin neben ihrem männlichen Kollegen einen schweren Stand hat, da dieser viel mehr das Vertrauen besonders feiner weiblichen Patienten genießt, galt in alten Zeiten für die vor dem Mann weitaus berufenere Heilbringerin. Bei den alten Germanen lag die Heilkunst vorwiegend in den Händen der Frauen. Von ihren Göttern hatten sie den Beruf über» kommen. So heißt ein uns erhaltener Merseburger Zauber» s p r n ch: Phol und Wodan Fuhren zu Holze; Da ward dein Baldurs Fohlen Sein Fuß verrenkt Da beiprach ihn Sinthgut Sünna ihre Schwester Da besprach ihn Frija Volla ihre Schwester.. Mengladar war die Göttin der Gesundheit. Ihr unterstände« neun heilkundige Jimgfrauen als Dienerinnen. Die Priesleriimen, die den Opferdienst für Mengladar und ihre Jungfrauen versahen. hießen.Wale" da? heißt.weise Frauen", da ihnen gleichzeitig die Heilung der Kranken oblag. Ihre Heilmethode unischloß außer ge» heimnisvollen Vcsprechungen auch die Anwendung von Kräuter« tränken, Pflastern. Salben, ja sogar Wasserkuren. Später belegte das Christentum ihre ganze Tätigkeit mit dem Odium des Teufels» spuks, der Zauberei. Aber auch andere Frauen, selbst solche königlichen Geblüts verschmähten es nicht, sich ihrer leidenden Mit» menschen hilsteich anzunehmen. So heißt eine Stelle aus Gott « fried von StraßburgS Tristan und Isolde : Js öt, die Kunegin von Irlands : diu erkennet maneger Hände(mancherlei) würze und aller kriute(5krällter) krast und arzätliche(ärztliche) Meisterschaft." In der vom 10.-13. Jahrhundert hervorragendsten Hochschule Salerno waren mich Frauen und Jungfrauen zum Studium der Medizin zugelassen, von denen es manche durch Lehr- und schriftstellerische Tätigkeit in ihrem Fach zu großem Ansehen brachte. AuS dem 15. Jahrhundert sind uns Zeugnisie dafiir erhalten, daß sich in Frankfurt a. M. einige Frauen speziell der Augenheilkunde widmeten. So war dort besonders eine jüdische Aerztin Zerline wegen ihrer Geschicklichkeit so berühmt, daß man ihr gestattete, außer» halb des Ghettos, der den Juden zum Wohnen angewiesenen Gaffe, ihr Heim aufzuschlagen. Als später eine andere jüdische Aerztin nach Frankfurt kam, suchte man sie durch Erlaffung des vorgeschriebenen Schlasgeldes zu längerem Verweilen zu bewegen. Der Bischof, Johann II. von Würzburg , ließ fich von derJudenärztin Sarah" zehn Gulden jährliche Abgabe entrichten; dafür durfte sie ihre Praxis im ganzen Bistum ausüben. Ans ihren Einnahmen konnte sie sich später ein Rittergut anschaffen. Auch in Mainz (1283) und wiederum in Frank» furt(1334) ist urkundlich der Frauenärztinnen achtungSvolleErwähnung getan. In Nürnberg spricht eine Chronik von 1486 von 23 solchen ehrbaren Frauen". Dabei waren die sogenannten, geschworenen Frauen" nicht einbegriffen. Diese meist aus dem Handwerkerstande hervor» gegangenen Frauen, die schon eine Art vorschristsmäßigen Studiums nachweisen mußten, behandelten alle Frauenleiden, übten als vom Rate Angestellte über die Hebammen Kontrolle aus, mußten über vorgekommene Mißgriffe berichten und konnten auch BefferungS- Vorschläge machen. Bei Geburten wurde nur ganz ausnahmsweise männliche Hilfe geholt, etwa wenn ein chirurgischer Eingriff nötig war. Sonst waren die geburtshilflichen Leistungen des Mannes so verpönt, daß man im 16. Jahrhundert in Hamburg , wie die Trotziger Chronik berichtet, einen Mann verbrannte, der als Hebainme verkleidet.hin und wieder viel selzam abemewer aiisgericknet" hatte. Diege- schworenen Frauen" wurden auch zur Feststellung des Aussatzes, einer der furchtbaren Seuchen des Mittelalters, herangezogen. Die heilige Hildegard, Aebtiffin eines BenediktincrinnenklosterZ bei Bingen , verfaßte in lateinischer Sprache ein Werk über die Heil- künde,Physica" betitelt. In einer Zeit strengsten TogmentumS hatte diese intelligente Frau den Mut, sich in ihrem Werk nicht nur an die auS dem klassischen Altertum übernommene Schulmedizin zu halten, sondern Wurzeln und Kräuter, deren Heilkräfte st« erprobt hatte, zu empfehlen. Auch im 17. Jahrhundert ist die Tätigkeit der Frau auf dem weiten flebungsfelde ärztlichen Wissens deutlich nachweisbar. So veröffentlichte Eleonore Herzogin von Troppau und Jägersdorf im Jahre 1600VI Bücher auserlesener Arzneien für alle des mensch» licken Leibes Gebrechen und Krankheiteit", ein Werk, daS durch zwei Jahrhimderte verschiedene neue Auflagen erlebte. Die Mitarbeiter» schast von Frauen belegt auch das.Stadt- und Land-Artzuey-Buch von Carl de Golger", 1673 in Frankfurt erschienen, daS viele von Frauen mit Erfolg verordnete Arzneimischungen enthält. E. K. Berantw. Redakteur: Georg Tabirsobn. Berlin.- T uck u. Verlag: Vorwärts Buchtruckerei u.VerlagSanitall Paul Singer LiLo..Berlin SW.