seines LiebliNgSgetränkes bekommen hatte, vor zärtlicher Liebe zu beben; seine Augen schielten, um nicht das Glas aus dem Blick ?u verlieren, und er sah aus, als erfüllte er die einzige Aufgabe, ür die er geboren war. Man hatte den Eindruck, datz er geistig eine Annäherung und eine Art Verwandtschaft hersiellte zwischen den beiden großen Leidenschaften, die sein Leben ausmachten: Ale und Revolution; und kein Zweifel, er konnte das eine zgicht ge- yießen, ohne an das andere zu denken.- �Fortsetzung folgt. H _ rr- Die Zelle und ihr Leben. Der Organismus einer Pflanze, eines Tieres ist zusammen- gesetzt aus dielen Milliarden von Zellen. Diese mikroskopisch kleinen Gebilde, die Zellen, find gewissermaßen die einfachsten fichtbaren oder doch mit dem Mikroskop sichtbar zu machenden Bausteine, welche in ihrer Gesamtheit fich zu dem wohlgegliederten Gebäude eines lebenden Organismus zusamnienfügen. Die Lehre, daß alle Lebe- Wesen aus einer mehr oder minder großen Zahl von Zellen zu- sammengesetzt find, gehört zu den gesichertsten und wichtigsten Er- rungenschaften, die die Naturwissenschaften im verflossenen Jahr- hundert gemacht haben. Begründet wurde die Zellenlehre in der Gestalt, welche fie annähernd heute noch hat, von dem Botaniker Matthias Schleiden , der zuerst die Be- deutung der Pflanzenzells als niedrigster Einheit im Gesamt- organismus erkannte. Dies geschah im Jahre 1833. Ein Jahr später erbrachte der Zoologe Theodor Schwann alsdann den Nach- weis, daß auch der tierische Organismus aus lauter einzelnen Zellen zusammengesetzt ist, die je nach ihrer Besfimmung ver- schiedene Formen angenommen haben. V i r ch o w verglich dann später die Gesamtheit der Zellen, die in einem Organismus zu ge- meinsamer Arbeit vereinigt sind, mit einem Staatswesen. Von ihm rührt die Bezeichnung des Zellenstaates her, in dem die Zelle als «insachsteS, selbsttätiges Mitglied mit dem Einzclindividuum des modernen Staates verglichen wird. Wie in diesem, gibt es auch in dem Zellstaat sehr mannigfache Berufsklassen, nämlich Zellen mit ganz verschiedenarfigen Funktionen. Es hat eine weitgehende Arbeits- teilung staltgefunden. Die Zellen des Muskelgewebes(Fleisches) find vollkommen verschieden von den Nervenzellen, und diese haben eine Sanz andere Aufgabe als die Blutzellen. Entsprechend den ver- hiedenen, von den einzelnen Zellgattungen zu erfüllenden Aufgaben find die Zellen auch hinsichtlich ihrer Gestalt sehr von einander ver- schieden. Der weitere Ausbau der Zellenlehre mit Hilfe unserer vervollkommneten Hilfsmittel, namentlich der viele Hunderte von Malen vergrößernden modernen Mikroskope, hat nun ergeben, daß auch die Einzelzelle noch«in recht hoch organisiertes Individuum darstellt. Die Zelle ist durchaus kein völlig gleichartiges, in allen ihren Teilen gleichwertiges Gebilde. Schon vor Schleiden wurde Von dem englischen Botaniker Robert Brown der Zellkern entdeckt. ohne daß man auf diese Entdeckung damals Gewicht legte. Nach Schleiden und Schwann , den beiden Begründern der Zellenlehre, war der wichtigste Bestandteil �der Zellen eine sie umgebende Hülle, die Zellmembran. Deswegen war ursprünglich die Bezeichnung„Zelle" gewählt. Es hat sich herausgestellt, daß die Zellniembran von sehr untergeordneter Bedeutung ist, ja daß viele, vor allem tierische Zellen überhaupt keine Zellmembran besitzen und eigentlich gar nicht als Zellen be- zeichnet werden dürften. Von größter Wichtigkeit für das Leben der Zelle hingegen ist der Zellkern und die Substanz, welche die Zelle ausfüllt und den Zellkern umgibt, das Protoplasma. Dieses besteht auS verschiedenen Eiweißkörpern, die in bestimmter Form angeordnet find. Genaueres über die Chemie deS Proto- plaSmaS hat fich bisher noch nicht ergründen lassen. Für die Er- nährung und Fortbewegung der Zellen ist das Protoplasma von größter Bedeutung. Der Zellkern hingegen ist für die Fortpflanzung und Vermehrung der Zellen ausschlaggebend. De? meist in der Mitte gelegene Zelllern ist wiederum kein einfaches Ge- bilde. Er enthält verschiedene Substanzen, von denen die wichtigste das sogenannte Chromatin ist. Wenn die Zelle fich zwecks Fortpflanzung teilen will, ordnet sich das Chromatin in ganz beftimntter Form an. Es zerfällt in einzelne, gleich lange Abschnitte, die sogenannten Chromosomen, von denen fich jedes einzelne wieder in zwei Hälften teilt. Bei der Zellteilung erhätt jeder Zell - abschnitt eine Hälfte, so daß die Anzahl der Chromosomen auch w den neuen Zellen stets die gleiche bleibt. Dies ist eines der wich« ttgsten Gesetze der Biologie(der Lehre von den Lebenserscheinnngen), das sogenannte Zahlengesetz der Chromosomen. In allen Zellen, in denen der MnSkulawr, den Knochenzellen, den männlichen und weiblichen Geschlechtszellen, durch deren Befruchtung der für die Erhaltung der Rasse wichtigste Akt. die Fortpflanzung, erfolgt, befinden sich bei derselben Tier- oder Pflanzenart diese wunderbaren, mikro'kopisch kleinen Chromosomen in gleicher Anzahl. Ferner ist von Wichtigkeit, daß für jede Art eine besondere Zahl charatteristisch ist. So besitzt der Pferdespulwurm 4, die Maulwurfsgrille 12, der Regenwurm 32 Chromosomen in jeder Zelle. ES ist nicht immer leicht, diese Gebilde zu zählen, da man sich stets ver- gegenwärtigen muß, daß es sich um höchst minutiöse Dinge handelt, die nur unter vielhundertfacher Vergrößerung dem menschlichen Auge zugänglich gemacht werden können. Dieses Chromatin. das also bei jeder Zellteilung, wie eben auS- geführt, in eine bestimmte Zahl von Stäbchen zerfällt, ist wahrschein - lich die wichtigste Substanz aller Zellbestandteile. DaS Chromatrn ist die V e r e r b u n g S s u b st a n z; die Stäbchen, die sogenannten Chromosomen, find die Vererbungsträger. Um dies zu verstehen, wenden wir uns mit ein paar Worten dem Befruchtungsvorgange zu, wie er fich unter allen zweigeschlechtlichen Tieren und Pflanzen vollzieht. Bei diesem wird die weibliche Eizelle von einer männ- lichen Samenzelle beftuchtet, d. h. beide Geschlechtszellen ver- einigen fich zu einer einzigen, aus der dann durch fortgesetzte Teilungen der junge Organismus im Laufe einer bestimmten Zeit fich entwickelt. Die weibliche Eizelle und die männliche Samenzelle enthalten wie alle übrigen Zellen deS väterlichen bezw. mütterlichen Organismus nach dem Zahlengesetz der Chromosomen die charak- teristische Menge von Vererbungsträgern. Würde sich bei der Be- ftuchtung Ei- und Samenzelle ohne weiteres vereinigen, so würde, wie leicht verständlich ist, in dem Bereinigungsprodukt die doppelte Anzahl von Chromosomen vorhanden sein. Damit dies nicht der Fall ist, wird vor dem Bcfruchtungsprozeß die Menge der Chromo- somen durch einen besonderen Vorgang auf die Hülste reduziert. Dies ist nur bei den Geschlechtszellen der Fall. Man sieht, die Natur arbeitet, um ihre Gesetzmäßigkeiten zu erhalten» mit überraschendender Zweckmäßigkeit und man wird immer von neuem staunen, je fieser man in das vollendete Wunder- werk einzudringen versucht. Der Keimling(das durch die männliche Samenzelle beftuchtete Ei) hat also seine Chro- mosomen zur Hälfte von der Mutter, zur Hälfte vom Vater erhalten. Daher kommt es, daß die Jungen in gewissen Eigenschaften dem männlichen Erzeuger, in gewissen dem weiblichen ähneln. Daß die Chromosomen nun wirklich, wie man schon lange vermutet hatte, die Vcrerbungsttäger darstellen, beweisen einige in neuester Zeit (zuerst von dem Würzburger Forscher Theodor B o w e r i) auS- geführten Experimente. Durch sehr komplizierte und geistvoll er- dachte Versuche ist eS gelungen, beftuchtete Eier von Seeigeln eines Teiles ihrer Chromosomen zu berauben. Die Folge davon war, daß sich Keime entwickelten, die nicht im Besitz aller gewöhnlichen, nor- malen Organe waren Dem einen fehlte die Knochrnanlage, dem anderen das Nervensystem; dergleichen Mißbildungen wiesen sie alle auf, die nicht im vollen Besitz ihrer Chromosomen gewesen waren. Dadurch war die Annahme, daß daS Chromatin die VererbungSsubstanz ist, experimentell erwiesen. Jedes einzelne Chromosom der be- fruchteten Eizelle stellt«ine bestimmte Organanlage dar und über- trägt diese durch den TeilungSprozeh immer iveiter. Wir haben bisher von den Zellen solcher Organismen ge- sprachen, die selbst aus vielen Millionen und Milliarden von Zellen bestehen. Dahin gehören alle Tiere und Pflanzen, die wir ge- meinbin als solche kennen. In dem Zellenstaat dieser hoch- organisierten Lebewesen sind die Zellen die Einzelindividuen, die in dem großen Gemeinwesen je nach ihrer Tätigkeit, nach ihrem Beruf eine besondere Stellung einnehmen. Die einen sind Sinneszellen, vermitteln die Lichtempfindung, die Gehörempfindung usw., die anderen sind Muskelzellen und verrichten gröbere Arbeit, wieder andere dienen der Erhaltung der Art wie die Ei- und Samenzellen; und so gibt es noch sehr viele andere Berufe im Zellenstaat, dessen Angehörige teilweise zu großen Verbänden zusammengeschlossen find, um bester wirken zu können. Außer diesen Zellenstaaten gibt es jedoch auch Einzelzellen, die für sich leben, die nicht mit anderen vergesellschaftet sind. Dies find die sogenannten Protozoen(einzellige Tiere) und Proto« p h y t e n(«inzellige Pflanzen). Bei ihnen verrichtet eine einzige Zelle alle die Funktionen, die bei den höheren Lebewesen auf viele Millionen von Zellen verteilt find. Natürlich sind diese Urtierchen, die das Prinzip der Arbeitsteilung noch nicht kennen, sehr primitiv in ihren Lebensäußerungen. Dennoch sind aber die Haupteigen- schaften der belebten Materie auch bei ihnen vorhanden oder wenigstens angedeutet. Sie besitzen die Fähigkeit, sich zu bewegen, sich zu ernähren, sich fortzupflanzen und haben eine Rcizempfindiich- keit, also den niedrigsten Grad einer nervösen seelischen Tätigkeit. Alles daS ist auf eine einzige Zelle konzentriert; es liegt in der Natur der Sache, daß die Funktionen dieser Lebewesen sehr primitiv find. Dennoch find sie uns genau so rätselhast wie die der höchst- organisierten Lebewesen. W. (Nachdruck verboten.)! Die Herstellung der Bifenbabn schiene» Verfolgen vir einmal den Werdegang einer Schiene in einein der neuesten und größten Hüttenwerke Europas , das in der Lage ist, die letzten Errungenschaften der Technik und Jngenieurwisten- schaft in Anwendung zu bringen. Zur Bearbeitung des späteren Schienenmaterials dienen Hochöfen, denen das Erz mit seinen Zuschlägen an Kalkstein und Koks in Erztransportkübeln durch Hängebahnen zugeführt wird. Miischtrichter vermengen daS Material und geben es an die Wagen ab, die ihre Ladung mit elek- krisch betriebenen Schrägaufzügcn direkt bis zum Munde der Hoch- öfen, zur„Gisch" hinausbringen. Und in einer Menge von je 4bll bis bvv Tonnen täglich entrinnt das flüssige Hochofeneisen nach vollzogenem Reduktionsprozeß seinen riesigen Behältern. Ein rich- tiger Vollspurschienenstrang sührt zu den Hochösen. Ist einer dex-
Ausgabe
26 (7.8.1909) 152
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