Auch Jwafi Nikisorowiisch ist ein prächtiger Mensch. SeinGehöft liegt neben dem des Iwan Jwanowitsch. Sie sind auch diebesten Freunde, welche die Welt je gesehen. Anton ProkofjewitschPupopus, der bis zur Stunde einen zimtfarbenen Rock mit blauenAermelaufschlägen trägt unb an Sonntagen beim Richter speist,pflegte zu sagen, dah Iwan Nitiforowitsch und Iwan Jwanowitschvom Teufel selbst zusammengekoppelt wurden, und so muß demeinen der andere folgen.Iwan Nikiforowitsch ist ein alter Junggesell. Wenn auch dieRede ging, daß er verheiratet gewesen, so ist dies doch rein erlogen.Ich kenne den Iwan Nikiforowitsch sehr gut und kann versichern,dag er nicht einmal die Absicht hegte, zu heiraten. Wo doch alldiese Verleumdungen herrühren? So raunten sich die Leute zu,Iwan Nikiforowitsch sei mit einem förmlichen Schwänze zur Weltgekommen! Doch das ist eine so plumpe, abscheuliche und zugleichunanständige Erdichtung, dah ich es sogar für unnötig halte, siedem aufgeklärten Leser zu widerlegen, dem es ohne Zweifel wohl-bekannt ist, daß nur die Hexen— und unter diesen auch nur sehrwenige— Schwänze tragen. Die Hexen gehören übrigens eherzum weiblichen als zum männlichen Geschlecht.Trotz der großen Freundschaft waren diese seltenen Freundeeinander durchaus nicht ähnlich. Am besten lernen wir die Cha-raktere durch Vergleich kennen. Jwcm Jwanowitsch besitz die selteneGabe ungemein angenehm zu sprechen. Herr Gott! welche Beredt-samkeit! Dieses Gefühl, das er erregt, läßt sich nur mit einemSummen und Rauschen im Kopfe vergleichen, oder wenn man je-mandem leise mit dem Finger die Ferse kitzelt. Man horcht—horcht— und läßt den Kopf hängen. Angenehm! Höchst ange-nehm! Just wie der Schlummer nach einem Bade. Iwan Niki-forowitsch dagegen schweigt meistens, aber wenn er ein Wörtchenfallen läßt, dann triffts ins Schwarze: es schneidet ein, Keffer alsdas schärfste Rasiermeffer. Iwan Jwanowitsch ist hager und hoch-gewachsen; Iwan Nikiforowitsch ist etwas kleiner, was er indesdurch seine Dicke wieder weit macht. Der Kopf des Iwan Jwano-witsch gleicht einem mit dem Schwänze n-cch unten gekehrten Rettig,der des Iwan Nikiforowitsch einem Rettig mit dem Schwänze nachaufwärts. Iwan Jwanowitsch ruht nur nach Tische im bloßenHemde unter dem Sckmtzdache; gegen Abend zieht er die Pekeschean und begibt sich irgendwo hin, sei es in die Stadtniederlage, derer Mehl liefert, oder aufs Feld, um Wachteln zu fangen. IwanNikiforowitsch liegt den ganzen Tag auf der Hausflur. Wenn esnicht gar zu heiß ist, wendet er gewöhnlich den Rücken der Sonnezu, ohne irgend wohin gehen zu wollen. Am Morgen fällt es ihmmanchmal ein, im Hofe etwas herumzuspazieren, sich in der Wirt-schaft ein wenig umzusehen, worauf er sich wieder zur Ruhe begibt.Sonst Pflegte er manchmal bei Iwan Jwanowitsch vorzusprechen.Iwan Jwanowitsch ist ein sehr zartfühlender Mann, läßt im an-ständigen Gespräche nie ein unschickliches Wort fallen und fühlt sichgleich beleidigt, wenn ihm ein solches zu Ohren kommt. Iwan Niki-forowitsch nimmt manchmal kein Blatt vor den Mund. Dann er-hebt sich Iwan Jwanowitsch gewöhnlich von seinem Platze undspricht:„Genug, genug, Iwan Nikiforowitsch; legt Euch lieberschnell in die Sonne, ehe Ihr solche nicht gottgefällige Reden führt."Iwan Jwanowitsch ärgert sich auch sehr, wenn ihm eine Fliege indie saure Suppe fällt: er ist dann ganz aus dem Häuschen— erschiebt den Teller fort und selbst der Wirt erhält seine Portion.Iwan Nikiforowitsch badet ungemein gern und wenn er bis an dieGurgel im Wasser sitzt, läßt er sich ein Tischchen und den Samowargleichfalls ins Wasser stellen und trinkt seinen Tee mit wahrer Lustin der Kühle. Iwan Jwanowitsch rasiert sich am Sonntage denBart zweimal, Iwan Nikiforowitsch nur einmal. Iwan Jwano-witsch ist ungemein neugierig. Gott verhüte, daß jemand ihm etwaszu erzählen beginnt und in der Mitte abbricht! Ist er über etwasmißvergnügt, gleich ist es seinem Gesicht anzusehen. Dagegen istaus dem Aeutzeren des Iwan Nikiforowitsch sehr schwer zu ent-nehmen, ob er zufrieden oder ärgerlich ist; er zeigts nicht, selbstwenn er sich über etwas von Herzen freut. Iwan Jwanowitsch istetwas furchtsamen Charakters. Bei Iwan Nikiforowitsch werfenim Gegenteil die Pluderhosen solche Falten, daß wenn man sie auf-bläst, das ganze Gehöft mit allen Wirtschaftsgebäuden Platz darinfände. Iwan Jwanowitsch hat große, ausdrucksvolle, tabakfarbigcAugen und der Mund gleich dem Buchstaben V; Iwan Nikiforo-witsch hat kleine, gelbliche, zwischen den dichten Brauen und denvollen Backen ganz eingefallene Aeuglein und die Nase gleicht einerreifen Zwetschke. Wenn Iwan Jwanowitsch Euch eine Prise bietet,beleckt er immer vorher mit der Zunge den Deckel der Tabaksdose,dann schnalzt er darauf mit den Fingern, hebt den Deckel und sagt,wenn Ihr mit ihm bekannt seid:„Darf ich um die Gefälligkeitbitten, geehrter Herr?" Wenn Ihr ihm unbekannt seid, setzt ernoch hinzu:„da ich nicht die Ehre habe Rang und Charakter sowieIhren Tauf- und Vatersnamen zu kennen." Iwan Nikiforowitschgibt Euch dagegen seine Horndose ohne weiteres in die Hand undfügt nur hinzu:„Jbr verpflichtet mich." Sowohl Iwan Jwano-witsch als Iwan Nikiforowitsch sind geschworene Feinde der Flöheund deshalb lassen sie keinen jüdischen Hausierer vorbeipassieren,ohne bei ihm Elixiere gegen diese Insekten in verschiedenartigenTiegeln zu kaufen,— selbstverständlich nachdem sie ihm borhertüchtig den Text gelesen, daß er sich zum mosaischen Glauben be-kenne.UebrigenS sind trotz einiger Ungleichheiten Iwan JwanowitschUnd Iwan Nikiforowitsch beide prächtige Menschen.(Fortsetzung folgt.)Der Hpntegccfc*Ter Frohsinn des Mittelalters schuf die Narren feste, dieFeste der Subdiakonen, die Eselsfeste usw., Nachahmungen der altenSaturnalicn, die namentlich in den romanischen Ländern denallgemeinsten Beifall fanden, oft aber zu Anstößigkeiten gröbsterArt führten.Wieder eine andere Form nahm die Narrheit durch die Bill«dung von Narrengilden und Narrengesellschaften an, digbesonders zahlreich in den Niederlanden gewesen zu sein scheinen.Die Bildung solcher Narrengesellschaften griff auch auf Deutsch-land über. Fassen wir nur den Niederrhein ins Auge. Bekanntist die Dülkener Narrenakademie, welche bis in die Gegenwarthineinragt. Die vornehmste Narrengesellschaft war jedoch derGeckenorden zu Cleve, den Gras Adolf II. von Cleve im Jahre 133tlgründete und dessen Stiftungsurkunde von diesem Grafen und35 Adeligen seines Landes unterzeichnet ist. Es wäre freilich irrig,anzunehmen, dieser Geckcnorden sei ausschließlich zur Betätigungdes Frohsinns und überschäumender Lebenslust gegründet worden.Es waren vielmehr politische Motive maßgebend, die unter demharmlosen Gewände weitreichende Ziele verfolgten. Darum be-stand zum Beispiel die Vorschrift, daß„der Gecken"(Narrenordensstäglich getragen werden mußte. Jeder, der den Gecken nicht täglichtrug, mußte drei alte, große Tournaisen für die Armen opfern.Auch sonst erschien das Geckentum noch in anderen Formen:so ist der Geck beim Schützenfest bekannt. Ferner kennt das Volkauch unserer Tage einen Kindergeck(Kindernarr, Kinderfreund)!und den Gecken im Puppenspiel. Der Vollständigkeit wegen seinoch der Gcckslieder(leichtfertige Lieder, weltliche Lieder überhaupt,Liebeslieder) und der Gecksbriefe(Liebesbriefe) Erwähnung getan.Eine besondere Rolle aber spielt der A p r i l s g e ck. Wer sicham 1. April foppen läßt, wird Aprilgeck genannt.„Am erstenApril/schicktjna» die Gecken(Narren), wohin man will." Oder:„Aprilgeck/Stek de Nos' in den Kaffeedreck." So heißt es imBergischen und am Niederrhein. Aber der Aprilsgeck ist bekannt inganz Europa, ja bis nach Indien hin. In der Hauptsache dreht essich darum, jemand eine im Grunde lächerliche Botschaft aufzu-tragen, der dann unverrichteter Sache zurückkehrt und nun wegenseiner Dummheit als Geck und Narr hingestellt wird. In Flandern,Brabant usw. nennt man den Tag darum Verzenderkensdag. Meistträgt man dort die Botschaft auf, Aprilzaad zu holen oder andereunauffindbare und nicht vorhandene Dinge. Da kennt der Volks-witz gesponnen Brot, Mückenaugen, Mückcnfett, gestampfte Mücken-zähne, Hahneneier und ähnliche schöne Sachen.(Niederlande)�Apotheken und Metzgereien sind es vorab, denen man den Aprils,geck zuschickt.In Deutschland gilt es namentlich, am I. April Mückenfetk,Enten- und Gänscmilch, getrockneten Schnee usw. zu holen, odereinen Ohrenlöffcl, um die Ohren eines geschlachteten Stückes Viehzu reinigen. In Schlesien sendet man den Boten aus, den Wind-sack, Dukatcnsamen, Stecknadelsamen und anderes derartiges zuholen; statt des Windsackes bekommt der Gefoppte einen mitSteinen gefüllten Strohsack zu tragen. In Mähren, um Olmützherum, schickt der Bauer einen Boten nach Verstandessamcn undKrebsenblut aus. An vielen Orten muß der Gefoppte ungebrannteAsche fordern, und braucht sich dann nicht zu wundern, wenn ihmplötzlich der Stock auf dem Rücken tanzt.In Frankreich wünscht man eine Schnur zum Drehen desWindes, eine Maschine, um Wind zu machen, Oel von den Füßender Schildkröte, Holzöl, eine Drahtspritze, eine Nadelmühle, denSchlüssel zum Manöverfeld usw.In Luxemburg begehrt man eine Sichel mit zwei Klingen,Armöl, Besensaat, Nadelsamen, ein rundes Winkelmaß, einenHackklotz für zwei Köpfe, einen Griff für zwei Aermel, rotes Salz,Bock- und Schweinemilch, ein Hahnenei, Gras zum Eisenschneidcn.In Wallonien: einen Hering ohne Gräten, ein viereckiges Rad,ein Beil mit drei Schneiden, eine Nadel mit zwei Löchern, Bart-samen.Andere Scherze sind mehr für Erwachsene berechnet: manschickt jemand in ein Haus, wo ein Kalb oder Kaninchen mit dreiKöpfen zu sehen sei; zu einem Baum, auf den ein Hund geraten,der nicht mehr herunter kann. Anderenorts erzählt man, in einergewissen Herberge sei ein Mann mit zwei Nasen zu sehen; ananderen Stellen soll ein Elefant vorbeigcführt werden. Fernersendet man jemand mit einem Sack voll Steinen, mit einer sorg-fältig verpackten Kaninchenpfotc. In Antwerpen fragt einer denanderen:„Gehst Du mit, den Walfisch in dem trockenen Teich zusehen?" In Friesland erzählt ein Schelm einer Bäuerin:„DerMetzger verkauft nun gutes Rindfleisch für vier und fünf Stüber.�Die Frau geht eilends hin, kommt aber bald zurück mit der Meldung,daß das Fleisch 9 Stüber koste. Da erwidert der Necker:„Jawohl,das habe ich ja gesagt; vier und fünf ist alleweil neun."Auch in die Geschichte spielt der Aprilscherz hinein. So singtman noch heute in den Niederlanden:„Den ersten April/VerlorAlva(Alba) zijn bril", und erinnert damit an die Einnahme vonDen Brie! am 1. April 1572 durch die Wassergeuscn. Auf demReichstage zu Augsburg im Jahre 1530 setzte man einen Münztagauf den I. April des folgenden Jahres zur Regelung des Münz-Wesens fest. Darauf wurden große Spekulationen gebaut, dieaber verloren gingen, da der Münztag vergessen wurde. Ueberdiesen Aprilscherz spottete man«n ganz Deutschland.