Lorzug, daß Vorrichtungen zu seiner Reinigung und Trocknung nicht erforderlich sind. EZ eignet sich daher besonders für transportable Beleuchtungen, Eisenbahnwagen usw. Die festen Azetylenanlagen müssen alle außer dem eigentlichen Gasentwickelungsapparat noch einen Reiniger erhalten, da das Azetylen von den Rohstoffen her eine Reihe höchst übelriechender Verunreinigungen besitzt. Ter einfachste Azetylenapparat ist die bekonnte Fahrradlaterne. Die Apparate für die Herstellung im großen werden unterschieden je nach der Art und Weise, wie daS Wasser mit dem Karbid in Verbindung gebracht wird. Es gibt Tropfapparats, UeberfchwemmungSapparate, Spülapparate, Tauch- «pparate und Einwurfsapparate, die von einer großen Anzahl von Firmen gebaut werden und vorzüglich funktionieren. Die größte Verwendung hat das Azetylen wohl bei der Be- leuchtung der Eisenbahnwagen durch sogenanntes M i s ch g a S gefunden. Dieses Mischgas besteht aus 20 Proz. Azetylen und $0 Proz. Fettgas, das aus Braunkohlenteer hergestellt wird. Es wird in einem eisernen Behälter in komprimiertein Zustande unter jedem Eiseitbahnwagen mitgeführt. Außer zu Leuchtzwecken findet das Azetylen in der Technik eine sehr wichtige Verwendung in dem neueren sogenannten autogenen Schlveißverfahren oder der Azetylen- Sauer st offsch weißung. Das Azetylen verbrennt, mit Sauerstoff gemischt, mit einer sehr heißen Flamme, deren Temperatur theoretisch zirka 4200 Grad Celsius betragen soll und tatsächlich die Höhe von 3500 Grad erreichen wird. Diese Flamme kann ohne weiteres zwei Metallstiicke an ihrer Berührungsstelle schmelzen und mit einander vereinigen. Dieses autogene Schweißverfahren hat für viele Zwecke eine große Bedeutung erlangt, da es verhältnißmäßig einfach und billig oft sehr schwierige, früher durch Schiveißarbeit nicht herzustellende Teile vollenden Hilst. So spielt es auch in der Automobil- und Flug- apparateniildustrie eine große Rolle. Die heiße Azetylen flamme kann aber nicht nur zur Vereinigung, sondern auch zur Trennung, zum Zerschneiden von Metallen Verwendung finden. Nach einem Verfahren kann mit dem Azetylen- Sauerstoffbrenner Eisen von 200 Millimetern glatt und rasch durch- schnitten werden, was auf mechanischem Wege bedeutende Schwierig- leiten darbietet. Eine weitere technische Verwertung findet das Azetylen noch zur Herstellung von Ruß, der ja nichts anderes ist als feiner Kohlen- stoff, und für verschiedene Zwecke— Herstellung von Farben, Drucker- schwärze, Schuhwichse usw.— von großer Bedeutung ist. Bei der Herstellung von Ruß wird nach einem französischen Verfahren Azetylen in einer Stahlbombe komprimiert und durch einen elektrischen Funken zum Zerfall in Ruß und Wasserstoff ge- bracht. Erwähnenswert sind auch die Versuche, aus Azetylen ebenso wie aus Leuchtgas Alkohol, sogenannter Mineralspiritus, zu erzeugen, die aber bis jetzt noch nicht technisch verwertbar sind. Diese Versuche erscheinen weniger wunderbar, wenn inan sich vor Augen hält, daß Alkohol und Azetylen beide aus denselben Elementen, nur in anderem Verhältnis, nämlich aus Kohlenstoff und Wasserstoff, bestehen. DaS Kalziumkarbid dient aber außer zur Herstellung von Azetylen noch zu einem zweiten wichtigen Zweck, da aus ihm ein hervorragendes künstliches Düngemittel, der Kalkstickstoff, ge- Wonnen wird.") Wenn man über gepulvertes Karbid in glühendem Zustande Stickstock leitet, so entsteht ein sogenanntes Kalziumcyana (Kalk st ick st off), der— als Salpeterermtz— als Düngemittel in der Landwirtschaft zu einer großen Rolle berufen zu sein scheint. Dieses Kalziunrcyanamid bildet auch den Ausgang der Cyankali- fabrikation, die für die Herstellung von Gold von Bedeutung ist. Wenn auch die Azetylenbeleuchtung für verschiedene Zwecke, in erster Linie für Beleuchtung alleinstehender kleinerer Gebäude- komplexe ein größeres Anwendungsgebiet finden wird, so wird die Ausdehnung der Azstylenbeleuchtung iminer beschränkt bleiben. Hin- gegen wird die Azetylen-Sauerstossschweißung sowie die Herstellung des Kalkstickstoffs ein immer größeres Absatzgebiet für die Kalzium- karbidfabrikation werden. Dipl.-In g. Ltb. Die Mssenscbaft vom Vogelei . Die Gestalt und Färbung der Vogeleier erwecken in ihrer un- geheuren Mannigfaltigkeit den Wunsch. Gesetzmäßiges zu finden, das die Einzelheiten in große entwickelungsgeschlchtliche Zusammenhänge einzuordnen gestatten möchte. Das Problem steht heute noch zur Diskussion. Erst kürzlich fand sich in der Londoner Wochenschrift „Nature* die Frage, ob ctwaS darüber bekannt sei, in welcher Weise und wodurch Bogeleier farbig werden, und eS ist recht bezeichnend, daß ein wesentlicher Teil der Antwort, die in jener Zeitschrift erteilt wurde, auf die alten Arbeiten des berühmten Naturforschers Sorby ans dem Jahre 1873 zurückgriff. Er untersuchte damals das Pigment der Eier spektroskopisch und fand sieben verschiedene Färb- stoffe als Grundlage sämtlicher Färbungsvariationen. Er be- zeichnete fie als Oorhodein(rot), Oocyan und gestreiftes Oochan(blau), gelbes Ooxanthin, dunkles Ooxanthin(gelb und rötlich-gelb), brauner Farbstoff und Lichenoxanthin(„Liehen* heißt die Flechte): ein Pigment, das sich auch in •) Siehe auch Unterhaltungsblatt Nr. 222, 1008:»Stickstoffgewinnung und Kalkstickstoff*. vielen Flechten und Pilzen findet und vermutlich selbst mikroskopl» scheu Pilzen seinen Ursprung dankt. Nach älterer Ansicht sind die Farbstoffe der Vogeleier Absonderungsprodukte des BluteS und der Galle, und auch Sorby nimmt für die drei erstgenannten diesen Ursprung an. Die Intensität der Färbung wechselt bis zu einen» gewifien Grade je nach dem Alter des Vogels, und Eier junger Tiere sind häufig noch ohne Fleckung, was offenbar auf einen Mangel an Farbsubstanz zurückzuführen ist. Auch daS letztgelegte Ei oder Eier aus zweiter Brutzeit laffen die normale Färbung und Zeichnung häufig vermissen. Sieben dem Alter spielt auch der Gesundheitszustand des Mutter- bogelS eine Rolle. Ob die Eier von Albinos besondere Eigentüm» lichkeitcn aufweisen, darüber findet sich nirgends etwas verzeichnet. Im allgemeinen kann man sagen, daß die Färbung der Eier mit allgemeinen Vcrerbungstendenzen nicht in Beziehungen steht, noch mit den erworbenen Eigenschaften der Vögel etwas zu tun hat. Häufig jedoch beruht sie auf Schutzanpaffuug, wie dies auch bei den Schalen vieler Weichtiere der Fall ist. Die Eier nehmen Töne undlZeichnuugen an. die mit dem Aussehen ihrer natürlichen Umgebung so sehr überein- stimmen, daß fie von dem Auge ihrer Feinde aus den: Tierreich, zu denen man— naturwissenschaftlich— ja auch den Menschen, und zwar in besonderein Maße, rechnen muß, nicht erspäht werden können. Wo sich bei den Eiern ohne anscheinende Ursache lebhafte Farben und ZeiÄnungen zeigen, muß man entweder annehmen, daß sich die Nistgewohnheit der betreffenden Vögel verändert hat, so daß nur unter den jetzigen Umständen die Buntheit wertlos würde, oder daß diese Buntheit ein Merkzeichen zur leichteren Wiedererkemiung durch die Eltern bildet. Vögel, die gesellig leben, erkennen stets ihr eigenes Ei wieder und wiffen eS von anderen zu unterscheiden. Was die Farbe anlangt, so laffen sich gclvisse Grund- liuien erkennen. Sie ist meist weiß bei Vögeln, die in Baumhühlen nisten oder sonst an dunklon Orten, wohin nur selten ei» Lichtstrahl dringt. Dies ist z. B. bei manchen Eulen, Spechten und Tauben der Fall; doch gibt's auch Ausnahmen von dieser Regel. Die meisten Vögel, die auf deni Boden oder in seiner Nähe nisten, legen Eier von olivgrüner oder brauner Erundfarbe, die mit dem Ton des Erd- reichs oder der Vegetation übereinstimmen, so der Fasan und die Nachtigall. Eier wie die des Haselhuhns haben das Aussehen des Heidegrundes, auf den sie gelegt werden, während die Kiebitzeier kahlen Boden und trockenes Gras nachtäuschen wollen. Außer der Grundfarbe trägt auch die Zeichnung dazu bek, daS Erkennen möglichst zu erschweren und für wenig scharfe Blicke unmöglich zu machen. Es scheint sogar, daß die Vögel selbst einer Nachhilfe bedürfen, um trotz der Schutzsarben rasch ihr Nest wieder- zufinden, denn in defien Nähe sieht der geschickte Blick des Natur- forschers häufig Holzstückchen, Zweige und dergleichen Hilfsmittel, die zweifellos als Merkzeichen dienen. Es scheint, daß in den Schutzfarben der Vogeleier ein Schulbeispiel für die Fälle gegeben ist, wo vorzugsweise daS Milieu die Anpassung hervorgerufen hat. Ob die Eier ursprünglich alle weiß gewesen sind und nur zum Teil späterhin. sei es zum Zweck deS Unscheinbarmachens oder zum Schutz gegen die Sonnen- strahlung, ihre Pigmentschicht ausgebildet haben, das ist nicht entschieden. Jedenfalls ist die Häufigkeit der Sprenkebmg oder sonstiger Zeichen sehr groß; fie finden sich auch bei einigen Arten, die— wie der Nußhäher— in hohlen Bäumen nisten. Es mag sein, daß hier der Fall vorliegt, daß hinsichtlich des NistorteS die Sitte gewechselt hat. Im ganzen ist festzustellen, daß die Farbe der Eier verhältnismäßig leicht variiert und daß Ivohl auch die Kulkurtätigkeit des Menschen durch die Abholzung der Wälder manche Umwandlungen, wenn auch nicht in der Farbe der Eier, so doch in den Nistgewohnheiten hervorgerufen hat, die die Gesetz» Mäßigkeit variierten. Was die Form der Eier anlangt, so find alle hartschaligen, also nicht nur die der Vögel, sondern auch des Krokodils oder der Schildlröte ihrer Gestalt nach sogenannte Rotationslvrper. Einige wenige nur, wie die der Eule oder der Schildkröte, sind ganz oder fast ganz lugelförmig gestaltet. Andere, z. B. die des Kormorans find beinahe genau elliptisch gebildet, während die Mehrzahl die typische Eiform, wie sie jedermann am Hühnerei kennt, auf» weist, also ein breiteres und ein mehr zugespitztes Ende zeigt. Bei manchen Eiern tritt dieser Gegensatz der Enden m extremer Weise hervor, beispielsweise beim Regenpfeifer und bei der Brachschnepfe. Auch in der Form des EieS hat man eine An» paffungserfcheinung gesehen. Man nimmt an, daß die besondere Zuspitzung der Eiform einem Abrollen von felsigem Grunde, auf den das Ei gelegt wird, vorbeugen soll. Andererseits gestattet die zugespitzte Form dem Muttertier, eine größere Anzahl entsprechend angeordneter Eier gleichzeitig zu bebrüten. Immerhin find derartige Erllärungsversuche mit Borsicht aufzunehmen, und das genaue Studium der Einwirkungen, denen das Ei in seiner Wachswmepoche unterworfen ist, verspricht vielleicht ein günstigeres Resultat. Prof. DÄrcy Thompson hat jetzt die Druckverhältniffe, denen daS Ei im Eileiter unterzogen ist, eingehender Bettachtung unterzogen und ge- funden, daß die Form des EieS wesentlich durch das Verhältnis seiner Größe zum Querschnitt des Eileiters bedingt ist. Er hat eine allgemeine Formel für das Verhältnis eines in eine aus- dehnbare Membram eingeschlossenen flüssigen Inhalts unter Druck abgeleitet, aus der sich den natürlichen Verhältnissen entsprechend die verschiedenen Eiformen ergeben.
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26 (19.5.1909) 96
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