Gemälde„Seltfire*<Nr. 28). Sehr flott und sicher hingestrichene,aber in der Auffassung etwas nüchterne Landschaften von Theod. Brockhusen<Nr. 31—34), ein Bildnis und zwei Stillleben(darunter eine prächtige„Silberschale mit Tulpen". Nr. 174) vonGeorge Mosson, schöne Interieurs von Gotthard Kuehl(Nr. 144), Heinrich Hübner(Nr. 107) und Fritz Rbein(Nr. 204), ein forsches und eindrucksvolles Bild„Vor dem Tanz'(Nr. 138) von Leo v. König, fünf Zeichnungen(Nr. 71— 75) unddrei Pastelle(Nr. 38—70) des Freiherrn Hugo v. Haber-mann und schließlich ein sehr korrekt und sehr langweilig gemaltesPorträt des Bremer BürgenneisterS Pauli(Nr. 128) von K o n r a dv. Kardorff seien noch besonders erwähnt.Das Ausland ist, waS die ältere und naturalistische Richtunganbelangt, nur spärlich vertreten. Neben dem Schweden AndersZorn, der mit zwei temperamentvoll gemalten leuchtenden Akt-Silbern(„Mutter und Kind" Nr. 271,„Venus de la Billette' Skr. 272)die Spießer ärgert, erscheint sein in Deutschland bisher kaum ge-kannter Landsmann Ernst Joseph son, von dem uns fünfPorträts(Nr. 119— 124) vorgeführt werden. Der Künstler, der sichnicht nur als Maler, sondern auch als Dichter betätigt hat, ist vordrei Jahren gestorben, nachdem er die letzten anderthalb Jahrzehnteseines LebenS geisteskrank gewesen war. Man schätzt ihn in seinemHeimatlande sehr hoch, vornehmlich als Lehrer, Anreger undOrganisator der jungen schwedischen Künstler- und Dichtergeneration.Seine Bildnisse— namentlich das seiner Mutter(Nr. 123) und dasdes Journalisten Renholm(Nr. 119)— zeichnen sich durch einelebensvolle und eindringliche, nirgends aufdringliche Charakteristikaus; sie sind fast durchweg gut gemalt(nur bei einigen, z. B. demPorttät der Frau Hilma Marcus(Nr. 122) stört die ängstlicheManier, in der gewisse Details des Gesichts gegeben sind) unddokumentieren einen kultivierten Sinn für diskrete koloristischeWirkungen. Ein bahnbrechendes Genie ist Josephson sicher nicht ge-Wesen, wohl aber ein starkes, eigenartiges und fein gebildetesmalerisches Temperament.Dem Andenken des vor Jahresftist verstorbenen WalterLeistikow ist ein Zimmer(IV) der Ausstellung gewidmet. Diekleine Kollektion von Gemälden(Nr. 145—159), die hier in klugerund geschmackvoller Auswahl vereinigt sind, gibt einen guten Ueber-blick über den Entwickelungsgang des ausgezeichneten Künstlers.Sie charakterisiert jede wichtigere Etappe auf seinem Wege. Die„Ziegeleien an» Wasser'(Nr. 145) sind bezeichnend für die frühe ArtLeistikowS, während schon das ein Jahr später entstandene Hafenbild(Nr. 143) die charatteristische Note des ferttgen Meisters aufweist. ES be-ginnt dann die künstlerische Eroberung des Gruneioalds, die Entdeckungder tausendfältigen, bis dahin von niemand beobachteten Schönheiten:der roten, vom Abendlichte grell beleuchteten Kiefernstämme(Nr. 147),der stillen schwarzen Wasserspiegel(Nr. 148), der eigenartig phantastt-scheu Baumsilhouetten(Rr. 151) usw. Die starken koloristischenEffekte, die Leistikow anfangs liebte, treten allmählich zurück undweichen den von Jahr zu Jahr feiner und zarter werdenden farbigenHarmonien, die für die letzte Schaffensperiode des Künstlers charokte-ristisch find. Die Gemälde erscheinen oft wie von einem mattenFlaum überzogen und erinnern an alte Gobelins. In Leisttkowspersönlicher EntWickelung spiegelt sich der Entwickelungsgang dermodernen Malerei wieder. Sem Schaffen bezeichnet den in unserenTagen sich vollziehenden Uebergang vom reinen Naturalismus zurschlichten, großzügigen Stilkunst. Ueber diese modernsten Tendenzen,soweit sie aus der Sezessionsausstellung zutage treten, soll einzweiter Artikel orientteren._ John Schikowski.Im MrfriscKen JVIufeum*3. Baugcschichtliches.Die Ausstellungsgegenstände zur Baugeschichte betreffen so gut(die ausschließlich Berlin. In den Räumen(42, 43, 44, 48), die diesezeigen, hätte man gern statistische Tabellen zur Seite. Doch müßtensie nicht von jener beängstigenden Dürftigkeit sein wie die, welche,außer dem Modell des Rudolf Birchow-KrankenhauseS, den ganzengroßen Saal Nr. 21 einnehmen und lediglich einige Daten aus denallerletzten Jahren mitteilen. Diese Raumverschwendung im Saal 21ist um so überraschender, als das Museum, das durchaus nicht nachseinen Bedürfnissen, sondern nach den Wünschen des(nur in derFassadenarchitektur glücklichen) Erbauers fertiggestellt wurde, bereitsjetzt für seine Sammlungen sichtlich nicht mehr ausreicht und durcheinen baldigen Anbau erweitert werden muß....In den Anfang des 13. Jahrhunderts hat man die GründungBerlins zu setzen. Die mittelalterliche Doppelstadt Berlin und Kölln,zum ersten Male urkundlich 1244 bezw. 1237 erwähnt, stand seit1307, jedoch nur für einige Jahre, unter einer vereinigten Ver-waltung. Kölln lag auf der Spreeinsel, unter Ausschluß des heuttgenLustgartens und des Museumsdreiecks. Von Berlin ist für jene Zeitnur das Vorhandensein der Pfarrkirche St. Nikolaus sowie desMarktplatzes, des heutigen Molkenmarktes, gewissenhaft verbürgt.Die einzige Verbindung bildete an der mutmaßlich uralten Ueber-gangsstelle des späteren MühlendammS ein Knüppeldamm. In dasLicht anschaulicher Authenzität tritt die Ortskunde erst mit demProspekt und dem dazu gehörigen Grundriß des holländischenIngenieurs Joh. Gregor Meinhardt(etwa 1350) auS der be-rühmten Merianischen Erdkunde(Raum 42, links vom Hoffenster).Die Stadtansicht, etwa vom heuttgen FriedrichS-Denkmal aus ge»nommen, zeigt den Werder und die Dorotheenstadt von später nochals flaches Land, durch das nur die lindengesäumte Fahrstraße vonder Brücke, der späteren Hunde-, dann Schloßbrücke, in den Tier«garten führt. Kühe werden getrieben, Hammel geloeidet, Heu wirdeingefahren. Die einzig fichtbare Gaulichkeit diesseits der Spree istdas„Reithaus' aus dem Werder: der Stall der Kurfürsttnauf dem Platze der heutigen Werderschen Kirche. DenHauptgrund füllt das Schloß mit der Schloßkirche undder heute noch existierenden Apotheke, die gleichzeittg dieMünze enthielt. Die Nikolaikirche und die beiden Rathäuser findsichtbar, höher ragen rechts Pelri-, links Marien- und Heiligen-Geist-Kirche.„Der Garten' mit dem Staketenzaun ist der„Küchengarten'des Lustgartens, der— wie der Grundriß ausweist— auch nocheinen Waffergarten und eigentlichen Lustgarten hatte. Der Grundrißzeigt weiter eine neue Passage über die Spree, die Lange Brücke,jetzige Kurfürstenbrücke, die wegen der damals größeren Breite desWasserlaufs in der Tat größere' Ausdehnung hatte. Er zeigt weiteran der Rordmauer die Klosterkirche, südöstlich von der Stadt dieGertraudten-, später Spittelkirche(mit dem Spital), die bis 1881stand. An andere Baulichkeiten vor der Mauer erinnern noch heuteeinige Straßennamen: die Holzgartensttaße an den„kurfürstlichen Baum»garien'(Grundstück der heutigen Münze), die Jägerstraße an den„Jäger«hos'(Grundstück der Reichsbank), Hinter dem Gietzhause an da?GießhauS(Zeughaus). Der Tiergarten existierte damals schon über100 Jahre als Jagdgehege, zu dem ursprünglick noch das Terrainnördlich und südlich der Linden sowie der kleine Tiergarten gehörien.Auf den südlichen Höhen.'vom Kreuzberg bis zur Haseuheide. wie auch imNorden(Wollanks Weinberg, Weinbergsweg, Weinmeisterstraße er»innern daran) baute man Wein. Sonst zog sich ringsherum Acker«land bis an die Gräben. Der Grundriß gibt aber, trotz seinerEntsiehungszeit nach dem Dreißigjährigen Kriege, dennoch ein Bildder mittelalterlichen Stadt insofern, als er noch die mittelalterlicheUmfriedung aufweist, die sich seit dem Anfang des 14. Jahrhunderts bisdahin unverändert erhalten hatte. Die Mauer verlief im Norden auf derinneren Seite der Neuen Friedrichstraße; die ehemalige Gasse an derKönigsmaner sowie die heuttge Waisenstraße waren Straßen un«mittelbar hinter der Mauer mit ihren drei Toren, dem Spandauertor(etwa an der Garnisonkirche), dem Georgentor(Alexandcrplatz) unddem Stralauertor(an der Waisenbrücke). Die südliche— Köllnische—Mauer folgte vom Stralauertor, die breite Spreegabelung über»springend, der inneren Seite des südlichen Armes(Friedrichsgracht,An der Schleuse) und ging dann, vor Erbauung des Schlosses, querhinüber zur jetzigen Kaiser- Wilhelm- Brücke, mit dem Köpeuickertor(Fischerbrücke) und dem Gertraudtentor(Gertraudtenbrücke).Erst dreiundeinhalbeS Jahrhundert nach Anlage der mittel«alterlichen Ummauerung tritt eine wesentliche Aenderung ein durchAnlage der Befestigung(1353—1683) nach neuerem holländischenSystem unter dem Kurfürsten Friedrich Wilhelm. Seit Verlust derstädtischen Unabhängigkeit an die Kurfürsten hing die ganze Eni»Wickelung der Stadt bis ins 19. Jahrhundert von den dynastischenJutereffen ab, die sich als militärische, staatliche, politische gaben,und selbst als die Macht der EntWickelung die antiquierte Bevor«mundung beiseite schob, erhielt sich, wie bekannt, ein unheilvoller Ein«flitß, wenn auch nicht mehr im Praktischen, so doch im Aesthetischen. Disköllnischen Spreearme, die, wie man auf dem Meinhardtschen Plan sieht,sich in mehrere Verzweigungen und Ausbuchtungen verloren, wurdenhierbei zwar reguliert, im übrigen wurde jedoch die ganze Anlageohne jede Rücksicht auf die vorhandenen Besitz- und Verkehrs«verhältniffe durchgeführt. Diesen Zustand zeigt(dem nach linksWeitergehenden) der Plan von Joh. Bernh. Schultz von 1388.Der Umkreis des Weichbildes wurde hinausgeschoben und gewanndie durch die Technik der Kourttnen und Bastionen bedingte Formeines dreizehnzackigen Sterns. Tore mußten verlegt werden, undHauptstraßen wurden durch die hohe Aufmauerung der Erdwälleeinfach geschlossen. Auf der köllnischen Seite bezeichnet das Zickzackder Wall-, der Ober- und der Niederwallstraße noch heute den Zugder Bastionen. Anfang der letzten neunziger Jahre war noch einStück des alten Walls in den Hinterhäusern der Neuen Jakobstraßezu sehen, wo in Nr. 10 oder 14 der sogenannte„WusterhauserBär'(wohl auS„Wehr" verdorben') stand, ein Rundturm an einerder Wchranlageu, die im Berein mit Schleusen den Wasserstand inden Festtmgsgräben regelten. Ein Bild von Zielcke<1841; Saal 43)und das Aquarell von Jacob(Saal 44) stellen den Turm dar. Auchdie Fcstungsgräben durften wir noch bis vor zwanzig Jahren introckenem und stinkendem Zustande erleben: im Norden, auf derBerliner Seite, den späteren Königsgraben, über den die Königs-,Spandauer- und HerkuleS-Brücke führten, im Süden, um Köllnherum, den sogenannten Grünen Graben, den in der Leipziger,Mohren-, Jägerstraße und Unter den Linden Brücken über-querten. Stich« dieser Brücken finden sich an den Wänden deSRaumes. Die schönen Kolonnaden in der Leipziger und Mohrenstraßesowie die von Gontard in der Königstraße find die letzten sichtbarenReste dieser Brücken und mittelbar der Festung verlin. Durch diesenFestungSgraben war der Werder, seit 1367 eigener Stadtteil miteigenem Magisttat, mit in die Stadt eingeschloffen. Aber genau sowie heute waren diese mit großer Wichttgkeit und noch größererRücksichtslosigkeit gegen die wirtschaftliche EntWickelung der Stadt') Neuere Vermutuungen wollen auch den Namen Berlin«US.Wehr' ableiten