635 jeder, jeder, jeder erkennen, daß er hier in der Tasche etwas trug... Seine Eingeweide brannten, ein höllischer Durst beizte ihm den Gaumen Hunger hatte er jetzt gar nicht mehr. Am liebsten hätte er das Brötchen über den Zaun geschleudert, daß es nur aus seiner Tasche wegkam. Aber in dem Gewimmel ringsum war das nicht möglich. Und das Seltsamste war: dieser Hertel spazierte da mit anderen Klassengenossen auf und ab, als vermisse er gar nichts. In der folgenden Stunde erhob sich Philipp Majewski und bat mit gepreßter Stimme, hinuntergehen zu dürfen. Als ob er verfolgt würde, rannte er über den Schulhof. Hinter der Turn- halle war ein kleiner dunkler Anbau, in dem der Pedell die Gerät- schaften zur Sauberhaltung der Wege und Plätze aufbewahrte. Da hinein schlüpfte der Junge, zog das Brötchen aus der Tasche und schlang es gierig hinunter. Als war' eine Last von ihm gefallen, atmete er danach auf. Nun merkte es keiner mehr. sFortsetzung folgt.) (leber clie weitere Sntwlckelung der flugtechnik/) Nichts scheint natürlicher als die Annahme, daß nach den be- Kunderungswürdigen Flügen der Brüder W r i g h t. der Franzosen  Farman, Bleriot  , Delagrange, Ferber und vieler anderer die weitere Entwickelung der Flugtechnik nun mit Riesen- schritten erfolgen müßte. Zur Bekräftigung dieser Meinung wird meist auf den raschen Aufschwung des Automobilismus hin. gewiesen. Man läßt bei diesem Vergleiche freilich ganz außer acht, daß dem Butomobiltechniker die jahrtausendlange EntWicke- lung der Wagenbaukunst sofort voll und ganz zugute kam. Man brauchte bloß einen genügend leichten Motor auf einen Wagen zu Montieren und das Problem des Automobilismus war prinzipiell gelöst. Aehnlich war es mit der motorischen Fortbewegung durch das Wasser. Beim Wagen und beim Schiff war die Anpassung an das Translationsmittel infolge der langen Entwickelung schon außerordentlich weit gediehen, als sich das Bedürfnis nach mechanisch bewegten Vehikeln einstellte. Für die Fortbewegung durch das Wasser und über den festen Boden war die Schaffung eines genügend leichten und kräftigen Motors die Hauptaufgabe. Es war deshalb von vornherein selbst- verständlich, daß die Entwickelung des Automobilismus parallel laufen werde mit der Vervollkommnung der Antriebsmotoren. Der Flugtechniker war aber vor eine erheblich schwierigere Auf- gäbe gestellt. Er mußte den Kraftträger, der die Fortbewegung des Apparates durch die Luft und auch das Schwebenderhalten bewirken sollte, sich auf Grund einiger weniger, meist un- zureichender Erfahrungen und mit Zuhilfenahme von Beobachtungen konstruieren, die an den natürlichen Fliegern, den Vögeln und Fledermäusen, gemacht wurden. Es ist deshalb nur natürlich, wenn die so entstehenden tcch- nischen Gebilde zunächst noch sehr unvollständig ihrem spezifischen Zwecke angepaßt sein konnten. Die ersten Versuche der Her- stellung eines Vehikels zur Fortbewegung durch die Luft be- schränkten sich auf eine unmittelbare mechanische Kopierung des Flugapparates der Vögel. Flügelförmige Flächen wurden durch Arm- oder Beinkraft oder auch durch einen mechanischen Motor auf und ab bewegt, nach Art der Vogelschwingen. Die schwingende Bewegung der Flügelflächen wurde später durch eine rotierende ersetzt. Die Anpassung der so entstehenden Schraubenflieger an den spezifischen Zweck, den der Flugapparat erfüllen sollte, war schon erheblich weiter gediehen, als bei der unmittelbaren Kopierung des Vogelflugmechanismus dies der Fall war. Statt den Flügelflächen eine schwingende bezw. eine rotierende Bewegung zu erteilen, konnten diese auch in ausgebreiteter Lage dauernd festgehalten werden. Wir gelangen so zu jenem Flug- maschinentyp, dessen Name heute jedermann geläufig ist. Es ist der Drachenflieger oder Aeroplan. Das Schwebend- erhalten des Fliegers wird beim Drachenflieger schon durch die rasche Vorwärtsbewegung des Apparates durch die Luft erreicht. Der dauernde Antrieb des Vehikels erforderte nun aber einen eigenen Propeller. Man möchte meinen, daß die Anpassung des Drachenfliegers noch weitergehend wäre als jene des Schwingenfliegers und auch des Schraubenfliegers. Allgemein könnte dieser Schluß wohl nicht als zutreffend angesehen werden; denn der typische Drachenflieger leidet an dem Mangel, daß er nicht ohne Anlauf und nicht senkrecht aussteigen kann. Stellt man diese Forde- rungen als Grundbedingung zur praktischen Brauchbarkeit eines Flugapparates, so käme der Drachenflieger überhaupt gar nicht weiter in Betracht. Wenn wir uns erinnern, daß der Drachen- Aus dem weiter unten besprochenen Buche von Dr. Rai« mund Nimführ  : Die Luftschiffahrt.(Verlag von B. G. Teubner, Leipzig  . Preis geb. I,2S M.) flieget derzeit das einzige ballonfrete Luftvehikel darstellt, mit dem man bereits wirkliche Flüge zustande gebracht hat, wird man daraus doch noch keine allzuweit gehenden Schlüsse ziehen dürfen. Es folgt aus dieser Tatsache zunächst nichts weiter, als daß der Drachenflieger den am meisten begünstigten und darum auch den derzeit am höchsten entwickelten Fliegerthp darstellt. Es wäre wohl verfehlt, wenn man den Schwingen» f l i e g e r n und dem Schraubenfiieger die weitere Ent-> Wickelungsmöglichkeit absprechen wollte, allein es lassen sich doch sehr tristige Argumente für die Ansicht anführen, daß der typische Schwingenflieger als unmittelbare Kopie der natürlichen Flieger(Vogel, Fledermaus) kaum je erheblichere praktische Be-- deutung gewinnen könnte, hauptsächlich wegen der unvermeidlich komplizierteren Konstruktion, welche die Betriebssicherheit in jedem Falle ungünstig beeinflussen mutz und auch die Kosten erhöht. Daraus wäre zu folgern, daß von den drei genannten Systemen von ballonfreien Apparaten der Drachenflieger jedenfalls die tech- nisch zweckmäßigste Konstruktion darstellt. Freilich muß der typische Drachenflieger erst mit einer Vorrichtung versehen werden, die ein senkrechtes Aufsteigen ohne Anlauf ermöglicht. Dieses Problem wird sich ohne prinzipielle Schwierigkeiten in mannigfacher Weise lösen lassen. Die Wahrscheinlichkeit, daß für die Fortbewegung über den festen Boden eine einfachere und zweckmäßigere Konstruktion ge- funden werden könnte, als der Wagen sie darstellt, muß wohl als verschwindend klein angenommen werden. Aehnlich ist es mit dem Schiffe. Viele Erfinder haben sich bemüht, neue Schiffs» formen zu konstruieren; es sei bloß an das Gleitboot erinnerst Keine dieser Erfindungen hat jedoch praktische Bedeutung erlangst Die allgemeine Architektonik von Wagen und Schiff kann deshalb wohl im großen und ganzen als vollendet angesehen werden. Liegen triftige Gründe vor, daß dies auch beim Drachenflieger schon der Fall ist? Gewiß nicht. Es sei an ein anderes Analogiebeispiel aus der Technik er» innerst Mit der Dreizhlinder-Expansionsmaschine schien die Dampfmaschine den Höhepunkt ihrer Entwickelung erreicht zu haben. Und doch wird nach der Ueberzeugung hervorragender Techniker die Zhlindermaschine von der Turbine allmählich völlig verdrängt werden. Daraus wäre zu folgern, daß die technische Anpassung der Turbine doch noch höher sein müsse als jene der Zhlindermaschine. Aehnlich könnte es vielleicht beim Problem der Bewegung durch die Luft sein. Der Drachenflieger schein noch zu sehr die Eierschalen des Naturalismus an sich zu tragen. Die Tragflächen sind schlecht kopierte Vogelschwingen, deren Effekt bei einer Nachahmung wohl nie erreicht werden kann. Im Drachenflieger steckt noch immer das mechanische Analogon des Vogels, der schwingenschlagend sich durch die Luft bewegt. Die Natur muß freilich mit den ihr zu Gebote stehenden Mitteln ihr Auslangen finden. Die Vogelschwingen sind gleich den Flugflächen der Fledermäuse modifizierte Vordergliedmatzen, die durch ein Kugelgelenk mit dem Rumpfe verbunden sind. Da« mit war auch der Bereich der Bewegungsmöglichkeit der Vogel- und Fledermausflügel gegeben, sowie die Methode zur Erzeugung der erforderlichen Tragkrafst Die wunderbare Anpassung der Vogelschwingen an ihren Zweck hat bis in die neueste Zeit immer wieder zu der ganz unmotivierten Vorstellung Veranlassung ge- geben, in der Nachahmung des Vogelfluges liege alles Heil der Flugtechnik. Die Fortschritte der praktischen Flugtechnik dürften parallel laufen mit der zunehmenden Beseitigung jeglicher Natur- Nachahmung. Die Lösung des Flugproblems erheischt die Er- zeugung eines lotrecht nach oben gerichteten Zuges, eines Auf- triebes gleich dem Gewichtsdrucke des Flugkörpers. Wird der er» forderliche Antrieb auf dynamischem Wege erzielt, so kann dies nicht ohne den andauernden Aufwand von mechanischer Arbeit geschehen. Der Betrag der pro Zeiteinheit aufzuwendenden Arbeit. der Schwebearbei, ist wesentlich an die Methode der Auftriebs- erzeugung geknüpft. Bei den natürlichen Fliegern ist die Schwebe- arbeit sehr erheblich. Die Vögel stellen deshalb, vom rein maschinentechnischen Standpunkte aus betrachtet, keineswegs so vorzügliche Flugmaschinen dar, als man dies gewöhnlich an» nimmt. Es spricht die größte Wahrscheinlichkeit dafür, daß eS noch weitaus rationellere Methoden der AuftriebSerzeugung gibt, als die Natur bei der Realisierung des Vogelfluges anzuwenden ver- mochte. Nach welcher Richtung sich die Arbeiten werden erstrecken müssen, wenn es gelingen soll, das verborgene Gold zu schürfen, darüber lassen sich derzeit freilich noch keine konkreten Angaben machen. Es läßt sich nicht einmal eine begründete Vermutung darüber aussprechen, ob der weitere Fortschritt der Flugtechnik kontinuierlich erfolgen wird, oder ob wir uns nicht vielleicht rasch einer Grenze nähern, die wir nicht leicht werden überschreien können. Vorläufig scheint die Annahme einer sprunghasten Ent- Wickelung die wahrscheinlichere. Die individuelle Erfindertätigkeit spielt deshalb gegenwärtig in der Flugtechnik noch eine erhebliche Rolle. So wünschenswert es auch sein muß, daß möglichst viele Kräfte sich an der weiteren Ausbildung der Flugmaschine beteiligen. mag es doch zweifelhaft erscheinen, ob�die fast ausschließliche Kon- Zentrierung auf den Drachenflieger wünschenswert ist. Die über»