Nnterhaltungsblatt des Horwärts Nr. 138. Donnerstag, den 18 Juli. 1909 <NachdruS verboten.) il] Die InFclbauem, Aoman von A u g u st Strindbsrg. Deutsch von Emil Schering  . ' Die Vorstellungen von den erwünschten Seligkeiten wurden so lebhaft, daß sie Carlsson auf die Beine brachten; ehe er sich dessen bewußt wurde, war er in den Pelz geschlüpft und strich mit der Hand über die Pulswärmer: und es schauerte ihn, als der Kragen seine Backe kitzelte. Dann zog er den schwarzen Gehrock an und knöpfte ihn zu; stellte seinen Rasierspiegel auf der Stuhl und sah nach, wie der Rock im Rücken saß; steckte die Hand unter den Auf- schlag und ging im Zimmer auf und ab. Ein Gefühl von Reichtum verbreitete sich von dem seidenweichen Tuch; etwas Geräumiges, etwas Rundliches, als er zur Probe den Schoß spaltete und sich auf den Bettrand setzte; so tuend, als sei er auf Besuch. Während er so ganz in berauschenden Träumen ver- sunken war, hörte er von draußen Stimmen, die plauderten; als er aufhorchte, merkte er, wie sich Idas(das war die hübsche Köchin) und Normans Stimme verflochten, zusammen- fielen, Seite an Seite gingen, sich gleichsam schnäbelten. Das gab ihm einen Stich; mit einem Griff hatte er Gehrock und Pelz unter die Kleider hinter das Laken gehängt; bewaffnete sich mit einer neuen Zigarre und ging die Treppe hinunter. *» Mit ernsten Zukunftsplänen beschäftigt, hatte Carlsson bis. her alle Händel mit Mädchen vermieden. Einmal wußte er, wie- viel Zeit dabei draufging; dann fühlte er, im selben Augen- blick, in dem er das Feuer nach dieser Seite eröffnete, gab es keine Sicherheit mehr; er konnte sich eine Blöße geben, die schwer zu verteidigen war; und war er einmal auf diesem Feld geschlagen, war es aus mit Respekt und.Ansehen. Als sich jetzt aber die anerkannte Schönheit dem Wett- streit aussetzte, und der Sieger allzuviel zu gewinnen hatte, fühlte er sich veranlaßt, die Sporen zu benutzen und den Kamm zu erheben; mit dem festen Entschluß, der Hahn zu werden, ging er auf den Holzplatz hinunter, wo das Spiel schon in vollem Gang war. Es ärgerte ihn nur, daß er sich mit Norman messen mußte; wäre es wenigstens Gustav ge- Wesen! Aber dieser Tropf Norman! Nun, der sollte mal sehen! Guten Abend, Ida!" begann er, ohne von dem Neben- buhler Notiz zu nehmon, der unwillkürlich seinen Platz am Zaun verließ. Carlsson nahm diesen Platz sofort ein und begann das Spiel. Während Ida Holz und Späne in das Holztragetuch las, machte er von seiner überlegenen Beredsamkeit einen solchen Gebrauch, daß Normann kein Wörtchen anbringen konnte. Ida aber war launenhaft wie beim Mondwechsel; sie warf Norman Seitenworte zu, die Carlsson jedoch im Fluge aufgriff und zurücksandte, hübsch verziert und schön aus- gemalt.» Aber die Schöne fand Gefallen an dem Kampf und bat Normann, ihr etwas Kienholz zu spleißen. Ehe der Glück- liche bis zur Tür kam, war Carlsson schon über den spitzen Zaun gestiegen, hatte sein Klappmesser gezogen und begann einen trocknen Fichtenstamm zu spleißen. In wenigen Minu- ten legte er die Späne in das Holztragetuch, faßte alles mit dem kleinen Finger zusammen und trug es direkt in die Küche, in die ihm Ida folgte. Dort blieb er am Türpfosten stehen, indem er sich so breit machte, daß niemand weder hin- aus noch herein kommen konnte. Norman, dem es nicht gelang irgnedein Anliegen zu erfinden, umkreiste zuerst einige Male den Holzplatz, um milzkrank darüber nachzusinnen, wie leicht der Unverschämte im Leben vorwärts kommt; bis er schließlich für gut fand, ab- zuziehen. Er setzte sich auf den Brunnenrand und stöhnte feine Klage in einem Schottischen aus, den er aus der Hand- Harmonika holte. Die weichen Töne der Blechzungen drangen doch durch die dicke Abendluft, am Türpfosten vorbei, und erreichten den Thron der Barmherzigkeit am Küchenherd: Ida erinnerte sich jetzt, sie müsse zum Brunnen gehen, um für den Professor Trinkwasser zu holen. Carlsson folgte ihr; dieses Mal aber fühlte er sich doch etwas unsicher in dem Kampf auf einem Feld, das ihm ganz fremd war. Um die Wirkung des zauberischen Lockrufes auf- zunehmen, nahm er Idas Kupferflasche und flüsterte zärt- liche Worte; in einem so schmachtenden und wohlklingenden Ton, wie er nur irgend vermochte; als wolle er der ver». führerischen Musik Worte unterlegen und das Solo zu einer: untergeordneten Begleitung herabsetzen. Aber gerade als sie zum Brunnen kamen, rief die Haus- mutter oben aus der Hütte. Sie rief Carlsson, und in ihrem Ton war zu hören, daß es sich um etwas Wichtiges handelte. Zuerst wurde Carlsson böse und wollte nicht antworten; da aber fuhr der Teufel in Norman: mit schallender Stinime rief der: Hier, Tante! Er kommt sofort!" Indem er den falschen Spielmann zur Hölle wünschte. riß sich der Sieger aus den Armen der Liebe und ließ die halb errungene Beute dem Schwächern, der sein Liebesglück nur einem Schicksal zu verdanken hatte. Die Alte rief noch einmal; mit zorniger Stimme ant- wartete Carlsson, er komme so schnell, wie er nur könne. Will Carlsfon näher treten und eine Halbe nehmen," empfing die Alte ihn im Vorbau, mit der Hand die Augen beschattend, um die leichte Sommerdämmerung zu durch- dringen und zu sehen, ob er allein komme. Carlsson hätte sonst gern eine Halbe genommen, aber in diesem Augenblick wünschte er allen Kaffee und Brannt- wein zur Hölle; doch konnte er nicht nein sagen; während Normans Norrköpinger Scharfschützenmarsch siegesstolz und hohnvoll von der Ouellwiese heraufklang, mußte er in die Stuga hinein. Die Alte war milder als gewöhnlich; Carlsson aber fand sie älter und häßlicher als gewöhnlich. Je freundlicher sie sich zeigte, desto mürrischer wurde er; das machte die Alte schließlich beinahe zärtlich. Die Sache ist die, Carlsson", sagte sie schließlich, wäh- rend sie ihm Kaffee eingoß,wir müssen für nächste Woche zur Mahd aufbieten. Darum möchte ich natürlich erst mit ihm sprechen." Die Harmonika verstummte mitten in den schmelzenden Akkorden des Trios; Carlsson erstarrte und horchte, um schließlich einige Worte ohne Klang und ohne richtigen Zu- fammenhang hervorzubringen: Jaja, also die Mahd in nächster Woche!" Und da möchte ich", fuhr die Alte fort,Carlsson soll am Sonnabend mit Klara hinfahren und aufbieten: dann kommt er etwas unter die Leute und kann sich zeigen, denn das ist immer gut." Aber am Sonnabend kann ich nicht," antwortete Carls- son mürrisch:da muß ich für Professors nach Dalarö  ." Einmal könnte wohl Norman die Fahrt machen," wendete die Alte ein und drehte dem Knecht den Rücken, um feine Miene nicht sehen zu müssen. In diesem Augenblick brachte die Harmonika einige weiche, von Pausen unterbrochene Sätze hervor, die sich zu entfernen schienen, um draußen in der Sonunernacht, wo die Nachtschwalbe schon an ihrem surrenden Rocken spann, zu verhallen. Carlsson schwitzte Todesschwciß, goß den Kaffeebrannt- wein hinunter, fühlte Steine auf der Brust, Nebel um den Kopf, eine allgemeine Schwäche in den Nerven. Das kann Norman nicht." stieß er hervor;Norman kann die Geschäfte des Professors nicht besorgen und er wird auch nicht damit betraut." Aber ich habe den Professor gefragt," schnitt die Alte den Faden ab;und er sagte, er habe für diesen Sonnabend nichts." Es war wie verhext für Carlsson; die Alte hatte ihn tote eine Maus gepackt; es war kein Loch mehr vorhanden, in das er schlüpfen konnte. Und seine Gedanken gingen nach so verschiedenen Rich- tungen, daß er sie kaum zu einer Gegenwehr sammeln konnte. Das sah die Alte auch, und sie wollte darum kneten, solange der Teig gärte.