dazwischen liegenden Zahlen die den entsprechenden Bruchteil des durch Wolken verdeckten Himmels, z. B. 5 bedeutet, der Himmel ist zur Hälfte bedeckt; die Zahl 7 gibt an, zur Zeit der Beobachtung waren beinahe drei Viertel des Himmels bewölkt. Mit einiger Uebung bekommt der Beobachter solche Gewandtheit in der Schätzung des Bewölkungsgrades, dasj man daraus statistische Zu- sammenstellungen machen darf. Dabei ergibt sich, was man schon von vornherein erwarten durfte, dah der Bewölkungsgrad nach Jahreszeit, Klima und örtlichen Verhältnissen verschieden ist. In Berlin zum Beispiel ist die durchschnittliche Bewölkung im Winter 7,6, im Frühling 5,3, im Sommer 5,4 und im Herbst 6,3; für die Schnee- koppe lauten die entsprechenden Zahlen 6,6, 7,1, 7,1 und 6.8. In Berlin sind also der Frühling und Sommer die heitersten Jahres- zeiten, auf der Schneekoppe aber stelle» Frühling und Sommer die trübsten Zeiten des Jahres dar. Es ist. wie man sieht, ein sehr interesiantes Gebiet, das der Wolkenforschung, und wer sich darüber noch genauer informieren will, dem sei das Büchlein von Prof. Dr. Karl Kahner:„Das Reich der Wolken und Niederschläge'. Leipzig , Quelle u. Meyer, empfohlen. kleines feuilleton. Nus dem Pflanzenlebe». Künstliche Farbenänderung bei Blumen. Ein dus dem Gleise gekommener Geschmack hat in den Schaufenstern Unserer Blumenläden sehr bizarre Farben erstehen lassen, die nicht selten weit mehr durch Seltsamkeit als durch Schönheit auf- fallen und zum Teil durch eine künstliche Färbung der ab- geschnittenen Blüten hervorgerufen worden sind. Man färbt heute Blumen, wie man Baumwolle oder Seidenzeug färbt. Durch die Stiele klettern chemische Farbstoffe, in deren Lösungen die Blumen gestellt werden, empor und verteilen sich in den Blättern der Wlütenkrone. Weit interessanter und wohl auch für feineres Empfinden weniger anstößig sind die künstlichen Färbungen, die durch Zusatz von Chemikalien zu dem Boden, in dem die zu färbenden Blütenpflanzen wachsen, erzeugt werden. Auch in der Natur vermögen Besonderheiten der Umgebung Färbungen hervor- zurufen, die von dem gewöhnlichen Aussehen einer Pflanze ab- weichen, obgleich ein Teil der modernen Naturforscher bestreitet, daß eine solche durch Ernährung oder Standort bedingte Be- Sonderheit etwas Bleibendes sein könne. Planmäßige Versuche über solche Blumenfärbungen hat nach einem Bericht der Wochen- fchrift„Science" in den letzten Jahren Professor Heinrich Krämer in Philadelphia unternommen und bis zum gegenwärtigen Zeit- Punkt fortgesetzt. Er zog die verschiedenartigsten Bodenarten in den Kreis seiner Untersuchungen, die er zum Vergleich auch mit verschiedenen Pflanzennährstoffen versetzte. Die zur Färbung be- stimmten Stoffe wurden zum Teil in Lösungen von verschiedener Stärke, zum Teil in fester Form dem Boden beigemischt. Eins der augenfälligsten Ergebnisse, die erzielt wurden, war die Hervor- dringung von roten Blütenblättern bei der als„Kaiserine" be- zeichneten weißen Rose. Die Notfärbung verbreitete sich über die unteren Hälften der Blütenblätter und wurde durch Zu- führung von Aetzkali , kohlensaurem Kali, Kalziumhydroxyd und essigsaurem Blei bewirkt. Es ist hierbei zu berücksichtigen, daß die Kaiserine eine gewisse Neigung zeigt, einen gelblichen Ton an- zunehmen, jedoch niemals rosa oder rot wird, so daß tatsächlich eine ganz neue Färbung gelungen ist. Zur Erklärung ist in Be- tracht zu ziehen, daß die zugesetzten Chemikalien entweder mit xiner in den Blütenblättern bereits vorhandenen Verbindung reagiert oder zur Entstehung eines ganz neuen Farbstoffes Anlaß gegeben haben. Andererseits wäre es auch möglich, daß diese Chemikalien nur als Träger für einen in anderen Pflanzenteilen, wie etwa in den Blättern, gebildeten Farbstoff dienten und ihn der Blüte zuführten. Weitere Versuche wurden mit der rot- blühenden Itydnmges Otaska unternommen, deren Farbe in Blau überging, wenn dem Sand oder der Gartenerde, worin die Pflanzen gezogen wurden, schlefelsaures Kalzium und Aluminium sowie Kalziumhydroxyd zugefügt wurde. Zusatz von schwefel- saurem Eisen oder Ammonium sowie von essigsaurem Blei bewirkte reinen Farbwechsel. DaS letztgenannte Salz führte dagegen eine erhebliche Verstärkung der natürlichen Farbe herbei. Ueber das Pflanzengrün oder Chlorophyll macht Professor Kossel-Bern im„Kosmos" interessante Mitteilungen. Das Chlorophyll ist bekanntlich der Farbstoff, welcher dem grünen Teile der Pflanzen ihre Farbe verleiht und für die Atmungs- und Ernährungsvorgänge im Pflanzenorganismus von höchster Wichtig- teit ist. Weil auch im tierisch-menschlichen Organismus ein Färb- stoff, das im Hämoglobin der roten Blutkörperchen enthaltene Hämatin, vorhanden ist, der unentbehrlich für die tierische Atmung und damit den gesamten Lebcnsprozeß ist, hat man schon immer auch in chemischer Hinsicht einen intimeren Zusammenhang zwischen dem Pflanzengrün und dem roten Blutfarbstoff vermutet. Das gewöhnlich als roter Blutfarbstoff bezeichnete Hämoglobin besteht au» zwei Bestandteilen, einem Eiwcißkörper und einem Farbstoff, dem Hämatin. Während die chemische Natur des Eiweißkörpers, wie die aller Eiweißstoffe, noch wenig erschlossen ist, kennt man das Hämatin in chemischer Hinsicht ganz gut; dieser Blutfarbstoff ist bekanntlich eisen hnltig. Da auch die grünen Bestandteile der Pflanzen Eisen enthalten, glaubte man mit ziemlicher Sicher- heit annehmen zu dürfen, daß auch das Chlorophyll, ähnlich wie der Blutfarbstoff, eine Eisenverbindung sei. Genaue Unter- suchungen Professor Willstätters in Zürich haben nun ergeben, daß diese auch in den meisten Lehrbüchern der modernen Pflanzen- Physiologie ausgesprochene Vermutung nicht zutrifft. Vielmehr hat sich ergeben, daß nicht Eisen, sondern ein anderes Metall, nämlich Magnesium, im Pflanzengrün enthalten ist. Dieses vertritt im Chlorophyll die Stelle, welche das Eisen im Blutfarbstoff ein- nimmt, und ist auch für die Pflanzenernährung von derselben großen Bedeutung wie das Eisen für die tierisch-menschliche. Ent- zieht man der menschlichen Nahrung das Eisen, so geht das auf solche Weise ernährte Individuum unweigerlich an hochgradiger Bleichsucht und Blutarmut zugrunde. Desgleichen erliegt der pflanzliche Organismus der spezifischen Pflanzenbleichsucht, seine Blätter werden vorzeitig gelb und sterben ab, wenn in der Pflanzennahrung nicht das lebenswichtige Magnesium, das den grünen Pflanzenfarbstoff aufbauen Hilst, enthalten ist. Nach den klarlegenden Forschung�: Willstätters kann es nun nicht mehr wundernehmen, daß es vergebene Mühe war, die Pflanzenbleichsucht durch Zusatz von Eisensalzen zum Erdreich zu bekämpfen; hin- gegen beste Erfolge erzielt wurden, als auf Grund der theoretischen Untersuchungen des Züricher Forschers Magnesiumsalze der Pflanzennahrung zugesetzt wurden. Daraus geht wieder einmal hervor, daß Verhältnisse, die auf das Tierreich passen, nicht ein- fach auf die Pflanzenwelt übertragen werden können. Die Natur ist zu vielgestaltig, als daß sie mit nicht auf Experimenten ge- stützten Annahmen sich erforschen ließe. Auch in diesem Fall hat die genaue experimentell-chemische Untersuchung erst Licht in ein bisher dunkles Gebiet geworfen. Man kann aber auch sehen, daß rein wissenschaftliche Forschungen oftmals einen hohen praktischen Wert haben. Denn es wird gewiß nicht gleichgültig sein, daß man nunmehr durch Verwendung von Magnesiumsalzen, gestützt auf die Erforschungen Willstätters, Erfolge erzielt, die man vordem unter Benutzung von Eisenpräparaten vergeblich zu erreichen ge- sucht hatte. So sollten Praxis und Wissenschaft stets Hand in Hand arbeiten. Ein großer Irrtum ist es zu meinen, daß jede von ihnen ein streng für sich abgeschlossenes Gebiet menschlicher Wirksamkeit darstell. Nicht die Wissenschaft ist nur der Wissen- schaft wegen da, gewissermaßen als ein Sport für wenige Aus- erlesene, sondern sie soll zu praktischen Resultaten führen, und ebenso kann die Praxis niemals der Beleuchtung durch die Wissen- schaft entbehren, wenn anders sie nicht herabgewürdigt werden sollen zu einer mechanischen Automatentätigkeit. Naturtviffenschaftliches. Die Entstehung des Vogelzugs. Die alljährliche. ganz gesetzmäßig vor sich gehende Wanderung unserer Zugvögel ist ein Problem, das nicht aufhört, die naturwissenschaftlichen Kreise immer wieder zu beschäftigen. Im allgemeinen war man sich in letzter Zeit darüber einig geworden, daß die Eiszeit eS war, die den Grund zu den regelmäßigen Wanderungen legte. Nun bringt aber das„Journal für Ornithologie" einige ganz neue Gesichtspunkte, die es wahrscheinlich machen, daß es regelmäßige Vogel- züge bereits vor der Eiszeit gab, und daß diese Aenderung der Lebensgewohnheiten zum Teil ihre Ursache nicht in dem kalten. sondern in dem tropischen Klima gehabt haben mag. In Europa herrschte zu Beginn der Tertiärzeit ein ebenso tropisches Klima wie in den Aequatorialgegenden. Für die Welt der Organismen boten aber die gemäßigten Zonen offenbar zum Teil bessere Existenzbedingungen. Denn in den Aequatorialgegenden herrscht das ganze Jahr hindurch Tag- und Nachtgleiche, je weiter wir nach den Polen gehen, desto länger werden in der einen Hälfte des Jahres die Tage, in der anderen die Nächte. Nun sind die Vögel fast ausschließlich Tagtiere, d. h. sie suchen ihre Nahrung nur während des Tages. Und gerade die Vögel, die am meisten als Zugvögel in Betracht kommen, entwickeln zumal, solange sie noch nicht flügge sind, einen ganz außerordentlichen Appetit, so daß, besonders wenn infolge Uebervölkerung die Nahrungsmittel knapper werden, selbst in dem tropischen Tag von 12 Stunden dem Nah- rungsbedürfnis nicht in ausreichender Weise Rechnung getragen werden kann. Deshalb mögen wohl schon im frühesten Tertiär in den Jahreszeiten, in denen in den gemäßigten Zonen die Tage am längsten waren, viele Vögel aus den Aequatorial- gegcndcn sich auf die Wanderung begeben haben, um das Brut- geschäft in günstigeren Erdstrichen zu erledigen. Während also nach der seither angenommenen Hypothese ein Zurückdrängen der Vogelwelt vom Norden nach dem Süden statgesunden hat, würde aus dem eben Gesagten eine Wanderung umgekehrt von Süden nach dem Norden sich ergeben. Verschiedene Beobachtungen scheinen diese letztere Theorie zu bestätigen; z. B. hat sich gezeigt, daß die im Spätsommer ausgebrüteten Jungen trotz reichlich vorhandener Nahrung in den kurzen Herbsttagen es nicht zur vollständigen Ent- Wickelung bringen; sie werden zwar flügge, bleiben aber meist schwächlich und vermögen die Wanderung nach dem Süden nicht mitzumachen. Verantw. Redakt.: Wilhelm Düwell, Lichtenberg.— Druck u. Verlag: Borwärt» Buchdruckerei u.VerlaglanstaltPaul Singer&Go..Berlin SW-
Ausgabe
26 (3.7.1909) 127
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