im Grabe ist meist willkürlich; verschiedene Formen sind manchmal beieinander bestattet, und die Zusammenballung ist ungemein Mannigfach. Den Eintritt der Leichenstarre scheint man nicht immer ab- Siuwarten. Man hat Beispiele, wo schon der Sterbende in Hocker- tellung gebracht und mit seiner Verschnürung und Fesselung be- gönnen wird. Letztere erscheint als das wichtigste Erfordernis der ganzen Zeremonie. Nun die Ursache! Broca, Virchow, Fritsch und andere haben die Sache folgendermaßen erklärt: Ein Hocker könne in einem kleineren Grabe leichter untergebracht werden als eine aus- gestreckte Leiche. Es handle sich also um Raum- und vor allem um Müheersparnis. Indessen, die Redensarten von der Trägheit der Naturvölker sind oft nicht weit her. So auch hier. Die feste Vcrschnürung eines Hockers macht allein mehr Arbeit als das ganze Begräbnis in gerader Lage. Ferner hat man gesagt: Die Natur- Völker fitzen   und schlafen in Hockerstellung, daher sei ihnen diese Bestattungsmode ganz selbstverständlich. Richtig ist, daß Völker, die weder Tisch noch Stuhl kennen, auch nicht durch Hosen und Schuhe belästigt sind, von ihren Beinen einen ganz anderen, natürlicheren Gebrauch machen als wir. Sie hocken beständig, entweder auf dem Gesäß oder auf den Fersen. Doch hat Andree aus den Aussagen der heute-lebenden, hier in Betracht kommenden Völker nichts ermitteln können, was diese Auffassung rechtfertigte. Am weitesten verbreitet ist die sinnige Deutung, der be- stattete Hocker habe deshalb diese Stellung erhalten, weil er die Lage des Embryo im Mutterleibe vorstellen solle. Zurückgekehrt in den Schoß der Allmutter Erde reife er dort in dieser Form einer Wiedergeburt entgegen. Phantastische Erklärungen finden immer besonderen Beifall; aber keine Angabe aus der Psychologie der Primitiven vermag diese Erklärung zu begründen. Alt genug ist sie; schon vor 200 Jahren hat Peter Kolben einen Vergleich zwischen den Hockern der Hottentotten und der Lage des Embryo angestellt. Man müßte annehmen, daß der Mensch der Steinzeit nach Vollziehung des ersten Kaiserschnitts(den er kanntet) auf diese fast melodramatische Analogie gekommen sei. Doch bei den Naturvölkern ist leider keine Spur von solchem Zusammenhang zu finden. Der Hocker, der ja ungestört der Wiedergeburt ent- gegenreifen soll, wird oft genug aus seiner Ruhe herausgerissen, zerstört und nur der Schädel aufbewahrt. Oft bricht man ihm auch gleich anfangs die Knochen, um ihn nur ja recht fest zu- sammenschnüren zu können. Endlich gönnt man ihnen nicht ein- rnal regelmäßig den Schoß der Erde, sondern setzt sie direkt an die Luft, auf Gerüste, Bäume, Säulen, Bergeshöhen. Was ist nun der wahre Grund? Wenn wir, nach Andree, allein berücksichtigen, was die heute Lebenden als Motiv ihres Handelns übereinstimmend angeben, so wird der Tote deshalb möglichst stark gefesselt, um seine schädliche Wiederkehr aus dem Grabe zu verhindern. Dieser Aberglaube ist ein be­ständiges Kapitel des Animismus und kann psychologisch kaum überraschen: der Verstorbene lebt ja mit seinen guten und bösen Einflüssen im Gedächtnis und in der ganzen Vorstcllungswelt der Hinterbliebenen weiter. Auch auf europäischem Boden herrscht allenthalben noch die Vorstellung, der Tote könne körperlich zurück- kehren, zumal als rächendes Gespenst. Diese Furcht veranlaßt auch die Naturvölker, mit entsprechender Vorsicht zu Werke zu gehen. Die Leiche wird derart gefesselt und zusammengepackt, daß sie sich unmöglich noch rühren kann. Sicher ist sicher. Man stampft die Erde fest, beschwert sie mit Steinen und sucht vor allem durch Totenklagen und Selbstverstümmelungen die trauernde Liebe dem Geist des Hingeschiedenen recht deutlich zu machen. Ueber diese Auffassung der Naturvölker besteht kein Zweifel. In Südamerika   begräbt man sogar die Hockerurnen mit dem Deckel nach unten, um das Entweichen zu erschweren. Man schnürt auch Daumen und große Zehe aneinander, oder vernäht alle Körper- vffnungen, daß der Geist nicht entweichen könne. Und so reichlich die Grabbeigaben zu sein pflegen, die gefährlichen Waffen werden den Hockern gewöhnlich nicht mitgegeben. Dr. A. K. Kleines feirilleton* Technisches. Drahtlose Telephonie. Während die drahltose Tele- graphie bereits eine ausgebreitete praktische Verwendung zu Wasser und zu Lande findet, ist die drahtlose Telephonie noch nicht aus dem Bersuchsstadium getreten. Allerdings kann man bereits mehrere gelungene Versuche, die menschliche Stimme auf größere Ent- fernungen ohne fortlaufende Drahtleitungen zu übertragen, der- zeichnen. Eine ganze Reihe von Erfindern und was beute in den Tagen der Großindustrie und des Kapitalismus für die Realisierung einer Idee leider noch wichtiger ist bedeutende große, industrielle Unternehmungen wie die Telefunkengescllschaft in Berlin   und die de Forest Conipagnie in Amerika   beschästigen sich mit diesem Problem des drahtlosen Fernsprechens. Die besten Erfolge sind wohl von dem Italiener Majorana und von der dänischen Ponlsengcsellschast erzielt. Nach dem System von Majorana fanden Versuche zwischen Rom   und Sardinien   über eine Entfernung von 280 Kilometer statt. Tie üvernnttelten Worte kamen so kräftig an. baß fie noch in einiger Entfeninnz vom Empfänger deutlich verstanden werden konnten. Noch über» raschender sind die Erfolge, die mit der drahtlosen Telephonie nach dem Poulsen-System erzielt wurden. Unter anderem gelang es, eine deutliche Verständigung zwischen der Poulsen-Station Lyngley in Dänemark   und einer Versuchsstation in Weißensee   bei Berlin   auf eine Entfernung von 370 Kilometer herzustellen. Diese Er- folge waren nur durch Verwendung des Lichtbogengcnerator» von Poulscn zur Erzeugung sogenannter ungedämpfter elektrischer Schwingungen möglich. Die Priorität dieser Erfindung wird übrigens Poulsen von dem Berliner Ruhmer mit gewissem Recht streitig ge- macht. Die drahtlose Telephonie beruht darauf, daß elektrische Schwingungen in die Luft durck einen Leudcdraht geschickt werde». Diese Schwingungen werden durch Hineinsprecken in ein Telephon in bestimmter Weise beeinflußt. An der Empfangsstation werden die Schwingungen nach einer der von der drahtlosen Telegraphie her bekannten Methoden von einem Empfangsdraht aufgefangen. Die durch das Telephon an der Senvestclle hervorgerufenen Ver» änderungen der Schwingungen werden an der Euip'angsstelle wieder durch ein Telephon in Töne umgesetzt. Die Schwierigkeit besteht vor allem darin, möglichst schnelle Schwingungen der Elektrizität und vor allem solche, die anfangs sehr stark sind und dann rasch schwächer werden, sogenannte. ungedämpfte' Schwingungen zu erzeugen. Diese Schwierigkeit ist durch den Lichtbogengenerator, der nicht nur von Poulien. sondern auch von der Telefnnkengesellschaft und anderen benützt wird, überwunden. Bei diesem Generator werden die Schwingungen durch einen elektrischen Lichtbogen erzeugt, ähnlich dem der Bogenlampen, der unter bestimmten Verhältnissen(Kühlung der Elektroden, Brennen in einer Wasserstoffathmosphäre und in einem magnetischen Feld) betrieben wird. Die zweite Schwierig- keit besteht noch darin, daß das Telephonieren ohne Draht im Gegensatz zu dem mit Draht bedeutende Energie mengen erfordert. Die bisher konstruierten Mikrophone beziehungs- weise Telephone sind nun für diese Energiemengen zu schwach und verbrennen sogar. Majorana hat daher ein.hydraulisches' Mikrophon konstruiert, andere, wiez. B. de Forest bei seinen Versuchen vom Eifelturm ans, verwenden mehrere Mikrophone gleichzeitig eine befriedigende Lösung Hot jedoch diese Frage bis jetzt noch nicht gefunden. Ein großes Interesse haben natürlich die Militärverwaltungen der verschiedenen Länder für die drahtlose Telephonie. So sollen zum Beispiel auf einer Anzahl amerikanischer Kriegsschiffe solche Stationen nach einem amerikanischen   System nach de Forest installiert sein und von der Berliner   Lorenz A.-G. werden nach dem Poulsenschen System fahrbare Militärstationen gebaut. An eine Verdrängung der Telephonie mit Draht ourch di� ohne Draht ist wohl weder in absehbarer noch in unabsehbarer Zeit zu denken. DaS drahtlose Fernsprechen wird aber bald eine willkommene Ergänzung der drahtlosen Telegraphie werden und die Uebertragung des gesprochenen Wortes wird oft in erster Linie für Schiffe auf hoher See angenehm und vielleicht auch nützlich sein. Ltd. Sonnenenergie. Fast alljährlich tauchen zur Zeit der großen Sonnenhitze Pläne auf, die in der Sonnenwärnie aufge- speicherte Energie in irgendeiner Fornt den Menschen direkt dienst- bar zu machen. So wird z. B. jetzt in Fachzeitschriften berichtet, daß zwei Amerikaner, Dickey und Code, Sonnenstrahlen direkt zur Erzeugung elektrischer Energie verwenden wollen. Sie lassen die Sonnen- strahlen auf dieOberfläche von Metallblöcken aus bestimmten Legierungen fallen, während der Fuß dieser Blöcke in Zement eingebettet ist und kühl bleibt. Durch die Tcmperaturdifferenz zwischen dem durch die Sonnenstrahlen erhitzten Teil der Legierung und dem kühlen Teil soll nach den bekannten Gesetzen der Thermoelektrizität ein elektrischer Strom entstehen, der zum Laden von Akkumulatorenbatterien benutzt wird. Diese Batterien, in denen der Strom aufgespeichert wird, können dann Elektrizität zu Beleuchtungs- und anderen Zwecken zu einer beliebigen Zeit abgeben. Nach den Angaben der Erfinder kann aus einer Fläche von 5(zirka l'/j Meter) Fuß im Quadrat an einem klaren sonnigen Tage so viel Elektrizität aufge- speichert werden, daß fiinf lökerzige Glühlampen vier bis fünf Stunden brennen können. Nachgeprüft wurden diese Angaben bis jetzt nicht, und es ist leicht möglich, daß es mit der praktischen Durchführung de? Problems, dessen Lösung theoretisch vollkommen wahrscheinlich erscheint, noch nicht weit her ist. Der Gedanke, die Sonnenivärme in mechanische Arbeit umzu« wandeln, ist übrigens uralt. Schon die Physiker dcS klassischen Altertums, ArchimedeS  , Euklid   und Hero, waren von der Richtigkeit dieses Gedankens überzeugt. Nach neueren physikalischen Untersuchungen könnte die auf einen Quadratmeter der Erdoberfläche entfallende Sonnenwärme in ungefähr eine Pferdekraft mechanischer Arbeit umgesetzt werden. Praktisch kann jedoch dieser Wert nie erreicht werden, so daß diese.Sonnen- motoren' nur theoretische? Interesse verdienen. M o u ch o t ließ z. B. Sonnenstrahlen auf einen Dampfkessel von bestimmter Kon« struktion auffallen und brachte so Wasser zum Verdampfen. Mit dem Dampf konnte er dann eine kleine Dampfmaschine betreiben. Allerdings betrug die erreichte Leistung bei einer Oberfläche von fast; 4 Quadratmeter nur V# Pferdckraft, also nur 3 Proz. des oben an-; gegebenen theoretischen Wertes. Man wird wohl bis auf weiteres auf die direkte Ausnutzung der Sonnenenergie verzichten müssen und sich dankbar der in den Kohlen aufgespeicherten auch der Sonne zu verdankenden Energie bedienen müssen. Ltd. verantwortl. Redakteur: Hans Weber, Berlin  , Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdruckerci u.Perlugsanjtast Paul Singer hrTo..Berlin   SÄt.