Unterhaltungsblatt des Vorwärts
Nr. 94.
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Sonnabend, den 15. Mai.
Nachdru berboten.)
Erbaltung der Kraft.
Nobelle von Timm Kröger,
Die Hochzeit wurde auf den ersten Juni festgesetzt und Standesamt auf den einunddreißigsten Mai.- Zürn hatte noch im Herbst heiraten wollen, das hatte die Braut nicht gewollt, da dachte Jürn sie wenigstens als Maifat, wie er sich ausdrückte, heimzuführen. Darin hatte man ihm so halb und halb nachgegeben.
Am dreißigsten Mai wird Polterabend in der Sternkate fein, Polterabend feiern ist seit Christine Holms Heirat bei wohlhabenden Paaren aufgekommen. Noch lacht das Dorf über die Scherze, die aufgeführt worden sind: bei Elsbe Wulffen will man alles nochmal machen.
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Dora Pahl ist auch dabei gewesen. Sie ist als Schustergefelle aufgetreten, und Klaus Eggers- mit den Röcken der langen Gretchen Schuldt ausgekleidet" als Meisterin, ein Anblid zum Totlachen! Die Meisterin liebelt mit dem Gefellen Klaus Eggert spricht in der Fistel( es ist zum Schreien) er bittet um einen Kuß. Dora Bahl drückt der Pseudomeisterin so' was auf... aber der Meister kommt darauf zu. Er wird von der feinen Lene Schulten, der Tochter des Bauern von Kühlendamm, gegeben. Groteske Maske, Nase über fünf Boll, Flachsbart, über einen halben Fuß lang. Man denke sich: die pummelige Lene Schulten( Bech an den Händen und Bech im Bart), einen drei Viertelellen langen Spannriemen in der Hand... so steigt sie aus der Kammer, Schimpfend, mit einer Stimme, so tief und grob, wie Hals und Gaumen und Kehlkopf nur hergeben. Zene mißt dem Gefellen Dora Bahl über die breiten, weichen Pfirsichformen des Rückens auf, was er verdient hat. Klaus Eggers die lange Meisterin- weint in der Fistel, beteuert ihre Unschuld und jagt eine richtige Potiphar - mit dem Eheliebsten gemeinsame Sache machend, Dora Pahl zum Tempel hinaus. Am ersten Juni elf Uhr vormittags- Trauung... nachmittags vier Uhr Gelage, beides auf Dückerswisch. Hannes Haß geht schon im Dorf herum...
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Belmals to grötn von Jürn Alpen von Dückerswisch un sin Brut Elsbe Wulffen," und so weiter. Um zehn Uhr wird Jürn Alpen mit dem Staatswagen vorfahren und die Braut holen. Von den Eingesessenen wird das Pulver nicht gespart werden.
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Auf Düderswisch ist eine lange Diele. Peter Tischler vom Südereck des Dorfes hat acht Tage vorher den Bretterfaal gelegt, auf dem es so viel glatter schleift und tanzt als auf einer Lehmdiele. Am Ersten gehts los, und Elsbe Wulffen, die beste Tänzerin des Dorfs, ist Braut.
Wie zur Auferstehung wird die Musik durch das große Bauernhaus schwingen. Das muß jedem in die Beine fahren. Die Trompete wird blasen, zwei Geigen werden frohlocken und singen, und die Klarinette wird jauchzen. Und die grobe Baßgeige fummt als Ballast und Schwere und Widerstand in den Trubel hinein.
Wer Elsbe Wulffen im Arm hat, mag die lange Diele in einem Bug hinunter schaffieren". Der Bräutigam... er sieht ja noch einigermaßen aus, aber mit seinem Tanzen ist es allgemach doch nur so... so... la... la... Der kann unter seinen Gästen umhergehen, ihnen die Hand drücken und süß und nett tun, und dann kann er sich mit seiner schönen Meerschaumpfeife oben in der Hörn hinstellen oder auf einem Stuhl niedersißen und dem Zanzen zusehen.
Wenn im Dorf ein Gelage in Aussicht steht, und nun gar eine Hochzeit wie die auf Dückerswisch, dann liegt das Morgenrot der Freude auf allen Gesichtern. Uebermorgen ist Polterabend, da wollen wir hin, da gibt es viel Spaß, und Kaffee und Wein und Butterbrot gibt es auch. Und dann die Hochzeit! Jeder fliegt, in Gedanken die Braut im Arm ( eigentlich ist es nicht richtig: mit der jungen Frau muß es Heißen), mit Elsbe Wulffen fliegt er über die Saaldiele von
1909
Dückerswisch, an Jürn Alpens flimmernden, freundlich tuenden Augen und an seiner Meerschaumpfeife vorbei, und faum einer von all den jungen Leuten denkt an Martin Uhr hammer und was der wohl sagt, und ob Martin wohl zur " Röst" kommen wird
Auch auf Altenhof war der Winter träge und trübe und langweilig hingegangen. Klaus Klüterte, aber seinem Bruder schien, als ob er nicht mehr so sei wie früher. Defters fah er ihn in einem kleinen Buch studieren, das der Dorfdrechsler mal in der Werkstätte hatte liegen lassen.
Es war vielleicht zehn Tage vor Jürn Alpens Hochzeitstag, da kam Klaus eines Tages seinem Bruder, der zu Feld wollte, auf der Diele nachgegangen und meldete: Martin, ich geh zur Stadt." Er war im Sonntagsstaat. Ich geh zur Stadt," sagte er, und es kann leicht ein paar Tage dauern, bis ich wiederkomme. Sorgt darum nicht." Was willst Du in der Stadt?"
Das verstehst Du nicht, Martin."
" Und wenn ich's auch nicht verstehe, Du kannst es mir doch gerne sagen."
Es ist wegen des Gesetzes von der Erhaltung der
Kraft."
Das verstehe ich denn freilich nicht. Aber," fuhr Martin fort, wenn Du gehst und ich weiß nicht, wann Du wiederkommst, dann muß ich noch mal mit Dir reden, Ich denk, wir tun es in der Stube, wo wir allein sind."
Als sie in der Stube waren, sagte Martin zu seinem Bruder: Ich will Dir nur sagen, ich habe mein Geld auf der Sparkasse gehoben."
Klaus Uhrhammer erschrak:„ Du willst doch nicht weg von mir? Du willst mich doch nicht allein lassen?"
Martin lachte bitter auf. Sag selbst, was bleibt mir anders übrig? Es ist ein Jahrzehnt, wo ich mich abradere und wie ein Knecht arbeite, und alles zu Deinem Nußen. Denn die Stelle gibst Du mir ja doch nicht."
"
Klaus wußte nur zu sagen: Was soll ich mit dem Hof machen, wenn Du nicht da bist?"
" Das will ich Dir sagen, Klaus. Du gibst Deine Klüteret auf, ziehst Holzstiefel an, wenn's zum Kleigraben geht, und lederne Stiefel, wenn Korn gemäht wird, stehst morgens um vier auf, zerhackst Deine Maschinen und Räder, soweit sie von Holz find, zu Brennholz( da kannst Du ganz gut ein ganzes Jahr den Backofen mit heizen)... mit einem Wort: Du wirst ein ordentlicher Bauer, nimmst eine Frau- das beste ist, einen ordentlichen Dragoner, der Dich gehörig her. nimmt... und tuft im übrigen alles, was ich bisher getan hab." Klaus sah ihn erst sprachlos an, dann stammelte er: Das kann ich nicht, das ist unmöglich!"
Martin überhörte es.
Zur Erbteilung," sprach er weiter, will ich Peter Bauerbogt Vollmacht ausstellen, sie wird ihm von Altona zugehen. In Altona bleibe ich und arbeite, bis ich weiß, wohin ich gehe. Peter Ohm kann die paar Schillinge, die ich viel leicht noch herausbekomme, in Empfang nehmen."
Klaus schluchzte, als er antwortete:„ Aber Martin, das ist doch nicht Dein Ernst. Das ist ja ganz unmöglich... das geht ja gar nicht."
,, Eigentlich ist das auch meine Meinung, Klaus. glaube nicht, daß Du Altenhof lange halten wirst. Es fei ferne von mir, Dir Böses zu wünschen. Aber wenn es nicht nach Wunsch ginge, unverdient könnte ich es nicht finden." Was soll ich tun?"
„ Mir sollst Du den Hof überlassen, dann kannst Du Dein Leben einrichten, wie es Dir gefällt. Wenn Du nicht zu wild bist, werden wir uns um den Preis leicht einig. Aber es muß gleich fein!"
,, Bruder, was verlangst Du?"
,, Klaus, Du sprachst von einem Gefeß, die Kraft zu era halten. Ich habe nie von einem solchen Gesetz gehört, aber mir scheint, das wäre ein vernünftiges Gesetz der Erhaltung der Kraft, wenn der die väterliche Erde bekäme, der sie be
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