Hwterhaltmgsölatt des Vorwärts Nr. 221. Freitag den 13 November. 190? (Nachdruck betdulen.) 821 Hndreas Vöft. Bauernroman von Ludwig Thoma , Kndem da Schuller behaupt'," sagte Weiß,daß i an Herrn Held g'nau kennt Hab', so is also dös durchaus richtig. Indem i zwanz'g Jahr' lang Kirchapfleger war und oft ci'kchrt Hab' im Pfarrhof, und weil i überHaupts a so bin, daß i mir d' Leut' g'nau o'schaug. Also da muaß i meine Meinung dahin abgeb'n, daß mir da Herr Held ganz wohl g'fallen hat. Wenigstens nach dem, was er merken hat lassen. Natürli, die Gcischtlichkeit und der Adel, dös woaß mi recht guat, Hamm no a b'sondere Sach', de wo sie net ausweisen dcrfen. Da hat mi der Herr Held aa net einischaug'n lassen. Es werd halt a Geheimnis sei, auf dös sie z'samm'g'schworen san, und dös wo der Bauernmensch net wissen derf. Da Herr Bezirksamtmann versteht mi scho." Ich verstehe Sie gar nicht." Net?" Weiß lächelte, als wollte er sagen:Tu nur so! Du hast ganz recht, daß du nicht einem jeden deine Karten zeigst." Net? No i Hab' bloß g'moants Es gibt so Büacher, in dena dös alles offenbarig g'macht is, und hie und da der- wischt unser oana so a Büachl. Aber was dös betrifft, von Herrn Held, so muaß i sag'n, sinscht hat er mir net übel g'fallen." Der Schuller drehte sich nach ihm um. Du sollst sag'n, ob des m'ögli is, daß er so was geg'n meiner g'schrieb'n hat." Bal ma's a so betracht, ko ma's net glaab'n, indem da Herr Held allawei guat vo dir g'redt hat und indem er zu mir g'sagt hat, da liabste Kirchapfleger waarst eahm du, bal i amal z'alt wurd. So wögst it moan, daß er über die was g'schrieben hätt': eS müaßt g'rad sei, daß eahm dös be- fohlen g'wesen waar. Bon ob'n, verstehst." Hören Sie doch einmal auf mit solchem Zeug! Wer soll denn so etwas befehlen?" Otteneder wurde ungeduldig. Die schlichte Rede, des Schullerbauern hatte ihn nachdenklich gestimmt. Er konnte sich dem Eindruck nicht entziehen, daß Wahrheit in diesen Worten lag. Aber der Eindruck verflog, als Florian Weiß zu sprechen anhob. Da stand der richtige Vertreter dieser hinterlistigen Raste vor ihm, welche überall versteckten Widerstand leistete. Er verstand nicht alles, was er mit seinen Anspielungen sagen wollte. Vermutlich einiges von den dummdreisten Behauptungen, mit denen jetzt gegen die Obrigkeit gehetzt wurde. Nein, der Kerl verdarb alles! Franz Otteneder war nicht bösartig. Es lag ihm ferne, einem Menschen mit Ueber- legung Unrecht zuzufügen. Er hätte den Gedanken mit Ent- rllstung zurückgewiesen, und wo sein Verstand nicht durch Vorurteile beeinflußt war, konnte er das Recht wohl finden. In seiner beruflichen Stellung nicht. Hier hörte nicht seine anständige Gesinnung auf, aber der klare Blick. Er prüfte seine Handlungen auf ihre Nützlichkeit hin; eine Nütz- lichkeit, die er sich selbst zurechtgelegt hatte mit farblosen Be- griffen vom Leben und der herkömmlichen Anschauung von öffentlicher Wohlfahrt, Staatszweck . Untertanenpflicht. Da war nun dieser Fall Andreas Vöst contra Pfarrer Baustätter, also contra Kirche. Obrigkeit, Staat. Von vorn- herein der einzelne im Kampfe gegen notwendige und nütz- liche Institutionen. Es hätten zwingende Gründe sein müssen, die Otteneder hätten veranlassen können, bei einem solchen Zwiespalts die Sache des einzelnen mit Wohlwollen anzusehen. Ohne Wohlwollen aber ist Verständnis nicht möglich. Von diesem führte ihn sein Mißtrauen weit ab. Er sah nicht das Unrecht und nicht die Tragweite seines Vor» gehens. Er suchte bei einem Bauern weder Ehrliebe noch Zartgefühl Wie so viele Menschen, die in den engen Gassen der Städte aufgewachsen sind und einen gewissen Bildungsstolz als Erbteil mitbekommen haben, war er geneigt, die bäuer- liche Art für roh und jeder Empfindung bar zu halten. Eine Bildung, welche ihre Vollendung darin sucht, natürliche Ge» fühle zu verbergen, fühlt sich recht erhaben über das formen- fremde Wesen der Bauern. Sie kommt auf seltsamen Um» wegen dazu, einem ganzen Stande tiefere Empfindung ab» zusprechen, weil er inhaltlose Formen nicht kennt. Und weil er in solchen Anschauungen befangen war, schlug Otteneder sein Vorgehen gegen den Schuller ge- ring an. Er hätte sich vielleicht schwer entschlossen, in anderen Verhältnissen das gleiche zu tun, den Angehörigen eine? anderen Standes so bloßzust.llen. Hier erschien es ihm nicht als große Härte, weil er überzeugt war, daß der Erlbacher Bürgermeister nur Zorn über die getauscht� Hoffnung cmp- finden werde. Das wog nicht schwer gegen die Bedenken, welche ihm eine Stellungnahme gegen den Pfarrer erregen mußte. Und seine Erziehung zwang ihn geradezu, den An» gaben einer Autorität ohne Prüfung Glauben zu schenken, wenn ihnen nichts anderes gegenüberstand als die Behaup- tung des Beschuldigten. Einen Augenblick verließ ihn seine Sicherheit. Er gewann sie wieder, als Florian Weiß seine Rede anhob. Und nun beging er einen Fehler, in den alle verfallen, welche sich nicht gerne ihr Unrecht eingestehen. Er versteifte sich darauf und wollte es damit vor seinem eigenen Gewissen als Recht erscheinen lassen. Wer kann so etwas befehlen?" fuhr er den Alten un wirsch an.Das sind Verdächtigungen, die Ihr jetzt aus dummen Zeitungsartikeln herauslest." Er wandte sich an den Schuller.Haben Sie Ihren Landsmann deswegen mitgenommen, daß er solches Zeug daher redet?" Na. I Hab' g'moant, er kunnt mir an Zeug'n macha." Weiß schwieg. Der Bezirksamtmann hatte ihn schon verstanden: jawohl, sonst wär' er nicht zornig geworden. Der Schuller freilich wußte nichts davon: der glaubte immer noch, er könne mit seinem Streiten was ausrichten. Er sah nicht, daß er verspielt war, noch vor er anfing. Jetzt redete er schon wieder. J sag's no amal, Herr Bezirksamtmann, i glaab net an dös Schreiben." Otteneder richtete sich auf. Eigentlich, Vöst, ist Ihr Zweifel eine Anklage. Uni zwar eine sehr schwere. Nehmen Sie sich in acht mit Behaup» tungen, die Sie nicht beweisen können." J Hab' in dera Sach' koa Wort g'sagt. für dös i net ei'steh'. In acht nehma mäassen si de Leut', de g'logen Hamm ." Beschuldigen Sie jemand?" Dös muaß sie erst aufweisen. I Hab' an Herrn Pfarra Baustätter auf da Stell' ersuacht, daß er mir den Zett'k zoagt. Er hat's net to. aber an Hierangl hat er'n lesen lasten. Zu mir hat er g'sagt, i wer's am Bezirksamt derfrag'n. Und jetzt frag' i Eahna, ob i den Zettel schg'n derf." Warum nicht?" Otteneder blätterte in dem Akte. Drei, vier, Folium fünf. Abschrift der von Pfarrer Baustätter übergebenen Urkunde. Ja, richtig! Das Original liegt nicht hier, es ist dem Herrn Pfarrer �vieder zurück» gestellt worden." Was is z'ruckgebcn wor'n?" Das Original, der Zettel, welchen Herr Held geschrieben hat." Den Hamm Sie net? Den hat inser Pfarrer?" Ja." Jetzt woaß i net, was t da denken soll." Die Abschrist ist beglaubigt, Vöst." Der Pfarra sagt, Sie zoag'n au mir, und Sie sag'n, der Pfarra hat'n. Dös kimmt mir ja schier so vor, als wann i zum Narr'n g'halten wurd'." Siehg'st as. Schuller? Was Hab' i g'jagt?" schrie Weiß. Der Schuller hatte sich zur Ruhe gezwungen: jetzt hielt er sich nicht mehr. Dös is ia an aufg'legter Schwindel!" Das sagen Sie nicht noch einmal!" Oamal net, hundertmal! Herrgottsakrainent, bin i a Lausbua, den a jeder zum Hanswurscht'n macht?. Der Pfafs'