geschrchte, als der auffahrende Gottessohn verNärt in das Hausseines Baters einging.— In Wirtlichkeit ist jene volkstümlicheMeinung aber eine symbolische Bezeichnung für das grelle Leuchtendes Blitzes, und noch heute sagt der ländliche Bewohner Thüringensund Hessens, sobald es heftig blitzt:.Der ganze Himmelsteht a u f.� Das ist aber besonders an„Christi Himmelfahrt"der Fall, denn„an diesem Tage mutz eS ein Gewitter geben, weilunser Herr gen Himmel gefahren ist," wie in norddeutschen Gauengeglaubt wird. Es offenbart sich darin ein gutes Stückvom altgermanischen Donarkultus.(Himmelfahrt fällt aufDonnerstag— Donars Tag!) Sollen sich am zehnten Tage vorPfingsten sächsischem Volksglauben gemäss gewisse Berge öffnen.so liegt die Annahme nahe, als handele es sich hier um eine sym-bolische Folgerung, die im Hinblick auf die biblische Fcstbcgebenheitausser dem Himmel auch die geg«nüberlicgende Erde sich auftunläht. Doch auch diese gemeindeutsche Vorstellung erinnert an dieheidnische Götterlehre der Germanen, die sich manchen ihrer hohenUnsichtbaren im tiefsten Innern dieses und jenes„heiligen Berges"wohnend dachten—: ein Glaube, der später den oder jenen Königin ein solches unterirdisches Schloss versetzte, wie wir z. B. ausder bekannten Barbarossasage wissen, die übrigens auch den Kyff-Häuser sich am Himmelfahrtstage öffnen lässtlSymbolisch sind ferner die ehemals am Himmelfahrtstage ver°anstalteten, jetzt nur noch vereinzelt in süddeutschen Ländern statt-findenden Flurumzüge oder Bittprozcssionen. GeschichtlichenUeberlieferungen gemäss sind sie von der Kirche im 4. Jahrhunderteingeführt worden, doch darf nicht übersehen werden, dass es sichum ursprünglich heidnische und dann im Geiste der neuenLehre umgewandelte Bräuche handelte. Die Germanen meintennämlich, dass etwa im Beginn des sommerbringenden Wonne-monats die Götter förmliche Umgänge durch Flur, Garten undHaus vollführten, und zwar mit segnendem Erfolge. Als jedochdurch den Einfluss christlicher Bekehrer der Glaube an die gaben-spendenden Heidengötter wankend geworden war und deren lenz-zeitige Rundreisen durch Flu: und Au. durch Haus und Hofhinfort von den nachahmenden Sterblichen selbst ins Werk gesetztwurden(wobei man dem feierlichen Zuge bildhauerisch hergestellte„Götzen" vorauftragen liess) da handelt es sich schon um eine sym-bolische Ucblichkeit. DaS reformierende Christentum vermochte deneingewurzelten Brauch nicht zu dämpfen, viel weniger noch aus-zurotten und hängte ihm deshalb das verhüllende Heiligenmäntelchenum, indem die herkömmlichen Ilmzüge zu andachtsvollen Bitt-Prozessionen erhoben wurden, wobei im freien Felde an gewissenStationen Halt gemacht, Evangelien verlesen und Gebete gesprochenwurden und das Kruzifix an der Spitze des Zuges einher-paradieren musste.Wenn heutzutage in Franken und Schwaben, in Harzgegendenwie auch in hessischen und thüringischen Gemarkungen zu Himmel-fahrt die bäuerliche— und auch die städtische— Bevölkerung hoheBergesgipfel der Umgebung aufsucht, so scheint diese Sitte in-sofern eine sinnbildliche Bedeutung zu haben, als nach der Legendeeinst an demselben Tage Christus vor seiner Auffahrt den Oelbergbesteigen musste. Scheinbar will man dem auffahrenden Gottes-söhne nachbildlich werden, doch ist in Wirklichkeit germanischesHeidentum im Spiele. Altdeutschlands Bewohner meinten vorfestlichen, gottgeweihten Tagen(„Hochzeiten") den vielvermögendenGöttern näherzukommen, wenn sie Bergesrücken auffuchten, wo jaheute noch religiös veranlagte Gemüter am leichtesten„vom Schauerder Unendlichkeit ergriffen",„vom geheimen Wehen der Ewigkeitangewandelt" werden.Schliesslich wäre noch einer seltsamen Symbolik des Himmel-fahrtstagcs zu gedenken, die im Spätmittelalter zu höchster Blütegelangte, nämlich die Vermählung des Dogen von Venedig mit demAdriatischen Meere. Als Venedig, die stolze„Königin der Adria",noch ihre republikanische Verfassung hatte, strhr am Himmelfahrts-tag der Doge im festlichen Pomp, umgeben von Gesandten desPapstes und fremder Mächte, umklungen von den schmetterndenKlängen der Hofkapelle, an Bord des„Bucentoro" hinaus insoffene Meer, warf unter lautem Gebet der Klerisei einen kostbarengoldenen, edelsteinverzierten Ring in die rauschenden Wellen undrief dabei feierlich aus:„Meer, wir heiraten dich zum Zeichenunserer wahren und beständigen Herrschaft!" Unter allgemeinemJubel bewegte sich dann das prachtvoll geschmückte Schiff nach demMarktplatz zurück, und ein grosses Fest wurde hier gefeiert. Beidieser symbolischen Himmelfahrtsfeier wollte man sich des meer-göttlichen Schutzes der befluteten Stadt sichern: eine christlicheVerkörperung altheidnischer Anschauungen, F. Kunze.lttaqdruck verboten.)!6ewlttcrfurcht.Wir haben in diesem Jahre ausserordentlich frühzeitig Ge-lvitter gehabt, lvas um so merkwürdiger ist, als dieses Frühjahrsich keineswegs durch ungewöhnliche Hitzen auszeichnete. In derRegel setzt die Gewitterperiode erst nach dem Himmelfahrtstageein, und dieser Festtag ist in vielen Ländern daher ein Bitt- undBettag um Schutz vor Wctterschäden. In anderen Ländern, z. B.in England, muss an diesem Tage die Revision der Blitzableitervollendet sein! Dieses wie jenes zielt darauf hin. Blitz- und Ge-witterschädcn von unL fernzuhalten und dient wohl auch dazu, dieleidige Gewitterfurcht einzuschränken, eine nervöse Krankheit, dt«viel weiter verbreitet ist, als wohl allgemein bekannt ist.Es gibt zahlreiche Menschen, die sonst ganz gesund zu seinscheinen, die, körperlich kräftig, in anderen Leibesgefahren mutigihren Mann liehen, die, wie man zu sagen pflegt, Tod und Teuft!nicht fürchten und gleichwohl beim ersten Zucken eines Blitzes voneiner Angst befallen werden der sie nicht Herr werden können. Oftstellen sich Weinkrämpfe ein. Kopfschmerzen, die freilich wohl mitder körperlichen Veranlagung der betreffenden Personen zusammen-hängen, und allerlei andere Beschwerden, und nicht nur Frauenund Kinder, nicht nur hysterische Dien scheu, sondern grosse starkeMänner werden von solcher Gcwitterangst befallen.Ebensowenig wie diese Gewitterangst mit persönlicher Feigheitder betreffenden Personen irgend etwas zu tun hat, ebensowenigauch mit der Intelligenz, Klugheit, Bildung und Erfahrung deseinzelnen. Während der„ungebildete" Bauer in der Regel derBlitzgefahr weit mehr ausgesetzt ist als der Bewohner der Stadt,ist doch die Gewittcrangst unter der„gebildeten" Bevölkerung derStadt weit mehr verbreitet,— wie ja alle mit der Nervenstörungzusammenhängeirden Krankheitserscheinungen. Es ist das sogarder Fall bei Gelehrten, die sich völlig klar darüber find, was einGewitter auf sich hat. Es handelt sich eben um eine Krankheit,über deren Erscheinungsformen man noch viel zu wenig unter-richtet ist, um über ihre Ursachen im klaren zu sein. Die meistenMenschen, denen selber die Gewitterangst völlig fremd ist, sindnur zu leicht geneigt, diejenigen, die beim ersten Blitz von kläg-licher Furcht befallen werden und diese oft in der grotcskestenWeise zeigen, zu verlachen, mit..Vernunftsgründen" und Be-Ichrungen" ihnen„den Kopf zurechtzusetzen" und so ihnen„dieFurcht auszutreiben". Krankheiten aber heilt man nicht durchVerhöhnung und Belehrung, wenigstens nicht im Augenblick deSKrankheitsauSbruchS. Es mag nicht falsch sein, die von Geivitter-furcht Befallenen über die Grundlosigkeit ihrer Furcht immerwieder in eindringlichster Weis« aufzuklären: zu Zeiten, wennkeine Gewitter drohen und sie völlig frei von Gewitterangst sind.aber im Augenblick des Ausbruchs der Furcht können nur Be«ruhigungsmittel oder Energie Hilfe schaffen.Beide Methoden haben eine gewisse suggestive Wirkung: dervon Furcht Erregte wird unter der beruhigenden Einwirkungsanfter und besänftigender Zureden die Reizbarkeit der Nervenverlieren, andere Beruhigungsmittel, wie abkühlende Getränke.sehr süsses Zuckerwasser, kalter Baldriantce, Brom, Brausepulverschlagen die innere Erregung nieder, kühlende Umschläge auf dieStirn haben ähnlichen Zweck und ähnliche Wirkung. Andererseitsaber hilft auch oft eine energische Behandlung des Kranken, eintüchtiges Anschreien und Auszanken, das ihn selbst zu energischerBekämpfung der Furcht zwingt. Welche BeHandlungsweise imEinzelfall geboten erscheint, das muss die Erfahrung lehren.Willensschwächen Personen gegenüber wirkt meist das letztereMittel, das ihnen der Wille des stärkeren aufzwingt. Es ist eineleichte Art der Hypnose, die da in Kraft tntt. Doch kommt tieben auf die Eigenart der einzelnen Person, auf den Grad ihrerGewitterfurcht an.Hat die Umgebung der betreffenden Person auf die eine oderdie andere Art die Gcwitterfurcht in einzelnen Fällen erfolgreichbekämpft und sie kehrt bei jedem neuen Gewitter doch immerwieder, so soll man einen tüchtigen Nervenarzt zu Rate ziehen,der dann eine längere Kur vornehmen muss; denn abgesehen davon,dass oft wiederkehrende Anfälle der Gewitterfurcht den Betreffen-den körperlich sehr herunterbringen können, ist die Gewitterfurchtdoch auch in jedem Falle eine psychische Störung, die wohl auchgrössere Dimensionen annehmen kann. Kaltwasser- und hhpno-tische Kuren sind von Erfolg gewesen, selbst in schweren Fällendieses Leidens.Natürlich darf man nicht jede Angst, die irgendeinen befällt,wennS blitzt und donnert, gleich als die Krankheit auffassen, vonder hier die Rede ist, sondern diese Angst muss von anderenKrankheitserscheinungen begleitet sein: grosser Reizbarkeit derNerven, tiefer Erregung und Erschütterung, Ohnmachtsanfällen,Weinkrämpftn, Zittern und sonstigen Anzeichen einer offenbarenseelischen Störung, die für zeden Einsichtigen als solche unver«kennbar ist.Uebcr die Ursachen der Gewitterfurcht sind die Ansichtenkeineswegs geklärt. Man geht wohl nicht fehl, wenn man an»nimmt, dass in den verschiedenen Fällen verschiedene Ursachenmitwirken. Eine allgemeine Willensschwäche kann in dem einenFall das vernachlässigte Angstgefühl, das dann bei jedem Un->Wetter eine natürliche Erscheinung ist, zur krankhaften Gewitter-furcht steigern. In anderen Fällen wiederum werden psychischeStörungen vorliegen. Man hat oftmals allerlei Idiosynkrasienbeobachtet: Widerwillen gegen Geräusche, gegen Gerüche undandere Einwirkungen von aussen, die auf seelische Störungenzurückzuführen sind. Endlich aber auch wird es Fälle geben, betdenen die ungewöhnlichen Witterungsverhältnisse, die bei eineinGewitter vorhanden sind, Wirkungen auf den Körper der be«treffenden Persönlichkeiten hervorrufen.Von diesem Gesichtspunkte aus ist die Gewitterfurcht wohlvon den Aerztcn noch am wenigsten bet.Mchtct worden, und dochliegt es nahe, sie als eine Erkrankung des Körpers, nicht alssolche der Seele zu betrachten, wenn man erwägt, bei wie zahl-reichen Menschen sich Witterungserscheinungen im Körper bemerk-bar machen durch Reihen in den Gliedern, Kopfschmerzen, Schwer«im Körper usw.. Es gibt Menschen, die im wahrsten Sinne des