Lukaschks. der mit beiden Händen ein große? Stück Fasan hielt und bald den Un'rosfizier. bald Nasarka ansah, schien in- dessen vollständ», gleichgültig gegen alles zu sein, was vorging. und lachte über beide. Die Kosaken hatten noch nicht Zeit gehabt. auf den gedeckten Posten auszurücken, als Onkel Jeroschka. der bis in die tiefe Nacht hinein vergeblich unter der Platane gesessen hatte, in den dunklen Flur trat. Nun Kinder, erdröhnte sein Bast in dem niedrigen Flur und übertönte alle anderen Stimmen, ich gehe auch mit. Ihr lauert auf die Tschetschenzm, ich auf die Eber. S. Es war schon völlig dunkel, als Onkel Jeroschka und die drei Kosaken von der Grenzwache in Filzmänteln, die Flinte auf dem Rücken, den Terek entlang auf den Platz zuschritten, der für den gedeckten Posten bestimmt war. Nasarka hatte durchaus nicht gehen wollen, Luka aber schrie ihn an, und sie machten fich frisch aus den Weg. Schweigend waren die Kosaken eine kurze Strecke gegangen, dann bogen sie vom Graben ab und gingen auf einem kaum wahrnehmbaren Pfade durch das Schilf bis an den Terek . Am llfer lag ein dicker schwarzer Balken, den das Wasser heran- gespült hatte, und das Schilf um den Balken herum war frisch niedergedrückt. Wie? sollen wir hier lauern? fragte Nasarka. Ach wo denn? sagte Lukaschka, setz' Dich hierher, ich komme sofort zurück, ich will nur dem Onkel die Stelle zeigen. Hier ist der beste Platz, wir sehen alles und können nicht gesehen werden. sagte Jerguschow, lauern wir hier, es ist der vorzüglichste Platz. Nasarka und Jerguschow breiteten die Filzmäntel aus und legten fich hinter dem Balken nieder. Lukaschka und Onkel Jeroschka gingen weiter. Hier in der Nähe. Onkel, sagte Lukaschka. der kaum hörbar dem Alten voranschritt, ich zeige Dir, wo fie hinübergegangen sind. Niemand ausser mir weiss das. Zeig' mir's. Du bist ein tüchtiger Bursche, Reisser, antwortete der Alte ebenfalls leise. Nach wenigen Schritten blieb Lukaschka stehen, beugte fich über eine Pfütze und pfiff. Siehst Du. hier sind sie zur Tränke vorübergezogen, sagte er kaum hörbar und zeigte auf die frischen Spuren. !�er Heiland beschütze Dich, antwortete der Alte. Der Eber muss hinter dem Graben in der Grube sein, geh' Du, ich will hier- bleiben. Lukaschka zog den Filzmantel höher herauf und ging allein das Ufer entlang zurück, sah scharf um fich, bald nach links auf die Schilfwand, bald auf den Terek , der unten am Ufer rauschte. „Der Tschetschcnze muss doch auch aufpassen oder irgendwo umher- schleichen," dachte er. Plötzlich schauerte er bei einem stärkeren Geräusch und einem Plätschern im Wasser zusammen und griff nach der Büchse. Vom Ufer her kam prustend ein Eber gesprungen, und seine schwärzlickie Gestalt, die sich einen Augenblick von der glänzenden Wasserfläche abhob, verschwand im Schilf. Luka zog seine Flinte hervor, legte an, hatte aber nickt mehr Zeit zum Schießen— der Eber war im Dickickt verschwunden. Er spie ärgerlich aus und ging weiter. Als er fich dem Orte des verdeckten Postens näherte, blieb er wieder stehen und pfiff leise. Ein Pfiff antwortete ihm, und er näherte sich seinen Kameraden. Nasarka hatte fich eingehüllt und schlief schon. Jerguschow sass mit untergeschlagenen Beinen da und rückte ein wenig weiter, um Lukaschka Platz zu machen. Wie lustig sitzt fich'S hierk Wahrhaftig, ein vortrefflicher Platz? sagte er.— Hast Du ihn begleitet? Ich habe ihn zurechtgewiesen, antwortete Lukaschka und breitete dabei seinen Pelzmantel aus; und was für einen tüchtigen Eber habe ich eben ganz in der Nähe deS Wassers aufgeschreckt' Es muß derselbe seinl Du hast wohl gehört, wie es im Schilf geknistert hat? Ja, ick habe es knistern hören— ich habe sofort erkannt, daß eS das Wild sein muss. Lukaschka hat das Tier aufgeschreckt, denke ich, sagte Jerguschow und hüllte sich in seinen Mantel. — Jetzt will ich«inschlafen, fügte er hinzu, wecke mich, wenn der Hahn kräht, denn Ordnung muss sein. Erst will ich schlafen, dann kannst Du schlafen, und ich werde lauern— so. Ich will gar nicht schlafen, ich danke, antwortete Lukaschkq (Fortsetzung folgt.) Der Stockholmer Shanfen. Soll man auf der Reife tn Museen gehen? Natürlich, wird der Dnrchschnittsreisende erwidern, gerade auf der Reise, besonders auf der Reise, nur auf der Reise, Der Spietzbürger, der zu Hause nicht eine Galerie kennt, keine nawrhistorische und keine Kimfilamm- lung je besucht, auf Reisen stolpett er stolz, den roten Bädeler in der Hand, durch jedes Museum. Münz- und Schmetterlingsammlung, ethnologisches und prähistorisches Mukeum, alte und neue Bilder, Maschinenausstellung und Kunstgewerbemuseum, altasiyrische Funde und Textilwaren: auf der Reise interessiert fich der Philister für alle«. Da verschlingt er Ausstellungen. Und doch ist gerade der Museumbummel des Reisenden vcrbältnismäküa ertragarm. Selbst- verständlich meine ich damit nicht den MuseumSspezialiste», der sein Fach beherrscht und g.mz planmäßig auswählt. Wer der Durchschnittsreisende bringt von seinen Museumsorgien ge- wohnlich gar nichts heim als einen wüsten Schädel. Nicht nur die WahUosigkeit und VielHtit der massenhaften Museumseindrücke ist an dieser Wüstheit schuld, sondern auch die An- läge unserer Museen. Selbst wer die Museen einer fremden Stadt nur in kleinen, zuträglichen Dosierungen genießen will, wer in sorg- loser, nervengestärkter Muße eindrucksbereit durch Museen spaziert, irrt bald mit schwerem Kops zum Ausgang. An dieser Museums-- krankheir(ich überlasse das Thema Nervenärzten zur genaueren Er-- forickungl ist nicht nur die leichte Ennüdbarkeit des beuligen Gross« städters schuld, sondern auch die unerträgliche Anordnung der Auö- stellungsgegenstände in fast allen Museen. Die Museen find meist nur Magazine. Sie find nicht so sehr für den Besucher und Be- schauer eingerichtet, sondern vielmehr für die Objekte. Kein Saal, der nicht überfüllt wäre. Der Beschauer wird durch das unaufhör- liche. ruhlose Nebeneinander und Uebereinauder rmd Durcheinander der Eindrücke schnell totgeschlagen... WaS die Gemäldegalerien an- langt, so ist der Protest gegen daS Magazinssystem nicht mehr ganz wir- kungslos. Ideale Ausstellungssäle, wo dem einzelnen Bild die nötige Raumfreiheit gewährt wird, gibt es zwar noch in fast keinem deutschen Museuin. Immer noch wird eine Farbenfinfonie von der eng benachbarten begleitet, wenn nicht gar übertönt. Aber iin Ver- bältnis zu allen anderen Arten Museen haben die Gemäldegalerien, sofern sie in den letzten zehn Jahren umgeordnet und umgehängt wurden. Lust und Platz bekommen. Die Rechte deS Beschatters habeir über die Raumsparsamkeitslendenzen der Besitzer vielfach gesiegt: ES gibt schon Gemäldegalerien, die man besichtigen und verlassen kann— ohne wüsten Kopffchmerz. Von Museen kenne ich nur eines, da? man mit Lust und ohne Anstrengung besehen kann, nur eines, das man obne Ermiidung und ohne Wüstheit besehen kann: den Stockholmer Skansen. ES ist ein sogenanntes Freiluflmuseeum. WaS in Schweden lebt, Mensch und Tier, von der kleinsten Bachstelze bis zum Hausfreunde des Lappländers, dem Rennlier, daS ist hier geiammelt. Jede Provinz bat hier feine Repräsentation. Aber nicht lebloS, hinter gläsernen Schränken find hier Schwedens Natur- und Kulturexempel gesammelt. sondern im Freien, auf einer der vielen kleinen Inseln, die in den Stockholmer Schären liegen. Man fährt mit einem der unzähligen kleinen Dampfer in ein paar Minuten zu einer Anhöhe in der SaltSjö. Auf diesen sanft ansteigenden Hügeln liegt ein„Schweden im kleinen" Nur die eigentliche zoologische Abteilung erinnert an den MuseumSzweck, demi es ist natürlich unmöglich, die Königsadler und Seehunde, die Schneehühner und Eisbären in voller Freiheit vorzuführen. Höchsten? die Renntiere und Lappenhimde können den Käfig entbehren. Aber die einzelnen Zwinger und Bassins und vergitterten Räumlichkeiten find über den Berg geschickt ver- teilt, so dass der landschaftliche Eindruck nicht weiter gestört wird. Biel raffinierter arrangiert ist das eigentliche Kulturmuseum. Man hat aus allen schwedischen Provinzen eine charakteristische An- siedelung hierher gelragen und ins Grüne gesteckt. Da steht man denn auf einem steinigen, wenig fruchtbaren Stück Land ein Lappenlager mit Winterhöhle und Sommerzelt, daneben das primitiv umzäunte Renn- tiergehege. Anderswo steht zwischen'Obstbäumen ein schöner alter Bauernhof aus Wermland, wie er leibt und lebt, mit all dem soliden, uralten HauSgerät dieser reichen Bauernkultur. Drin in der Mädchenkammer sitzt die Tochter am häuslichen Webstuhl(die schwedischen Bauern treiben noch vielfach HauSweberei) und an der Wand hängen die linkisch-unperspektivischen. farbcnstarken Bauern- Malereien, die in vielen schwedischen Provinzen Nrvätertradilion sind... Diese Ansiedelungen find im Skansen nicht etwa billig imitiert, fondern vielmehr hat Dr. HegelmS, der Gründer dieses FreilufitnuieumS, die Sammlung so zusammengestellt, dass er auf Reisen durch ganz Schweden die charakteristischen Typeil gesehen und dafür gesorgt hat. dass diese Holzhäuser — im Norden gibt es keine dörflichen Stein- oder Ziegelbauten—, wie fie standen, in den Skansen transportiert wurden. Er grub fie sozusagen„mit allen Wurzeln" aus. Da steht nicht nur das Bauernhaus in seiner für die besondere Provinz charakteristischen Bauweise, da blühen auch die dazu geHöngen Gärtlein, da stehen die Bäume, die zu Hause das Dach des Hauses verbergen. Wer die normale Fauna Schwedens kennen lernen will, der braucht im Skansen nur alle Vorgärten der verschiedene Bauernhäuser durchzustudieren. Diese Ansiedelungen sind gleichzeitig das schönste Trochtenmusenm, denn nicht nur die leblose Welt der schwedischen Provinz wurde hierher in den Skanien versetzt, auch die Männer, Frauen und Kinder dieser Gehöfte wurden mitgenommen. Da in keinem europäischen Land die alten Trachten in ihrer reichen Vielfältigkeit so gut erhalten sind wie in Schweden . so brauchen die Leute durchaus nicht erst kulturhistorisch kostümiert zu werden, es genügt, dass sie in Stockholm vor der Berstadllichung bewavn werden. So enthält der Skansen die schönste Sammlung typischer Beispiele der heimischen Daulveise, die charakteristischen Muster altschlvedischer Innenarchitektur, den vollzähligen nationalen Tiergarten, ein Bild der schwedischen Pflanzenwelt, und dies alles in lebender Form, nicht in Muscumsstarrheit. Viele nationale Eigenart, die sonst leicht von dem gleichmachenden Zuge kapitalistischer Fabrikkultur verwischt und verweht werden könnte, wird hier wenigstens in lehrreichen Beispielen festgehalten, z. B. gewisse VollStraditionen. Festsitten, Tanzsormen und Volkslieder. An bestinnmen Tagen finden im Skansen Feste statt, die zur Konservierung dieser alten, schönen,
Ausgabe
25 (28.10.1908) 209
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten