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Berr Pfarrer, Sie kennen den Angeklagten?" Ja."

Es wird behauptet, daß Sie ihm feind seien." " Ich? Warum sollte ich ihm feind sein?

Der Verteidiger erhob sich.

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Sie haben doch heftig gegen ihn agitiert? Und Streit mit ihm gehabt?"

Baustätter schüttelte den Kopf. Er verstand den scharfen Ton nicht.

Ich habe Bedenken gegen ihn geäußert, wie es meine Pflicht war."

Der Vorsitzende nickte ihm zut.

" Sie wollen fagen, daß Sie als Seelsorger an tym bele schiedenes auszuseßen hatten, aber daß Sie keine persönliche Feindschaft gegen ihn hegen?"

a, das wollte ich sagen."

" Dann schildern Sie uns, bitte, den Leumund des An­geflugten."

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Und er fah nach Erlbach hinunter. Da lag, das Dorf Haus neben Haus. Aus den Schornsteinen stiegen dünne Rauchsäulen in die Luft. In den Ställen brüllte das Vieh; der Wind trug den Schall herauf.

Und jetzt klangen im gleichen Takte starke Hammerschläge, Zimmerleute bauten an der Kirche ein hohes Gerüst. Der alte Turm wurde abgebrochen und ein neuer errichtet.

Neue Erzählungsliteratur.

II.

Dtto Ghiae: Die filberne Zängerin".( Berlag von Albert Langen , München .)

Dieser Autor hat die Hoffnungen, die man seit seinem ersten Buche auf ihn jegte, nicht getäuscht. Er hat viel Gemeinsames mit Stellermann, den Duft, das Märchenhafte, das Bersonnene. Man schaut die Begebenheiten in Ghiaes Buch wie durch zarte Abend­Die filberne Baustätter redete. Mit Ruhe und ohne Leidenschaft. Er ichleier, dahinter die Sonne matt verdämmert. Tänzerin ist wieder eins jener garten Wesen, die in Schönheit sagte, daß er allen Pfarrkindern ein offenes Herz entgegen- sterben, weil sie nicht in Schönheit leben konnten. Denn das Leben gebracht habe, daß er von jedem ursprünglich das Beste ist eine rohe Sache. Frau Aute wollte aus ihrem Leben ein Kunst­glauben wollte. Auch von Andreas Vöst. Nur mit Wider- werk machen, und es ging nicht. Kämpfen können die Gysaeichen streben habe er an diesem vieles bemerkt, was er als Seelen- Heldinnen nicht, fie hören auf zu sein, wie Mimofen. Sie haben hirte rügen mußte. Verstöße gegen die kirchlichen Vorschriften, eine pinchische haut und bleiben Einiame, weil ihre nervöse Unfittlichkeit im Hause, und manches, was ergernis erregte. Sensibilität unter feder Berührung zudt. Was in dem Buch ge­Baustätter sagte, daß er bessern wollte, und es half nichts, wirft sich ein paar feine Worte zu, schlürft fie, läßt das Glüd einer schieht? Ein ſtilles Nebeneinander hin, freundliche Gebärden, man daß er mit Milde eingeschritten sei, und man habe mit Roheit feligen Minute durch den Körper rieseln und erschauert. Diese geantwortet. Und er schilderte seine schmerzlichen Erfahrungen vibrierende Bewegung der Seele durchzittert das Buch, alles Laute und die Gewaltätigkeit des Böst. ift fern. Wie wenn ein Ton verhaucht, ein Schatten vorüberhuicht. Man fönnte fagen, Gyfaes Buch ist törperlos und doch ganz frei von ästhetischer Wortschwelgerei. Es ist eine feine Kunst darin, ein Silbergewirk von Stimmung und poetischer Empfindung.

Schuller hörte ihm zu. Es war immer das nämliche. Die Züge so versteckt, so eingemengt in die Wahrheit, daß sie kein Mensch herausfinden konnte. Er hatte es versucht, er hatte gemeint, daß er das Gewebe zerreißen fönne. Und es hatte ihn fester eingeschnürt, je mehr er sich wehrte.

Jetzt war er müde. Er hörte zu, als würde von einem andern gesprochen. Die fanfte Stinime ertönte gleichmäßig weiter und erhob sich erst gegen den Schluß.

Als Baustätter sagte, daß der bravste Mann in Erlbach, der Vater von vier Kindern, von diesem rohen Menschen ge­mordet worden sei.

Es war stille im Gerichtssaal.

"

Böst, haben Sie etwas zu erinnern gegen diese Aus- in die Höhen der Kunst hinaufwuchs. Die blaffen Neuromantiker

fagen?"

Der Schuller sah den Vorsitzenden an.

Ob er etwas zu sagen hatte gegen diese Lügen? Jedes Wort war falsch, bon langer Zeit her ausgedacht, verdreht, zur Verdächtigung hergerichtet. Wie sollte er sie alle wider­legen mit ein paar Säßen? Wo sollte er anfangen und wo enden? Und er sagte nur:

..Der is schuld an allem."

Selara Biebig: Das Kreuz im Benn", Roman. ( Verlag von Egon Fleischel u. Comp., Berlin .) hafter Belt, wenn man sich länger in die förperlofe Welt der Ohne einen Rud geht es nicht hinüber zu Klara Biebigs förper­Schönheitstruntenen vom Stamme Gyiae und Verwandter versenkt hat. Dort schwebt man gewissermaßen in der Luft, immer ein wenig über der Erde, hier faßt man wieder Fuß, man steht wieder fest auf der Erde, fei's auch nur ein so färglides Stück Scholle, wie das Eifelland. Ja, Klara Biebig ist zu ihrem geliebten Heimat lande zurückgekehrt, aus dessen Boden fie Kraft und Saft fog und fommen einem mit einem Male neben der rotbädigen Kunst der Viebig wie Akademiker vor. Das Reinmenschliche, die Großzügigkeit ibrer Charakteristit, diese leidenschaftliche Malerei des Lebens weht uns an wie frische Bergluft. Man tut unwillkürlich einen tiefen Atemzug. Das ist alles so ursprünglich, fo frisch, so erfüllt von den Zusammenhängen zwischen Mensch und Natur, und man staunt, welchen Reichtum die Biebig aus dem armen Eifellande immer und immer wieder hervorholt. Sie schreibt teine Idyllen wie die schwäbischen Heimatkünstler, fte färbt nicht schön wie die Dorf und Berggeichichtler um den ledernen, pardon, wollte fagen

Es war doch wirklich fräglich, mit solchen Redensarten Lederhosen- Ganghofer herum. Im Gegenteil, fie deckt Schwächen zu kommen!

Der Verteidiger trat bot

H

Man muß die Vorgeschichte kennen.. Das gehört nicht zur Sache!" sagte der Vorfizende. Das mit der Bürgermeisterwahl, das hat mit der Tötung des Hierangl nichts zu tun."

Der Schuller setzte sich wieder. Er wußte es ja! Es war heute wie immer. Sie hörten ihn nicht.

*

Der Morgen darauf versprach wieder schönes Heuwetter. Die Baumgipfel im Weblinger Wald waren schon vom Frühlicht beschienen. Da eilten die Leute mit der Arbeit. So­lange der Tau auf den Gräsern liegt, ist gut mähen. Trodenes Gras macht die Sensen stumpf. Und jeder schwang die Arme schneller und griff weiter aus im Schritt. Als die Sonne über den Hügeln stand, war das meiste geschehen.

Der Haberlschneider schulterte die Sense und wartete auf den Zwerger, der den Feldweg herunter fam. Dös is wieder prachtvoll heunt!" " Bal' s so weitergeht, bring' i de Woch' no mei Hen hoam." Bis zum Feldkreuz gingen fie miteinander. Da blieb der Zwerger stehen.

"

Was sagst denn zum Schuller? Vier Jahr G'fängnis!" ,, Daß er nimmer' rausfimmt' jag' i. Den hat er g'liefert, unser Herr Pfarrer!"

Der Haberlschneider setzte sich bei den Worten auf den Feldrain. Seine jüngste Tochter mußte bald fommen und den Morgentrunk bringen.

Den hat er g'liefert!" wiederholte er.

auf und leuchtet in Abgründe; fie hat das heilige Feuer des Mitleids, aber auch den heiligen Zorn. Doch aller Zorn ist Liebe, alles Mitleid ist Verstehen. Denn in Klara Biebig glüht das soziale Gefühl und ihre Kunst ist im Grunde Reformation. Die besten ihrer Bücher find Weck- und Mahnrufe. Das Kreuz im Benn" erzählt von der trostlosen Bigotterie in dem Sumpfgebiet der von der Prozession in Echternach , von der Strajkolonie in der Venn­Eifel. Was wir schon bruchstückweise in fleineren Novellen gelesen einöde ist hier zu einem düsteren Gemälde des schwarzen Landes, über dessen weite Flächen als Wahrzeichen das Kreuz ragt, ber­einigt. Eine leidenschaftliche Schilderung diefer geistig und leiblich Armen. Groß in der Einfachheit und in der Durchdringung der Gewalten und Gestalten, um die es sich handelt. Das allerbeste aber gibt die Biebig in der Naturbeschreibung. Sie flopft mit dem Zauberstab ihrer Dichtkunst an den Berg und das öde Gestein der rauben Benn leuchtet und erstrahlt und die herbe Schönheit auch dieses Fleckchens Erde entschleiert sich dräuend und reizvoll zugleich. Gabriele Reuter : Das Tränenhaus", Roman. ( S. Fischers Berlag, Berlin .)

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Gabriele Reuter ist gleichfalls zu ihrer Heimat zurildgefehrt. der sie sich ihren Namen holte( Aus guter Familie") und diese ihre Ihre Heimat, ihr Gebiet ist die Frau. Ihre erste Geschichte, mit letzte Geschichte begegnen fich. Es wird die Stellung des Weibes innerhalb unserer Gesellschaftsordnung unterfucht und das Verhalten dieser fulturgespickten Geiellschaft bestimmten Weib- Fällen" gegenüber aufgedeckt. Es handelt sich diesmal um den Weib- Fall der gefallenen Mädchen". Denn so nennt doch unfere humane Welt der Sittlichkeits­bünde die Frauen, die ohne den Ring am Finger Mutter werden. Jm Tränenhaus eine gemeine Ausbeuterin Geschäfte macht sind die Unglüdlichen das ist eine Art Entbindungsheim, mit dem zusammengewürfelt, die die Menschheit um ihrer Liebe willen, weil fie damit keine Spekulation auf Eheschein und Versorgung verbanden, ausstieß. Unermessene Traurigfeit mit Szenen tragischen Sumors

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