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unferer Erkenntnis nicht plöhlich an unübersteigbarer Höhe enden. Werden doch in manchen dieser Bauwerke, wie in dem dreißig Dem Verständnis des Lebensprozesses müssen wir uns schrittweise stödigen Park Row- mit zehn Aufzügen mehr als 1000 Personen nähern. Die Hauptsache ist, daß wir unseren Forscherdrang keinen in einer Stunde bewegt, eine Beförderungsleistung auf einem Augenblid raster iaffen, sondern weiter dringen und aus der Ge- minimalen Raum, die dem Straßenverkehr einer Kleinstadt gleich schichte des Gävangsproblems wie aus der jeder anderen Wissen- tommen dürfte. schaft lernen, daß es für den Forscher, von welcher Seite ca ilm auch zugerufen werden mag, fein Ignorabimus!"(" Wir werden es nie wissen!") geben darf, das den Flug der lebendigen Tatkraft lähmt.

Amerikanische   Wolkenkratzer.

Genauer betrachtet, ist ein solches Vauungetüm eine Stadt für sich, mit 2000 bis 3500 emsig schaffenden niaffen. Die 10 bis 20 Aufzüge gleichen einer Straßenbahn mit 15 bis 20 Haltestellen. Das Haus verfügt über ein komplettes Wasser-, Kanalisations, Beleuchtungs- und Heizsystem. Es besigt eine Kraftanlage, ein Post-, Telegraphens, Telephon- und Privatpolizeiamt. Jeder Mieter fann seine mannigfaltigen Bedürfnisse, ohne den Fuß auf die Straße zu setzen, befriedigen. Er frühstückt im ersten Stock, nimmt eine Lebensversicherungspolice im zweiten Stod, wickelt seine Geldgeschäfte In Deutschland   haben wir uns in den letzten Jahren angewöhnt, bei feiner Bank im dritten Stock ab und vertraut seine Wertsachen der Stahlkammer im Kellergeschoß an. Er fonsultiert seinen gewisse Eigenheiten unseres Geschäftslebens als Amerikanismus zu bezeichnen. Ueberall dort, wo die Hast nach Erfolg, die Jagd auf Arzt, Makler oder Rechtsanwalt, besucht seinen Schneider, Schuh­Profit im Handel und in der Industrie sich zu den schärfsien Formen macher oder Friseur, kauft seine Zigarren, Schreibmaterialien, auslebt, finden mix Vergleiche mit den amerikanischen Wirtschafts- Theaterbilletts, Blumen und alles, was er sonst noch bedarf, unter verhältnissen. Vor einigen Monaten hatte Prof. Sombart   durch demselben Dach. Wie in einem Ameisenhaufen die Ameisen, so strömen die be­feine Morgen"-Artikel eine Debatte über die Reklame entfesselt, er hat darin ausgeführt, daß unsere deutsche Geschäftswelt in der An- suchenden Menschen in einem solchen Riesenhause ein und aus. preisung ibrer Waren immer mehr amerikanischen Vorbildern nach- Ueber dem Ganzen schwebt der Geist der Eile, dessen Zeitmaß die strebt. Und wenn auch die offizielle Fachpresse über Sombart   wegen Sekunde ist. dieser Acußerungen in der heftigsten Weise hergefallen ist, so fann doch nicht abgeficitten werden, daß wir heute keine Ver­anlassung mehr haben, uns über den amerikanischen Reklame­humbug lustig zu machen. Ebenso haben uniere zünftigen Fabrik­direktoren gelernt, in allen Fragen der Fabrikorganisation ſich amerikanische Grundsäge anzueignen. Die Anwendung komplizierter Werkzeugmaschinen, die Einführung besonders raffinierter Entlohnungs­methoden und Kontrollsysteme hat der Amerikaner in seiner Art vor­bildlich zuerst eingeführt. Das rastlose Erwerbsleben, durch die Eigenart der dortigen Verhältnisse bedingt, hat die fapitalistischen Unter­nehmungsformen in geradezu typischer Vollendung gesteigert. Alle die Amerikafahrer, die in den legten Jahren das Land der Freiheit" besucht haben, um die dortigen Verhältnisse zu studieren, geben uns Schilderungen, aus denen hervorgeht, daß das amerikanische Geschäfts­und Erwerbsleben in feinem Lande der Welt seinesgleichen findet. Echt amerikanisch sind auch die Geschäftshäuser, die in den ver­fehrsreichen Vierteln der Riefenstädte, so besonders in New York  , gebaut wurden. Die unsinnige Steigerung der Bodenrente, die der fieberhafte Spekulationsgeist dort möglich gemacht hat, erfordert es, daß auf den teuersten und begehrtesten Plätzen Häuser gebaut werden, in denen eine ungeheure Wenge Menschen wohnen und arbeiten können. Der Volksmund bezeichnet sie bekanntlich als Wolkenkrazer".

Eine sehr intante Schilderung über die Einrichtung solcher Wohnhäuser gibt der Ingenieur Buise in der Deutschen   Straßen­und Kleinbahn- Zeitung". Er nennt den Ausblick von der Plattform eines dieser himmelanitrebenden Turmbäuser geradezu überwältigend. Bis zur Höhe von 100 Meter find 20-30 Stockwerke übereinander aufgebaut, 15-20 Fahrstühle besorgen den Verkehr. Verschwindend Klein, Zwergbauten gleich, erscheinen die übrigen drei bis vier­stöckigen Gebäude zmiichen den riesengroßen Geschäftshäusern, und selbst die Kirchen mit ihren hohen Türmen, die bei uns fämtliche Bauwerke überragen, tommen hier faum zur Geltung.

In doppelter Hinsicht bieten die Wolkenkrazer ein großes Inter­efie, und zwar in bezug auf den Verkehrswert und die bauliche Aus­führung. In bezug auf den Verkehrswert, weil zweifellos durch diese impofanten Geschäftsbauten eine große Vertebrsdichtigkeit erzielt wird, da auf einem verhältnismäßig geringen Raum, wo früher taum 100 Menschen wirften, jest oft 1000-3500 und mehr Personen ihr Arbeitsfeld finden.

Die Möglichkeit aber, so gewaltig hohe Gebäude aufzuführen, war nur gegeben durch den felsigen Boden New Yorks  , die eigen­artige Eisenkonstruktion und die bis zur höchsten Vollkommenheit aus­gebildeten Personenaufzüge.

Die vollständig sicher fonstruierten und auch für den Unfall nach jeder Richtung hin gefchüßten Fahrstühle in den hohen Bau­werfen fönnen mit einer Eisenbahn verglichen werden. Es gibt Lofalzüge, die auf jeder Station, d. h. in jedem Stockwerk, halten, sowie Eilzüge, die den Verkehr zu den höheren und höchften Stod werken ohne Aufenthalt vermitteln. Die Schnellfahrstühle haben eine Geschwindigkeit von 152-218 Meter in der Minute, so daß man in 30-40 Sekunden das 20. Stockwerf erreichen kann. Die ver schiedenartige Bestimmung der Fahrstühle wird durch Aufschriften fenntlich gemacht, z. B.: Hält nicht vor dem 14. Stockwerk" oder Diefer Wagen wird für alle Fahrgäste des 18. Stockwertes halten". Die Fahrrichtung des Elevators wird vielfach furz vor dem Ein­treffen durch farbige Lichter bekanntgegeben, so daß man sich zum raschen Einsteigen bereithalten fann.

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Auch hier fann man bemerken, wie das Publikum trog des Riefenverkehrs durch seine bewundernswerte Sicherheit, Ruhe und Erziehung für den Maffenandrang die ordnungsmäßige Ab­wickelung des sterten Betriebes nach jeder Richtung bin erleichtert. Während bei uns eine Fahrstuhlbeförderung bei den meisten Personen noch oft das Gefühl einer gewagten Luftballonfahrt erweckt, ist dort das ständige Auf- und Niederiaufen der Elevatoren eine Selbsts verständlichkeit, die jeder mit dem größten Gleichmut aufnimmt.

Kleines feuilleton.

Anatomisches.

Der Siz der musikalischen Begabung im Ge= hirn. Schon seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts haben wohl angeregt durch Galls Schädellehre- zahlreiche Belehrte ihra Aufmerksamkeit der Gehirn- und Schädelbildung geistig und künst lerisch hervorragender Persönlichkeiten gewidmet. Bon großer Wichtigkeit sind nach dieser Richtung die von den Anatomen Bischoff und Rüdinger zu Beginn der achtziger Jahre des vorigen Jahr­gunderts unternommenen Untersuchungen geworden. Ihnen folgten die klassischen Arbeiten des Schweden Rezius, der unter anderem die Gehirne des Astronomen Gylden, der Mathematikerin Kowa lewska, des Physiters Siljeström sowie des Staatsmannes Loven beschrieben hat. Ueber die Untersuchung der Gehirne von musika­lischen Menschen ist, wie Dr. Auerbach in der Wochenschrift Um­schau"( Frankfurt a. Main  ) ausführt, noch verhältnismäßig wenig bekannt. Es liegt in der Natur der Sache, daß nur die Gehirne von Menschen mit ungewöhnlich starker musikalischer Begabung, die schon von Kindheit an in ausgesprochener Weise ihre Anlagen erkennen ließen, brauchbares Material zu liefern vermögen. Eine Persönlichkeit dieser Art war nach Ansicht der berufeniten Be urteiler Professor Naret Koning, der lange Zeit als erster Konzert meister an der Frankfurter Oper tätig war. Er war durch sein ganz ungewöhnliches musikalisches Gehör, sein musikalisches Ver ständnis und seine anerkannte Urteilsfähigkeit in musikalischen Dingen hervorragend, ohne jedoch schaffend oder ausübend hervor. getreten zu sein. Dr. Auerbach wählte daher sein Gehirn neben dem Hans von Bülows und Julius Stockhausens, eines der hervor. ragendsten Sänger und Gesangspädagogen, zum Gegenstande seiner. Etudien. Als Ergebnis hat sich zunächst eine ganz besonders starke Entwickelung und eigentümliche Gestaltung des mittleren und hinteren Drittels der ersten Schläfenwinoung( Gyrus temporalis superior) and ferner eine erhebliche Breite und Höhe der oberen Randwindung des Scheitellappens( Gyrus supramarginalis) und ihre enge Verknüpfung mit dem hinteren Ende der ersten Schläfen winoung an beiden Hirnhalbtugeln ergeben. Links waren diese Eigentümlichkeiten stärker ausgeprägt als rechts. Sie zeigten sich an allen drei untersuchten Gehirnen und wurden dadurch ganz besonders wichtig, daß Repius ganz ähnliche Verhältnisse nur bei Loven und Gylden, die beide eine ungewöhnliche musikalische Be gabung besaßen, gefunden hat. Ein ähnlicher Befund ist nach Hansemanns Leschreibung auch an dem Gehirn Menzels festzu stellen, der gleichfalls in hervorragendem Maße musikalisch war. Ein weiteres Moment von großer Wichtigkeit ist, daß die durch die Untersuchungen von Flechsig über die Gliederung der Gehirnrinde gefundene primäre Hörsphäre", d. h. jene Stelle der Großhirn rinde, die den akustischen Empfindungen entspricht, mit vollster Genauigkeit der breiten gebogenen Stelle in der linken oberen Schläfenwindung bei dem Gehirn von Koning und dem am stärksten entwickelten Abschnitt dieser Windung bei den beiden anderen Musikern entspricht. Das berechtigt zu der Annahme, daß das primäre Hörzentrum bei jenen musikalischen Menschen herbor ragend gut entwickelt war. Wahrscheinlich sind die besonders start entwickelten Teile der untersuchten Gehirne auch als anatomische Grundlagen musikalischer Begabung zu betrachten. Wenn auch das Beobachtete der Ergänzung und des weiteren Ausbaues be. darf, so bildet es doch bereits eine wertvolle Grundlage.

Berantwortl. Redakteur: Hans Weber Berlin.- Drud u. Verlag: Borwärts Buchdruderei u.Berlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin   SW.