Er sah nichts von allem. Mas sie aetoftclt hatten, tmb er ßcgtriff nicht, wie sie in der Schönheit Schlechtes suchten, noch weniger, wie sie es fanden. Dazu kamen andere Enttäuschu igen. Es lag nichts Vor- lautes in seinem Wesen, und er wetzte nicht frühreifen Ver- stand an den Worten der Lehrer. Aber er fühlte sich un- befriedigt von einer Wissenschaft, die mit trockenen Schlüssen an die ewigen Geheimnisse herangeht und wieder auf halbeni Wege stehen bleibt, um den Glauben anzurufen. Darin lag eine harte Probe für sein rechtschaffenes Gc- Mut, das sich gegen die Selbsttäuschung sträubte. .(Fortsetzung folgt.) (Nachdruck»erbaten.1 12] Die Kofahen. Von Leo T o l st o i. Das ist ganz dasselbe, Wanjuscha, Iwan. Warum heißen bei Euch alle Soldaten Iwan? Iwan I wiederholte der Alte, laß Dir Väterchen den Blost aus einem angebrochenen Tonnchen geben. Die haben den besten Most im Orte, und mehr als 30 Kopeken für ein Achtel gib ihr nicht, sonst freut sich die Hexe... Unser Volk ist ein verflucht dummes Volk fuhr Onkel Jerofchka in ver- traulichen, Tone fort, als Wanjuscha hinausgegangen war. Sie halten Euch gar nicht für Menschen. Du giltst ihnen schlechter als ein Tatar. Die Russen sind Wellkinder, sagen sie. Aber nach meiner Meinung bist Tu doch immer noch ein Mensch, wenn Du auch Soldat bist. Tu hast auch eine Seele in Dir. Habe ich nicht Recht? Jlja Moisseitsch war auch Soldat, und was für ein goldener Mensch war eri Nicht wahr, Freund? Darum haben mich auch die Leute hier nicht gern, mir aber ists ganz gleich, ich bin ein lustiger Mensch, ich habe alle gern, ich bin Jeroschia ja, so, Freundchen! Und der Alte klopfte dem jungen Manne freundlich auf die Schultern. 12. Wanjuscha hatte inzwischen seine Wirtschaft in Ordnung gebracht, sich vom Kompagniebarbicr rasieren lassen, hatte die Hose über die Stiefel falle» lassen und befand sich, ein Beweis. daß die Rotte bequeme Quartiere hatte, in der allerbesten Laune. Er betrachtete Jcroschka aufmerksam, aber nicht wohlwollend, wie man etwa ein wildes Tier betrachtet daS man zum ersten Male sieht, schüttelte den Kops beim Anblick der schmutzigen Diele unter der Bank, nahm zwei leere Flaschen hervor und ging zu den Wirts- leuten. Guten Tag, liebe Leute sagte er, denn er hatte sich vor- genommen, besonders höflich zu sein mein Herr hat mir befohlen, Most zu kaufen: schenkt mir ein, gute Leute. Die Alte antwortete nicht, das Mädchen, das vor einem kleinen tatarischen   Spiegel stand und ihr Kopftuch ordnete, sah sich schwei- gend nach Wanjuscha um. Ich zahle bar, mein Verehrter sagte Wanjuscha und klimperte in der Tasche mit seinem Kupfcrgelde. Seid ihr gut, so werden wir auch gut sein, das ist doch das Beste, fügte er hinzu. Wieviel? fragte die Alte kurz angebunden. Ein Achtelchen. Geb, Kind, fülle ihm ein, sagte Mutter Ulitka zur Tochter gewandt. Gieb ihm aus dem Angebrochenen, mein Herzcken. Das Mädchen nahm die Schlüffel und die Karaffe und ging mit Wanjuscha aus dem Zimmer. «agc mir doch, bitte, wer ist daS Weib? fragte der Offizier auf Marianka deutend, die eben am Fenster vorüberging. Der Alte zwinkerte mit den Augen und stieß den jungen Mann mit dem Ellbogen an. Halt, sagte er und steelte den Kopf zum Fenster heraus, hm, hm, hüstelte und brummte er. Marianuschka! ah, die schöne Marianuschka? Hast mich lieb. Herzchen l... Ich bin ein Spatzz Vogel, fügte er zu Olenin gewandt leise hinzu. Das Mädchen ging, ohne den Kops umzuwenden, gleichmäßig und kräftig die Arme schwenkend, mit dem eigentümlich heraus­fordernden Gang, der den Kosakenfrauen eigen ist, am Fenster vor- über. Sie ließ nur langsam ihre schwarzen, langbcwimperten Augen über den Alten hinschweifen. Hab' mich lieb, und Du wirst glücklich sein? rief Jcroschka, zwinkerte mit den Auge» und warf einen fragenden Blick auf den Junker. Ich bin ein selmeidiger Kerl, ich bin ein Spaßvogel, fügte er hinzu. Ein Mädchen, wie eine Fürstin, nicht wahr? Ein schönes Mädchen, sagte Olenin, ruf sie hierher. Nein, nein, erwiderte der Alte, die soll mit dem Lukaschka ver- heiratet werden. Luka ist ein tüchtiger Kosak  , ein Dfhigit. Neulich hat er einen Abreken erschossen. Ich steche Dir eine bessere, ich suche Dir eine, die ganz in Seide und«Uber gehen wird. Ein Mann, ein Wort. Ich schaffe Dir ein schönes Mädchen. Alter, was sprichst Tu da, sagte Olenin, das ist doch eine Sünde. Eine Sünde? Wo ist da die Sünde? antwortete der Alte cnt- schieden. Ein hübsches Mädchen ansehen soll Sünde sein? Mit ihr gehen soll Sünde sein? oder sie lieben eine Sünde? Ist das bei Euch so?... Nein, mein Freund, das ist keine Sünde, sondern Seligkeit! Gott   hat Dich geschaffen, Gott hat auch das Mädchen geschaffen, alles hat er geschaffen, Väterchen, es kann also keine Sünde sein, ein hübsches Mädchen anzusehen, sie ist geschaffen, daß man sie liebe, daß man sich an ihr erfreue. So denke ich, guter Freund! Nachdem Mariana über den Hof in den dunklen Keller ge» kommen war, der von Fässern voll stand, trat sie mit dem üblichen Gebet an ein Faß heran und tauchte den Heber hinein. Wanjuscha stand in der Tür, sah sie an und lächelte. Ihm kam es furchtbar komisch vor, daß sie nur das Hemd trug, das hinten herabgelassen und vorn in die Höhe gezogen war, und noch komischer berührte ihn, daß sie um den Hals Halbrubelstücke hängen hatte. Er dachte, das sei nicht russisch, und wie sie zu Hause lachen würden, wenn sie ein Mädchen so sähen. Das wäre ein Mädchen so recht zur Zerstreuung, dachte er, das muß ich dem Herrn sagen. Was, hast Du Maulaffen feil? schrie plötzlich das Mädchen, reich mir lieber die Karaffe her. Mariana füllte die Karaffe mit kühlem Rotlvein und reichte sie Wanjuscha. Das Geld gib der Mutter, sagte sie und stieß Wanjnschas Hand zurück, atö er ihr das Geld reichen wollte. Wanjuscha lächelte. Warum sind Sie so böse, schönes Kmd? sagte er in gul- mutigem Tone, als das Mädchen das Faß wieder zumachte. Sie lachte. Sind Sie etwa gut? Ter Herr und ich, wir sind sehr gut, antwortete Wanjuscha in überzeugendem Tone. Wir sind so gut, daß uns die Wirts- lcute überall, wo wir gewohnt haben, Dauk schuldig geblieben sind. Er ist ein adeliger Herr. Das Mädchen blieb stehen und horchte auf. Sag, ist er verheiratet, Dein Herr? fragte sie. Nein, mein Herr ist jung und unverheiratet. Adelige können nie jung heiraten, erwiderte Wanjuscha in belehrendem Tone. Da sieh einer, dick wie ein Büffel und zu jung zum Heiraten? Er ist wohl der Höchste von allen? fragte sie. Mein Herr ist Junker, das heißt, er ist noch nicht Offizier. aber er hat seinen eigenen Rang, und er ist höher als ein General einen hohen Rang. Darum kennt ihn auch nicht nur unser Oberst, sondern der Zar selbst, erklärte Wanjuscha stolz. Wir gc- hören nicht zu dem gewöhnlichen Soldatengesindcl. Unser Papa ist Senator, lieber tausend Seelen bat er gehabt, und wir be- kommen immer Tausende geschickt. Darum hat man uns auch überall gern. Was nützt es einem, Kapitän zu sein, wenn man kein Geld hat? Was kommt dabei heraus? Geh. ich schließe zu, unterbrach ihn das Mädchen. Wanjuscha brachte den Wein und erklärte Olenin.La fil e tre scholi",(niangelhafles Französisch   das ist ein hübsches Mädchen), dann ging er mit eine?» blöden Lachen auL dem Zimmer 13. Inzwischen wurde auf dem Platze der Zapfenstreich geschlagen. Das Volk kam von der Arbeit nach Hause. In den Toren brüllte das Vieh und kam drängend herein, in eine goldige Staubwolke gehüllt. Die Mädchen und die Weiber liefen auf den Straßen und Höfen umher und trieben das Vieh zusammen. Tie Sonne war hinter den fernen Schnee bergen versunken, ein bläulicher Schatten lagerte über der Erde und dem Himmel. Heber den im Dunkel ruhenden Gärten flimmertey kaum merklich die Sterne, und all- mählich verstummte alles im Dorfe. Nachdem das Vreh eingc- trieben war, kamen die Kosakenweiber heraus, sammelten sich an den Straßenecken und setzten sich, Blumenkerne kauend, aus die Erdhügel nieder. Zu einer dieser Gruppen trat auch Marianka, nachdem sie die beiden Kühe und die Büffelkuh gemolken hatte. Diese Gruppe bestand aus einigen Frauen und Mädchen unk» einem alten Kosaken. Sie sprachen von dem erschossenen Abreken. Ter Kosak   er- zählte. Die Weiber fragten ihn aus. Er wird wohl nun eine große Belohnung bekommen? fragte eines der Weiber. Gewiß, es heißt, er wird ein Kreuz bekommen. Mossew hat ihn kränken wollen, er hat ihm die Flinte weg, genommen, aber d«e Vorgesetzten in Kisljar haben cS erfahren. Eine niedrige Seele, der Mossew. Die Leute sagen, Lukaschka sei angekommen, sagte eines dev Mädchen. Er zecht mit Nasarka bei der Jamka.(Jamka war ein lcdiges, lüdcrliches Kosakenweib, das eine Schenke hielt.) Einen halben Eimer sollen sie getrunken haben. Der Reißer hat Glück, sagte jemand, wahrhaftig ein Reißer. Er ist aber auch ein vortrefflicher Bursche, ein gewandter Kerl und dabei so ein wackerer Mensch. Sein Vater war ebenso, der alte Kirjak; er ist ganz der Bater. Als der getötet wurde» jammerte ihm der ganze Ort nack. Da kommen sie ja. suhr die Sprecherin fort und zeigte aus die Kosaken, die von der Straße her sich ihnen näherten. Jerguschoio hat sich zu ihnen gesunden« der Trunkenbold. Lukaschka, Nasarka und Jerguschow hatten ihren halben Eimer