Lind somit M« Aussichten für die Weitercntwickelung nicht gerade ungünstig, so ist ein gelvisier Optimismus gerade in unserer Zeit um so berichtigter, als das Jahr 18S3 eine un» geheure Ueberraschung gebracht hat, welche weitere_ große Er­findungen und Entdeckungen ahnen läßt. Eine unS gänzlich neue Staturlraft hat man gefunden, obgleich man voraussetzen durfte, die irdischen Kräfte seien lange bekannt, da man sie als Schwere, Gc« Nntter, Wind und Feuer scheinbar notlvendigerweise verspüren muß. Trotzdem blieb die Kraft deS N a d i u m s bis zu seiner Entdeckung durch das Ehepaar Curie verborgen, weil der Kubilmetcr Erdkruste an den meisten SleNen nur acht Milliontel Milligramm dieser Substanz enthält, und weil die Kraftentfaltung nur langsam vonstatten geht. Erst als in der Pechblende der Jvachimsthaler Hütte ein Mineral gefunden wurde, aus dem sich zwar auch nur sehr geringe aber doch wägbare Mengen Radium fabrikmäßig isolieren lassen, wurden die Eigen« fchasten dieses Stoffes der Beobachtung zugänglich. Und dabei zeigte sich das über alle Matze Erstaunliche, daß das Radiinn in an» dauernder Umwandlung begriffen ist, als deren Folge es pro Gramm so viel Wärme entwickelt wie 500 Kilogramm Steinkohle bei der Verbrennung. Die Umwandlungsgeschwindigkeit hat sich messen lassen. Sie beträgt etwa 8700 Fahre..Würde die Umwandlung plötzlich erfolgen, so müßte sie von den furchtbarsten Explosions- Wirkungen begleitet sein; wäre sie hingegen beliebig regulierbar, so würde 1 Kilogramm Pechblende genügen, um einen großen Schnell- dampfer über den atlantischen Ozean zu führen." Somit ist ein Stein der Weisen gefunden, dem 500000 mal so viel Kraft innewohnt wie der gleichen Getvichtsmenge Kohle. Aller- ding? äußert sich diese Kraft derartig langsam, daß sie im Ver- gleich zu der der Kohle einstweilen nur eine wisienschaftliche Kuriosität ist. Immerhin aber ist sie ein Wunder, und eine Zeit, die solch ein Wunder entdeckt hat, braucht an der Zukunft nicht zu verzweifeln. Das JVIünzhabinctt im Kaifcr- friedrlcb-JVIureum. Der vor kurzem verübte Diebstahl in der S ch a u s a m m- l U n g des Münzkabinetts hatte die Aufmerksamkeit des Publikums für kurze Zeit aus diese« Institut gelenkt. ES ist bei unserer SKufeumSnrifere auch nicht weiter befremdend, daß über die Ausgaben und Einrichtung dieser Sammlung über einen engen Fach» kreis hinaus wenig bekannt ist. Die Mehrzahl der Besucher, die m die beide» der Schausammlung zur Berfügung gestellten Säle hinein« geraten und sie flüchtigen Schrittes durcheilen, ahnen meist wenig von der Bedeutung der Sammlung, von der sie hier nur den dreißigsten Teil sehen und die. sachgemäß aufgestellt, das ganze Museum füllen würde. Zu unserem Glück mußte nran hier aus der Skot eine Tugend machen und die Sammlung in eine Schau» f a m m l u n g und einen magazinierten Teil aufteilen. Doch erst noch einige Bemerkungen über die Entstehung deS Münzkabinetts. Bezeichnend ist es, daß das Münzkabinett der älteste Teil der in diesem Museum vereinigten Abteilungen ist. Seine An« fange sollen bis auf den Kurfürsten Joachim II. (15351570) zurück« B führen sein. Man sieht, das Sainmeln manchmal erstreckte es ) auch auf ganze Länder war schon immer die starke Seite der Hobenzollern. Wie bei dem Entstehen so mancher anderen Sammlung, so spielten auch hier hauptsächlich dynastische Interessen mit. daneben konnte sie freilich auch Protzereigelüsten dienen. Daß die Münz« sammlung zu dem wurde, was sie heute ist, haben wir denen zu verdanken, die als Verwalter eingesetzt, es mit mehr oder minder «Beschick verstanden, die Launen ihrer Auftraggeber für ihre wisien« schaftlichen Zwecke dienstbar zu machen. Damit soll jedoch nicht ge« sagt sein, daß dieser oder jener Regent nicht auch wirklich Person« licheS Interesse für die Sache gehabt hat. Nur pflegt das meistens nicht zum Nutzen der damitbeglückten" Sammlung auszuschlagen, Wie Beispiele au» der neuesten Zeit zeigen. Der Uebergang aus dem königlichen Privatbesitz in Staatseigentum, nach der Thron- bestetgung Friedrich Wilhelms HL, und die Bereinigung mit dem Münzen« und Medaillenbesitz der Akademie der Wiffcnschaften hatte einen weiteren Aufschwung zur Folge. Im Jahre 180« wurde die Sammlung durch Napoleon nach Paris über- hrt, von wo sie später, nur unter Verlust eines Drittels, zurück- bracht werden konnte. Erst in neuerer Zeit erfolgten ansehnliche . nzelerwerbungen. Besonders durch Zuwendung bedeutender Privatsammlungen nahm die Sammlung ihren heuttgen gewaltigen Umfang an. Da» Kabinett verfügte zur Zelt der Ueberführung in» Kaiser « r>rich-Museum nach Mitteilungen seine» Direktor» Profesior Menadier in der.Museumskunde" ISOS Bd. I über 7« 300 griechische, 33000 römische, 83 000 deutsche, 25 400 außerdeutsche, mittelalterliche und neuzeitliche, 20 000 orientalische Münzen, SO 000 Medaillen. 40 Porträtkameen, 400 Stück Papiergeld und 2000 Siegelstempel, insgesamt 270000 Stück. ES steht damit etwa auf gleicher Stufe wie die bisher größten Sammlungen von London und 'S. Die hier mitgeteilten Zahlen zeigen uns die Notwendigkeit Abzweigung einer für das große Publikum ausgewählten Schau- nluno»m diesem ein ungefähres Bild von der EntWickelung deS Müiizwesen» zu geben. In den beiden Sälen tritt un« eine kostbare Auslese jahrhundertelangen Sammeleifers entgegen. Der Laie ist leicht geneigt, die ausgestellten Objekte, abgesehen von der bloßen Wertung des Materials, nur vom künstlerischen Stand- punkte zu betrachten. Wir haben es hier aber außerdem mit einer wichtigen historischen und wirtschaftsgeschichtlichen Hilfswissenschaft zu tun. Für mehr denn vier Jahrtausende tritt uns hier der Werdegang des Geldes entgegen. Bon der Vorform der eigentlichen Münzen, den Metallbarren, Ringen, Stangen, Platten der Aegypter und Griechen, Röiner und Germanen, Slawen und Asiaten von denen die ältesten au« der Mitte des dritten vor- christlichen Jahrtausends stammen geht der Weg über die ersten und schönsten Münzen Griechenlands zu den Römern, die das Alter- tum abschließen. Dann folgt der lange Entwickelungsgang deS europäischen MünzwesenSZim Mittelalter und der Neuzeit, um bei dem modernsten Hilfsmittel des Geldverkehrs, dem Papiergeld, zu enden. Scheinen auch verschiedene Münzen und Medaillen nur als Reliquien historischer Persönlichkeiten und Begebenheiten von Wert zu sein, so erzählen doch die Mehrzahl dem aufmerksamen Be- schauer und Leser der angefügten Zettel, auf dem der Fundort und anderes verzeichnet ist, von dem heißen politischen und Wirtschaft« lichen Ringen der Menschheit. So manche politische Begebenheit, deren Ursache uns unklar war, läßt sich an der Hand wichtiger Münzfnnde, au» denen man auf bestimmte Handels« und WirtschastS» beziehungen folgern kann, erklären. Aber auch vom künstlerisch-technischen Gesichtspunkte auS ist die Sammlung von außerordentlichem Werte; sind doch die Erzeugnisse der bedeutendsten Medailleure in einer Vollständigkeit hier vertreten, die wohl einzig ist. Außer den Münzen sammelt daS Münzkabinett, wie wir schon oben gesehen haben, auch alle Arten von Medaillen, emaillierten Gnadenpfennigen. WachSbossierungen, wundervoll geschnittene Steine(Kameen) und Sieaelstempel. Die alten Räume im alten Museum waren für eine derartige Sammlung schon längst unzulänglich geworden, auch ließen sie im Hinblick auf die Feuer- und Diebessicherheit viel zu wünschen übrig. Darum schuf man beim Bau des Kaiser-Friedrich-MuseumS eine An« läge für den magazinierten Teil der Sammlung, die wohl auf lange Zeit allen Anforderungen, auch bei bedeutendem Zuwachs, gewachsen sein wird. Den Kern der Anlage bildet ein Saal, 50 Meter lang und« Meter breit, im Untergeschoß des Museums. Die Seitenwände sind aus Quadern errichtet und mit Eisenplatten bekleidet; Fußboden und Decke werden durch starke Wölbungen gebildet. Die Fenster find durch schwere Panzerläden geschützt, desgleichen bestehen die Türen auS starken Panzerplatten. An der den Fenstern gegenüber» liegenden Längswand befinden sich 48 in eins montierte eiserne Schränke, über denen sich eine Galerie befindet, auf der eine um- fangreiche Fachbibliothek untergebracht ist. Im Innern der Schränke, die durch Rolljalufien geschloffen werden, befinden sich in zwei Reihen 140 oder ISO eiserne Schubläden, in denen die Münzen in geeigneter Weise geordnet sind. Die komplizierte, aber doch übersichtliche Art der Aufstellung und Katalogisierung, ihre Verbindung mit anderen bedeutenden Sammlungen kann uns hier nicht weiter interessieren. Im gepanzerten Sammelraum haben etwa 16 Beamte ihre Arbeits« Plätze und nur ihnen und den MUgUedern der Sachverständigen« kommission ist der Zutritt gestattet. Für ernsthafte Interessenten ist ein besonderer Studienraum vorhanden. Diesen können hier, nach vorheriger persönlicher Meldung beim Direktor, unter Aussicht eines Assistenten und eines Aufsehers, einzelne Münzladen und Bücher zum Studium gereicht werden. Wir sehen, hier ist die Verwaltung in weitgehendstem Maße gegen Einbruch resp. Diebstahl geschützt. Ander» aber oben in der S ch a u s a m m I u u g. Man hat schon daran gedacht, an Stelle der Originale galvanoplastische Kopien auS« zustellen. Wenn sie der Laie auch nicht vom Original unterscheiden kann, so verhindert doch da» Bewußtsein, Kopien vor sich zu haben, den vollen Genuß. Die Schautische für Münzen hat man ja schon so gebaut, daß sie den ausgestellten Objekten den größten Schutz gewähren, ohne den Beschauer sonderlich zu stören. Besondere Aufmerksamkeit und Wachsamkeit wird u. a. den goldenen Alexandermedaillons gewidmet. Diebstähle und Beschädigungen, an dem Inhalte unserer Museen verübt, werden jeden gesitteten Menschen mit einem tiefen Abscheu erfüllen. Handelt eS sich doch um Dinge, die nicht da? Eigentum eines einzelnen sind, sondern zu dem dauernden Kulturbesitz der gesamten Kulturmenschheit gehören und oft unersetzlich sind. Zu den Aufgaben deS Staate» und der Kommunen, diese Kulturgüter zu schützen, gehört nicht nur schärffte und ständige Beobachtung, besonder» zur Nachtzeit sie sollte eigentlich gar nicht nötig sein, sondern vor allem auch die Hebung des Verständnisse» für den hohen Kultur» wert unserer öffentlichen Sammlungen und Museen. In dieser Richtung hat der Staat seine Aufgabe arg vernachlässigt I Erst die Demokratie wird den Kulturbesitz unserer Sammlungen dem ganzen Volke erschließen und fruchtbar machen und sie so zu» gleich vor Attentaten schützen. F. F. Akteur: Han« Weber, Berlin. Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdruckerei u.VerlUgSanstalt Paul Singer SiCo..Berlin LA!!.