von de Puppenbrücke? Immer dalli! Du wirst der wundern. wenn de in Stellung kemmstl" Mine stand in der Tat starr wie aus Stein gehauen; war das dieselbe Frau, die gestern so schmunzelnd hinterm Laden- tisch gestanden, mit so einschmeichelnder Stimme gesragt hatte: Was soll's denn sein?" Ich wer' gehn. Frau Reschke," sagte Berta gefällig und schlüpfte aus der Küche. (Fortsetzung folgt.) I�oräifcde 6rzählcr. Knut Hamsuns jüngster RomanBenoni"(übersetzt von G. D. Klett im Verlag« von Albert Langen , München 1909) be­deutet eine zeitweilige Ermattung in der Produktion des heute stärksten norwegischen Poeten. Benoni ist wieder emer aus der alten, bekannten Familie der Hamsunschen Helden, die im Grunde alle nur Hamsunsche Selbstporträts in immer neuen idealisierten Variationen oarstcllcn. Nagel derMysterien", Glahn desPan", der Telegraphist derSchwärmer", sie alle tragen auch im wesent- lichcn die Züge, mit denen uns der Fischer Benoni anblickt. Selbst Reminiszenzen aus demPan", wie die des Kaufmanns Mack, tauchen als mitwirkende Gestalten auf. Benoni gewinnt die Pfarrerstochter Rosa zur Braut, verliert sie wieder an ihren che- maligen Verlobten, den Küsterssohn Nikolai, und tann schließlich, nachdem diese Ehe die Not zerbrochen, und er selbst als Kowmissio- när des Händler-- Mack ein schönes Vermögen verdient hat, als schweigender TriumpHawr vor sie hintreten. So, ohne eigentlichen Schlug, klingt die Erzählung aus und vertröstet den gespannten Leser auf die Fortsetzung, die den Titel nach der Pfarrerstochter trägt, vorläufig jedoch nur im norwegischen Origlnal vorliegt. Wenn das Bück! eine gewisse Mattheit aufweist, so birgt es gleich- Wehl in der Fabel keinen toten Punkt und ist reich genug an äußeren Geschehnissen, die mit Hamsuns bewährter, gedrängter Energie und Bewegung vorgetragen werden. Benoni, der simple Bursche von Fisch« r, der um Rosa wirbt und kämpft und leidet, und der gleichzeitig von dem mächtigen Mack in das gar nicht so sichere Schlepptau genommen, als Großfischer, als Auf- und Verkäufer des Heringsfangs auS reinem Glück zu Wohlstand gelangt, er ist von innen heraus gesehen. Er ist das Naturkind mit dem zartesten, zivilisiertesten iund doch so gar nicht schwächlichen) Herzen, ein neuer Typ mehr in der Reihe jener Gebilde, die Hamsuns rouffeau- istische Phantasie aus eigener Seele mit einer wunderbaren Tiefe des Gemüts, mit unversiegbarer Frische der Lebenskraft geschaffen hat. Aber eben nur ihn, den Helden, sehen wir so. Alle anderen Figuren weisen uns in der Hauptsache nur die Außenseite, und dieses auch sonst bei Hamsun übliche Verfahren spaltet begreiflicher- weise den Roman und seine Wirkungen nach dem Gesichtspunkt psychologischer Charakterisierung und ihres Gegenteils. Was sonst bei Hamsun darüber hinweghalf, ja die nackte Erzählung der Ge- schehnisse zu einer eigenartigen Form der Dichtung erhob, muß man imBenoni" durchgehend vermissen: die Naturichilderungcn. Sie bildeten getvisscrmatzen die poetische Rechtfertigung jener jub- jektiven Bekenntnisse, die ein im Grunde lyrischer Dichter in der Form scheinbarer Romane ablegte. Der einfache Bauernsohn, der aus eigner harter Kraft sich in der weiten Welt umzutun, in ihrer Kultur und Bildung heimisch zu werden verstand, hat als Dichter immer nur die reichste Nahrung aus dem Leben und der Land- sck-aft seiner engsten vaterländischen Küstcnheimat gewonnen. Sobald er sie verlätzt, verliert er gleichsam den Boden unter den Füßen. Wenn er seine Menschen nicht im innigsten Wechselspiel mit Himmel, See und Bergwald leben und wirken läßt, nimmt er ihnen Licht und Luft und macht sie starr und leblos. Was Hamsun trotzdem gibt, erkennt man am besten, wenn man neben ihn einen seiner schreibenden Durckschnittslandsleute, wie Vilhelm K r a g s bescheidenes Erzählertalent, stellt, mit dessenWandersmann" uns Friedrich Leslien(Verlag von Georg Mcrseburger, Leipzig 1909) bekannt macht. Denn wenn Krag auch geradezu seine Skizzen in der ersten Person vorträgt, so läßt sich daraus doch nichts gewinnen, was an der Persönlichkeit des Er- zählers reizte und interessierte. Sein Ich, sein Wandersmann, ist ein wurzelloser, umherfahrender Geist, den die große Stadt wie ein Alb bedrückt, wie ein Verhängnis verjagt und doch nach ge- raumer Zeit mit ihrem glitzerden, flackernden, brausenden Leben wieder machtvoll anzieht. Als solch eine Stadtflucht zu Dampfer in die herbstlichen Schären sind die Geschichtcben eingekleidet. Ein kleines Städtchen, bei dem der Dampfer zuerst anlegt, und dann einsiedlerisches Fischervolk draußen auf einer Steininsel geben den Stoff her. Wiukeltragödicn kleinsten Kalibers, Irrungen und Wirrungen des tristen,'weltfernen Platzes werden aufgelesen und mit allzubreitem Behagen wiedergegeben. Farbiger, gehaltvoller, zugreifender wirken die wenigen Bilder von der Steininsel. Zu- standsschilderungen herrschen vor. Drei alte Veteranen des Kampfes mit oem feuchten Element fitzen abends zcitvertrcibcrisch in der blauen Küche bei starken Getränken und Gruselgeschichten, bis dann die rauhe Wirklichkeit plötzlich, in Gestalt von unglück- kichen Schiffbrüchigen, ans Fenster klopft und sie aufscheucht. Das Genre dieser Skizzen steht auf der Grenze zwischen exakter Tat» sacbenberichterstattung, im Sinne anschaulicher Feuilletons und poetischer Verarbeitung, wie sie im Vorstadium einer abgerundeten Dichtung vorgenommen werden mutz. Da es aber eben weder einS noch das andere ist und der Erzähler aus eigener Kraft der Per- sör.lichkeit nicht das erforderliche geistige Band vermittelt, bleibt der letzte Reiz, wie so oft dortzulande, an dem Besten des Stoffes hangen: an den Landschaftsbildern. Ebenfalls in die hohen nordischen Breiten führt der dänische RomanDie Mitternachtssonne" von Laurids Bruun (über- setzt von Pauline Klaiber , bei Egon Fleische!& Co, Berlin 1908). Bruun hat sich schwer gegen eine nationale Haupttugend, die da heißt: sicherer Geschmack in allen Dingen des Lebens wie der Kunst, vergangen, indem er seine fichtliche Begabung für saubere Sprach- behandlung, anschauliche Schilderung und raffinierte Komposition an eine Kolportagegeschichte wegwarf. Seit DaudetsKönigen im Exil" und Couperus Fürstenromanen haben diese Stoffe mit dem pikanten Ncbenreiz von Enthüllungen für den Spießbürger, allenthalben Schule gemacht. Bruun erzählt von einem fabel- haften Herzog von Geldern, der mit seiner Geliebten, einem Kinde aus dem Volke, genannt dieMitternachtssonne", und seinem obersten Handlanger, einem im Kolonialdienft zu viehischer Bru» talität gediehenen Gewaltmenschen, auf seiner Jacht eine Tour zur Mitternachtssonne unternimmt. Der Herzog verfällt in den ihn schon lange umlauernden Blödsinn- wozu nicht wenig das be» ständige Krähen eines Hahnes auf dem Schiff beiträgt, der durch das ewige Licht ebenfalls völlig verwirrt ist. Der Kolonialheld hat es auf die herzogliche Maitreffe und schon mit ziemlichem Er» folge abgesehen, als ein HLllcnmaschinenattentat und seine recht» zeitige Vereitelung, seine ganzen Pläne, auch die politischen, um» stürzt. Im Parlament des Herzogtums Geldern hat man nämlich zur Lösung der sozialen Frage dieallgemeine Nährpflicht" aus» geheckt, d. h. die Verpflichtung sämtlicher Bürger, ohne Ansehen der Person, sich in allen lebensgefährlichen und ekelerregenden Be- rufen(neben dem bestehenden Militärdienst) zwei Jahre lang zu betätigen. Der Herzog, die Marionette des Kolonialhelden, ist da- gegen und entzieht sich durch die Flucht auf seiner Jacht der Ent- scbeidung. Die Revolutionäre lassen durch einen Maschinisten die Höllenmaschine legen, der sie ebenso gern wieder entfernt, da er in der herzoglichen Maitresse seine Jugendliebe wiedererkennt! Der Herzog wird endgültig blödsinnig, der allmächtige Minister ist gestürzt und der neue Regent von Geldern wird dieallgemeine Nährpilicht", seine eigenste Erfindung, als Gesetz bestätigen. Kind- liche Ilebcrschätzung des beutigen Monarchengeschäfts und seines Machtbereichs, die solche Utopien aussinnt und die Voraussetzungen dazu mit einem starken Schutz subalterner Bewunderung vor den herzoglichen Spiel- und Trinkmanieren und mit einigen Eimern bockhaftester Lüsternheit in LiebeSdingen nickt eben glaubwürdiger zu machen vermag. A. F. C. Voltaire und Rouffeau über das Srdbebcn in Liffabon. Trotzdem das Zeitungs wesen im 18. Jahrhundert noch wenig entwickelt war oder vielleicht gerade darum, weil noch keine Ueberfülle von Reportage und Photographie dem Leser die Zeit und den Trieb zu tiekerem Nachdenken nahm. hat da? Erdbeben vom 1. November 1755, das Lissabon zerstörte, auf die Zeitgenossen wohl einen stärkeren und nachhaltigeren Eindruck geübt, als die süd» italienische Katastrophe auf die Menschheit von heute. Man darf auch nicht übersehen, daß trotz der Vorarbeit mancher moderner Denker die Massen der christlichen Nationen bis dahin noch unter der Herrschaft der religiösen Dogmen und der geistlichen Mittler standen, um die Bedeutung zu verstehen, den daS Ereignis gerade für die Entwickelung der bürgerlichen Aufllärung bekommen sollte. Man hat in diesen Tagen auf die Stelle in Wahrheit und Dichtung hin- gewiesen, wo Goethe von dem Eindruck spricht, den das Lisiaboner Erdbeben auf das auf eine gütige und gerechte Vorsehung ver» trauende kindliche Gemüt gemacht hat. Den stärksten Nachhall mußte aber die Begebenheit in Frankreich wecken, wo gerade die Philosophie der Bürgerklasse ihre ersten glänzenden Geistes- lchlachten schlug. Zwar waren auch hier die Theologen noch eifrig bemüht, in grellen Kanzelreden und hitzigen Disputationen aus dem Unglück Profit für ihre Sache zu ziehen. Während die Ultramon- lauen mit Zitaten aus der Apokalypse den zürnenden Gott vor» sühnen, der die Menschheit für ihre Sünden straft, bewiesen die Jansenisten und Prolestanten die göttliche Vorsehung mit dem Argument, daß gerade Portugal , das Stammland des Jesuiten » ordens und die Heimat der Inquisition , heimgesucht worden sei. Aber der wichtigste Angriff gegen den KlerikalisnmS und gegen den theologischen Optimismus überhaupt kam von Voltaire, desien ungeheurer Scharfblick sofort die Blöße der religiösen Dogmatil erspäht hatte. Eine Darstellung seines Auftretens und der wichtigen literarischen Fehde, die sich daran knüpfte, gibt Andrö H a l l a y S imJournal de DöbatS". Voltaire, damals schon ein Sechziger, der sich in eine ruhige Behaglichkeit zurückgezogen hatte, schrieb immittelbar unter dem Eindruck der Schreckensnachricht an einen Bekannten:Das ist ewe gar grausame Physik, mein Herr. Man wird in ziemlicher