Das Bicbbörnchen,*) ' Wer kennt ihn nicht, denfalb-feurig gemantelten Königs« söhn' Riickerts? Wer hat sich nicht schon an den zierlichen Be- »vegungen dieses Charaktertieres unserer deutschen Wälder erfreut? Mit unglaublicher Sicherheit eilt es am Stamm hinauf und hinab, wobei ihm die scharfen Krallen treffliche Dienste leisten: auf wage- rechtem Ast läuft es fast bis zur äußersten Spitze, springt dann Wer auf den Ast eines benachbarten Baumes, geschickt die breite buschige Fahne seines Schwanzes als Fallschirm benutzend und am neuen Ort das alte Spiel fortsetzend. Dabei ist es auf dem Erd- toben nichts weniger als langsam; es tritt mit der ganzen Sohle lauf, und da die Hinterbeine bedeutend länger sind als die vorderen, fo geschieht die Fortbewegung in einem sprungartigen Hüpfen, wo- ei das Tier mit den stark nach außen gestellten Hinterläufen stets die eng nebeneinanderstehenden Vorderläufe überschnellt: so kommt eine ganz charakteristische Spur zustande, denn die gegenseitige Stellung der Läufe bleibt stets die gleiche, und nur die Abstände der Spurenbilder voneinander sind je nach der Schnelligkeit verschieden. Lluch beim Schwimmen zeigt es übrigens große Gewandtheit, wenn es auch selten freiwillig inS Master geht. Der Pelz des Eichhörnchens ändert in der Färbung mehr- ' Fach ab: im Sommer ist er meist oben bräunlichrot, an den Kopf- Feiten mit grau gemilcht, am Bauche weiß; doch auch kastanicn- braunen und schwarzen Exemplaren begegnet man häufig, den letzteren anscheinend besonders im Gebirge. Im Wnrer erhält der Pelz auf der Oberseite einen grauen Anflug, in nordischen Gegen- ben, z. B. in Sibirien , wird er in dieser Jahreszeit sogar voll- kommen weißgrau und bildet dann alsGrauwerk" eine geschätzte Rauchware; namentlich der Bauchteil gilt unter dem NamenFeh" ' oderFehwamme" als kostbar. lieber ganz Europa und Asien verbreitet, sucht sich das Eich- Hörnchen am liebsten hochstämmige trockene Wälder, besonders Madelholzwälder zum Aufenthaltsort, besucht freilich auch während der Reife des Obstes und der Nüsse gern die Dorfgärten, wo ihm Feine Hauptnahrung, Sämereien des Waldes, in reichlicher Menge zur Verfügung steht, dort siedelt es sich an und erbaut sich seine KLohnungen. Zu kurzem, gelegentlichen Aufenthalt, z. B. bei Plötz- licher Gefahr oder auch als Vorratskammern dienen ihm verlassene Vogelnester, Löcher und Spalten hohler Bäume und dergleichen; hie eigentliche Wohnung wird sorgfältig aus Reisig hergerichtet, »nit Laub und Moos gepolstert und mit einem flachen, kegelförmigen Dach überwölbt, wobei freilich auch oftmals ein verlassener Elster-, Krähen- oder Raubvogelhorst als Unterlage dient. Der abwärts gerichtete Haupteingang sieht gewöhnlich nach Osten, außerdem Findet sich meist noch ein kleineres Fluchtloch. In ein solches Nest, deren übrigens jedes Tier mehrere zu besitzen scheint, zieht sich iunser Eichhörnchen während der Nacht zurück, hier verharrt eS bei iungünstiger Witterung oft tagelang und hier verbringt es auch den Winter, ohne aber in einen eigentlichen Winterschlaf zu verfallen. Maht dann das Frühjahr, so beginnt die Paarung, bei der die Tiere oft ein eigentümliches Pfeifen ertönen lassen, und nach vier- wöchentlicher Tragzeit wirft das Weibchen im März oder April L 8 hilflose, ungefähr 0 Tage blinde Junge, die etwa 1 Monat lang gesäugt und sorgfältig gehütet, ja bei Gefahr in ein anderes Nest geschleppt werden. Wenn das Wetter andauernd trocken und schön ist und die Nahrung reichlich zu Gebote steht, dann bringt , das Weibchen wohl auch noch einen zweiten Wurf im Sommer. j; Ebenso zierlich wie das ganze Gebaren des Eichhörnchens in f der Bewegung ist auch seine Haltung beim Fressen, wenn es sich ans . hie Hinterbeine niederläßt und die Nahrung mit den Vorderpfoten ( zum Munde führt. Gerade aber durch die Art seiner Ernäh- irung fügt unser Tier dem Walde außerordentlichen Sckmden zul j Seine Lieblingsnahrung bilden Sämereien; neben Nüssen und WDlsst, von welchem übrigens nur der.Kern, niemals das Fleisch ver- i�zchrt wird, vornehmlich Sämereien des Waldes. Gern nimmt es Micheln und Bucheln, Ahorn-, Linden- und Hainbuchensamen, be- Jfondere Vorliebe aber zeigt es für die Samen des Nadelholzes: um f|ie zu erlangen, weiß es geschickt von den Zapfen die Schuppen ab- zubrechen, am Stiel beginnend und nur einige wenige an der !Spitze stehen lassend; am Boden finden wir dann die Spindeln, Hdie eS fallen läßt. Doch nicht genug damit: eifrig macht es sich -iiuch. zumal wenn es nicht genug Sämereien bekommen kann, über Mnospen und Rinde Herl Die letztere wird an Buche und Hain - «uche, an Tanne und Fichte, Eiche und Aspe, besonders in den höheren Baumpartien, plätzförmig abgenagt odergeringelt", was micht selten Faulwerden, ja sogar Absterben des Holzes zur Folge tat, und lange fingerbreite Rindenfetzen an der Erde geben uns ann Kunde von der verwüstenden Tätigkeit des Tieres. Trieb- jund Blütenknospen nimmt es besonders gern von der Fichte, aber auch von Kiefer und Tanne, und um ihrer habhaft zu werden, bricht ies die ganzen Triebe ab, die alsAbbisse" oderAbbräche" alsdann hen Boden bedecken. Und dabei werden weder junge Kulturen »loch Bäume von vielen Metern Höhe verschont. *) Aus dem soeben erschienenen höchst fesselnden BucheDie Saugetiere Deutschlands " von Dr. Kurt Hennings(Wissenschaft iund Bildung Bd. 86). In Originalleinenband 1,25 M. Verlag von Quelle u. Meyer in Leipzig . Aber nicht auf diese pflanzlichen Stoffe» zu denen gelegknd, lich auch Pilze kommen, beschränkt sich der Hunger des Eich« Hörnchens, auch tierische Nahrung wird nicht verschmäht. Freilich, um gerecht zu sein, müssen wir anerkennen, daß unser Tier auch manche Galle, manchen Maikäfer, manche schädliche Raupe, z. B. die schädlichen Afterraupen der Blattwespen, vertilgt, doch das kann keinen Ersatz bieten für die Zerstörung zahlreicher Vogelnester, deren Bewohner ebenso wie die Eier mit wahrer Leidenschaft ver- zehrt werden. In Mengen fallen dem Räuber die kleinen Vögel des Waldes zum Opfer, die uns teils direkt durch das Vertilgen schädlicher Insekten nützlich werden, teils uns durch ihren Gesang erfreuen. Und dabei hat das gewandte Tier, abgesehen von ungünstiger Witterung, der es oft erliegt, kaum einen Feind zu fürchten außer dem Edelmarder; er freilich ist ihm ein furchtbarer Feind; konnte man doch sogar beobachten, daß seine Ausrottung eine starke Ver- mehrung des Eichhörnchens zur Folge hatte und damit eine Zu- nähme des dem Walde zugefügten Schadens. Wer also unser Tier wirklich kennt, der wird auch, trotz seines ansprechenden Aeußeren, trotz seiner Zierlichkeit und Gewandtheit, damit einverstanden sein, daß der Forstmann seiner Ueberhand- nähme zu steuern sucht. Kleines f euilleton« Sprachwissenschaftliches. Luftballon, Luftschiff, Luftmaschine usw. Als im Jahre 1783 der Luft b a l l o n in Frankreich ersiinden worden war, sträubten sich manche deutsche Schriftsteller wider diesen Sprach- fremdling. Der preußische Ingenieur Hayne gebrauchte 1784 dafür das Wort Lust Maschine, und in demselben Jahre redet der Abt Uebelacker von der Luft k il g e l. 1823 verfaßt der Mathematiker Zachariä eine Geschichte der Luftschwimmkunst und ersetzt da daS Wort Luftballon durch Luftkugel und GaSkugel, je nachdem es sich um eine mit Lust oder um eine mit GaS gefülle Kugel handelt. Auch das Wort Luft ball verbreitete sich; es hatte aber schließlich weniger Glück als das entsprechende WortluoMdal" in Holland , wie ja überhaupt daS Holländische eine Menge glücklicher Ersatzwörter für manche Fremdwörler hat, die bei uns vielen Leuten noch unentbehrlich vorkommen. Das Wort Luftballon" drang schließlich in Deutschland doch durch. 1884 wurde in Berlin sogar eineVersuchsstation für bsllons captifs" gebildet, aber schon zwei Jahre später ersetzte das preußische Kriegs- Ministerium dieses Fremdwort durch Fessel ballon. Das älteste deutsche Wort in der Luftschiffahrt ist Luftschiff, daS schon 1682 belegt ist. DieAeronautik" selber gehört übrigen? zu denjenigen Fremd» Wörtern, über deren Aussprache mancher, im unklaren ist; begegnet man doch häufig der Ansicht, man müsse Aronautik sprechen I Eigentlich sollte darüber ja kein Zweifel herrschen können, denn nach den amt- lichen Rechtschrcibregeln soll man ein großes ä nur A schreiben, aber nie Ac; trotzdem setzen sich zahlreiche Druckereien über diese Vor- schrift hinweg und drucken z. B.Aera der Aeronautik", daS erste Wort falsch, daS zweite richtig. Druckten alle immer richtigÄra dep Aeronautik", so würde bald niemand mehr daran zweifeln, daß A wie ä zu sprechen ist und Ae wie a«e. Anatomisches. Die Länge des menschlichen Darme? ist sehr großen individuellen Schwankungen unterworfen. So soll sie nach Robinson für den Mann 11� bis 32 Fuß, für das Weib 16� bis 30 Fuß betragen. Bloch hat festgestellt, daß die großen Unter- schiede teils angeboren sind, teils erst erworben werden. Im ersten Falle kommt das Kind mit einem sehr kurzen oder auch mit einem relativ langen Darm schon zur Welt, infolge der ungleichen Ent- Wickelung der verschiedenen Körperteile während des Vorgeburt» lichen Lebens. Im zweiten Falle kann sich der Darm über da? normale Maß ausdehnen infolge fehlerhafter oder unzweckmäßig:r Nahrung. Infolge von Tuberkulose z. B. kann sich bei Erwachsenen der Darm verkürzen, andererseits, bei Fettleibigkeit z. B., ver- längcrn. Aus dieser auffällig großen Verschiedenheit der Länge des Darmes mag es sich auch erklären, daß der eine Autor dem männlichen(Robison für Anglo-Amerikaner), der andere dem Weib- lichen(Tröves für Engländer) Darm eine größere Länge zu- schreibt. Verschiedentlich ist wie BuschcnsMenschenkunde" mitteilt beobachtet worden, daß der Darm des Negers im Ver» gleich zu dem des Europäers durchschnittlich von geringerer Länge ist, obwohl der Grimmdarm des Negers sowohl absolut wie auch relativ länger ausfällt.(Chudzinski, Giacomini, Flower und Murie.) Der Darm der Japaner soll auffällig lang sein, was an- scheinend mit der vegetarischen Nahrung dieses Volkes zusammen- hängt. Das Pflanzeneiwciß nämlich bedarf zu seiner Verdauung erfahrungsgemäß einer längeren und intensiveren Verarbeitung durch den Darm als das Fleischeiweiß. Als Durchschnittsmaß der von den verschiedensten Beobachtern mitgeteilten Längen berechnet Bloch für den gesamten Darm 8,56 Meter, für den Dünndarm allein 7,63 Meter. Als kleine Gesamtlänge soll 6,96(Bonnet), als größte 19,9 Meter(Kütner-Gruber) beobachtet worden sein, beides aller, dings einzig dastehende Fälle. fierantw. Redakt.: Carl Mermuth, Berlin -R ixdorf. Druck u. Verlag: Borwärt« Buchdruckerei u.Berlag»anstalt Paul Singer ü-Co.. Berlin SW.