einige Jahre hindurch veranstalten konnte. eniwilMtcn sich die volkstümlichen Ilniversitätskurse, die heute in allen Bezirken WienS regelmäßig und unter große,» Zulauf des Prole- tariats abgehalten werden das Kind dieser Kurse ist aber dasVolkShcim" und dein an den stetS steigenden Entlehnungen erkennbaren Lesehunger ward die zweite Einrichtung gewidmet, der Verein Bibliothek", der heute eine riesige wisienschaftliche Zentral- bibliothek und eine ganze Reihe von Bezirksbibliotheken nnterhält. Auch durch diesen Verein, der sich mit diesen geringen Beiträgen dank einer glücklichen Administration, selbst erhalten kann, sind schon Millionen Bände ins Volk gedrungen. Endlich aber ist in diesem Zusammenhange zu sagen, daß derVolksbildungSverein" auch als erster mit volkstümlicher Mnsikpflege durch Veranstaltung von Volkskonzerten und zyklischen Vorträgen über die Schöpfungen der Tonkunst begonnen hat. Hier haben heute derWiener Konzert- verein" durch die Veranstaltung seinerArbeitersinfonie- konzerte", wobei ihm ein Komitee der Landesparteivertretung zur Seite steht und dieFreie Volksbühne", die mit dem Wiener  Tonkünstlerorchester gleiche Konzerte veranstaltet, weitergebaut. Dieser so reichen und vielverzweigten Tätigkeit wurde nun im Volksbildungshans" das erste eigene Heim errichtet. DaS erste sagen wir denn der Verein und Wien   brauchten zehn solcher Häuser, in jedem Prolelarierbezirk eines, dann könnte Großes geleistet werden. Freuen wir uns indes, daß der Anfang gemacht ist, sei dieser Anfang auch noch so bescheiden, wie eben kurz skizziert, sei der Bau auch noch ein Torso, der zunächst nur daS Wichtigste des künftig erst zu vollendenden Hauses birgt, den großen Saal und die aufgezählten kleineren Lehrräume, die für je 50 Hörer Platz bieten. Der große Saal verdient ein besonderes Wort des Lobes. Amphitheatralisch aufgebaut, bieten auch noch zwei Seitengalerien Sitz- und Steh- Plätze. Der 60 Ouadratmeter großen Bühne gegenüber sind fünf hohe Fenster in die Saalwand'gelassen. Durch sie und von oben herab durch die Glaödecke empfängt der Saal das Tageslicht, daS ihn zu Veranstaltungen bei Tage zun, freundlichsten und hellsten Wiener   Saal gestaltet. Die Bühne mußte auch mehrereStückeln" spielen. Sie mußte so groß sein, um einem Orchester von fünfzig Musikern Raum zu bieten, sie mußte aber auch für kleine Theater- Vorstellungen benutzbar sein, an Stelle des Vorhanges mußte eine Leinwandfläche für Demonstrationen mit dein Skioprikon einfügbar sein und sie mußte zugleich eine Experimentierbühne für chemisch- physikalische Vorträge sein. So hat denn die Bühne außer einem Schnürboden einen chemischen Herd und GaS-, Wasser- und Elektrizitätsanschlnß. Alles klappt und ist bereits erprobt. Auch die Akustik ist vortrefflich. Erbauer deS Saales ist der Architekt Saigl, der auch daSVolkSheim" geschaffen hat. Noch am Eröffnungstage war daS HauS in vollem Betriebe. Außer für die Eröffnungsfeier diente an diesem Tage schon der Saal drei Veranstaltungen, einer Rezitation des Burgschauspielers G r e g o r i, dem Experimentalvortrage eines Hochschullehrers und einem Konzert des TonlünftlerorchesterS. In ähnlicher Art ist nun jeder Sonntag ausgefüllt, so daß das Haus jeden Sonntag enu: Frequenz von 20003000 Besuchern ausweist. Die Abende der Wochentage dienen den Lebrkurse». Das gegenwärtige Programm umfaßt Kurse über folgende Themen: Tinführung in die dar- stellende Geometrie, Geschichte der deutschen Lyrik. DaS junge Deutschland  , Einführung in das bürgerlich« Recht, Algebra, Ibsen  und Björnson, Stilistische llcbungcn für Vorgeschrittene und für An- fänger, Rechnen, Einführung in die Volkswirtschaftslehre, Hygiene dcö Frauenlcbens, Einführung in die Weltgeschichte(mit Skioptikon- demonstratio»«,). Progran, mmusik und sinfonische Dichtung(mit musikalischen Beispielen), Lebensfornien und Lebensweise(Einführung in das Verständnis des tierischen Körperbaues), Die Alpen  , Italien  . Außerdem werden englische und französische(Sprachkurse für An- fänger abgehalten und einnationaler Verständigungskurs": Deutsch  für Tschechen. Die Sprachkurse sind so überfüllt, daß der englische Kurs schon in der ersten Woche geteilt werden mußte, der französische  aber vor der Teilung steht. Die Hörer� und Hörerinnen sind vor- wiegend Arbeiter, dann Handlungsgehilfen, Beamte. Wir stehen in der großen Eintrittshalle, welche die Garderobe für 1000 Besucher birgt. Plötzlich schrillt ein Glockensignal durch das Haus. Die Unterrichtszeit ist zu Ende. Schon sumnlt und trappelt es auf den Stiegen. Im nächsten Moment füllt sich die Halle. Einige Genossen, die das Ordneramt im Hause haben, bilden eine abseits stehende Gruppe. An dem Garderobeupult lehnen zwei frische Jungen.Was studieren Sie. junge Freunde?"Wir... wir lernen rechnen." Warum das? Sie haben doch die Bürgerschule hinter sich l" Ich brauchs zum Räderberechnen."Was find Sie?"Uhr, macherlehrling."Und Sie?"Ich bin Handelspraktikant, mir kann Rechnen nicht schaden." Allmählig leert sich die Halle. Da kommt bedächtigen Schritts ein Meidlinger Arbeiter über die Treppe herab. Ein Bezirks- Vertrauensmann, dessen Wort im Kreis der anderen schon gilt. Ein alter treuer Mitarbeiter an der proletarischen Sache. Ein hoher Vierziger. Was machen denn Sie da, Genosse?" Ich gehe in den stilistischen Kurs." Sie? Wollen Sie vielleicht gar noch Schriftsteller werden?" Nein, das nicht, aber Sie wiffen ja, bald hat man ein Protokoll zu führen, bald einen Antrag einzubringen..... eS ist gut, wenn mans kann" Tritt einem durch solche Beobachtung der Segen solcher Ein» richtungen lebendig vor Augen, so wünscht man lebhaft, daß dieses erste HauS bald seinen Erweiterungsbau bekomme, mit seiner Biblio« tbek und Lesehalle, mit seinem Lehrsaal für 200 und seinen 8 Lehr- sälcn für 00 bis 100 Hörer, mit seinem photographischen Atelier und was sonst noch im Programm der Erbauer steht, aber man wünscht auch, daß Wien   ebenfalls in den anderen Proletarier» bezirken bald solche Stätten bekommt, wo der Arbeiter fern de» Kneipe seine Abendstunden in schöner und nutzbringender Art an» bringen kann. Da aber solches Wünschen keine Grenzen kennen darf, so sei mit der Hoffnung geschlossen, die mehr dem Klassenpatriotismus als dem lokalen enffpringt, daß daS gute Wiener Beispieldraußen" bald Nachahmung findet, bis eS dem Proleiariat aus eigener Kraft gelingen wird, solche Lernbetriebe zu errichten und zu erhaltew Auch diese Zeit wird kommen, weil sie kommen muß. Max Winter. Clektra" von ß.icdarcl Strauß» Uraufführung an der Dresdener Hofoper. Wer diesmal mit dem festen Entschluß inS Theater gekommen war, eine Sensation zu erleben, sah seine Hoffnungen geknickt. Was wir am Montag im Dresdener   Opernhause erlebten, war ein Werk, daS durch feine spezifischen musikalischen Strauß-Eigcnschaften den einen anziehen, den anderen abstoßen mochte, je nach dem Stand» Punkt, den der Betreffende dem modernen Meister gegenüber ein­nimmt, aber grundsätzliche Neuerungen gegenüber der seitSalome  " von Strauß geübten Art des OpernkomponierenS hat dieElcktra" nicht aufzuweisen. Die Straußsche Entwickelung, die bisher in un« aufhaltsamer Linie vorwärtsging, hat einen Stillstand gefunden; einen Punkt, von dem ans trügen die Zeichen derElcktra" nicht nun eine Reihe nur dem Wesen, aber nicht der Art nach verschiedene Werke entstehen mögen. Schon da? vorhergehende große Werk von Strauß, das MännerchorwerkBardengesang" trug das Zeichen des Artstillstandes an sich. Es ist für den Musiker äußerst reizvoll, die Entwickelung von Richard Strauß   zu verfolgen; zu sehen, wie aus ganz auf überlieferten Bahnen einherschrciteuden Anfängen sich immer größere Kompliziertheit des musikalischen Apparates(vor allem der harmonischen Arbeit und des Instrumentalen) und Hand in Hand damit größerer Reichtum an Aus- druck herausschälte; zu sehen, wie dieser Komponist sich ei» Gebiet nach dem anderen erobert(nur die Kirchenmusik liegt abseits von seinem Wege) und überall Schöpfmigcn hervorbringt, die zum wenigsten aus der Masse der anderen hervorstechen. ES ist sehr billig und mindestens»ehr töricht, Straußsche Musik unter dem Gesichtswinkel des Snobismus zu betrachten, wie das bei der Salome  " einst sehr viel geschah. Es ist auch genau so töricht, Strauß mit dem Wort abzutun,die ganze Richtung paßt mir nicht". Strauß ist heute in der deutschen Musik immer noch der, von dem die größten Wirkungen ausgehen trotz Reger, Mahler, P fitzner. Noren u. a. Und daß diese Wirkungen einen tiefen Grund haben, ist sicher. Wie gesagt, ist nun in derElektra  " kein neues Problem zu lösen. Was dieSalome  " an grundsätzlicher Neuerung brachte, die genaue Untcrinalung der szenischen Vorgänge im Orchester und eine von der Opernkantilene wie dem Rezualiv und der Wagnerschen Deklamation sich scharf abhebende Realistik der Singstimmen, daS bringt auch dieElcktra" wieder. Das Formale und Technische der Komposition ist in beiden Opern gleich. Gleich blieb sich auch die Wahl des Textbuches. �Insofern, als Strauß beide mal ein fertiges einaktiges Drama wählte. Damals dieSalome  " von Wilde, jetzt die TragödieElcktra" von Hugo v. HofmannSthal  . Und beide mal handelt eS sich um ein Werk, in dein eine hysterische Frau in dem Mittelpunkt der Geschehnisse steht. Aber während Strauß in der Salome   das nervös flackernde eines sinnlich ano­malen Geschöpfes geradezu genial mit seiner Musik wiedergab, hat er diesmal im Gegensatz zum Dichter die Gestalt aus der modernen Dekadence herausgehoben und in eine Sphäre von Größe gerückt, die von HofinannSlhal weg zu der uralten Auffassung von der sitt- lichen Notwendigkeit der Blutrache für den Vater führt, auch wenn sie an der eigenen Mutter vollzogen werden muß. Sckion gleich der Austritt Elektras gibt diesen Ton an; zeigt die rubige, machtvolle Größe, die den Unterton für die ganze Oper gibt.Elcktra" ist einheitlicher, viel einheitlicher sogar alsSalome  ". Selbst da, wo die stärksten Leidenschaften wühlen, liegt immer die schwer lastende Wucht düsteren Geschehens darüber. Wie ein dunkles Gran lastet die Straußff'che Musik über der Szene. Wenn ich entscheiden soll, was mir lieferen Eindruck erweckte, einst das Schauspiel HofmnnnsthalS oder jetzt die Oper, so muß ich der Oper den Preis zucrtcilen. Trotzdem ich an nianchen Stellen die Empfindung von Längen hatte. Strauß hat schon die Originaldichtnng um reichlich ein Viertel gekürzt. Roch mehr Kürzung. d. h. Konzentration ans das szenisch unumgänglich notwendige wäre mit Rücksicht darauf, daß die Mufik oft sehr viel Zeit wegfrißt, zu wünschen gewesen. Denn die Straußsche Musik, die für sich selbst diesmal noch weniger vielleicht als inSalome  " ein eigentliches Lebe» nicht führt, ist echte Bühnenmusik, ist den Vorgängen, den szenischen sowohl wie den seelischen, aufs engste angepaßt. Für sich allein gespielt, wie eS doch bei Wagnerscher Bühnciimusik oft ge- schieht(z. B. bei Isoldes Licbestod oder dem Walkürenritt), muß