So hatte er's getrieben bis ein Brief des Schuldirektors, der nach dem stillschweigend weggebliebenen Schüler Erkun­digungen einzog, die Entdeckung brachte.

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avischen Bummlern und Tagedieben, wärmte er fich auf, von Ewigkeit oder feit Entstehung der Welt da waren, fondern fich fchlief, die Ellbogen aufgeſtemmt, mit offenen Augen und hörte langsam aus niedrigeren Formen entwidelt haben, gehört heute jedes Wort der Unterhaltung. zum eisernen Bestand der Wissenschaft; aber welche Faktoren es waren, die zu diesen Umformungen geführt haben, darüber herrscht der heftigste Streit unter den Gelehrten. Sab es eine Beit lang aus, als ob das Darwinsche Prinzip der Natür lichen Ausleie" das ganze weite Gebiet der Biologie beherrschen sollte, fo tommt man heute immer mehr von dieser Anschauung zurüd und fieht in dem Neberleben der Bestangepaßten nur mehr einen der Faktoren der Entstehung der Arten.

Zwischen Herrn und Frau Reschke grollte ein böses Wetter. Er warf ihr ihren" Artur vor, und sie, trog ihrer Wut, nahm nun doch die Partei des Sohnes. Hatte sie nicht bare siebenhundert Mark in die Ehe gebracht? Das war sie dem Doktor doch wohl schuldig, daß der Artur mit Rücksicht

behandelt wurde.

Ein Wort gab das andere. Der Laden war Allgemeingut und die Küche stockdunkel, so zankte man im Zimmer, wo Elli am Klavier saß und klimperte, und Artur, den sie endgültig bon der Schule geschaßt, müßig umherstand und an den Nägeln fante.

Dumpfe Gewitterluft brütete im Keller.

Nur Trude war vergnügt. Sie ging jetzt schicker ge­kleidet denn je; alle Augenblicke hatte sie einen neuen Schlips, einen Sportgürtel, einen Spitzenschleier, einen Ramm, um das immer mächtiger gewellte Haar hoch aufzubauschen.

Immer später kam sie nach Hause. Früher, wenn sich der Geschäftsschluß verzögert, oder sie sich mit ihren Kamera­dinnen nach der heißen, von unzähligen Gasflammen ver­brauchten Luft einen Schlendergang in abendlich frischer Luft gegönnt, tam fie ängstlich heim und klopfte schüchtern an die Blauladierte; jetzt trommelte sie ganz energisch und legte sich, als sei ihr Spätkommen etwas ganz Selbstverständliches, ohne weitere Entschuldigung ruhig zu Bett.

Und merkwürdig, Mutter Reschke, die früher immer gleich eivas Unziemliches gewittert hatte, drückte jetzt beide Augen 31. Die Tochter war gar zu fidel jezt, blühte auf wie eine Roje die mußte einen Extra'n auf dem Rieker haben!" ( Fortsetzung folgt.)

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Biologische Streifzüge.

Kaum ein anderes Gebiet der Wissenschaft ist hente in folas' fortwährender Gärung begriffen, wie die Biologie. Seitdem in der Belle die Einheit gefunden worden ist, die den komplizierten Organismen der höheren Tiere und Pflanzen zugrunde liegt, und die den Körper der niedersten Vertreter der beiden Reiche bildet, und seitdem der Entwickelungsgedaufe zur genaueren Erforschung der Lebensvorgänge und zur Erklärung der Lebensformen herangezogen wurde und hier so unendlich befruchtend zu wirken begann, hat diese Wissenschaft einen ungeahnten Aufschwung genommen.

Theorien aufgestellt und vielfach mit sehr großem Scharfsinn und Im Laufe dieses Streites der Meinungen sind die verschiedensten gewaltigem Wiffen verfochten worden, und zu ihrer Unterstüßung und Bekämpfung wird fortwährend neues Tatsac material bei gebracht. Man begnügt sich schon lange nicht mehr mit der bloßen Beobachtung der Erscheinungen des Lebens, auch in das Gebiet der Biologie wurde das Experiment eingeführt, und man versucht nun einerseits mit den Hilfsmitteln der Physik und Chemie die Lebens ericheinungen nachzuahmen, um aus den Aehnlichkeiten und Verschiedenheiten dieser Versuche im Verhältnis zum Leben in deffen Charakter tiefer einzubringen, andererseits ist aber auch auch das Experiment am lebenden Tier und an der lebenden Pflanze, besonders die Beeinflussung ihrer Entwickelung, außerordentlich weiter ausgebildet worden. Da in allen Kultur ländern zugleich und von einer Unzahl von Gelehrten an all diesen Forichungen und Versuchen gearbeitet wird, vergeht faum ein Monat, in dem nicht neue Entdeckungen von größerer oder geringerer Bes deutung veröffentlicht, und kaum ein Jahr, in dem nicht neue Theorien über das Leben, die Entwickelung, die Vererbung usw. aufgeftellt werden.

Infolgedessen ist eine Orientierung auf dem Gebiete der Biologie heute bereits sehr schwierig geworden, und für den Laien wird diese Schwierigkeit noch dadurch wesentlich erhöht, daß die meisten gelehrten Autoren, die zusammenfassend über biologische Fragen schreiben, das unter dem Gesichtswinkel einer bestimmten Theorie tun und nun, um ihren Standpunkt schärfer zu charakterisieren, eine Fülle neuer Ausdrücke und Benennungen einführen, so daß man oft bei der Lektüre dieser Werte glauben töonnte, ein in einer fremden Sprache geschriebenes Buch vor sich zu haben.

Mit um so größerer Freude ist es daher zu begrüßen, wenn es einem Biologen gelungen ist, ein Bild von dem jezigen Stande feiner Wissenschaft zu entwerfen, das auch dem Verständnis des Laien zu gänglich ist, und noch mehr, wenn er dabei einen Ueberblick über die Theorien und Hypothesen gibt, die den Zusammenhang zwischen den Erscheinungen vermitteln und sie erklären sollen. Dr. E. Thesing& fürzlich erschienenes Buch Biologische Streifaüge "( Eine gemeinverständliche Einführung in die all­gemeine Biologie. Berlag von Schreiber in Eßlingen und München . Breis 6 M., geb. 7 M.) wird all diesen Ansprüchen im weitesten Maße gerecht. Wie schon der anspruchslose Titel sagt, handelt es sich um kein systematisches Wert über das gesamte Gebiet der Bio­logie. Das wäre auch in dem vorgezeichneten Rahmen wohl nur auf Kosten der Vollständigkeit oder Allgemeinverständlichkeit möglich gewesen. Aber es find gerade die Probleme behandelt, die auch den Laien intereffieren und besonders diejenigen, die für unsere Welt­anschauung, für unsere Auffassung des Lebens von Wichtigkeit sind.

Erst das eingehendere Studium der niedersten Lebewesen hat ihre ungeheure praktische Bedeutung für den Menschen dargetan. Wir wissen heute, daß ein großer Teil aller Erkrankungen der Menschen und der höheren Tiere und Pflanzen der Einwirkung diefer Der Verfasser hat sich bemüht, auch bei der Darstellung der fleinsten Organismen zuzuschreiben ist, und wenn wir diese Krant- Theorien über die Entwickelung und Vererbung möglichst objektiv heiten bekämpfen wollen, müssen wir zuerst ihre Erreger genau zu bleiben, und für dieses Streben spricht auch schon die Auswahl tennen und ihre ganze Lebensweise möglichst gründlich erforschen. der Bücher, die er zu eingehendem Studium der biologischen Grund Weiter wissen wir nun, daß die für den Menschen und fragen empfiehlt; denn diese gehören den verschiedensten Richtungen feine Wirtschaft so ungeheuer wichtigen Prozesse der Gärung und an. Eine vollkommene Objektivität aber ist natürlich auf einem so der Berwesung ebenfalls mit den Lebensäußerungen solch' primitiver heiß umstrittenen Gebiete gerade für den nicht möglich, der selbst Drganismen aufs innigste zusammenhängen, und wir fennen auch forscht und fich ein eigenes Urteil zu bilden fucht. Obwohl daher ihre ungeheure Bedeutung für das höhere Pflanzenleben; denn diefes gewiß nicht jeder in allen Bunften mit Thefings Anschauungen in wäre ohne das Vorhandensein von Batterien in der Erde nicht theoretischen Fragen übereinstimmen wird, wird doch wohl jeder zu möglich; das Leben der Tiere segt aber wieder das der Pflanzen geben müssen, daß die Darstellung überall flar und durchfichtig ist, und daß der Autor bemüht war, auch den Standpunkten gerecht zu werden, die er selbst nicht teilt. Gerade die Kapitel, die theoretische Fragen behandeln, find daher von besonderem Interesse. Und dabei ist es Thefing vorzüglich gelungen, die Darstellung durchaus populär zu halten, ohne sie zu verflachen. Natürlich wird es einem Arbeiter hie und da nur mit Anstrengung gelingen, den schwierigen Gedanken gängen der biologischen Theorien zu folgen. Sind doch unsere Bolksschulen überhaupt elend, besonders aber im naturkundlichen Unterricht, der ja so leicht firchenfeindlich und damit revolutionär wirken tönnte. Aber die angewandte Mühe wird hier reichlich ge­lohnt. Auch unterstüßen die zahlreichen gut gewählten Abbildungen das Verständnis sehr wesentlich.

boraus.

Doch nicht nur diese praktischen Interessen haben die Wissenschaft veranlaßt, fich immer eingehender mit dem Studium der einzelligen Lebewesen zu befassen; in ihnen sieht man zugleich die Urform alles Lebens oder glaubt wenigftens, daß fie dieser Urform wesentlich näher steheit als die höheren Organismen, und zugleich zeigt ihr Leben, tie fich die Zelle in ihrer Vereinzelung verhält. Alles höhere Leben beruht aber auf einer Vereinigung der Zellen, die sich zwar in die gemeinsame Arbeit geteilt haben, aber doch noch vieles bei­behalten haben, was eben von ihrer Bellennatur unzertrennlich er­scheint. So führt auch das Studium der Lebensvorgänge der höchsten Organismen, auch des Menschen, immer wieder auf das der primitivsten Lebewesen zurück. Beginnt doch auch das individuelle Leben bei jedem Tier und bei den meisten Pflanzen mit einer ein­fachen Zelle, dem befruchteten Ei.

Nur insofern entspricht das Werk vielleicht nicht ganz den Er wartungen, die der Titel ertvedt, als es fich faft ganz auf das Tier­leben beschränkt. Thefings Arbeitsgebiet liegt auf dem Gebiete der Boologie, und so behandelte er auch hier die Probleme dort, wo sie ihm am vertrautesten sind.

Gehört nun auch heute der Entwidelungsgedante zu den feste stehenden Grundlagen der Biologie, dessen Geltung nur mehr bon Leuten angezweifelt werden kann, die die Tatsachen Jedenfalls ist das Buch allen sehr zu empfehlen, die sich für den nicht fennen oder nicht sehen wollen, so ist doch fast heutigen Stand der Biologie und die Theorien interessieren, die sie alles, was darüber hinausgeht, noch immer höchst umstritten, beherrichen. Der Preis des Buches wird leider wohl manchem zu und dieser Streit wird noch fortwährend heftiger und komplizierter hoch sein; aber besonders für Arbeiterbibliotheken wird Thefings und erstreckt sich auf immer mehr grundlegende Fragen. Daß die Buch gewiß eine höchft wertvolle und ersprießliche Erwerbung fein. Zier und Pflanzenarten, die heute unsere Erde bewohnen, nicht G. Edstein.