5 Gustav ging wahrend all dieser Zurilstungen mit einem geheimnisvollen Gesicht umher: ließ die anderen gewähren und äußerte keinerlei Ansicht. Carlsson dagegen iah meist vor der Klappe des Sekretärs und rechnete: fuhr nach dem Bckdeort Dalarö  : ordnete alles an, wie er's haben wollte. Der Tag vor der Hochzeit war da. Zeitig am Morgen packte Gustav seine Tasche, nahm die Flinte und ging. Die Mutter erwachte und fragte, wohin er wolle. Gustav ant- wartete, xr wolle hinausfahren, um nachzusehen, ob der Bade- fisch schon gekommen. Damit drückte er sich. Sein Boot hatte er Mit Mundvorrat für mehrere Tage versehen: auch nahm er eine Bettdecke, einen Kaffeekessel und andere Sachen mit, die für einen Aufenthalt auf den Schären nötig waren. Unten am Strand setzte er sofort Segel. Statt aber in die Buchten einzubiegen, um nachzusehen, ob der Kühling auf die warmen, sandigen, seichten Ufer zumbaden" hinaus- gegangen sei, hielt er gerudeswegs zwischen die Kobben bin- durch. Der Morgen war jetzt, Ende Juli, blendend klar, der Himmel blauweiß wie abgerahmte Milch: Inseln, Holme. Schären, Kobben, Riffe lagen so weich und schmelzend im Wasser, daß man nicht sagen konnte, ob sie der Erde oder dem Himmel angehörten. Ins Land hinein standen Fichten und Erlen, und auf den Landzungen lagen Sägergänse, Trauerenten, Taucher, Möwen. Nach dem offenen Meer zu waren nur Meerrieferir zu sehen, und Teiste, Alke, schwarze, Papageiähnliche, schwärmten frech ums Boot, um den Jäger von den in den Vergschluchten versteckten Nestern abzuleiten. Schließlich wurden die Schären niedriger, nackter: und hier draußen war nur eine vereinzelte Kiese'» übrig gelassen, um den Nistkasten zu tragen, in dem man Eider und Jäger- gänsc ihre Eier legen ließ: oder eine Eberesche, über deren Krone eine Wolke von Mücken sich im Wind schaukelte. Da- hintr lag das offene Meer. Dort hielt die Raubmöwe ihre Jagd, in Fehde mit Seeschwalben, Möwen und Blaumänteln. Dorthin lenkte der Meeradler seinen schweren Flug, um viel- leicht eine liegende Eiderente zu packen. Dorthin, nach der letzten Schäre, steuerte jetzt Gustav, an der Ruderpinne dösend, die Pfeife im Mund. Von einer lauen südlichen Brise ließ er sich schleppen: gegen neun ging er auf der Schäre Norsten an Land. (Fortsetzung folgt.) (Nachdruck vcrdolen.) B] Bin Pogroms Von A a g e Viadelung., (Schluß.) Ein iunges Mädchen sprang plötzlich aus einem Fenster und lief in den Haufen hinein, wo er am dünnsten war. Ein junger Mann kam einige Schritte hinter ihr. Sie kam hindurch, klammerte sich an die oberste Kante eines Tores und blieb hängen. Sie hing wie ein gespanntes Fell, bis sie einen Schlag in den Nacken bekam, daß sie zur Erde glitt. Unter dem Tor war eine Oeffnnng..Die sah sie wie das letzte Fünkchen Leben, reckte sich danach, kroch hin- durch und entkam. Der junge Mann, der ihr auf den Fersen folgte er war übrigens ihr Freund«hielt auf dem Wege einige Schläge, kam aber auch zum Tor und klomm empor. Aber ihn trafen sie, daß er hintenüber fiel und mit dem Gesicht nach oben liegen blieb. Anfangs sah er sie alle noch über sich, sie schlössen ihm aber bald die Augen. Sie drängten sich so, daß sie schließlich die Knüttel nicht mehr schwingen konnten und mit den Absätzen treten mutzten, um ihm den Garaus zu machen. Er wurde zur unförmlichen Masse. Seine Eingeweide lagen flach in ihm, aus dem Hals flotz ihr Inhalt und vermischte sich mit dem Blut auf seinem in die Erde getrampelten Gesicht. Ein aus dem Kriege beurlaubter Soldat drängte sich ruhig durch die Menge, um zu sehen was vorging. Er trug den rost- ibrauuen Mantel mit den himbeerfarbenen Schulterschnüren flott über die Schultern geworfen. Was tut Ihr, Brüder," sagte er, als er sah, was sie vor» *) Diese Erzählung ist einer soeben in S. Fischers Verlag er- schienenen Sammlung von Erzählungen und Bildern aus Rußland  : Jagd auf Tiere und Dien   schon" entnommen. ES ist das erste Werk eines ManneS, der nicht als Literat sondern als Butter- Händler vor und während der Revolution das weite russische Reich kennen lernte und mit frischer Anschaulichkeit schildert, was er ge- sehen, erlebt und gehört hat. A. Madelung stammt aus Süd- schweben und ist im Jahre 1872 geboren. Die Uebersetzung ist von Kurt Bading. 4 hatten.Wozu schlagt Ihr die Leute zuschanden? DaS find ja di« UnsernI" Im selben Augenblick erhielt er einen Schlag quer überS Ge» ficht, datz es ihm schwarz vor den Augen wurde und die Mützo herunterflog. Er ertrug es, bückte sich wie im Schlaf nach der Mütze, sagte kein Wort und ging seiner Wege wie er gekommen war.... Tie Ordnungspolizei nahm sich der Leichname an, wenn mar» fertig mit ihnen war. Droschke über Droschke rollte durch dio Stadt. Darin saßen Schutzleute mit toten Blutmännern in den Armen., Zwei schwere Jungen sprangen aus der Hintertür des brennen- den Hauses. Eine Rauchwolke schlug hinter ihnen heraus. Sie liefen auf die andere Seite, den Pöbel über den Haufen und teilten ihn mit den geballten Fäusten. Schläge regneten auf sie. Sie liefe» mit großer Zähigkeit Spießruten, bis der erste sich einem Axthieb ergeben mutzte. Man schlug sein Gesicht in einen Stein- Haufen nieder, bis es nicht länger amüsant war. Der anders sprang aus die Stratze über ein Staket hinweg und versteckte fich unter dem Balkon von Frau Posekin. Auf diesem stand sie selbst, sah zu und rang die Hände vor Lust. Nun lebte sie. Ter Herr hatte ihr seinen Engel gesandt....> In diesem Augenblick kam der Gouverneur angerast, daß die Leiber seiner schwarzen Traber fast die Erde berührten. Der Kutscher mutzte sie hart anhalten, als er auf den Schwärm zukam. Der Gouverneur sprang heraus. Er war in roter Uniform. Die Bauern, die äutzerst im Kreise standen und nur zusahen, machten ihm bereitwillig Platz. Der Pöbel auf der Innenseite wich lässiger zurück. Er kam auf Pyschkin zu und sagte kurz und zornig:. Warum weisen Sie den Haufen nicht zurück? Sie haben ja Leute genug!" Ich lasse mir nichts befehlen", antwortete Pyschkin heraus- fordernd.Die berittene Polizei hat ihre Pflicht getan. Die Ber- Hältnisse haben das mit sich gebracht. Sie waren nicht aufzuhalten. Wir sollen doch wohl nicht auf unsere eigenen Leute schietzm.?"' Zurück, Leute!" rief der Gouverneur.Ich bin hier des Kaisers oberster Befehlshaberl" Da ist noch einer! haut ihn!" brüllten die wilden Tiere im Haufen.. Es kam noch einer aus dem Fenster heraus; sie umzingelten ihn, aber er hielt sich aufrecht und eilte gerade auf den Gouverneur zu, der vorsprang und ihn mit seinem eigenen Körper deckte. Das beruhigte, und der Polizeimeister und einige Schutzleute brachten den Geretteten in Sicherheit. Gleichzeitig wurde der Gouverneur von hinten von etwas Scharfem getroffen. Er hatte die Spitze eines Schustermessers durch die rote Kante der Mütze bekommen. Die Absicht war gut gewesen. Er drehte sich um und matz den Messerstecher, der unver- drossen grienend hinter ihm stand. Dabei blieb es. Die Feuerwehr rückte an, konnte aber nichts ausrichten. Die Schläuche wurden zerschnitten und die Pferde mit Messern und Nadeln gestochen. Es sollte Mordbrand sein. Der Gouverneur versuchte, in das brennende Haus einzu- dringen; doch er muhte es aufgeben. Das Blut flotz ihm über den Kragen. Der Polizeimeister machte ihn darauf aufmerksam. In des Kaisers Namen befehle ich Euch einzuhalten, und jedem, seiner Wege zu gehen," rief laut der Verwundete.Jeder, der hieran teilgenommen hat, wird zur Verantwortung gezogen werden!" Dann fuhr er fort. Pyschkin fühlte sich unangenehm berührt. Man sah eS ihm an. Der Haufe lichtete sich. Die Bauern zogen sich zurück. Nur der echte Pöbel blieb, alles Pack, das nur vor Feuer, Wasser und Peitsche weicht. Es entstand eine Pause, und ein kleines Häufchen halb zu Tode gemarterter Menschen wirbelte heraus aus Feuer und Rauch und verkroch sich in einen Hof auf der anderen Seite, wo Posekins Haus lag. Sie krochen alle zusammen ins Hühnerhaus. Der Pöbel war auf dieser Seite gerade dabei, den Mann unter dem Balkon zu steinigen. Er mutzte schließlich hervor, aber ein Polizei» offizier deckte ihn. Das Feuer schlug aus Fenster und Türen desVolkshauses" heraus. Es hatte schwer gefangen, aber jetzt hatte sich das Holz- wert der Hitze hingegeben. Die dicken Mauern krachten. Die Eisenträger bogen sich wie Späne. Der Rauch zog in langer, schwarzer Wolke über die Stadt. So erfaßte doch das Feuer des Antichristen   Haus! Pyschkin übergab einem Unteroffizier das Kommando, auf die Brandstätte achtzugeben, und ging heim mit dem Rapport zum Obersten I Es war vollbracht! Aber der Pöbel blieb noch bei seiner Arbeit. Wo find sie geblieben, die entwischt sind?" Man spürte in den Höfen, erkundigte sich... Nun hatten sie siel Die Luke zum Hühnerhaus wurde aufgerissen. Da waren sie! Einer steckte den Kopf hinein und faßte ein paar Beine. Sie wollten nicht heraus, aber viele Hände zogen daran, und so kam der Körper auch mit. Das Individuum, daS sie schleppten, kam rückwärts auf dem Bauche heraus wie ein großer Krebs, und so- bald der Kopf aus der Luke war, schlugen sie ihn mit einer Axt breit, ohne hinzushen, auf wem er saß. Er sagte selbst auch nichts.