■'-„Du falff mir an G'fall'n. Da Vaia ho'ckt Lrunt schoseit in der Fruah. Dös woaß» net, so lang' ma der-Heirat' san."„Wenn's d' moanst, geh'n i halt abi. Ma daß Du garh so ängstli bist?"„Jetz' is fnnfi auf'n Mend. Und seit in der Fruah hocktjer irunt'."„Es freut'n halt amal."„Na, tveg'n da Freud' tuat er's net. Tu woaßt, wia'r agestern hoam kemma is. Koa Wort g'redt, und heut' is erfurt in aller Fruah. I Hab' g'moant, er geht vors Darf außiund schaugt drauß'd uinanand. Derweil sagt ma d' ZwergerMarie, daß er beim Wirt hockt.— Und jetzt hon i gar koaRuah nimmer."„Desweg'n brauckstt net z' woana, Muatta!"„Is ja wahr! Weil er dös no gar nia to hat! Jetzttrinkt er g'wiß in d' Wnat eini, und es kunnt eahm wasg'schehg'n. Net amal zum G'weicht'n is er kemma."»I geh jetzt abi. Bal i dabei bin, feit si nix."„Ma g'wiß! Und schaug', daß er bald niit Dir hoam-geht!"-(Fortsetzung folgt.)(Nachdruck verdolen.)Meibnackt an cler Materkant.Auf dem Strohdach des niederen, langen Backsteinhauses liegtdie Abendsonne und bringt in dem wcttcrschwarzen Halmgewirrespangrüne und dunkclviolette Töne zum Leuchten. Das leben-spendende Gestirn strahlt aus gelben, fahlen Wolkenbänken undüber den rollenden Wogen der Nordsee liegt ein drohender Schein,wie Götterdämmerung. Es ist kaum vier Ilhr und Weihnachts«abend. Die Wellen jagen wie schnaubende Rosse daher; aber derflache Strand bändigt in gelassener Ruhe ihre Kraft. Sie laufenam hellen Sandboden hinauf, sinken immer mehr zusammen, zehöher sie hinaufkommen und endigen mit einem abschwellendenwimmernden Pfeifen in nichts.Draußen am Leuchtturm wechselt schon das rot-weiße Signal-licht. Die letzten Ewer kehren vom Fischen heim. Ihre dunkelnSegel brennen braunrot in der letzten Sonncnglut.Ich gehe hinein zu Mutter Kröger. In ihrem Zimmer duftetes nach Kaffee und Honigkuchen. Sie ist eine„Olsch", eine feine„Olsch", die Mutter Kröger. Glatt gescheiteltes Silberhaar decktihren mächtigen breiten Schädel. Im rosigen Gesicht kein Fält-«hen, trotz ihrer Sechzig. Eine kleine Nase und zwei runde Augen,wie„ne olle Uhl". So nennt sie sich lachend oft selber. Ja, sie istein lustiges altes Menschenkind, meine Hauslvirtin. Etwas ver-rückt, aber gescheit. Sie hat das Leben gesehen. Ihr Mann undihre zloei Söhne liegen draußen im„Gotteskeller". So heißendie Seeleute das große Wassergrab, das Meer. Und heute Abenderwartet sie den dritten.„Na, Sie werden mals sehen, was dat vor'n Jung is"—sagte sie stolz.„Min Asmus!" Sie leuchtete ganz. Und nur fürihren Asmus, der zweiter Steuermann auf einem Westindicn-fahrer ist, hat sie die Stube so geheizt, gefegt, polierr, daß allesglänzt, von der messingenen Türfalle bis zum Mahagonirahmen,in welchem ihr Lieblingsdichter hängt: Johann Wolfgang Goetheals Minister mit dem Stern auf der Brust.„M e i n Goethe"— sagt sie immer und weist auf die sauberenBände des Alten von Weimar auf ihrer Kommode hin, und wennsie pathetisch wird und in Deklamationen verfällt, dann schließtsie stets mit einem Spruch, dem sie um Mißverständnisse zu ver-meiden, stets dje Etikette anhängt:„Wie mein Goethe sagt".Sie war ein frohes, kluges und sehr schönes Mädchen gewesen,wohl mit einer kleinen Neigung zum Exaltierten. Da hat dieNordsee ihr hochgemutes Wesen gedämpft, indem sie ihr langsamdas Liebste entriß, die grauenhaft herrliche Nordsee, lieber dieseKur hat die Mutter Kröger nun doch, als sie so um die Fünfzigherum war und eine Depesche ihr den Tod des Zweitältestenmeldete, ein wenig den Verstand verloren. Als sie aus der Heil-anstalt zurückkam, miete sie sich hier auf der Düne das kleine ein-stöckige Haus, gerade vor der Nordsee, der sie in ihren wirrenTagen kräftige Reden hält, und die bei Sturmflut sie wohl aucheinmal besucht und gierig bis an ihr Häuschen herauflacht. Aberganz herauf zu der Alten kommt sie doch nicht.Aus dem kleinen behaglichen Zimmer— dessen Möbel nochvon den guten vergangenen Zeiten, wo Jörn Kröger, der Vater undLotse mit schönen Himderterscheinen zurückkam— sah ich hinausauf die dunkelnden Fluten. Im Herzen aber war ich daheim inden Bergen, wo sie jetzt gewiß schon auf flinken Skien über d:eweiten Hänge glitten. Mutter Kröger setzte mir still eine TasseKaffee auf das Fensterbrett und legte ein Stück Honigkuchen da-neben. Da ging eine dunkle hohe Gestalt am Fenster vorbei; ander Tür, die durch eine Vorlegkette geschlossen war, rüttelte eSund durch die halboffene Spalte rief eine kräftige Stimme:.Na,Mutting, Du willst mir wohl nit aupmaken".Mit einem Schrei stürzte die Alte aus dem Zimmer und imnächsten Augenblick lagen sich die zwei Menschen in den Armen.Die Zärtlichkeit der Beiden war unbeschreiblich. Ganze Sturz»wellen von Kosenamen ließ die Mutter über ihren„lütten Jung"weggehen. Der„lütte Jung" war ö Fuß hoch, breitschulterig, miteinem von Freundlichkeit und Mut strahlenden Geficht. Wie eil»große» Kind erwiderte er die Zärtlichkeit der alten kleinen Frauund seine gewaltigen Hände glitten behutsam über ihr weißesHaar. Ein ganzer Prachtmensch.Ich wollte mich still drücken und die beiden Glücklichen alleinlassen, aber das ließ die Alte nicht zu. Jetzt mühte ich ihren„lütter»Jung" zuerst kennen lernen und dann Abendbrot mit ihnen essenund dann würde der Weihnachtsbaum angezündet. In der gutenStube war der Tisch mit schön gemaltem Porzellangeschirr gedecktund in einer Ecke stand ein armseliges, krüppeliges Fichtenbäumchenmit weißen Kerzen. Ich mußte an unsere herrlichen Schwarzwala-tannen in ihrem Weihnachtsschmuck von Eis und Schnee denken.Aber das köstliche Abendessen, das Mutter Kröger nun auftrugund wer weiß wo zusammengeholt hatte und ein gutes Glas alterRheinwein verscheuchten alle Heimwehgedanken. Der junge See-mann war auch nicht zu Sentimentalitäten geneigt, hieb wackerein und tat manch kräftigen Zug. Nur hie und da nickte er derMutter mit seinen guten, blauen Augen freundlich zu und arbeitetedann wieder energisch mit Gabel und Messer. Die Alte fand zumEssen keine Zeit. Wenn sie nicht gerade damit beschäftigt war, unsimmer wieder die Teller zu füllen, saß sie in stummer Bewunde-rung vor ihrem„lütten Jung". Daß ihn, wovon sie mir oft er-zählte, die Mädchen nie in Ruhe ließen, das glaubte ich ihr jetztaufs Wort. Er war ein Bild von männlicher Jugendkraft.Nach dem Essen zündete die Alte die Kerzen an und ließ es sichnun absolut nicht nehmen, obwohl der Sohn zärtlich abwehrte,„Stille Nacht, heilige Nacht" zu fingen. Das war ein bischen pem-lich. Sie merkte eS wohl selber nach dem ersten Vers, daß ihrJunge für diese seltsamen Ueberschwenglichkeiten nicht empfänglichwar. Sie trug das Geschirr ab und verschwand dann m der Küche,aus der sie den ganzen Abend nicht wieder kam.„Sie ist einmal ein bischen eigentümlich," sagte der Sohn ent-schuldigend, als er nach ihr gesehen hatte und sie nicht bewegenkonnte, wieder zu uns zu kommen. Nachdem er aber bemerkt hatte»daß ich seine Mutter wohl kannte, korkte er eine neue Flasche auf,bot mir Zigarren an und kam dann auf meine Frage nach seinenSeefahrten langsam und manchmal stockend noch ins Erzählen.Gerne erzählte er nicht. Das Leben zur See ist etwas so außerhalballer Begriffe der Landratten Liegendes, etwas so vom Schauerder Naturgewalten umhülltes und von menschlicher Roheit ver-düstertes ständiges Kämpfen, daß die ehrlichen Naturen unter denSeemännern nicht gerne davon erzählen. Sie sind auch jetzt nochfast alle abergläubisch, wie alle Menschen, welche sich häufig ganzeinsam der überwältigenden Erhabenheit der Natur gegenüber be-finden. Aber der Rüdesheimer IlKMer löste schließlich doch seineZunge, und während er dann und wann einmal einen großenRauchring aus dem runden Munde jagte, erzählte er mir die Ge-schichte von einem seiner Weihnachtsabende zur See. Er sprachdavon wie von einem scherzhaften Erlebnis mit seinem leicht-sinnigen Fatalismus, der wahrscheinlich vielen Seeleuten es überHaupt erst ermöglicht, froh ihr gefährliches Handwerk zu treiben.„Wir hatten Dynamit an Bord und gingen nach Chile. Siebrauchen das Zeug dort in den Bergwerken. Es war gerade heutevor vier Jahren. Passagiere hatten wir keine. Unser Schiff warein Fünfmaster— ein Prachtschiff sage ich Ihnen, kein solcheralter lecker Kasten, wie sie zu Hunderten fahren, ohne daß die Passa-giere wissen, daß Tag und Nacht die Pumpen arbeiten. Es warklares Wetter und nicht viel Arbeit. Nur in der Küche war vielzu tun. Und wer konnte, half dort mit. Es sollte ein lustigerheiliger Abend werden. Vormittags ll Uhr wurde Feuer an Bordgemeldet. Ein Schiffsjunge hatte eine Flasche Spiritus zerschlagen,sonst wußte man nichts, wie der Brand entstanden war. In einerhalben Stunde stand das Hinterdeck in Flammen. Einige TonnenOel waren dort in Brand geraten und explodiert. Drei Matrosenstürzten sich brennend ins Meer. An Löschen war nicht zu denken.Um ein Uhr gab der Kapitän Befehl, die Bote ins Wasser zu lassen.Ich war mit sieben anderen in einem Boot und wir ruderten wietoll, um aus dem Bereich des brennenden Schiffes zu kommen. Eswar schon dunkel und wir hatten uns wohl schon zwanzig Seemeilenvom Schiff entfernt, als am Horizont plötzlich eine Feuerkugel,so groß, wie die untergehende Sonne, erschien und einige Augen-blicke darauf wurde unser Boot erschüttert, daß wir meinten, alle?ginge aus den Fugen. Unser Schiff war mit der ganzen LadungDynamit in die Lust gegangen. Es war wirklich gut, daß wir soweit weg waren. Wir wären nickt einmal in Gottes Keller ge-kommen, so hätte es uns auseinandergejagt."Er lachte und tat einen tiefen Schluck.„Es war wirklich ein ziemlich ungemütlicher WeihnachtsabenS.Wir trieben vier Tage auf See Herum, unter Tags verschmachtetenwir fast vor Hitze und nackts lacsen wir schlotternd au, dem Bodendes Bootes, um uns aneinander zu erwärmen. Das schlimmstewar der Durst. Morgens lagen wir wie Tiere am Bootsrand undleckten den Tau vom Holz und vom Eisen weg. Jeder suchte demanderen so viel als möglich von der Feuchtigkeit vor der Nase weg«zrlecken. Es gab oft Prügeleien deswegen, wenigstens zwischendenen, die sich noch prügeln konnten. Am fünften Tage landetenwir an der chilenischen Küste. Wir hofften dort Wasser zu finden.