des BuchcnhochwaldcZ glaubt man daS Vorbild der gotischen Vau-art suchen zu müssen. Kühle geheimnisvolle Dämmerung umfängtuns, durchzittert von den goldenen Sonnenbildchen, die durch dieLücken des Laubwerles herab auf dem Boden spielen. Da�u daskraftvolle Rauschen der Kronen, das anmutige Wiegen der jungenStämmchen im Unterwuchs, über die weg der Blick in ahnungsvollefernen schaut, gehemmt und gelockt von den in reizvollem Wechselsich verdeckenden Stäinmen. Das sind die vielbesungenen»heiligenHallen", der„grüne Waldesdom" unserer Dichter.Der Buchenhochwald bedeckt in ganz Deutschland rund 1b Proz.der gesamten Waldfläche, besonders kalkreiches Hügel- und Berg-land ist heute sein Hauptgebiet. Im sandigen Flachlande hat erden Nadelhölzern weichen müssen; nur vereinzelt und vom Natur-freund« deshalb besonders geschätzt ragen die Buchenwälder dortwie Oasen aus dem Einerlei der Kiefer. In der Jugend wächst dieBuche langsam, aber ihr geringes Lichtbcdürfnis läßt sie denSchatten des Altholzes leicht ertragen, obwohl die Kronen derBuchen sich besonders dicht zusammenschließen. Denn die langenweitreichenden Aeste bilden zahllose kurze Seitcntriebe(„Kurz-triebe"), die sich jährlich noch lange neu belauben, wenn der Astselbst kein Blatt mehr— außer an seiner Spitze— hervorbringt.Die eiförmigen Blätter sind leicht zugespitzt, am Rande glatt, nurwenig gewellt und in der Jugend weißhaarig bewimpert. Sie sitzenan kurzem, kräftigem Stiel. An den Zwcigspitzen erscheinen imMai gleichzeitig mit den Blättern die kleinen kugelig-grünen weib-lichen Köpfchen auf aufrechtem Stiele, die männlichen dagegenhängen, in kugelig« gelbe Kätzchen zusamengedrängt, an dünnem,behaartem Stiele lang herab. Der graubraune stachelige Frucht-bccher springt im Oktober vierilappig auf und entläßt die beidenglänzendbraunen Samen, die bekannten, scharf dreikantigen„Bucheckern". Alle fünf bis zehn Jahre, je nach den örtlichen Ver-Hältnissen, trägt der Buchenwald eine„volle Mast", d. h. eine reicheBesamung. In den Jahren dazwischen werden nur vereinzeltSamen gebildet(„Sprengmast").Jni Frühsommer nach dem Samenausfall ist der Boden mitdem Aufschlage der jungen Buchenpflanzen bedeckt. Sie sind be-sonders leicht zu erkennen, denn die zwei grünen Keimblätter, diesie, wie alle Laubbäume, entwickeln, sind groß, nierenförmig unddickfleischig, reich an Stärke und Oel. So erfüllen sie ihren Zweck,für den jungen Keimling die Nahrungsstoffe zu liefern, bis er selbstimstande ist, sie sich zu suchen, aufs beste. Vermögen aber die zartenWürzelchcn die dichte Laubdecke nicht zu durchdringen, so ist derganze hoffnungsvolle Nachwuchs im nächsten Jahre verschwundenbis auf die wenigen, die sich durchzuringen wußten zum Boden.Doch diese Decke aus dürren Blättern und anderer.Streu"ist keineswegs schädlich, sie ist von größter Bedeutung für den Wald.Drei Jahre etwa braucht das Laub zu seiner Verwesung. Dannbildet es eine dunkle, schwärzliche, von Pilzfäden durchzogeneModermaffe, die sich mit Erde vermengt. Zahllose Regenwürmcrund andere kleine Tiere bewirken die Zerkrümelung und mecha-nische Vermischung der Masse. An der chemischen Umsetzung allerTeile arbeitet gleichzeitig ein Heer von niedersten Pflanzen, Faden-Pilze und Bakterien. Die so zugerichtete Bodenschicht, der Humus,ist der Nährboden für die höheren Pflanzen. In milden, warmenLagen gewinnen die schnell zersetzenden Bakterien die Oberhand,und reiche Mullböden schaffen üppiges Gedeihen für Wald undFeld. Bei allzuviel Sonne oder zu großen Niederschlägen, wennder Boden ungeschützt ihnen preisgegeben ist, wird ihr Wachstumgehemmt, nur Fadenpilz« vermehren sich weit«r und durchziehendie oberen Schichten, mit deren Zersetzung sie nicht mehr fertigwerden. Der Boden wird fest, die Regenwürmer vermögen ihnnicht mehr zu durchschaffen, und solche„Rohhumus"böden find fürden Wald eine schwere Plage. Heide und Moor, je nach den beson-deren Verhältnissen, stellen sich ein, und schlimme Bodenverände-tungen(Ortsteinbildung u. a.) können die Folge sein. Geradeunsere Buche ist eine treffliche Mithelferin gegen solche Gefahren,sie deckt und schützt den Boden, und ihr reichliches Laub ist besondersim Nadelwald ein werwolles Material für die Humusbildung.Aber ihr Wurzelwerk vermag auch den Boden überallhin zu durch-dringen, so besonders reich und feinverästelt sind ihre Faser-Würzelchen. Dabei find sie an den Spitzen dicht umhüllt von zartenPilzfädcn, die ihnen zur Gewinnung des Stickstoffes behilflich sind.Solche..Pilzwurzel"(Mykorrhiza) ist weit verbreitet, aber in ihremEinfluß auf das Gedeihen der Bäume noch wenig erforscht.Das japatrifebe Ukeater.Ter japanische Dramatiker Ossada, in seinem Vaterlands 6vchals Parlamentarier geschätzt, ist nach Paris gekommen, um dasfranzösische Theater zu studieren. Ossada trägt sich mit dem Plan,europäisches Bühncnwesen nach Japan zu verpflanzen, wie erschon Werke europäischer, vor allem französischer Dramatiker, dort-hin verpflanzt hat.„Der Geizige" von Moliere"..AdrienneLecouvreur" von Legouve,„Vaterland" von Sardou und„DieKameliendame" von Dumas sind von ihm inS Japan sche übersetztund in Tokio zur Aufführung gebracht worden. Er kennt diefranzösische Literatur sehr genau, da er in Frankreich studiert hat;er wurde dann Professor der Literatur an der Nnißersität ztlTokio und spielt im japanischen Parlament als vereidigter l1eber«>setzer französischer Dokumente eine große Rolle. Fernand Hauservom Pariser„Journal" hatte in Paris mit ihm eine Unterredung«in deren Verlauf Ossada über das japanische Theaterwesen fesselndaMitteilungen machte:„Unser Theater," sagte er,„ist natürlich mit den BühnenEuropas gar nicht zu vergleichen. Wir sind noch in jeder Hinsichtweit zurück; nicht als ob man bei uns das Theater gering schätzte;im Gegenteil: man schwärmt dafür. Wir zählen in Tokiozwanzig Theater, und in ganz Japan dürfte es mehr als tausend'Theater geben. Man spielt bei uns vor allem Historische Dramenund Melodramen, die Komödie ist noch nicht so sehr beliebt. WaSOper, komische Oper und Operette sind, wissen wir überhaupt nochnicht; wir kennen nur die„Nos", Stücke mit Gesängen, die un->gefähr Ihren Opern entsprechen könnten. Tanzaufführungen sieht!man nur im Familienkreise und im Restaurant, nie im Theater;Konzerte und Singspielballen sind ganz unbekannt. Unser Theatersetzt sich also hauptsächlich aus Drama und Tragödie zusammen.Man spielt bei uns dramatische Werke, die so verwickelt sind,daß vor noch nicht allzu langer Zeit die Aufführung oft schon un»4 Uhr morgens begann, um erst gegen Mitternacht zu' enden.Dabei gab man nur ein einziges Stück! Jetzt hat man!die Stücke bedeutend gekürzt: man weilt„nur" noch von 4 Uhrnachmittags bis gegen Mitternacht im Theater. Ich habe michseit zehn Jahren bemüht, die Aufführungen noch kürzer zu ge»stalten: so beginnen bei mir die Ausführungen der übersetztenfranzösischen Stücke erst um 6 Uhr abends; sie dauern dann aller-dings gleichfalls bis Mitternacht. Aus alter Gewohnheit wird nochheute im Theatersaal gegessen, getrunken und geraucht. Gegen-wärtig baut man in Tokio ein Theater nach dem Muster dereuropäischen Theater; es soll dort weder gegessen noch gerauchtwerden. Ein japanischer Maler, Herr Noguti, ist nach Paris ge-kommen, um zu lernen, wie man Dekorationen malt; er soll auchdie Dekorationen unseres neuen Theaters malen, und das wirdbei uns eine sensationelle Neuerung sein._ Ein japanischer Schriftsteller, der eine gründliche Geschichteunseres Theaters geschrieben hat, berichtet, daß das japanischeTheaterwesen schon 2060 Jahre alt ist. In jenen uralten Zeitenspielte man auf einer Art Gauklerbühne, die von allen Seitenvon den für das Publikum bestimmten Sitzen umgeben war. Jetzthaben wir richtige Bühnen, aber zwischen der Bühne und demZuschauerraum befindet sich ein„Weg", auf dem sich oft ein Teildes Stückes abspielt.— Seit ungefähr zehn Jahren gibt es beiuns auch wieder Schauspielerinnen, und das ist eine große Neu-heit. Am Anfang unserer Theatergeschichte hatten nur dieFrauen das Recht zu spielen. Da das Theaterleben aber in Zucht-losigkeit ausartete, ersetzte man eines Tages die Frauen durch dieMänner, und 300 Jahre lang hatten nur die Männer daSRecht, die Bühne zu betreten. Später und bis in die letzte Zeitgab es bei uns zweierlei Theater: Theater, in denen die Männerspielten, und Theater, in denen die Frauen spielten; Männer und'Frauen zusammen sah man nirgends. Das hat sich jetzt geändert?heute gibt eS auf fast allen Bühnen Schauspieler und Schau-spielerinnen. Sadda Dacco war die erste, die mit Männern'spielte.Jedes Stück wird in unseren Theatern fünfundzwanzigmalintereinander gespielt, nicht ein einziges Mal mehr; ist das Stückeliebt, so wird es später wieder einmal auf den Spielplan gesetzt.Für diese fünfundzwanzig Aufführungen gibt es einen festenPreis; der Dichter bekommt ein für allemal etwa 1000 Frank;die Buchausgabe des Werkes bringt ihm weitere 1000 Frank; dannaber ist es aus: das Werk gehört den Schauspielern. Autorrechtegibt es nicht. Ich war der erste und bin augenblicklich noch dereinzige, der von der Einnahme Tantiemen verlangt und er->hält. Die llebersetzung der„Kameliendame" brachte mir etwa8000 Frank; dieses Werk hat bei uns allerdings einen sehr be,deutenden Erfolg gehabt. Darüber darf man sich nicht wundern,denn die„Kameliendame" mit ihrer Sentimentalität scheint einStück aus unserer Empfindungswelt zu sein. Es gibt in Japaneinen sehr populären Roman»„Kosankingoro", der 40 Jahre vordem Drama des jüngeren Dumas erschienen ist und denselbenStoff in genau derselben Weise behandelt. Ich habe übrigens öfterbemerkt, daß das französische Seelenleben dem japanischen ver-.wandt ist. während wir uns z. B. von den Engländern in unseremEmpfindungsleben ganz bedeutend unterscheiden. Die französischenDramen haben denn auch bei uns den größten Erfolg. Allerdingsnicht alle; ich kann mir z. B. nicht denken, daß man bei uns die„Pariserin" von Henri Becque spielen könnte; daS würde bestimmtnicht gehen; aber es gibt viele französische Dramen, die denJapanern sehr gefallen würden.>Die Schauspieler werden sehr schlecht bezahlt; es gab abereinen Künstler, Danzuro, der nicht weniger als 1000 Frank proTag bekam; das war jedoch eine Ausnahme, und Danzuro hatteauch ein großes Talent.— Die Preise der Plätze in den japani.schen Theatern betragen etwa zwei bis drei Frank für die hinterenSperrsitze; sie steigen bis auf 100 Frank für eine Loge mit vierflätzen; für diesen Preis bekommt man allerdings auch zu essen.ein Theater in Japan wird von der Regierung unterstützt. DerKaiser geht niemals ins Theater; er veranstaltet aber manchmalAufführungen in seinem Palast. Europäische Künstler sind nochniemals in Japan gewesen; man erzählt jedoch, daß Sarah Bern,