Anterhaltungsblatt des Vorwärts

Nr. 240.

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Andreas Vöst.

Freitag, den 11 Dezember.

( Nachbruc verboten.)

Bauernroman von Ludwig Thoma  . Dös muaßt ei'sehg'n, Prantl, bal Du den ganzen Tag g'adert hätt'st, mög'st auf d' Nacht aa nig mehr lesen."

Was soll aber dös wer'n? Mir fönna net in a paar Monat den Einfluß des Klerus bewältigen. Für was schreib'n

denn mir de Artikel?"

De andern lesen aa nir; de, wo schwarz fan."

" Da Klerus braucht die Presse nicht, der hat d' Kanzel und an Beichtstuhl."

Ja no!"

Und daß da Schuller foa Bertrauen auf die Bresse hatt Mir hamm do de G'schicht mit dem Kind' sofort durchgedrüdt." Du moanst dös weg'n da Tauf'?"

Ja. Hat der Pfarrer vielleicht net nachgeben?" Dös hat er scho müassen. De Obern wer'n's eahm g'mudt hamm."

Und de Obern fürchten eben die öffentliche Meinung." Vielleicht haft recht. Jezt pfüat di; i muaß zu'n Stern­bräu eini."

,, Was hast denn für a Weibsbild dabei?" Dös is an Schuller sei Tochter."

Von der dös Kind is? Da sollt' i eigentli mit ihr reden. Vielleicht schreib i no was ins Wochenblatt!"

,, Na, tua dös it! Das scho g'nua drin g'standen." " Wenn'st net willst, laßt's ab bleib'n!

Höchstens d' Arbet."

Brantl sah dem Haberlschneider nach.

hab' nix davo.

Dös san bornierte Dickschädel!" sagte er. Da hat der

Klerus freili a leicht's Spiel."

Der Haberlschneider traf die Urfi: la in der Gaststube. Sie faß am hintersten Tisch und hatte ihren Korb neben sich hin­gestellt.

Haft scho was o'gfchafft?"

,, Na; i hab' ma denkt, i wart'."

1908

und jetzt bracht er an Strigner Peter daher und an Zwerger Hans!"

De müassen schwören, Urschula. Und da wer'n mir nacha scho fehg'n, ob da Xaver dös behaupten derf."

daß mi d' Weßbrunner Dirn' bei der Dunkelheit g'sehg'n hat ,, Er foa gar nig behaupt'n. Und des hat er aa fürbracht, am Schneiderhölzl mit an Mannsbild. Und sie hat g'sagt, sie bat mi fennt an mein' roten Spenser. Dös is ganz frech. I hab' überhaupt foan rot'n Spenser gar nia g'habt. Dös muah fie aufweisen, ob i scho amal an roten Spenser g'habt hab'." ezt zahl' i; mir müassen fahr'n, Urschula." " Soll ma net no'mal aufs G'richt umi und dös sag'n, das i foan roten Spenser it hab'? I hätt's scho glei g'sagt, aba bab' mi nimmer auskennt, weil da Xaver gar so unverschämb ' log'n hat. Moanst it, mir soll'n umi geb' und dös schreib'n lassen, daß i koan roten Spenser überhaupt it hab'?" ,, hat jest koan Wert it."

i

Beit

Net?"

Dos fo'st bei da Verhandlung fürbringa, da Hoscht no

g'nua."

D' Muatta fo's aufweisen, und der Vater aa." Den laßt aus' n G'spiel!"

Aa er funnt do an Beug'n macha, ob er mi fcho amal g'sehg'n hat mit an roten Spenser."

Moanst, der stellt si mit'n Xaver vor's G'richt? Na, mei Liaba, und wann i Du waar, redet' i dahoam ganz weni von da Verhandlung."

mi fennt an mein' roten Spenser!" ,, Bal d' Weßbrunner Dirn' so frech is und sagt, sie hat

Der Haberlschneider zahlte, und bald rasselte sein Wager über das Nußbacher Pfaster.

Beim Unterbräu saßen Leute am Fenster. Sie wandten die Köpfe, als sie das Fuhrwerf hörten.

Einer öffnete das Fenster und pfiff gellend durch die Die anderen schrien und lachten.

Ginger.

" Dös is da Xaver g'wen," sagte Ursula.

hab'n scho g'seh'n," erwiderte der Haberlschneider,

Nacha zwoa Halbe, Kellerin! Und für a jed's a paar den Lausbuab'n. Schaug' it um, sinfcht plärren's no beffer!" Stockwürscht!" Er setzte sich.

Er ließ seinen Schimmel einen guten Trab anschlagen und hielt fleißig Umschau, wie die Wintersaat keime.

Die Ursula hielt ihren Korb auf dem Schoße und dachte

Da wer'n ma no öfter eina fahr'n müassen, Urschula," darüber nach, wie ihr der Xaver jetzt allen Spott antue. Und

sagte er.

"

Ja."

Der gibt it nach, bis er net verurteilt werd." Na."

An Advokat'n nimmt er, hat er g'sagt." Ja."

Die Kellnerin brachte Bier und Würste. Ursula schnitt bedächtig eine Scheibe nach der anderen ab. Mir wern sehg'n, was ma tean," sagte der Haberl­schneider. Bal sei Advokat recht aufdraht, nehma mir aa oan."

Ja."

Eine Zeitlang schwiegen alle zwei.

Ursula trant ein paarmal und schaute nach jedem Schlucke geradeaus.

Sie überdachte jekt, was ihr den Vormittag geschehen war. Und wurde redseliger.

Wia'r a sag'n to, daß i's mit'n Zwerger Hans g'habt ho? Dos is ganz ausg'ichamt. Ueber de falsche Anschuldigung muaß er g'straft wer'n. I hon überhaupt mit'n Zwerger Hans nia nir g'habt."

Und an Strigner Peter hat er aa o'geb'n," sagte der Haberlsschneider.

Mit dem bin oamal von der Tanzmusi hoam ganga. Dös is aber scho a halb's Jahr g'wen, vor da Xaver ans Kammerfenschta femma is. Und überhaupt hon i mit'n Strigner Peter gar nix fellas it g'red't. hab' dös it denkt, daß i mi ei'laß mit oan. Mit'n Xaver aa net, bal er mir's Heirat'n it g'hoaßen hätt'. Es is unter mein Fenschta g'stanna und hat pfiffa, und i hab' außa g'schaugt und hab' g'fragt, wer is denn? Sei staad, hat er g'sagt, i bin's, und bal'st ma'r aufmachst, hat er g'sagt, nacha brauchst di gar nit be­fümmern, und' s Heirat'n is da g'wiß, und bei da Holler­Staud'n hat er g'sagt, i brauch' mi durchaus gar nix bekümmern,

allmählich kainen ihre Gedanken wieder auf die Weßbrunner Dirn, die gar so frech log und gewiß eine Absicht dabei hatte, Hinterhalb Pettenbach   holten sie einen städtisch gekleideten Mann ein.

,, Dös is ja der Herr Mang," sagte der Haberlschneider, " Deh, brr!"

Er wartete, bis Sylvester herankam. ,, Grüß Gott! Mögen' S net auffißen?"

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Ich dank' schön, Haberlschneider, es ist nimmer weit.'

,, Wie' S moana. Nacha adje!"

Als Sylvester auf die lette Höhe kam und Erlbach vor sich liegen sah, ging er frischer voran.

Beim ersten Haus grüßte er den Weiß Flori, der im Garten arbeitete.

Dann bog er in die Dorfgasse ein.

Es war ihm, als hätte er seit Jahren die Heimat nich mehr gesehen.

Alles war so, wie er es vor wenigen Monaten verlaffen hatte, und doch schien es ihm gänglich berändert.

Da borne war das Schulhaus; an der Gartentüre standen zwei Männer.

Wie er näher fam, erkannte er fie; den alten Lehrer und Herrn Sigberger. Jekt sahen fie ihn. Stegmüller winfte ihm; der Kooperator aber wandte sich um und ging eilig in die Nebengasse.

Ja, grüß Gott  , Herr Sylvester! Sieht man Sie auch amal wieder?"

,, Grüß Gott, Herr Lehrer, und wie geht's Ihnen?" Wie's halt geht, wenn man alt ist. D' Mutter hat's auch bös g'habt, gelt?"

War fie franf?"

Hamm   Sie das net g'wußt?"