HlnterhaltungMatt des Horwärts S!r. 149. Mittwoch, den 4. August. 1909 MachdruS verboten.) 251 Die Inlelbauern. yioman von August Strindberg  . Deutsch von Emil Schering  . Die Tür wurde von draußen verschlossen und der Schlüssel herausgezogen. Dann schlichen die beiden Rächer auf einem Umweg nach der Scheune hinauf. Carlsson fluchte und schwor: Wenn wir ihn nur erst heraus haben, dann wollen wir �ihn schon kriegen!" Zufällig stand das Hebezeug noch vom letzten Schlachten her da. Nachdem sie die Spiere heruntergenommen und Block und Seil gesunden hatten, schleppten sie die Geräte auf Um- wegen hinter die Stuga, bis an den Giebel unter das Fenster des Pastors. Rapp holte eine Leiter, scherte die Spiere und machte sie mit einer Latte am First fest. Darauf kroch er in die Kammer, während Carlsson unten mit einem Bootshaken stand, um abzustoßen. Nachdem Napp in der Kammer eine Weile gearbeitet hatte, pustend und schnaubend, sah Carlsson ihn den Kopf herausstecken und hörte ihn leise den Befehl geben: Holen!" Carlsson holte, und bald erschien ein schwarzer Körper draußen auf dem Fensterbrett. Hol steif!" befahl Rapp. Carlsson holte an. Draußen auf dem Hebezeug bau- melte jetzt der schlappe Körper des Pastors, der sich unglaub- sich verlängerte, wie der eines Gehängten. Fieren!" befahl Rapp wieder.Hol an!" Aber Carlsson hatte schon losgelassen: wie ein Haufen lag der Pastor in den Nesseln, ohne einen Laut von sich zu geben. Im Nu war der.Bootsmann zum Fenster hinaus- geklettert, und eilte die Leiter hinunter. Beide schleppten den Pastor nun nach der Waschbrücke. Als sie ans Seeufer kamen, brach Carlsson los: Jetzt sollst Du baden, Du Halunke!" Es war seicht am Strand, aber sehr schlammig, weil man Jahre lang das Eingeweide der Fische dorthin geworfen hatte. Rapp packte die Strippe, die er um den Leib des Schlafenden befestigt, und warf ihn in die See. Da erwachte der Pastor und stieß einen Schrei aus, wie ein Ferkel beim Schlachten. Holen!" befahl Rapp, der merkte, daß die Leute oben aufhorchten und schon herbeieilten. Carlsson aber legte sich auf die Knie und wälzte den Pastor im Schlamm; dann rieb er mit den Händen dessen schwarzen Anzug so ein, daß jede Spur von dem Unglück, das im Brautbett geschehen, vertilgt war. Was ist da unten los? Was ist?" riefen die Leute, die herbeieilten. Der Pastor ist in die See gefallen!" antwortete Napp und holte den schreienden Geistlichen. Jetzt entstand eine Volksversammlung. Carlsson spielte den edelmütigen Retter und machte den mitleidigen Sama- riter, indem er frömmelte und wehklagte. .Könnt Ihr Euch denken: ich komme ganz zufällig hier- her, da höre ich etwas plätschern und quellen, daß ich glaube, es sei ein Seehund. Als ich näher komme, sehe ich, es ist unser lieber Herr Pastor. Herr Jesus  , sage ich zum Boots- mann, ich glaube, das ist Pzstor Nordström selber, der dort liegt und mit den Flügeln schlägt. Und dann sagte ich zu Rapp: Rapp, lauf nach einer Trosse! Und Rapp lief nach einer Trosse. Als wir aber die Strippe um den dicken Herrn schlangen, fing er an zu schreien, als wollte man ihn aus- weiden. Und wie er aussieht!" Der Pastor sah wirklich unbeschreiblich aus. Die Männer betrachteten ihren Hirten mit Verdruß, aber auch mit un- ausrottbarer Ehrerbietung: sie wollten ihn so schnell wie möglich fortschaffen. Aus zwei Paar Rudern wurde eine Bahre gemacht, auf die man den Pastor legte. Acht starke Schultern trugen ihn nach der Tenne hinauf, wo man ihn umkleiden wollte. Der Spielmann, der ganz betrunken war, glaubte, eS handle sich um irgendeine Posse: er stieß zu ihnen und zog mit, während er Bellmans TrinkliedMacht Platz da, macht Platz da der Bahr des alten Schmidt!" fiedelte. Burschen kamen aus den Büschen hervor und gesellten sich dazu. Der Professor glaubte seine verlorene Jugend wiedergefunden zu haben, setzte sich an die Spitze und sang. Norman hatte seine Harmonika vorgeholt, da er seine musika« lische Suade nicht unterdrücken konnte. Als sie aber auf den Hof kamen, stürzten die Frauen herbei: sobald die den Pastor in seiner traurigen Verfassung sahen, wurden sie von Mitleid ergriffen und erbarmten sich iiber den Bewußtlosen. Frau Flod   holte eine Bettdecke, die sie, trotz Carlssons Warnungen, über den Jammer warf. Dann setzte man warmes Wasser auf und borgte vom Pro« fessor Wäsche und Anzug. Als man zur Tenne hinauf kam, wurde der Kranke, wie man ihn nannte niemand hätte zugegeben, daß der Pastor betrunken sei auf trockenes Stroh gelegt.. Rundquist kam mit dem Schnäpper, um den Pastor zur Ader zu lassen, wurde aber fortgejagt. Da bat er, den Kranken wenigstens besprechen zu dürfen, denn er könne wassersüchtige Schafe besprechen. Er durfte sich aber durch- aus nicht mit dem Geistlichen befassen, und auch kein anderer von den Mannsleuten. Carlsson aber schlich sich wieder in die Brautkammer hinauf, dieses Mal allein, um die Spuren seiner. Demütigung zu verwischen. Als er die Verwüstung in dem beschmutzten Brautbett sah, überkam ihn einen Augenblick Schwäche: er» müdet, wie er von den Arbeiten der letzten Tage und den Anstrengungen dieser Nacht war. Er dachte daran, wrs anders es mit Ida gewesen wäre, wenn ihr Verhältnis zu» stände gekommen. Er trat ans Fenster und blickte lange und schwermütig über die Bucht. Die Wolken hatten sich zerstreut und die Nebel sammelten sich in weißem Flor über dem Wasser: die Sonne ging auf und strahlte in die Brautkammer hinein, beschien das bleiche Gesicht und die ausgewässerten Augen, die sich zusammen» kniffen, als kämpften sie gegen hervorbrechende Tränen. Das Haar lag in feuchten Zotten auf der Stirn, das weiße Hals» tuch war befleckt, der Nock hing schlaff herunter. Die Sonnen- wärme ließ ihn erschauern: mit der Hand über die Stirn fahrend, wandte er sich ins Zimmer hinein. Aber das ist doch ganz furchtbar!" sagte er zu sich selber, riß sich aus seiner Schlaffheit und fing an, die Äe» züge von den Betten zu ziehen. Sechstes Kapitel. (Veränderte Verhältnisse und veränderte Ansichten; die Landwirt- schaft geht zurück und der Grubenbau blüht.) Carlsson war nicht der Mann, unangenehme Empfin» düngen länger, als er wollte, auf sich einwirken zu lassen: sein Körper nahm die Schauer hin, schüttelte sich und ließ sie ablaufen. Seine Stellung als Hosbesitzer hatte er sich durch seine Tüchtigkeit und sein Wissen errungen: und daß Frau Flod ihn zum Manne nahm, war ebensoviel Gewinn für sie als für ihn, meinte er.> Als aber der Hochzeitsrausch verflogen war, begann Carlsson etwas weniger eifrig zu werden: er war ja nun sicher, sowohl durch die Heirat wie durch den Erben; denn in wenigen Monaten war das Kind zu erwarten. Der Ge- danke, sich zu einem Herrn zu machen, hatte er aufgegeben: statt rüstete er sich, Großbauer zu werden. Zog ein prächtiges wollenes Wams an, tat ein festes Schurzfell um, trug Wasserstiefel: brachte viel Zeit vor seinem Sekretär zu: das war sein Lieblingsplatz geworden. Las die Zeitung, schrieb und rechnete weniger als früher: überwachte die Arbeit mit der Pfeise im Munde und zeigte weniger Interesse für die Landwirtschaft. Die Landwirtschaft geht zurück," sagte er.Das habe ich in der Zeitung gelesen: es ist billiger, fein Korn zu kaufen." Früher hat er anders gesprochen," meinte Gustav, der auf alles achtgab, was Carlsson sagte und tat, sich aber auf eine stumpfe Unterwerfung beschränkte, ohne jedoch den neuen tjerrn anzuerkennen,