fccn Kopf. Wanzuscha betrachtete Olcnin nur wie einen Herrn, undOlenin Wanjuscha nur wie einen Diener, und sie wären beide sehrerstaunt gewesen, wenn ihnen jemand gesagt hätte, sie seienFreunde. Aber sie waren Freunde, ohne es zu wissen. Wanjuschawar als elfjähriger Knabe ins Haus aufgenommen worden, alsOlenin im gleichen Alter stand. Als Olenin fünfzehn Jahre altwar, gab er Wanjuscha Unterricht; er lehrte ihn französisch lesen,und Wanjuscha war sehr stolz darauf. Auch jetzt noch warfWanjuscha, wenn er gerade gut aufgelegt war, mit französischenWörtern um sich, wobei er stets dumm lachte.Olenin lief die Treppe hinauf und stieß die Tür zum Flurauf. Marianka sprang erschreckt von der Tür zurück. Sie warblaß in einem rosa Hemd, wie es die Kosakinnen zu Hause zutragen Pflegen; sie drückte sich an die Wand und bedeckte denunteren TeU ihres Gesichts mit den weiten Aermeln ihres tata-rischen Hemdes. Als Olenin die Tür weiter öffnete, sah er imHalbdunkel die hohe und schöne Gestalt der jungen Kosakin. Mitder schnellen und hastigen Neugier der Jugend bemerkte er unwill-kürlich ihre kräftigen, jungfräulichen Formen, die sich unter demdünnen Zitzhemde abhoben, und die schönen schwarzen Augen, diemit kindlichem Schreck und seltsamer Neugier auf ihn gerichtetwaren.„Das ist sie, dachte Olenin, und noch viele solche gibt eshier," schoß es ihm sofort durch den Kopi, und er öffnete die andereTür, die in die Hütte führte. Die alte Mutter Ulitka, ebenfallsim bloßen Hemde, fegte in gebeugter Stellung und ihm den Rjickcnzukehrend den Fußboden.Guten Tag, Mütterchen, ich komme wegen des Quartiers...begann er.Ohne sich aufzurichten, wandte die Kosakin ihm ihr strenges,«iber immer noch hübsches Geficht zu.Wozu bist Tu gekommen? willst Tu uns verspotten, he? Ichwill Dich spotten lehre«, die schwarze Krankheit soll Dich treffen!schrie fie und sah ihn unter den düsteren Augen scheel an.Olenin hatte anfangs geglaubt, die erschöpfte, tapfere kauka-fische Mannschaft, der er angehörte, werde überall, besonders vonden Kosaken, die doch ihre Kriegskameraden waren, mit Freude«empfangen werden; darum machte ihn dieser Empfang verdutzt.Allein er war nicht verlegen und wollte eben erklären, daß er be-reit sei, das Quartier zu bezahlen, als die Alte ihn unterbrach.(Fortsetzung folgt. 1Die HquarcU-Husftcllung.Die Ausstellungen der Akademie der Künste haben in denletzten Jahren inimer mehr den Charakter des Stilloie» undDilettantischen bekommen. Die vornehmen Räume am Pariser Playbilden einen höchst peinlichen Kontrast zu dem banausischen Geiste,der in ihnen herrscht. Di« führenden Männer der Akademie müssenheutzutage bei ihren Deranstaltungen immer so viele Nach-, Bor- undRücksichte» beobachten, daß man nie weiß, ob das, was sie unsbieten, ihrer künstlerischen lleberzeugung oder ihrem bureaukratischenSrrbordinationsgeist entsprungen ist. Bei der Zusammensetzung undAnordnung der A q u a r e l l- A u s st e l l u n g, die vor einiger Zeiteröffnet wurde, find die künstlerischen Gesichtspunkte jedenfalls erst inzweiter Reihe zur Geltung gekommen. Eine historische Gruppierungwar von vornherein unmöglich, weil das dürftige und wahllos zu-sammengebrachte Material dazu nicht ausreichte. Aber man hätte zummindesten die technischen Unterschiede berücksichtigen und die reinenAquarelle von den Guaschemalereien trennen, andererseits aber die Werkeder einzelnen Künstler beieinander lassen müssen. Statt dessen ordneteman den ganzen Borrat nach folgenden geistreichen Rubriken:1. Aquarelle aus dem Besitz Ihrer Majestäten, 2. Aquarelle vonMitgliedern und Gästen der Akademie, 3. Aquarelle verstorbenerKün>tler, 4. Studienarbeiten der Klasse für dekorative Architektur ander Berliner Kunstakademie. Auf diese Weise hat man die223 Nummern der Ausstellung in neun Sälen und einem Bor-räum akademisch-systematisch untergebracht. Man hätte sie ebenso-gut nach der Größe des Flächeninhaltes oder nach dem Preise ordnenkönnen.Die reine Aquarellmalerei, die in England zuerst ge-übt wurde und dort auch noch heute von zahlreichen Künstlern ge-pflegt wird, arbeitet in der Hauptsache mit transparen len Wasser-färben; sie läßt den hellen Malgruud(körniges, weisses Papier.Pergament, Elfenbein usw.) mehr oder weniger deutlich durchscheinenund spart die hellsten Stellen aus. Bei unsere» modernen Malernist die reine Aquarellmalerei aus verschiedenen Gründen in Miß-kred'it gekommen. Ihre Produkte find allzu vergänglich. Staub, Lustund Licht verderben und zerstören fie zu rasch und zu gründlich.Ausserdem muß ihre Technik viel mit sogenannten Zufalls-effekten arbeiten, die ein solider Künstler nicht gern geltenlassen will. Und schliesslich ist die Anwcndungsmöglichkeit des reinenAquarells eine ziemlich eng beschränkte. Es ist in erster Linieüberall am Platz, wo es sich um die malerische Wiedergabe dünner,matt leuchtender Farben handelt. Sanftes Himmelblau, sonne-beschienener flimmernder Sand, zartes Grün des jungen Laubesund ähnliches kann auf keine Weise so delikat und duftig gegebenwerden, wie in dieser Technik. Und ebenso vortrefflich eignet siesich für zierliche Miniaturbilder, wo sie aus winzigem Raum zuweilen»uch derbere koloristische Effekte zu erzielen vermag.Die Aquarellmalerei wurde tn Teutschland anfangs nur zumKolorieren— oder, wie man es nannte,»Illuminieren"— vonKupferstichen verwandt. Die ersten nennenswerten Künstler, die fichder Technik zur Hervorbrmgung selbständiger Werke bedfotterr, warender Leipziger Karl Werner(zu dessen Gedächtnis der Leipziger Kunst»verein gerade jetzt eine schöne Ausstellung veranstaltet hat) und denBerliner Eduard Hildebrandt. Werner ist auf miserer Aus-stellnng leider nicht vertreten, von Hildebrandt dagegen finden wieeine ganze Kollektion beisammen. Es find Landschafts-smdien, die er auf seinen ausgedehnten Reisen angefertigtbat, Ansichten auS allen Teilen der Erde vom Äordlap brSPernambuco. Wir verstehen beute die Begeisterimg nicht mehr, mitder unsere Eltern und Grosseltern in den vierziger,■fünfziger unk»sechziger Jahren diese Blätter ausnahmen. Sie erscheinen uns alsmittelmäßige Tutzendarbeiten eines gewandten, aber oberflächlichenKunslbandwerkers, die nach unserem modernen Empfmd-n bald zi»viel, bald zu wenig Farve haben. Wöhrend die nordischen Land»schaften meist in einem langweiligen monotonen Braun gehottet»sind, stören uns in den tropischen Veduten oft allzu krasse undknallige Töne. Als Vertreter der älteren Richtung in der deulscbei»Aquarellmalerei sind neben Hildebrandt zu nennen: Karl Graeb»der die Molive für seine gefällig arrangierten, süßlichen Landschaftenin der llmgegend Berlins suchte, Eduard Gerhardt, der mitspitzem Pinsel zierliche, aber kraft- und saftlose Architekturbilder ausSpanien und Portugal malle, und Eduard Meyerheim.dessen neckische Genrebilder die Spießbürger der Biedermeierzeit ent-zückten, für uns aber ungenießbar find. Auch Ludwig Passintgebärt als Nachzügler zur älteren deutschen AquarellistemÄule. Seinefrühen Blätter, wie die bekannte Ansicht des Cafös Greco in Ron»(1356). find ehrlich empfunden und mit behaglicher Sorgfaltgeschmackvoll ausgeführt. Was der Künstler aber in spätere!»Jahren produziert hat. als er der Mode- Aquarellistund-Porti äust der Berliner Börsenkreise geworden war,ist fast durchweg wertloser Kitsch. Man kann an de»Entwickelung dieses Mannes erkennen, wie leicht die bequemeWasserfarbentechnik in den Händen gewandter, aber mittelmäßig be»gabter Künstler zu leerer Routine entartet und wie sehr die der»mittels dieser Routine erzeugten oberflächlichen Machwerke geeignetsind, daS grosse Publikum zu blenden und seinen Geschmack tri« zuführen. Bor den Kinderbildnissen PassiniS sammelt sich stetS ein«Schaar entzückter Bewunderer, die sich an den glatten Wachöpuppen»gesichtern nicht satt sehen können und die wohlseilen, auf blosserHnndwerkergeschicklichkeit beruhenden Detaileffeltchen als künstlerischeOffenbarungen empfinden und geniessen.In jeder Hinsicht sympathischer erscheinen uns heute jene älterenMeister, die das Aquarell dazu benutzten, um kleiuen, zierlichenFederzeichnungen einen anspruchslosen farbigen Schmuck zu geben.Ihre bescheidene Kunst wurde in der Biedermeierzeit, als fie inBlüte stand, kaum gewürdigt. Erst heute fängt man an. für ihreReize empfänglich zu werden. Der vor fünftmdzwanzig Jahren ver»storbene Ludwig Richter zählt erst neuerdings zu den popu-lärsten deutschen Künstlern des 19. Jahrhunderts, und der derb»humoristische Schilderer deS Berliner WeissbierphilistertmnZ, derprächtige Theodor Hofemann, verdiente wohl, demgraziöseren und gemütvolleren Sachsen als fast eben»bärtiger Zeitgenoffe an die Seite gestellt zu werden.Die Ausstellung enthält von Richter leider nur drei nicht bedeutende,farbig getönte Federzeichnungen aus später Zeit, von Hosemann aberden lehr charakrcristiichen Biedermaierulk»Die gemeinschaftliche Laube"und vor allem die köstlichen, auch in technischer Hinsicht vollendetenBlätter»Der neue Pfeifenkopf",»Die Krankenmahlzeil" und»Dertreue Bergmann". Alö dritter Meister dieser Richtung wäre derWiener Landschafter und Architektnrmaler Rudolf von Alt zunennen, der ein halbes Jahrhundert an seinem berühmten, schwarzgestrichenen Holz tisch w der Skodagaffe unermüdlich arbeitete undeine Fülle von Werken schuf, ohne daß die Mitwelt von ihm Notiz,nahm. Erst die jungen Maler der Wiener Sezesfion haben das Ber»dienst des Alten ms rechte Licht gestellt und während der letztenLebensjahre war er der gefeierte Ehrenpräsident der modernstenKünstlerveremigung. In Berlin weiss man auch beute noch nicht viel.von ihm. Die Ausstellung zeigt ein Dutzend semer minianirahn»licheu, sauberen, leicht kolorierten Federzeichnungen: Landschaften,Häuser und Strassen aus Wien und Steiermark. Alle diese kleinenBlättchen find mit unsagbarem Fleiß und liebevoller Sorgfaltbis m die winzigsten Details durchgearbeitet. Man muß fieunter der Lupe betrachten, um ihre tausendfachen Feinheitenwürdigen zu können. Die denkbar nüchternsten Sujets weiss.diese oftdäterische Kleinmeisterkunst reizvoll zu gestalten. Jedesarchftcktomsche Ornament, und klebte eS an der ödesten Mietskaserne.wird zu malerischen Wirkungen verwendet, und wenn Aft eineSttassenftont zeichnet, so gibt er von jedem Ladenschild, von jeden»Fenster und jedem Schornstein ein ckarakteristtscheS Porträt._ Trotzdieser minutiösen Detailbehandlung bildet jedes Blatt ein cinheit»licheS, geschlossenes Ganzes von harmonischer Stimmung. AuSdiesen anspruchsvollen Werken spricht eine hochkultivierte, reife undseine Kunst, die fteilich, um recht genossen zu werden, ein ein»gehendes und liebevolles Studium verlangt und daher dem flüchtigenAusstellungsbesucher nur selten zum Bewußtsein kommt.Die zweite Art deS Aquarells, die G u a s ch e m a l e r e i diesich der Deckfarben bedient, den ganzen Sllalgrund mit Farbe über-zieht und die Lichter aufhöht, ist in ihren Wirkungen der Oelmalerei