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Niemand antwortete. Reiner hatte ihn gesehen. Oh, ich weiß es wohl, wo er ist," erklärte Carlsson. " Wo kann er denn sein?" höhnte Pastor Nordström so, daß Carlsson es merkte.

Man hat ihn draußen auf Norsten gesehen, hat ein Vogel gezwitschert; und ein Fuchs war mit ihm, der ihn gum Trinken veranlaßte."

,, Wenn er in schlechte Gesellschaft geraten ist, hat es feinen Zwed, auf ihn zu warten," meinte der Pastor. Es ist jedenfalls unrecht von ihm, sich nicht zu Haus zu halten, too er so gute Vorbilder und so treue Freunde hat. Aber was sagt die Braut? Sollen wir anfangen oder sollen wir warten?"

Die Braut ward gehört. Ob sie gleich recht traurig war, wollte sie doch, daß man anfange, weil sonst der Kaffee talt

werde.

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Aus dieser Zeit stammen auch die ersten populär- wissenschaft­lichen, wirtschaftlichen Monographien. Und wie start das Interesse für wirtschaftliche Dinge gewesen sein muß, ersieht man daraus, daß derselbe Fritz Nikolai in seiner Beschreibung von Berlin  , die den Hauptzweck hatte, damaligen Reisenden als Handbuch zu dienen, feinen Lesern 100 Seiten über den ökonomischen Zustand der das maligen preußischen Hauptstadt zu bieten wagte, womit heut zutage jeder Verfasser eines Reisehandbuches seine Leute zum Teufel jagen würde.

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Die französisch englische   Aufklärung war demokratisch, anti­monarchisch. Die peußisch deutsche Aufklärung fand sich bis zu se ant hinauf mit dem aufgeflärten" Despotismus ab. Das zeigt auch Nitolais Monographie über die wirtschaftliche Entwickelung Berlins   im Zeitalter der Aufklärung, insofern er bei jedem Industrie­zweig zuerst lang und breit die Verdienste der preußischen Könige um seine Einführung resp. Begünstigung aufzählt. So hören wir, wie Friedrich II.  , der Große genannt, ein in allen Feldern ers fahrener Monarch", zur Erweiterung der alten und zur Anlegung bon neuen Manufakturen fast unglaubliche" Summen auf­wendete, daß er sehr vielen Entrepreneurs, das heißt Unter­nehmern, auf seine Kosten( in Wirklichkeit natürlich auf Kosten des Staates, also der Allgemeinheit) die weitläufigsten Manufaktur­häuser gebaut und nachher verschenkt", daß er insbesondere die Seidenindustrie durch ein mit 100 000 Zalern ausgehaltenes Kredit­institut zu heben sich bemüht habe. Daß diese Liebesgabenpolitik auf soften des Volkes getrieben wurde, und daß die paar Seiden­entrepreneurs" diejenigen waren, die den größten Profit bei dieser " großzügigen" Politik machten wobei Friedrich II.   immerhin ein Die Braut warf noch im letzten Augenblick unruhige gewisses Berdienst nicht abzusprechen ist, solcher Art Ueberlegungen Blicke um sich, um nach dem verlorenen Sohn zu spähen; kommen natürlich dem braven Nikolai nicht. Immerhin entwirft er als sie zur Tür hinein sollte, mußte der Pastor sie schleppen, uns ein ziemlich genaues Bild von dem damaligen ökonomischen Stande Berlins  . während sie die Augen hinten hatte.

So begann man aufzubrechen, während hinten auf den Bergfelsen der Dynamit donnerte. Der Spielmann harzte und schraubte, der Pastor zog den Talar an, die Brautdiener gingen boran. Der Pastor führte die Braut. Die war in schwarze Seide gekleidet, trug den weißen Schleier mit dem Myrtenkranz und war sehr geschnürt; was verborgen werden sollte, wurde um so sichtbarer.

So zog man in den Saal des Professors hinauf, während die Geige knirschte und die Schüsse knallten.

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Sobald sie in den Saal kamen, stellten sich die Gäste Die Bollmanufattur hatte man schon im Anfang des rings an den Wänden auf, als bildeten sie die Wache für 18. Jahrhunderts durch ein Ausfuhrverbot aller inländischen Wolle eine Hinrichtung. Das Brautpaar nahm vor zwei umgekehrten zu heben versucht. Denselben Zwed verfolgte das fönigl. Lagerhaus Stühlen Plaß, die mit einem Brüsseler Teppich bedeckt waren.( Ede König und Klosterstraße belegen), das 1713 zur Beschäftigung Der Pastor hatte das Buch genommen, befühlte seinen armer Wollarbeiter errichtet wurde und einen solchen Aufschwung Kragen und wollte sich gerade räuspern, als die Braut ihre nahm, daß schon 1716 die ganze Armee aus dem Lagerhause ge fleidet werden konnte. Die Kaufleute, die aus dem Lagerhause ihre Hand auf seinen Arm legte. Waren bezogen, hatten große Vergünstigungen. 1764 wurde es an einen aus Aachen   eingewanderten Industriellen verpachtet, der damit das Monopol für alle feineren Wolltücher erhielt. Alle fremden Wollwaren wurden verboten. Von der Stralauer Brücke aus wurde durch ein Pumpwerk die Färberei des Lagerhauses mit Wasser versehen. Im föniglichen Lagerhaus arbeiteten um 1777 231 Wollweber. Der Wert ihrer Arbeiten belief sich jährlich auf zirka eine halbe Million Reichstaler. Die Hälfte davon ging ins Ausland. Daneben gab es zahlreiche private Wollmanufakturen. Die Gesamtheit der in der Wollmanufaktur beschäftigten Personen inkl. Färber usto. berechnet Nikolai auf 10 000, die eigentlichen Weber auf 5630. Wieviel Kinder damals in der Weberei beschäftigt wurden, läßt sich nicht genau er­mitteln. Bei jedem Webstuhl, auf dem gezogene Arbeit" hergestellt wurde, mußte ein Junge stehen und ziehen". Nikolai nennt die Anzahl dieser Webstühle sehr ansehnlich".

Nur noch einen Augenblick, dann kommt Gustav wohl!" Es wurde fast ganz still im Zimmer; man hörte nur das Knarren von Stiefeln und das Knittern gestärkter Hemden; nach einigen Augenblicken hörte das auf, man sah einander an, wurde verlegen, hustete; dann ward es wieder still. Schließlich sagte der Pastor, an dem aller Blicke hingen: " Jezt beginnen wir; länger fönnen wir nicht warten! Ist er noch nicht gekommen, so kommt er auch nicht."

( Fortsetzung folgt.)

Berliner

Neben der Wollmanufaktur nimmt die Seidenindustrie im wirtschaftlichen Berlin   des 18. Jahrhunderts einen breiten Raum

Manufakturen und fabriken im ein. Als erster hatte ein Berliner   Reftor namens Fritsch fich mit

Zeitalter der Aufklärung.

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der Anlage von Maulbeerplantagen beschäftigt. Doch hören wir aus der Leichenpredigt auf die Prinzessin Elisabeth von Braunschweig, daß man schon im Jahre 1595 aber wohl mehr zum Sport Das Zeitalter der Aufklärung, wie man die zweite Hälfte des fich mit der Züchtung von Seidenraupra beschäftigte. Auf die Ber 18. Jahrhunderts nach ihrer geistigen Art zu benennen pflegt, wird anlaffung von Fritsch hin ließ die Akademie der Wissenschaften die von der zünftigen Geschichtsschreibung und Pädagogit sehr oft als Bälle um Berlin   und Spandau   mit Maulbeerbäumen bepflanzen. zin oberflächliches und der wahren Kulturgüter eigentlich ermangelndes 1714 wurde eine große Maulbeerplantage vor dem Spandauer Tor an­beschrieben. Daran ist soviel richtig, daß jene Kulturperiode das Ideal gelegt. Und kurz darauf wurde durch amtliches Edikt die Bepflanzung aller der Menschenerziehung in eine möglichst scharfe Ausbildung des Ver- Friedhöfe mit Maulbeerbäumen befohlen. Die erste Seidenmanu standes sezte. Und es kann auch zugegeben werden, daß bei dieser faftur legte ein Berliner   Schugjude an. Die Weber verschrieb er einseitigen Pflege der Vernunft manche andere Seelenwerte, das sich aus der Schweiz  . Auch später, als die Regierung durch sehr Gefühl, das Gemüt, der Wille usw., zu kurz tamen. Aber es wird luxuriöses Prämiensystem die Seidenindustrie zu hohem Aufschwung immer vergessen, daß die Aufklärung des 18. Jahrhunderts gerade brachte( unter Verwendung" von zahlreichen Waisenhauszöglingen), durch diese einseitige Kultur des Dentens der europäischen   Be- wurden die Vorarbeiter größtenteils aus der Schweiz   und aus völkerung Befreiungsdienste geleistet hat, die jenen Schaden Frankreich   verschrieben. Als ein traffes Beispiel dieser vor- libera­bei weitem wett machten. Hierhin gehören die gar nicht hoch listischen Wirtschaftsepoche, in der die Industrie noch eng in die genug zu veranschlagende Befreiung des Volkes von dem theo- Fesseln des absolutistischen Staates geschnürt war, sei erwähnt, daß logisch- kirchlichen Geiste des Aberglaubens, die energische Hinweisung Friedrich der Große 1766 ein dift erließ, worin die Länge, des Menschen auf die diesseitigen, weltlichen, praktischen Ziele und Breite und auch Qualität aller in Berlin   hergestellten Seidenwaren die Propaganda der Nüchternheit und des Realismus, d. H. die genau vorgeschrieben war. Daß diese Politit aber für eine Zeitlang Gewöhnung des Denkens an materielle, wirtschaftliche Dinge. Wenn einen Industriezweig zu heben bermag, zeigt der Aufschwung, den wir ein Werk wie die zwölfbändige Reisebeschreibung durch die Posamentiergewerke von 1776-1777 durch das oben erwähnte Deutschland   und die Schweiz  " von Friz Nikolai, dem Berliner   Berbot der Einfuhr fremder Bänder nahmen: 1776 wurden be Buchhändler und Haupte der Aufklärung, durchblättern, so sind wir in der schäftigt 206 Meister, 99 Gesellen, 88 Jungen. Im nächsten Jahre Tat überrascht von dem großen Raum, den bei ihm rein praktische, nütz- waren es 217 Meister, 140 Gesellen und 105 Jungen. In der ge­liche, wirtschaftliche Ueberlegungen einnehmen. Während die romantische samten Seidenindustrie waren am Ende des 18. Jahrhunderts tätig: Reisebeschreibung( wie sie auch heute wieder Mode ist) in der 844 Meister", 608 Gesellen und 317 Jungen". Schilderung landschaftlicher Schönheiten schwelgt, wimmelt hier Sehr zu kämpfen hatte bei ihrem Auffommen die Kattun alles von Notizen über Dekonomie. Sterblichkeit, Schädelgröße der druckerei. Der Bater des aufgeklärten Friedrich hatte diese neu­Bewohner, Stand des Aberglaubens usw. Es ist die Zeit, in der modischen" Stoffe aufs schärfste verboten. Nicht nur als Kleidung Süßmilch seine preußischen Statistiken begann, eine Beit der waren sie untersagt, sondern auch Möbelbezüge, Bettvorhänge usw. Mündigwerdung der Wissenschaft, eine Beit vielleicht ohne Schwung: durften von dieser Neuerung" nicht hergestellt werden. Sobald dies aber eine Zeit voll nüchternen Wahrheitsfinnes. Verbot fiel( Mitte des 18. Jahrhunderts), nahm die Kattundruckerei

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