Unterhallungsblatt des Horwärts Nr. 93. Freitag den 14. Mai. 1909 KNachdrut verdol-n.l s, Erkaltung äer I�raft. Novelle von Timm Kröger. 'Einmal." fing die Hebamme wieder an.mußte es ja kommen. Elsbe und Jürn das ist ja schon lange im Gang. Elsbe hat ja die Jahre, und nach Dückerswisch muß eine Frau wieder hin. Das sieht ein Blinder. Was sollten sie da noch länger warten? Die Hochzeit wird denn auch bald sein." Ja, Nachbarin ich tu eine dumme Frage. Es gab mal eine Zeit, wo i ch mit Elsbe ging. Elsbe ist die damit einverstanden, daß sie nach Dückerswisch kommt?" Martin," erwiderte die Hebamme eifrig,die Frage ist wirklich wunderlich. Natürlich ist Elsbe einverstanden. Elsbe weih, daß ihre Mutter ihr Bestes will und ihr Bestes kennt." Hat sie es denn gern getan? Entschuldigt, Nachbarin, ich frag so geradezu." Mattn, was sind das für Sachen? Da sollte ich cigent- lich gar nicht drauf antworten.... N a t ü r l i ch hat Elsbe Jürn Alpen gern genommen eine bessere Partie gibt's ja nicht im Dorf. Ja, Martin, sie hat es g e r n getan." Als Frau Wulfsen das gesagt hatte, da erwiderte Martin Ilhrhammcr fast wider Willen und mit Nachdruck:Das glaub ich Ihnen nicht, Frau Nawersch!" Die Wulfsen sah ihn verdutzt an, Martin tat ein paar hastige Züge aus seiner Pfeife. Er hatte am Beilegcofen gestanden und den Arm darauf gestützt, nun ließ er sich auf den hinter ihm stehenden Stuhl fallen. Aber Martini" rief Frau Wulfsen ,wie kannst Du das Tagen?" Man noch einen Augenblick, Frau Wulfsen, " fuhr Martin Uhrhammer, ihren Einwurf nicht beachtend, fort. Hat Elsbe nicht zu Ihnen gesagt, daß ich kommen würde und Sie was' fragen?" Frau Wulfsen überlegte einen Augenblick, was sie sagen wolle. Dann gab sie der Wahrheit die Ehre und antwortete: Ja, das yat Elsbe gesagt, aber das loar vor der Verlobung mit Jürn. das war gleich nach Hans Jägers Jort. Aber es ging nicht an. Martin. Es konnte nicht so werden, wie Du wünschtest: Elsbe hat es auch eingesehen, Martin: man kann im Leben nicht immer so, wie man möchte. Man muß nach Brot sehen. Und mitunter kommt da sonst noch was. Und Elsbe ist so vernünftig... Und nun ist alles abgemacht." Martin Uhrhammer saß noch immer rauchend vor ihr auf dem Stuhl. Ja. Martin... eS nutzt nichts. Und ich glaub', es ist bester, Du gehst. Du bist ein guter Mann, aber... das mußt Du vergessen... Ich seh, wie Du gemeint hast, was Du vorher sagtest. Und ich will's Dir verzeihen. Du bist ausgeregt und hättest Elsbe gern gehabt. Aber da darfst Du nicht mehr an denken. Und ist ja auch nicht schlimm. Sieh, Du mußt eine Frau suchen, die Geld hat Und Du bist noch jung, und es gibt so viel Mädchen. Und nun denn Adjüsl"' In die Höhe war Martin gekommen, aber es war ihm noch nicht ganz klar geworden, daß die vor ihm stehende Frau (die Hebanime stand vor ihm und streckte die Hand zum Ab- fchiednehmen aus), daß die Frau mit dem sanften Gesicht mid mit den seinen Händen ihm, wenn auch ganz fein, die Tür wies. Eine ganze Minute noch stand er und sah stumm in seine Mütze. Und dann erst tat er das, tvas er nach dem Er- suchen von Wiebcke Wulfsen tun sollte, er machte die Tür hinter sich zu ohne von der dargebotenen Hand, die er wohl gar nicht gesihen hat, Gebrauch zu machen. » Mit Martin Uhrhammer war in der nächsten Zeit nicht viel anzufangen. Der Grummet war noch einzubringen. Der Sommer war trocken gewesen, das Gras kurz geblieben, deshalb nahm Martin zum Ausstaken die große Forke mit den weiten Zinken. Damit kann man einen Diemen, wenn er nicht zu groß ist, in cinem Zug heben. Mattn," sagte die Großdirn von Altenhof, die das Heu auf dem Wagen verstaute,hest'n Mund verlorn?' Der Ausstaker schwieg. Tat gewt na mehr schmocke Derns as Elsbe Wulfsen,'" kam es Weiler aus der Höhe. Als sie das gesagt hatte, bekam sie den Diemen halb ins Gesicht. Vierzehn Tage später schichtete Martin Uhrhammer den Komposthaufen auf, der in der Hedewcide in der Ecke an Hans Stri.wes Kampkoppel lag. Hinter ihm aus dem Knick wuchsen junge Haseln und Birken, und der Wind philo». sophierte darin. Jedes Ding, sagte er, habe zwei Seiten, und was nicht zu ändern sei, das müsse man lassen. Und mitten in der Philosophie flog etwas Weißes hoch über Birken und Haseln und fiel schwer zu Boden. Es war ein an einen Stein gebundener Brief. Martin Uhrhammer nahm ihn schnell auf, las, brach un- gestiim durch die Haselbüsche und stand auf der Kampkoppcl. Auf dein Wall nach Karl Schott hin wiegte sich ein viel- wissendes, aber nichtssagendes Bäumchen hin und her. Sonst sah Martin nichts. Nun fing MartinGott sei Dank!" wieder zu rauchen an, und man sah ihn abends schmökend nach der Ster- brooker Wiese, wo noch immer die Jungpferdc grasten, hin- übergehen. Vom Sterbrooker Damm führt ein tief in Brombeeren vergrabener Weg nach dem Triangel, einer kleinen, von hohen Knicken eingerahmten dreieckigen Koppel. Der Winkel ist ein dem Besitzer von Büngershof gehöriges Sprengstück niitten im Altenhofer Feld. Es ist einsam allda, wie sollte es auch von Büngershof just jemand im Herbst einfallen, nach dem Triangel zu gehen? Man braucht, um nach dem Triangel zu kommen, nicht gerade der Sterbrooker Damm zu passieren: von Altenhof bei Bocks Hintersteig ab, über die kleine Kuhweide hinweg, ist er sogar kürzer. 6. Kapitel. R ii st u n g e n hüben und drüben. Und wieder war es Frühling. Der Winter war naß und trüb und schwer gewesen, die ersten Frühlingsmonate waren es auch. Auf dem Acker ist wenig zu machen, nichts rückt von der Stelle, auch nicht die noch immer nicht fertige Brücke. Es hat ein Verwaltungs- streit getobt und tobt noch, und erst seit einigen Wochen ist wenigstens der Bau(es wird ein Neubau) in Angriff ge- nommen worden. Der Verkehr geht aber nach wie vor iiber Todcndorf und Seefeld . Jürn Alpens Hochzeit wird nun au?h bald sein, natürlich mit Haustrai'ung Pastor Beek soll kommen. Peter Schottohm Baucrvogt ist Standesbeamter. Wenn nun die Frühjahrsmanöver schon begonnen haben," fragt er,was dann?" Dann inacht der Pastor die ganze Runde durch die Dörfer," erwidert Jürn Alpen.Er soll mit eigenem Fuhr­werk kommen, und was es kostet, das kostet es." Mit der Mobiliarausstcuer ist es eine einfache Sache. Alles, was die erste Frau mitgebracht hatte, bleibt auf Dückerswisch. Aber die gute Stube will Mutter Wulfsen selbst einrichten.Einen Platz," sagt sie,soll meine Tochter haben, wo sie nicht von Sacken umgeben ist, die der Toten sind und jetzt von Rechts wegen der kleinen Grete gehören müßten. Ich will das Geld aufnehmen, was ich mir selbst verdient und auf die Sparkasse getan habe. Und wenn es nicht reicht, dann nehme ich das andere bei der Kasse auf Kredit." Und auf der Sparkasse betrug ihr Guthaben in der Tat nicht so viel, wie sie brauchte. Der alte Kirchspielbevollmächtigte Gösch, der die Leitung in den Sitzungen hat, fragte die Hebamme nach Sicherheit und ob sie einen Bürgen mitgebracht habe. Ob sie was mit- gebracht habe? kani es verwundert zurück.Einen Bürgen." Frau Wulfsen fühlte sich verletzt und äußerte das auch