»Hm, 5m." »Jawohl, sie ist wahrhaft glücklichl Und sie wird, so Gott   will, bis an ihr Ende glücklich bleiben; ich werde die Mcksicht gegen die Frau bis an ihr Grab zu wahren wissen!" Gott   weih, wie rücksichtsvoll auch diese Frau gegen ihren Mann ist, dachte ich.- JNfcue Beiträge zur Chnftus-Sage» L Der Kamps um die Geschichtlichkeit des im sogenannten Neuen Testament   beschriebenen Jesus von Nazareth   schien vor zirka vierzig Jahren, als Bruno Bauer   und David Friedrich Strauß   ihre großen Kampfschriften gegen die Theologie schleuderten, fast entschieden. Wer die nach ihnen unter der Führung der sogenannten Ritschlschen Schule einsetzende historische Richtung innerhalb der protestantischen sdenn die katholische muß hier völlig ausscheiden) Theologie wußte durch unzählige Detailuntersuchungen die Wässerlein so zu trüben und den großen Kampf so zu verzetteln, daß bis vor ein paar Jahren die Frage nach der Geschichtlichkeit Jesu von fast allen Fachleuten als unentschieden und noch nicht spruchreif abgetan wurde. Erst mit dem hellen Trompetenstoß Mbert Kalthoffs wurde es anders. Man revidierte nicht nur Bauer und Strauß. Man erinnerte sich an ReimaruS   und Lessing  . Man besann sich auf den großen Ertrag, den die Assyriologie und die Erforschung Griechen- lands abgeworfen hatte. Endlich warf auch der historische Materia- lismuS auf manche Seiten des heiligen Buches neues Licht. Und wenn man die Literatur unserer Tage,� besonders auch die aus« ländische, übersieht und das Interesse, das man ihr von feiten aller Vorwärtsdringenden entgegenbringt, möchte man fast an den baldigen definitiven Sieg des Christusleuguer glauben. sWohlgemerkt hat fast keiner der Kritiker die Existenz eines Mannes, um den sich das Sagengebild des Neuen Testaments   spann, geleugnet. Nur darauf kam es ihnen allen an, ob das in der Bibel an Sprüchen, Tat- fachen usw. über ihn Berichtete wirklich historisches Gut ist.) Bor uns liegen zwei Publikationen"), die beide in der eben skizzierten Gedankcnrichtung wirken wollen. Das eine entstammt dem Neuen Fr<mkfurter Verlag, der es sich zur lobenswerten Auf- gäbe macht,! ie Güter der Aufklärung historisch(durch Ausgabe alter rational'stischer Schriften) und sachlich zu vermitteln, das andere dem bekannten religiös-reformatorischen Diederichs-Verlag in Jena  . EL verdient angemerkt zu werden, daß beide Bücher, die scharf gegen den Christus-MythuS vorgehen, von leibhaftigen Universitätsprofessoren stammen, das eine sogar von einem preußischen. Letzteres ist ohne Frage das interessantere, weil kürzere, lebendigere, weil persönlichere. Sein Verfasser, Professor Paul Jensen aus Marburg  , hat vor L'/g Jahren den erster Band eines umfangreichen Werkes unter dem TitelDas Gilgamesch-Epos in der Weltliteratur" veröffentlicht. In diesem Buche wies er nach, daß der größte Teil der alttestamentlichen Geschichten sowie die Jesusgeschichte Sagen babylonischen Ursprungs sind, daß sie sich aus babylonischen Sagen entwickelt haben. Der Erfolg des Buches war eine lobende Anerkennung seitens einiger Fachmänner, im übrigen aber seitens der Theologen entweder hohles EntrüstungSgeschrci oder die alte infamste, aber immer noch wirksamste Taktik des Tot- schweigens. Professor Jensen flüchtet nun von der Gelehrtenclique, die ihm sein Recht verweigert, zum Volk, er appelliert von dem Uebel- wollen der Kathederleute an den gesunden Menschenverstand der Laien. Seine Worte sind kulturhistorisch zu interessant, als daß wir sie nicht hierhersetzen dürften.»Indem ich mich mit diesen Dingen auch an die Laien wende, ist es mir klar, was das für mich bedeutet. Man wird mir Prostitusion der heiligen Wissenschaft vorwerfen, man wird mich jetzt auch zum Tempelschänder machen... Aber Wissenschaft in, Wissenschaft her, Gelehrter hin, Gelehrter her. Ich weiß, daß ie Dinge, die ich hier vortrage, zu ihrer Beurteilung statt etwa sublime Theologengelehrsamkeit nichts weiter erfordern als den puren einfachen Menschenverstand. Ich weiß, daß eS eine Anmaßung wäre, wenn gerade die Theologen oder die Gelehrten über- hauptinsichdieallein oder auch nurzunächstbe- rufenen Richter sehen wollten." Professor Jensen ist kein junger Mann mehr. Er muß seine Pappenheimer also kennen. Für die Verfechter einer Demokratisierung des Wisienschaftsbetriebes sind seine Worte jedenfalls von höchst bedeutsamem Wert. Das Gilgamesch- Epos  , aus dem Jensen nicht nur die meisten der alttestamentlichen und neutestanientlichcn Sagen, sondern auch einen großen Teil der griechischen Sagen herleiten will, ist eine Art Heldengedicht aus assyrisch-babylonischer Zeit. Das Epos ist uns auf Backsteinen, Tontafeln, vor allem aus dem alten Ninive  , erhalten. Diese Backsteintexte stammen aus dem 7. Jahrhundert v. Chr., gehen aber als Kopien auf ältere zurück. Ein uns erhaltenes Stück des ")MoeS, Jesus Paulus. Drei Sagenvarianten des babylonischen Gottmenschen Gilgamesch. Eine Anklage wider Theologen und Sophisten und ein Appell an die Laien von P. Jensen  , ordentlicher Professor der semitischen Philologie an der Universität Marburg  . Die Christ uS mythe. Von Artur Drewö, ordentlicher Professor der Phlosophie an der Technischen Hochschule   in Karlsruhe  . EpoS ist etwa 2000 Jahre v. Chr. geschrieben. Das Gilgamesch» Epos ist also das älteste Epos der Welt. Es handelt sich um die Freundschaft zweier gewaltiger Menschen, Gilgameschs  , des Königs von Erech   in Südbabylonien, und Eabanis, eines Riesen aus der Wüste. Diese vollbringen zusammen gewaltige Taten. Später stirbt Eabani. Gilgamesch  , von Todesfurcht er- griffen, wandert nach dem fernsten Westen zu seinem Ahnherrn Xisuthros. Nach langen Irrfahrten gelangt er zu ihm und nun er- zählt dieser ihm die Geschichte von der Sintflut. Diese Erzählung ist also in das eigentliche Gilgamesch-Epos   eingeschaltet und nimmt in ihm einen großen Raum ein. Nach der Erzählung wandert Gilgamesch   wieder nach Erech zurück. Er langt nach wiederum sehr langen und ausführlich beschriebenen Irrfahrten hier an, nachdem der Zweck seiner Reise, Unsterblichkeit zu erlangen, mißglückt ist. Das Epos bricht ab mit einer Erscheinung von des alten Freundes Eabani Geist. Aus diesem Epos(von dem wir nur das dürre Gerippe geben konnten) will nun Professor Jensen nicht nur die Moses-Aaron- Geschichte, sondern neben der Elias-EIisa- und der Johannes-Jesus- Sage auch die Paulusgeschichte herleiten. Für einige Partien hat die bisherige Sagenforschung diese Abhängigkeit sicher gestellt. Jeder gelehrte Theologe z. B. gibt heute zu, daß die alttestamentarische Sintflutgeschichte ein Absenker der babylonischen Sintflutgcschichte, die in das Gilgamesch- Epos   hineingearbeitet wurde, ist. Die historische Möglichkeit dieser Uebernahme und die wissenschaftliche Möglichkeit einer solchen Abhängigkeitstheorie ist damit erwiesen und erprobt. Wenn also Jensen kraft derselben Methode neue Abhängig« keitsgebiete zu erschließen versucht, so darf gegen das Prinzipielle seines Versuchs nichts eingewandt werden. Es kann sich nur darum handeln, ob es ihm gelungen ist, für seine neuen Geschichtenkreise(Moses, Elias, Jesus, Paulus usw.) denselben Abhängigkeitsgrad wahrscheinlich zu machen, der für die Sintfluterzählung z. B. als ausreichend auch von den Theologen anerkannt ward, lind da kann kein Zweifel fein, so gewiß die Behauptungen Jensens später korrigiert und abgeschloächt werden müssen, so sicher hat er nicht belastet mit jener Fülle von religiösen und historischen Werturteilen, die sein Gegner Gunkel neulich in derFrankfurter Zeitung  " gegen ihn loszulassen für not- wendig erachtete hier Gebiete erobert, die bisher in unbesiegtem Dunkel lagen. Er hat eine Fülle von Einzelheiten herausgehoben, sie in den verschiedenen Sagen miteinander verglichen und fast Wort- liche Abhängigkeit konstatiert. Ganz sicher hat sein begeisterter Blick mehr gesehen als unbedingt nötig war. Aber aus diele Einzelheiten kommt es ja Jensen erst in zweiter Linie an. Er weiß ganz gut mit allen seinen Gegnern, daß gleiche oder ähnlicheSzencn, Vorgänge usw. inSagen, Legende usw. durchaus nicht immer ans Abhängigkeit zu beruhen brauchten. Jensen will ja überhaupt nicht nachweisen IvaS seine theologischen Gegner völlig verschweigen daß die Sagen Israels  aus den Sagen Babylons   stammen, sondern daß die Schrift- st eller des Alten und Neuen Testaments von dem Gilgamesch-Epos   abhängig sind. DaS Hauptgewicht legt er darum auf die Anlage, auf die Systematisierung der Sagen» motive. DaS hat Gunkel in seiner jüngsten Kritik gänzlich der- nachlässigt. Sicher hat er recht, lvenn er meint, überall träfen sich einmal ein Mann und eine Frau am Brunnen, und die Erzählung von einem solchen Geschehnis könnte ganz unabhängig von einander an zwei verschiedencnOrten der Erde entstehen. Aber das wird Jensen ihm lächelnd zugeben. Darauf kommt es ihm nicht an, sondern auf den Platz, an dem diese Geschichte, auf den Znsammenhang, in dem sie mit dem Folgenden und Vorhergehenden steht, mit de» schriftstellerischen Rahmen, der sie in sich faßt und ihr erst ihre sachliche Bedeutung gibt. Von all diesen Dingen, die Jensen in seiner Broschüre an hervorragender Stelle und in der Polemik gegen frühere Kritiker scharf hervorhebt, findet sich bei seinem neuesten Kritiker Gunkel gar nichts. Statt dessen ein nichtssagender Hinweis auf Goethe-Schiller, die man ja auch schließlich als Variation des Gilgamesch-Epos   be- trachten könne also dasselbe Verfahren, das der Gymnasial» direktor Henke vor ein paar Jahren gegenüber Kalthoff mit einem Vergleich zwischen Jesus   und Napoleon   einschlug, und mit welchem er sich so unsterblich blamierte. Wir wiederholen. Was man bisher gegen Jensen vorgebracht hat, zeugt davon, daß man auf seine wirklichen Tendenzen nicht scharf genug eingegangen ist. Wir werden an Elias und Ajax  dieselbe Freude haben, auch wenn sich Jensens Behauptung ihres babylonischen Ursprungs als richtig erweisen sollte. Wir sind ent- fernt, uns jede wissenschaftliche These Jensens zu eigen zu machen, aber ein Blick auf seinen Kampf zeigt, daß man ihn zum Teil mit Werten bekämpft statt mit Sachlichkeiten. Seine Methode hat schon zu sicheren Resultaten geführt. Der Widerstand der Forscher liegt sehr viel an der geistigen Prädisposition, mit der sie an ihren Stoff herangehen. Wenn man wie der der genannte Professor Gunkel als das erste Erfordernis zur Schärfe des Blickes»die herzliche Zu« neigung, die innige Liebe zum Stoff, die im letzten Grunde nichts anderes ist als die Empfindung der Wer» w a u d t s ch a f t der eigenen Seele" hinstellt, wenn man als den Ausgangspunkt einer wissenschaftlichen Prüfung wie derjenigen Jensens m geiperrtem Drucke schreibt:»Wer die Gestalt Jesu  als un geschichtlich erweisen wollte, der beißt auf Granit" dann hat man sich das sieht jeder Laie ein dxn geraden Weg in die Zukunft verbaut. Noch einmal: Wir identifizieren uns schon darum nicht mit Jensen, weil der Kampf um sein Buch nur innerhalb der Fachwissenschost entschieden werden wird. Aber