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Selbst verrückt, Du ausgemachter Narr!"... antwortet un- I Den Ausgangspunkt für diese Forschungen, deren praktische Resultate erwartet der nächste Stranke, ohne fich nach Mitta umzudrehen. mit jedem Tage an Bedeutung getvinnen, hat man in den berühmten In dem Glauben, daß er sich geirrt, daß er nicht an einen Untersuchungen Behrings über die Bekämpfung der Diphtheritis zu Geistestranten, sondern an irgend einen anderen, geistig gesunden suchen. Die betreffende Krankheit wird von einer Batterie ber Patienten geraten sei, zieht Mitta den Stod mit der Brennnessel ursacht, die ein für den menschlichen Organismus tödliches Gift zurück und beginnt sich verwirrt zu rechtfertigen: hervorbringt. Werden von diesem Gift bestimmte Mengen ins Blut eines Tieres, etwa eines Pferdes, eingefpritt, so erfrankt es und stirbt; werden dagegen ganz fleine Dosen eingeführt, so überwindet das Tier die Krankheit und man kann nachher immer größere Mengen einsprigen, ohne daß Erkrankung eintritt. Dies beruht der Blutflüssigkeit anhäuft; gießt man solches Blut in ein Die bort spazieren gehen, sind vielleicht flüger als Du"... Reagenzrohr, das Bakteriengift enthält, so wird letteres unschädlich scherzt Onkel Jwan. Was war denn los?" gemacht, und die nämliche giftzerstörende Wirkung übt auch solches Einer hat mich geschimpft."... Blut aus, wenn es in einen an Diphtheritis erkrankten Menschen förper eingefprigt wird. Eben hierauf gründet sich Behrings Methode, die Diphtheritis zu bekämpfen.
Was schimpfst Du so?... Dich habe ich gar nicht gemeint, sondern den da... den Verrüdten der da mit der Gießkanne steht" Gag' mal, Ontel Jwan- im Gemüsegarten sind nicht lauter Berrüdte?" fragt Mitta später, um sich Gewißheit zu verschaffen. darauf, daß das Tier ein Gegengift produziert, das sich in Auch andere, Gesunde gehen dort spazieren?"
Warum?"
Ra, ich weiß ja nicht!... Ich gehe vorbei, rühre ihn gar nicht an... und er schreit: Auchgemachter Narr! Ausgemachter Narr!"
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Geh' lieber nicht so nahe heran.... Einige von ihnen find böse..." warnt Onkel Jwan.
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So? Was tut denn so ein Böser?"
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Schlägt alle tot! Was soll er anfangen? Ist er mal verrüdt dann bleibt er auch verrückt.... Ist schon vorgekommen, daß ein Freund den anderen totgeschlagen hat. So? Aber ich glaube, über den Zaun können sie nicht herüber? Der ist doch so hoch?"
Einige springen fünf Fuß hoch! Ja, ja, ganz ficher la lügt Dntel Jwan, um den unternehmungsluftigen Mitta zu erschrecen.
Als Mitta erfuhr, daß Verrückte fünf Fuß hoch springen fönnen, hörte er auf, an ihnen seine Experimente zu machen. Dafür begann er mit größerer Aufmerksamkeit der Musik zu lauschen, welche bisweilen aus den geöffneten Fenstern des linken Flügels, in dem der Chefarzt wohnte, ertönte.
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Uebrigens auch im Krankenfaal gab es für Mitta genug 3er ftreuung. Dazu kam, daß er hier einen alten Bekannten wiederfand denselben Herrn von adliger Herkunft", neben welchem er damals im Asyl von Zerebilowka geschlafen hatte. Der Herr" begrüßte Mitta mit den Worten:
Nach dem, was durch die Forschungen der letzten Jahre feft gestellt worden ist, besitzt der Tierkörper im allgemeinen die Fähig feit, solche spezifische Gegengifte zu produzieren, sobald 3. B. Typhus , Beste oder Cholera- Bazillen in sein Blut eingeführt worden sind. Man kann im Blute der auf diese Weise behandelten Tiere drei verschiedene Stoffe nachweisen: teils solche, die die eins geführten Batterien zusammenballen( Agglutinine), teils solche, welche fie töten und auflösen( Bakteriolysine), teils schließlich Stoffe, die in den an den betreffenden Bakterien gewonnenen wässerigen Auszügen starte Trübungen, oder Niederschläge, wie der Chemifer fagt, hervorrufen.
Was uns in diesem Zusammenhange besonders interessiert, ist die Tatsache, daß man ganz ähnliche Resultate erhält, wenn man statt der batterienhaltigen Flüssigkeiten das Blut einer anderen Tierart in die Adern des Versuchstieres einsprint. Solches fremde Blut wirkt oft wie ein tödliches Gift, wenn es in größerer Menge eingesprigt wird. Man hat in dieser Beziehung sehr traurige Er Mitta nähert sich dem Flügel, fetzt sich unter einen Alazien- fahrungen gemacht, als man in früheren Zeiten versuchte, einen ftrauch und beginnt zu laufchen. Wenn ein Marsch gespielt wird, plöglich entstandenen Blutverlust beim Menschen durch Einsprigung fängt er an die Arme zu schwenken und mit den Füßen den Taft etwa von Hammelblut au tompensieren; obwohl dies Blut dazu zu treten. In seiner Phantasie erstehen sofort Soldatendem des Menschen täuschend ähnlich ist, wirft es doch, hinter denen er in der Stadt bisweilen bergelaufen ist er selbst wenn es in größeren Mengen in die Adern eines Menschen ein berwandelt sich ebenso schnell in einen Offizier. geführt wird, als ein tödliches Gift, u. a. weil es die roten Blutförperchen des Menschen auflöst. Werden dagegen in die Adern eines Tieres geringere Quantitäten eines solchen„ artfremden" Blutes eingeführt, so bilden sich im Blute des Verfuchstieres, ganz wie wenn Batterien eingespritzt werden, drei verschiedene Stoffe, teils solche, die die fremden Blutkörperchen zusammenballen, teils solche, die sie auflösen, und schließlich die sogenannte Bräcipitine, die die im fremden Blute vorher gelöst vorhandenen Eiweißstoffe in unlösliche Form überführen, so daß eine Trübung der Flüssige teit entsteht. Blut von Meerschweinchen mischt sich ohne Trübung mit Blut von Kaninchen; hat man aber einige Zeit vorher Meerschweinchenblut in die Adern eines Kaninchens eingefprint, und wird nun das Blut eines 10 bora behandelten Kaninchen mit frischem Meerschweinchenblut gemischt, so entsteht eine starke Trübung, weil die Einspritzung vom Meera schweinchenblut beim Kaninchen die Bildung eines Präcipitins her borgerufen, das die Eiweißstoffe des Meerschweinchenblutes in unlöslicher Form überführt.
Auch Du, mein Sohn Brutus?!"
( Fortsetzung folgt.)]
Bon allen den Gestalten, die Goethe in seiner Dichtung geschaffen, ist mir der Mephistopheles immer als einer der sympathischsten borgekommen, nicht nur als Philosoph und Menschenkenner, sondern auch wegen seiner Verdienste als Naturforscher. Das Wichtigste, was die moderne Wissenschaft uns über das Vorkommen und die Lebensweise der Batterien gelehrt hat, ist schon von Mephistopheles Har und treffend in folgenden Worten ausgesprochen worden:
Der Luft, dem Wasser wie der Erden Entwinden tausend Keime sich,
Im Trodnen, Feuchten, Warmen, Kalten!
und wenn er hinzufügt:
Hätt' ich mir nicht die Flamme vorbehalten, Ich hätte nichts apart für mich,
so hat er, wie der Botaniker Alfred Fischer bemerkt, auch die sicherste Sterilisierungsmethode angegeben, welche die moderne Bakteriologie überhaupt kennt.
Einen ebenso weitsichtigen Naturforscherblid zeigt Mephistopheles , als er in der berühmten Szene mit Fauft darauf besteht, der Doktor möchte doch den Kontrakt mit Blut unterzeichnen, weil er weiß, das
Blut ist ein ganz besonderer Saft.
Auch mit diesen Worten spricht Mephistopheles eine Wahrheit aus, deren Tragweite und Tiefe erst die Wissenschaft der jüngsten Tage hat einschätzen können. Blut ist ein so ganz besonderer Saft, daß man in einer stinkenden Blutlache, die schon in Fäulnis über gangen ist, doch mit absoluter Sicherheit Menschenblut vom Pferdeoder Rinderblut unterscheiden kann, ja noch mehr: man kann jetzt auf biologisch- chemischem Wege das Blut verschiedener Menschenrassen unterscheiden, und im Reagenzrohr die Differenzen des Blutes, die den Europäer vom Chinesen und den Chinesen vom Malayen unterscheiden, demonstrieren.
Derjenige Zweig der Naturforschung, der die einschlägigen Fragen behandelt, ist in der jüngsten Zeit zu einer besonderen Wissenschaft herangewachsen, der sogenannten biologischen Blutserumforschung.
In erster Linie verdanken wir diese Untersuchungen dem französischen Forscher Bordet, dessen Untersuchungen dann von anderen, besonders deutschen Forschern weitergeführt worden find. ( Uhlenhut, Friedenthal, Bruck, Magnus 11. a.). Uhlenhut spritzte an fangs in die Adern eines Kaninchens Hühnereiweiß ein und fand, daß hierdurch die Bildung eines Präcipitins angeregt wurde, das einen start flockigen Niederschlag hervorrief, wenn das Blut dieses Kaninchens mit Hühnereiweiß gemischt wurde. Hingegen entstand keine Trübung, wenn anstatt Hühnereiweiß das Weiße aus Enten- oder Gänseeiern verwendet wurde. Die Einspritzung von Hühnereiweiß hatte also im Kaninchenblut die Bildung eines Präcipitins veranlaßt, das nur gegen diese besondere Art von Eiweiß wirksam war. Uhlenhut fonnte in dieser Weise die Eiweißstoffe verschiedener Vogeleier, die mit den sonst üblichen Reagentien gar nicht auseinander zu halten waren, sehr gut unterscheiden. Zumeist erwies sich die betreffende Reaktion als so empfindlich, daß man mit deren Hilfe Eiweißstoffe in einer Verdünnung von 1 Gramm auf 100 Liter Wasser nach weisen konnte, während die gewöhnlichen chemischen Reagentien schon bei einer Verdünnung von 1 Gramm pro Liter versagten.
Nun besteht bekanntlich das Blut aus einer wässerigen Eiweißlösung( die außerdem ungelöste rote und weiße Blutkörperchen ent hält), und es war deshalb naheliegend zu untersuchen, ob nicht das Blut verschiedener Tierarten in analoger Weise unterschieden werden tönnte. In der Tat gelang es auch Uhlenhut nachzuweisen, daß das Blut eines Kaninchen, dem vorher Hühnerblut eingespritzt war, einen Niederschlag in einer Lösung von Hühnerblut erzeugte, nicht aber in anderen Blutarten. Wurden in derselben Weise dem Kaninchen Schweine-, Hunde- oder Katzenhlut injiziert, so erhielt man Blutflüssigkeiten, die in dem Blute, das zur Injektion ver wendet wurde, eine Trübung( Niederschlag) hervorrief, sonst aber nicht. Und durch Injektion eines Kaninchen mit Menschenblut erhielt Uhlenhut eine Flüssigkeit, die nur im Menschenblut einen Niederschlag erzeugte, und die also als Neagens auf diesen„ ganz. besonderen Saft" gebraucht werden konnte.