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das Gerücht von der Anwesenheit dieser neuen Erscheinung| Am besten wird die Faschtagslust durch dies Wort gekennzeichnet. flüsternd die Runde gemacht, ertönte aus der ganzen Gesellschaft Wo man auch immer die Karnevalsfreuden beobachten mag, überall ein Murmeln des Staunens, der Mißbilligung das sich end- findet man ein Körnchen Salz, den der Ernst des Lebens hinein lich zu einem Ausdruck des Schreckens, des Entsetens und des gestreut hat. Je größer die Last, destr ärger die Satire, je härter Abscheus steigerte. die Bedrückung, desto ausgelassener die Bosse. Es läßt sich denken, daß es schon eine ganz ungewöhnliche Der älteste und prächtigste Karneval auf deutschem Boden, Maste sein mußte, die in einer so phantastisch gekleideten Gesell- der zu Köln , ist in seiner Spottlust häufig ein Spiegel der Zeits schaft eine derartige Erregung hervorbringen fonnte. Die Masten geschichte gewesen. Vom Kölner Karneval berichtet schon Cäsar freiheit war in der Tat für jene Nacht fast unbeschränkt, aber von Heisterbach ( 1188-1240), daß in den letzten Tagen vor dent die unbekannte Erscheinung ging fogar über des Prinzen weit- gasten die Männer in einer Zeit des Taumels und der Gelage gehendite Erlaubnis hinaus. Selbst in den leichtfertigsten, fri- lebten. In den Kölner Religionswirren, als zuerst Erzbischof von bolften Herzen gibt es Saiten, bei deren Berührung der Mensch Wied manchen Aerger heraufbeschwor, und nach ihm in den Jahren erbebt. Und selbst für die Verlorenen, denen Leben und Tod nur 1581-1586 Erzbischof Gebhart von Truchses und seine Nonne noch ein Spott ist, gibt es Dinge, die sie nicht zu ihrem Ge- Agnes von Mansfeld ein übles Beispiel von Zuchtlosigkeit gaben, spött machen wollen. Die ganze Gesellschaft schien auch hier von und in blutigen Fehden tausende auf die grausamste Weise ihrer dem Gefühl durchdrungen, daß in dem Stoſtüm und dem Auftreten Selbstfucht opferten, so daß Kölns Handel empfindlich darunter des Fremden weder Geist, noch die geringste Empfindung für litt, wurden im Mummenschanz des Karnevals Nonnen und Mönche Schicklichkeit zu erkennen sei. Seine Gestalt war lang und hager zur Zielscheibe heftigen Spottes. Man perfiflierte schonungslos und vom Kopfe bis zu den Füßen in Leichentücher gehüllt. Die ihre Schwächen und Lächerlichkeiten, und vergaß dabei auch nicht, Maste, die fein Geficht verhüllte, war so getreu dem Angesichte einige haltlose Gebräuche der Kirche zu verhöhnen. eines schon erstarrten Leichnams nachgebildet, daß man auch bei Im fiebenjährigen Kriege machte man in Köln die zweifel. genauester Prüfung die Täuschung taum erkennen konnte. Doch haften Heldentaten des kaiserlichen Generals Lauden zum Gegens dies alles hätten die tollen Festgenossen bielleicht nicht gebilligt, aber doch noch erträglich gefunden. Aber der Vermummte war fo Buntte des öffentlichen Lebens einer beißenden Kritik unterzogen. so stand lustiger Aufzüge, und 1803 und 1804 wurden alle wunden weit gegangen, den Typus des roten Todes anzunehmen. Die Laten, die ihn umhüllten, waren mit Blut besprint Besonders die moderne Erziehung, die Spielwut, die Beschaffenheit und seine breite Stirn, sowie fein ganzes Geficht waren mit den grauen- Als 1806 Napoleons Szepter auf der Stadt laftete, und sich nies der Volksschulen mußten berechtigten Spott über sich ergehen lassen. haften scharlachroten Fleden besprentelt. Als die Augen des Prinzen Prospero die gespenstische Er- mand verhehlen konnte, daß die vorhergegangene Kraftlosigkeit ihm scheinung erblickten, welche mit langsamen, feierlichen Schritten, die Wege vorgebahnt hatte, gab es im Karnevalszuge alt- tölnische als wolle fie ihre Rolle möglichst gut martieren, zwischen den Soldaten, die von den mehr als zweifelhaften Heldentaten ihrer Tanzenden auf und ab schritt, bemerkte man, daß er im ersten Offiziere die gröbsten und lustigsten Stüdchen zu erzählen wußten. Augenblick in heftigem Schauder, voll Schrecken oder Abscheu, zu- Auch Galls Schädellehre, die damals die Köpfe verdrehte, mußte sammenzudte. Doch dann stieg ihm die Bornesröte ins Gesicht. sich derb- komischen Spott gefallen lassen. Vom Jahre 1823 änderte Wer wagt es," fragte er mit heiferer Stimme die Höflinge sich die Art des Aufzugs. Unter der Leitung der damals be in feiner Nähe, uns durch diesen gotteslästerlichen Spott zu begründeten Kölner Karnevalsgesellschaft, die schon leidigen? Ergreift ihn und reißt ihm die Maste ab, damit wir vom November ab ihre vorbereitenden Sibungen hielt, wurde befehen, wen wir bei Sonnenaufgang an den Binnen des Schlosses schlossen, den Karneval in einem einheitlich gestalteten Zuge zu aufhängen laffen!" feiern, indem man ihn personifizierte und ihn als lustigen Helden auftreten ließ, der die Erbärmlichkeiten des gewöhnlichen Lebens mit der Pritsche glorreich zu besiegen weiß. Als Goethe in seinem fünften Bande über Kunst und Altertum lebhaft für den Kölner Karneval eingetreten war, sandte ihm Dr. Dilschneider, Professor zu Köln , ein Sonett zum Dant, das Goethe mit einem launigen fechsstrophigen Gedicht beantwortete. Die Kölner Redouten fanden im Gürzenich statt, einem 1441 von der Stadt erbauten Tanzhaus, dessen Tanzsaal 175 Fuß lang, 71 Fuß breit und 24 Fuß hoch war. 1841 bildete sich eine atveite Karnevalsgesellschaft, die schon im ersten Jahr tausend Mitglieder zählte und sich sogleich einen Saal zur Mastenredoute baute, der anderthalb mal so groß war als der Gürzenich.
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Der Prinz befand sich im öftlichen oder blauen Zimmer, als er diefe Worte sprach. Sie tönten laut und flar durch die fieben Räume denn der Pring war ein kühner, kraftvoller Mann, und die Musik hatte ein Wint seiner Hand zum Schweigen gebracht. In dem blauen Zimmer also stand der Prinz, umgeben von einer Schar Höflinge, denen das Blut aus dem Gefichte gewichen. Als er zu sprechen begonnen hatte, machte sich in der Gruppe eine leichte Bewegung auf den Eindringling zu bemerkbar, der in diesem Augenblid ebenfalls in der Nähe war und jetzt mit gemessenen, majestätischen Schritten auf den Sprecher zutrat. Aber die wahnsinnige Bermessenheit des Vermummten flößte der ganzen Gesellschaft ein so namenloses Entsetzen ein, daß niemand es wagte, Hand an ihn zu legen. Ohne daß ihn jemand aufgehalten hätte, trat er bis auf zwei Schritte an den Prinzen heran, und während die Höflinge wie von einem Gefühl der Angst getrieben aus der Mitte der Zimmer an die Wände zurüdwichen, durchschritt er ungehindert, mit demselben feierlichen, gemeffenen Schritt, mit dem er gekommen, das blaue Zimmer, dann das purpurne, das grüne, das orangefarbene, das weiße, das violette. Niemand machte eine Bewegung. bis plöhlich Prinz Prospero, rafend vor Wut und Scham über seine eigene, unerklärliche Feigheit, obwohl ihm niemand von den Höflingen zu folgen wagte, fo sehr hatte sie der Schreck gelähmt durch die sechs Zimmer türzte. Er schwang einen Dolch und war der vor ihm schreitenden Gestalt schon auf drei oder vier Fuß nahegekommen, als diese gerade das Ende des schwarzen Gemaches erreicht hatte, sich plötzfich umwandte und den Verfolger anblickte. Ein gellender Schrei erscholl, der Dolch fiel blißend auf den schwarzen Teppich nieder, auf den einen Augenblic später Prinz Prospero tot hinfant. Nun raffte sich endlich eine Schar der Festgenossen auf! Sie drangen in das schwarze Gemach, ergriffen den Bermummten, dessen hohe Gestalt aufrecht und bewegungslos im Schatten der Ebenholzuhr stand- aber! in wahnsinnigem Entfeßen schrieen fie auf, als fie fühlten, daß die Grabgewänder und die Leichenmaske, die sie mit fo rauher Gewalt gepact, feine Gestalt eingehüllt hatten, die greif
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Ear war!
Und nun erkannten sie die Gegenwart des roten Todes. Er war gekommen wie ein Dieb in der Nacht. Und einer nach dem anderen fanten die Gäste des Prinzen Prospero in den blutbedeckten Sälen ihrer Luftbarkeit dahin und starben in der verzweifelten Stellung, in der sie niedergefunken waren. Die Ebenholzuhr stand mit dem Tode des letzten der Fröhlichen still. Die Flammen der Dreifüße verloschen. Und Finsternis und Verwesung legten sich über das Totenschloß.
Dumor
( Nachdruck verboten.)
Der Karneval wurde nicht nur in Köln , sondern im ganzen Rheinland und in Süddeutschland gefeiert. Eine Chronit von Hof in Bayern meldet, daß der Karneval dort stets mit Lanzen brechen, Banketten und Mummereien begangen werde, auch fänden allerlei Umzüge statt. So führten die mutwilligen Burschen einen Pflug herum, vor den ein Mädchen gespannt wurde, oder trugen an langer, dider Stange einen Hering und streuten Häderling und Sägemehl vor ihm aus. Sehr bezeichnend seßt die Chronik hinzu:" Die Fastnacht war ein gar glücklicher Tag; die Narren blühten schon früh morgens, wurden noch selbigen Tages reif und fielen abends so häufig ab, daß man davon stets Vorrat auf den Straßen finden konnte.
Großartig entfaltete sich der Karneval auch in München , Frankfurt a. M., Mainz , Nürnberg und Augsburg . In diesen Städten, in denen Handel und Gewerbe im Mittelalter am meisten blühten, hatten die handwerklichen Zünfte einen reichen Anteil an Faschingsaufzügen. In München waren es die Metzger und Schäffler( Böttcher), die Umzüge veranstalteten, in Frankfurt ebenta falls die Schäffler. Nürnberg hatte sein Schönbarta Laufen, deffen Ursprung eine Urfunde von 1351 folgendermaßen erklärt: 1349 verschworen fich die Zünfte wider den Rat; man beschloß, ihn am Pfingsttage zu überfallen und zu erschlagen. Ein Collector- Mönch entdeckte den Anschlag, der Rat entfloh nach Haided. Die Zünfte setzten an feiner Stelle einen neuen Rat, aber Kaiser Karl IV. tam in die Stadt, ließ einen Teil der Aufrührer enthaupten und setzte den alten Nat wieder ein. Dafür, daß die Fleischerzunft an lekteren treu gehangen hatte, begnadigte sie der Kaiser mit dem Schönbart und gewissen dabei üblichen Tänzen. 1350 hatte der erste Schönbart statt. Die Messerer( Messerschmiede) tanzten mit bloßen Schwertern, die Mezger einen sogenannten Hämmertanz, wobei sie mit ledernen Riemen, die Leberwürsten ähnlich waren, einander festhielten. Nach dem Tanz gingen sie auf das Pfandhaus, wo ihnen ein Trunk geschenkt wurde, bei dem sie Das ganze Fest dauerte zwei Tage."
und Satire im Karneval. Die gesammelten Fastnachtsfische und Gelder verzehrten.
Bon E. Kind.
Schon ein alter Weiser sagt:„ Das Lächerliche ist der Probierftein des Ernftes und der Ernst der Probierstein des Lächerlichen; denn eine Sache, die keinen Scherz verträgt, ist verdächtig, und ein Scherz, der keine ernste Prüfung aushält, ein leeres Wort."
Aus diesen Anfängen entstand 1449 die Schönbart- Gesellschaft, die bis 1524 jedes Jahr einen Zug veranstaltete. Zuerst famen bermummte Büttelfnechte mit Kolben und Pritschen, dann einer mit einem Korb voll Nüsse, die er unter die Jugend warf, dahinter ein anderer mit Eiern, die mit Rosenwasser gefüllt waren. Diese wurden als Wurfgeschosse auf die Mädchen benützt, die sich blicken