,25a5 fällt Dir bettit ein 1" Lippschiitz lachte..Dil hälft mich Wohl für einen Esel?" Ja, das tu' ich. Bilde Dir meinetwegen ein, waS Du willst." Gut. Aber wenn da irgend was passiert, tu ich den Mund auf." lFortsetzung folgt.) Im verstörten IVlessma. Nicht der Mensch die Natur, von der er ein Teil, ist daS gewaltigste. Wir können uns keine Vorstellung machen von der un- geheuren Gewalt, welche die Erdfesten erschüttert, die Oberfläche unseres Planeten wie Wellen springen und tanzen läsit, Gebügs- kämme einporschleudert, Felsboden gleich einem Spiel Karten auf- rollt und zusammenschiebt, Meere haushoch hebt oder in unergünd- liche Spalten hinabschleudert, ganze Städte und Dorfschasten mit ihren Bewohnern in wenigen Sekunden vernichtet. Der winzige Erdschöllschen aufwerfende Ackerflug, ein Tornado oder Zyklon, der der Wälder knickt sie erscheinen kaum als eine schwache Ahnung jener Wirbel, die im Erdinnern wüten. Der Anblick eines Hoch- gebirgcs, die meilcntiefen Becken, worin jetzt Ozeane rollen: was sind sie anders als die seit Ewigkeiten hingestellten sichtbaren Zeugen jener Revolutionen? Jahrbillionen waren wohl nötig, um solche Gebilde und Umwälzungen hervorzubringen. Furchtbareres als sie gab es nie. Seit aber Menschen auf Erden hausen und seitdem rhres Lebens und ihrer Taten Spur geschichtlich zurück- verfolgt werden kann, lägt sich dem Untergang von Messina   keine Erdbebenkatastrophe aus früheren Epochen vergleichen. Wer erinnert sich nicht jener Schreckenstage unmittelbar um des letzten Jahre» Wende? Damit sie nimmer im Gedächtnis der Lebenden erblaflen und damit sie auch kommenden Geschlechtern immerdar vor Augen stehen möchten, haben nun zwei bewährte Autoren, nämlich Dr. Wilhelm Meyer und Maxim G o r k i, der gefeierte russische Dichter, es unternommen, jene furchtbare Erdbebenkatastrophe in ihrem reich- illustrierten Prachtwerk:Im zerstörten Messina" sBerlin, I. Ladyschnikow-Verlag. 1909.) zu schildern. Nicht, daß es sich hierbei um eine Zusammenfasiung mehr oder weniger phantasievoller Zeitimgsberichte handelte. Beide, sowohl der deutsche Fachgelehrte, als auch Maxim Gorki   weilten in Italien   und zwar gerade m unmittel­barer Nähe des Unglücksherdes. Und beide eilten sofort hin, um helfend einzugreifen. Ihre Darstellung beruht also auf direktem Mit» erleben, ergänzt und bekräftigt durch eingeflochtene Berichte von Per- sonen, die dem Tode entronnen. Dr. Meyer nimmt zuerst das Wort:Schön und heiter war Messina  : Am Hafen reihten sich die säulengcschmückten Paläste an- einander, stolze Bauten, die scheinbar für eine Ewigkeit errichtet. Und drüben an den Kaimauern drängten sich Schiffe aus allen Erd- teilen, um schwerbeladen mit köstlichen Früchten, die unter der lachenden Sonne eines mit überreich von der Natur beschenkten Landes reiften, wieder heimzukehren. 170 000 glückliche, arbeitsame Menschen durcheilten stets frohgemut die schmucken Straßen der Stadt, waren in den Bureaus, in den ausgedehnten Lagerräumen, bei ihrer sonstigen häuslichen Beschäftigung, oder sie ruhten iui trauten Familienkreise von der Arbeit aus.... Es war der Sonntag zwischen den beiden Festen Weihnachten und Neujahr, und ein heiterer Früh- lingstag lag über den grünen Gefilden, wo aus dem dunklen Laub die goldenen Früchte reicher als je in diesem Jahre glänzten.... Und in einer kürzeren Zeit, als der Sekundenzeiger unserer Uhr ein- mal seinen Kreis vollendet, war der ganze wunderbare Organismus in einen Haufen durcheinandergewürfelter Steine, Balken, Trümmer aller Art verwandelt, alle Fäden zerriffen, 13600 Menschen zerschlagen. Wer faßt die Größe des Entsetzens, das in diesem Augenblick eine ganze Bevölkerung zu einem einzigen wilden Schrei der Verzweiflung vereinte? Als ich am vierten Tage nach der Katastrophe die Trümmer- stätte besuchte, war des herzzerreißenden Wehklagens und Jammerns ringsumher noch kein Ende".... Keinerlei Anzeichen einer Bebenkatastrophe hatten sich bemerkbar gemacht. Oder doch. Gewisse Tiere waren unruhig gewesen. Man hatte bemerkr, daß die Ratten, deren es in Hasenstädten, folglich auch in Mcssina ungezählte Scharen gibt, nach und nach aus den Häusern entwichen. Man wußte sich diese Erscheinung nicht zu er- klären. Auch die Katzen offenbarten ängstliche Unruhe. Sie miauten kläglich, liefen in den Zimmern umher, sprangen schreiend an den Wänden empor. Man ahnte nicht die Ursache. Oder man kam nicht mehr zum Nachdenken darüber; denn kurz darauf ein Rollen, Donnern und Beben, sekundenlang. Dann ein zweiter furcht- barerer Stoß und Messina  , Neggio   nebst zahlreichen Ortschaften waren ein einziger in undurchdringliche Staub- und Rauchwolken eingehüllter Trümmerhaufen, mit viel tausend Erschlagenen oder lebendig Begrabenen dadrinnen. Flammen züngelten da und dort empört. Gewimmer, Rettungsrufc, Verzweiflungsschreie sterbender, verwundeter, flüchtender Menschen in rabenschwarzer regenrauschender Finsternis. Trümmer aller Art. wie bei uns im Schiffbruch, schwimmend im Meere; Hunderte von Leichen darunter. Leichen und Tierkadaver im Stadtinnern. wohin man den Fuß setzt.Da liegt die Leiche einer jungen, offenbar vornehmen Dame; noch im Tode'ist sie schön. Man sieht es dem jetzt mit Schmutz be- sudelten Nachtgewand e an. daß Reichtum sie umgeben hatte. Aber wer konnte es sein? Es scheint eine Ausländerin. Der Typus er« innert an den englischen. Vielleicht war sie, wie viele andere, erst am Unglückstage hier angekommen, um das schöne Sizilien zu sehen, in seineu herrlichen Gärten sich zu ergehen. Ihre ruhige Lage deutet darauf hin, daß sie im Schlaf vom Tode überrascht wurde.... Daneben die Leiche eines älteren Mannes. War es ihr Vater, der sie auf ihrer Vergnügungsfahrt begleitet hatte?... An der Tür eines eingestürzten Hauses liegt der Leichnam einer jungen Frau auf dem Rücken, der Schutt bedeckt sie, und nur das Gesicht, eine Schulter und die Brust sind sichtbar. Ein Blutstrom rieselt unter ihreni Körper hervor, und eine Katze sitzt ihr zu Häupten und miaut kläglich.... Hier ragen zwei Arme auS den Trümmern auf, deren Hände krampfhast in die Erde fassen; nicht weit davon sieht man ein zwei- schläfriges Bett, aus dem die Köpfe eines Mannes und einer Frau herausschauen. Die Leiber sind nicht sichtbar, nur die Kopfkissen mit den beiden ruhigen, mit einer grauen Staubschicht bedeckten Gesichtern sind zu sehen.... Auf dem Rest eines etwa meterbreiten Balkons ist ein vielleicht sechsjähriges Mädchen mit dem Hemdchen am zerbrochenen Gitter hängen geblieben. Nur die untere Hälfte des Körpers findet noch Halt an den Trümmern, Kopf und Brust hängen in der Lust. Die Kleine schweigt und starrt nach unten.... Hoch oben im vierten Stock hängt dort ein Mensch mit dem Kopf nach unten herab, sein Bein ist festgeklemmt; unmöglich ist's, ihn herunterzuholen. Der Wind zerrt an seinem Hemd, wühlt in seinem Haar, seine Arme bewegen sich hin und her, er scheint lebendig, von 5lrämpfen geschüttelt, vor Kälte und Schmerz.... Hier bittet ein junger Mensch um Hilfe. Seine Beine sind der« schüttet, doch ist es nicht möglich, ihn herauszuholen, die Retter würden mit verschüttet werden. Ein Chirurg kommt und amputiert die Beine, die beide zerschmettert sind. Als man den armen Menschen auf die Tragbahre legte, verlangte er zu trinken, sprach noch:Ich dank' Euch, Freunde I" und starb.... Eine alte Frau von 102 Jahren wurde ausgegraben, doch sie wollte ihr Grab nicht verlaffen.Laßt mich", sprach sie,all mein junges Volk ist gestorben, auch ich Ivill sterben I"... Einem Greise waren drei Söhne erschlage» worden. Ihre Leichen wurden in seiner Gegenwart herausgezogen er legte sie schweigend selbst in die als Särge dienenden Kisten und besweute sie mit Kalk. Der Kopf des Jüngsten war ganz zerschmettert, das Geficht unkenntlich, daS Gehirn bloßgelegt.Er war ein hübscher Junge!" spricht der Vater ernst und bricht zusammen. Die Soldaten heben ihn auf: er ist tot.... In den ersten Tagen sollen viele Mädchen und Frauen unter den Trümmern umgekommen sein, nachdem sie bereits ausgegraben waren.... Aber sie waren nackt und wollten sich in diesem Znstand nicht den Männern zeigen. Viele mußten mit Gewalt aus den Trümmern gezogen werden. In Neggio   hatten die Soldaten den guten Einfall, ihnen Säcke zu reichen, in denen sie sie dann heraus- zogen: sie wären lieber gestorben, ehe sie sich nackt vor Männcraugen gezeigt hätten.... Die Matrosen deSMakarow" sahen zwischen den Trümmern eine Frau fast ganz entkleidet saß sie mitten unter dem Geröll und hielt einen vom Rumpfe getrennten Kinderkopf in den Händen, preßte ihn an die Brust und sang dazu ein schwermütiges Liedchen. Sie wollten ihr den Kopf wegnehmen und sie selbst irgendwo an einen sicheren Platz bringen, aber sie verfiel in förmliche Raserei, begann um sich zu schlagen, zu beißen und zu schreien. Als man sie allein ließ, beruhigte sie sich wieder, wiegte wie zuvor den Kopf hin und her und saug. Die Matrosen (Russen) riefen ein paar Italiener heran, und sie sagten ihnen, es fei die Gatttn eine? Offiziers, die für eine der blendendsten Schönheiten von Messina   gegolten, und der Kopf in ihren Händen gehöre ihrem kleinen Sohne Ügo. Immer noch sang sie ihr Wiegen- lied und sprach:Schläfst du, Ugo? Warum schweigst du, mein Sohn? Hab' keine Angst, mein Herzchen, alles ist schon zu Ende, brauchst keine Angst zuhaben!" Alle Familienmitglieder der Aermsten hatten den Tod gefunden.... Genug der Wahnsinns- und Schreckensbilder, die noch leicht vermehrt werden können. Wenden wir uns den Lebenden zu. Räuberisches Gesindel schleicht wühlend im Schutte umher. Oder sind's Irrsinnige, die ihre Angehörigen, Hungernde, die nach Brot fuchen? Als ich, erzählt Gorki  , durch die Via dei Mille schritt, bemerkte ich, wie ein Räuber eine Kiste zu erbrechen suchte. Ich legte den Revolver auf ihn an und hieß ihn sofort die Banknoten wegwerfen. die er bereits in der Hand hielt. Er murmelte etwas als Antwort und drohte mir mit seinem Dolche. In diesem Augenblicke kamen ein paar Artilleristen herbei, nahmen und führten ihn ab. Als die Soldaten ihn so transportierten, spien ihm alle, die ihm begegneten, ins Gesicht am liebsten hätten die Leute den erbärmlichen Menschen totgeschlagen."... Gleichwohl treten beide Verfasser den übertriebenen ZeitungS« berichten von Räubereien entgegen. Gewiß find Einzelfälle vor- gekommen. Aber wer will sagen, daß es immer Raubgesellen waren: Oft mögen eS Leute gewesen sein, die nach verlorenen An- gehörigen im Schutte wühlten. Das Unglück vereinigte Reiche und Arme, Hoch und Niedrig, Einheimische und Fremde aller Nationen w Hilfsbereitschaft. Die