'-Du falff mir an G'fall'n. Da Vaia ho'ckt Lrunt scho seit in der Fruah. Dös woaß» net, so lang' ma der- Heirat' san." Wenn's d' moanst, geh'n i halt abi. Ma daß Du gar h so ängstli bist?" Jetz' is fnnfi auf'n Mend. Und seit in der Fruah hockt jer irunt'." Es freut'n halt amal." Na, tveg'n da Freud' tuat er's net. Tu woaßt, wia'r a gestern hoam kemma is. Koa Wort g'redt, und heut' is er furt in aller Fruah. I Hab' g'moant, er geht vors Darf außi und schaugt drauß'd uinanand. Derweil sagt ma d' Zwerger Marie, daß er beim Wirt hockt. Und jetzt hon i gar koa Ruah nimmer." Desweg'n brauckstt net z' woana, Muatta!" Is ja wahr! Weil er dös no gar nia to hat! Jetzt trinkt er g'wiß in d' Wnat eini, und es kunnt eahm was g'schehg'n. Net amal zum G'weicht'n is er kemma." »I geh jetzt abi. Bal i dabei bin, feit si nix." Ma g'wiß! Und schaug', daß er bald niit Dir hoam- geht!"- (Fortsetzung folgt.) (Nachdruck verdolen.) Meibnackt an cler Materkant. Auf dem Strohdach des niederen, langen Backsteinhauses liegt die Abendsonne und bringt in dem wcttcrschwarzen Halmgewirre spangrüne und dunkclviolette Töne zum Leuchten. Das leben- spendende Gestirn strahlt aus gelben, fahlen Wolkenbänken und über den rollenden Wogen der Nordsee   liegt ein drohender Schein, wie Götterdämmerung  . Es ist kaum vier Ilhr und Weihnachts« abend. Die Wellen jagen wie schnaubende Rosse daher; aber der flache Strand bändigt in gelassener Ruhe ihre Kraft. Sie laufen am hellen Sandboden hinauf, sinken immer mehr zusammen, ze höher sie hinaufkommen und endigen mit einem abschwellenden wimmernden Pfeifen in nichts. Draußen am Leuchtturm wechselt schon das rot-weiße Signal- licht. Die letzten Ewer kehren vom Fischen heim. Ihre dunkeln Segel brennen braunrot in der letzten Sonncnglut. Ich gehe hinein zu Mutter Kröger. In ihrem Zimmer duftet es nach Kaffee und Honigkuchen. Sie ist eineOlsch", eine feine Olsch", die Mutter Kröger. Glatt gescheiteltes Silberhaar deckt ihren mächtigen breiten Schädel. Im rosigen Gesicht kein Fält- «hen, trotz ihrer Sechzig. Eine kleine Nase und zwei runde Augen, wiene olle Uhl". So nennt sie sich lachend oft selber. Ja, sie ist ein lustiges altes Menschenkind, meine Hauslvirtin. Etwas ver- rückt, aber gescheit. Sie hat das Leben gesehen. Ihr Mann und ihre zloei Söhne liegen draußen imGotteskeller". So heißen die Seeleute das große Wassergrab, das Meer. Und heute Abend erwartet sie den dritten. Na, Sie werden mals sehen, was dat vor'n Jung is" sagte sie stolz.Min Asmus!" Sie leuchtete ganz. Und nur für ihren Asmus, der zweiter Steuermann auf einem Westindicn- fahrer ist, hat sie die Stube so geheizt, gefegt, polierr, daß alles glänzt, von der messingenen Türfalle bis zum Mahagonirahmen, in welchem ihr Lieblingsdichter hängt: Johann Wolfgang Goethe  als Minister mit dem Stern auf der Brust. M e i n Goethe" sagt sie immer und weist auf die sauberen Bände des Alten von Weimar auf ihrer Kommode hin, und wenn sie pathetisch wird und in Deklamationen verfällt, dann schließt sie stets mit einem Spruch, dem sie um Mißverständnisse zu ver- meiden, stets dje Etikette anhängt:Wie mein Goethe sagt". Sie war ein frohes, kluges und sehr schönes Mädchen gewesen, wohl mit einer kleinen Neigung zum Exaltierten. Da hat die Nordsee ihr hochgemutes Wesen gedämpft, indem sie ihr langsam das Liebste entriß, die grauenhaft herrliche Nordsee  , lieber diese Kur hat die Mutter Kröger nun doch, als sie so um die Fünfzig herum war und eine Depesche ihr den Tod des Zweitältesten meldete, ein wenig den Verstand verloren. Als sie aus der Heil- anstalt zurückkam, miete sie sich hier auf der Düne das kleine ein- stöckige Haus, gerade vor der Nordsee  , der sie in ihren wirren Tagen kräftige Reden hält, und die bei Sturmflut sie wohl auch einmal besucht und gierig bis an ihr Häuschen herauflacht. Aber ganz herauf zu der Alten kommt sie doch nicht. Aus dem kleinen behaglichen Zimmer dessen Möbel noch von den guten vergangenen Zeiten, wo Jörn Kröger, der Vater und Lotse mit schönen Himderterscheinen zurückkam sah ich hinaus auf die dunkelnden Fluten. Im Herzen aber war ich daheim in den Bergen, wo sie jetzt gewiß schon auf flinken Skien   über d:e weiten Hänge glitten. Mutter Kröger setzte mir still eine Tasse Kaffee auf das Fensterbrett und legte ein Stück Honigkuchen da- neben. Da ging eine dunkle hohe Gestalt am Fenster vorbei; an der Tür, die durch eine Vorlegkette geschlossen war, rüttelte eS und durch die halboffene Spalte rief eine kräftige Stimme:.Na, Mutting, Du willst mir wohl nit aupmaken". Mit einem Schrei stürzte die Alte aus dem Zimmer und im nächsten Augenblick lagen sich die zwei Menschen in den Armen. Die Zärtlichkeit der Beiden war unbeschreiblich. Ganze Sturz» wellen von Kosenamen ließ die Mutter über ihrenlütten Jung" weggehen. Derlütte Jung" war ö Fuß hoch, breitschulterig, mit einem von Freundlichkeit und Mut strahlenden Geficht. Wie eil» große» Kind erwiderte er die Zärtlichkeit der alten kleinen Frau und seine gewaltigen Hände glitten behutsam über ihr weißes Haar. Ein ganzer Prachtmensch. Ich wollte mich still drücken und die beiden Glücklichen allein lassen, aber das ließ die Alte nicht zu. Jetzt mühte ich ihrenlütter» Jung" zuerst kennen lernen und dann Abendbrot mit ihnen essen und dann würde der Weihnachtsbaum angezündet. In der guten Stube war der Tisch mit schön gemaltem Porzellangeschirr gedeckt und in einer Ecke stand ein armseliges, krüppeliges Fichtenbäumchen mit weißen Kerzen. Ich mußte an unsere herrlichen Schwarzwala- tannen in ihrem Weihnachtsschmuck von Eis und Schnee denken. Aber das köstliche Abendessen, das Mutter Kröger nun auftrug und wer weiß wo zusammengeholt hatte und ein gutes Glas alter Rheinwein verscheuchten alle Heimwehgedanken. Der junge See- mann war auch nicht zu Sentimentalitäten geneigt, hieb wacker ein und tat manch kräftigen Zug. Nur hie und da nickte er der Mutter mit seinen guten, blauen Augen freundlich zu und arbeitete dann wieder energisch mit Gabel und Messer. Die Alte fand zum Essen keine Zeit. Wenn sie nicht gerade damit beschäftigt war, uns immer wieder die Teller zu füllen, saß sie in stummer Bewunde- rung vor ihremlütten Jung". Daß ihn, wovon sie mir oft er- zählte, die Mädchen nie in Ruhe ließen, das glaubte ich ihr jetzt aufs Wort. Er war ein Bild von männlicher Jugendkraft. Nach dem Essen zündete die Alte die Kerzen an und ließ es sich nun absolut nicht nehmen, obwohl der Sohn zärtlich abwehrte, Stille Nacht, heilige Nacht" zu fingen. Das war ein bischen pem- lich. Sie merkte eS wohl selber nach dem ersten Vers, daß ihr Junge für diese seltsamen Ueberschwenglichkeiten nicht empfänglich war. Sie trug das Geschirr ab und verschwand dann m der Küche, aus der sie den ganzen Abend nicht wieder kam. Sie ist einmal ein bischen eigentümlich," sagte der Sohn ent- schuldigend, als er nach ihr gesehen hatte und sie nicht bewegen konnte, wieder zu uns zu kommen. Nachdem er aber bemerkt hatte» daß ich seine Mutter wohl kannte, korkte er eine neue Flasche auf, bot mir Zigarren an und kam dann auf meine Frage nach seinen Seefahrten langsam und manchmal stockend noch ins Erzählen. Gerne erzählte er nicht. Das Leben zur See ist etwas so außerhalb aller Begriffe der Landratten Liegendes, etwas so vom Schauer der Naturgewalten umhülltes und von menschlicher Roheit ver- düstertes ständiges Kämpfen, daß die ehrlichen Naturen unter den Seemännern nicht gerne davon erzählen. Sie sind auch jetzt noch fast alle abergläubisch, wie alle Menschen, welche sich häufig ganz einsam der überwältigenden Erhabenheit der Natur gegenüber be- finden. Aber der Rüdesheimer IlKMer löste schließlich doch seine Zunge, und während er dann und wann einmal einen großen Rauchring aus dem runden Munde jagte, erzählte er mir die Ge- schichte von einem seiner Weihnachtsabende zur See. Er sprach davon wie von einem scherzhaften Erlebnis mit seinem leicht- sinnigen Fatalismus, der wahrscheinlich vielen Seeleuten es über Haupt erst ermöglicht, froh ihr gefährliches Handwerk zu treiben. Wir hatten Dynamit an Bord und gingen nach Chile  . Sie brauchen das Zeug dort in den Bergwerken. Es war gerade heute vor vier Jahren. Passagiere hatten wir keine. Unser Schiff war ein Fünfmaster ein Prachtschiff sage ich Ihnen, kein solcher alter lecker Kasten, wie sie zu Hunderten fahren, ohne daß die Passa- giere wissen, daß Tag und Nacht die Pumpen arbeiten. Es war klares Wetter und nicht viel Arbeit. Nur in der Küche war viel zu tun. Und wer konnte, half dort mit. Es sollte ein lustiger heiliger Abend werden. Vormittags ll Uhr wurde Feuer an Bord gemeldet. Ein Schiffsjunge hatte eine Flasche Spiritus zerschlagen, sonst wußte man nichts, wie der Brand entstanden war. In einer halben Stunde stand das Hinterdeck in Flammen. Einige Tonnen Oel   waren dort in Brand geraten und explodiert. Drei Matrosen stürzten sich brennend ins Meer. An Löschen war nicht zu denken. Um ein Uhr gab der Kapitän Befehl, die Bote ins Wasser zu lassen. Ich war mit sieben anderen in einem Boot und wir ruderten wie toll, um aus dem Bereich des brennenden Schiffes zu kommen. Es war schon dunkel und wir hatten uns wohl schon zwanzig Seemeilen vom Schiff entfernt, als am Horizont plötzlich eine Feuerkugel, so groß, wie die untergehende Sonne, erschien und einige Augen- blicke darauf wurde unser Boot erschüttert, daß wir meinten, alle? ginge aus den Fugen. Unser Schiff war mit der ganzen Ladung Dynamit in die Lust gegangen. Es war wirklich gut, daß wir so weit weg waren. Wir wären nickt einmal in Gottes Keller ge- kommen, so hätte es uns auseinandergejagt." Er lachte und tat einen tiefen Schluck. Es war wirklich ein ziemlich ungemütlicher WeihnachtsabenS. Wir trieben vier Tage auf See Herum, unter Tags verschmachteten wir fast vor Hitze und nackts lacsen wir schlotternd au, dem Boden des Bootes, um uns aneinander zu erwärmen. Das schlimmste war der Durst. Morgens lagen wir wie Tiere am Bootsrand und leckten den Tau vom Holz und vom Eisen weg. Jeder suchte dem anderen so viel als möglich von der Feuchtigkeit vor der Nase weg« zrlecken. Es gab oft Prügeleien deswegen, wenigstens zwischen denen, die sich noch prügeln konnten. Am fünften Tage landeten wir an der chilenischen Küste. Wir hofften dort Wasser zu finden.