Die Zigeuner faßen um die Lagerfeuer und sprachen in den Abend. Ihre Worte waren müde, nur manchmal hellten sich die Stimmen auf, wie die Lagerfeuer, wenn der Brand ein frisches Reis umschlang. Aber bald wieder fügten sich die Worte still und ein­tönig in die Stille.

-779 ganz nahe und ganz weit und bald war der Abendfriede feiertäglich Müssen wir deshalb auf die Hoffnung verzichten, das femals Savon erfüllt. Die Toata( das Gehämmer auf einem Brette) war zustande zu bringen, oder müssen wir deshalb gar an die Wunder­es, das man zur Tagesscheide schlug, denn knapp vor Ostern stand geschichten glauben, die dem Leben einen übernatürlichen Ursprung man. Und das Zeichen dieser vorösterlichen Zeit war die Toaka. zuschreiben? Das ist eine der wichtigsten, der schicksalsschwersten Eine Steinmauer umgab zum Teil den Lagerplatz der Fragen, die an unsere Weltanschauung herantritt, und es ist daher Bigenner. Gärten lagen hinter dieser Mauer, die die Rumänen kein Wunder, daß sich eine Reihe der hervorragendsten Gelehrten strenge von den Zigeunern schied. Und in einem diefer Gärten er eingehend mit diesem Problem beschäftigt hat. Eine streng wissens tönte eine Toata. schaftliche Lösung wäre erst geboten, wern entweder die Unmöglich feit einer Urzeugung" bewiesen oder andererseits der Vorgang einwandfrei beobachtet wäre. Keines von beiden ist bis jetzt der Fall, und so bietet diese Frage ein Feld für Theorien, d. h. für Verfuche, aus dem Bekannten Schlüsse auf das zu ziehen, was unserer Erfahrung nach unzugänglich ist. In seiner Allgemeinen Physiologie*) hat Berworn die interessantesten und wertvollsten Versuche dieser Art übersichtlich zusammengestellt. Die ungemein flare und fesselnde Darstellung ermöglicht auch dem ein Verständnis dieser schwierigen Fragen, der nicht Zeit oder Gelegenheit hat, sich mit den ein schlägigen Spezialgebieten der Geologie, Phyfit, Chemie, Physiologie, Entwickelungslehre usw. eingehender zu beschäftigen. Im Rahmen eines furzen Artikels müssen wir uns mit Andeutungen begnügen. Es ist sehr begreiflich, daß man schon frühzeitig Versuche machte, sich den angedeuteten Schwierigkeiten dadurch zu entziehen, daß man sie umging. So hat schon 1865 H. E. Richter die Vor stellung vertreten, daß das Leben überhaupt nicht entstanden ist, sondern von Ewigkeit her ebenso wie die Materie besteht. Der ganze Weltraum ist mit fleinen Partiteln fester Substanz durchsetzt, in denen oft auch Lebensteime haften. Diese gelangen so zu den verschiedensten Weltkörpern, und wo sie günstige Lebensbedingungen, besonders Feuchtigkeit und mäßige Wärme, finden, da entwickeln sie reges Leben und bilden die Grundlage für alle später auftretenden Lebens­formen.

Die Kinder schliefen bereits in den Zelten. Nur Anrus war noch wach und lauschte der Loaka, die über die Mauer herüber­sprach. Und er schob sich unter der Zeltwand durch, schlich an den Alten vorbei, die mit ihren vom Flammenschein geblendeten Augen ihn nicht sahen, schlich an die Mauer, lauschte und starrte in den Mond unter sich. Und Lauschen und Mond verklärten sein braunes Bigeunergesicht.

Hinter den Steinen tönte fort und fort das Geläute der hölzernen Klöppel. Es flang eintönig und doch seltsam aufreizend, gellend und berückend und dann wieder weich niedersinkend. So hell und flingend war es, daß man nicht ahnte, mit hölzernen Hämmerchen werde ein hängendes Buchenbrett. geschlagen.

Anrus war auf die Mauer geklettert, lag auf dem First und schaute hinüber. Das Mondlicht rieselte über den gelben Garten grund, schimmerte rückwärts an eines Hauses Wand. Schwarz wie fcharfe Federzeichnungen standen die Zwetschgenbäume, die moos bewachsenen este und die dicken furzen Zweige eines Birnbaumes aber verhielten sich reglos und symmetrisch wie bei einer alten Glas­malerei.

An einem der Bäume hing das Brett der Toaka. Ein Rumänen Inabe stand davor und handhabte ernst und unermüdlich die Klöppel. Und die fleine Gestalt des Knaben schien doppelt schwerfällig, doppelt gravitätisch unter dem dicken Belzwams und der flumpigen Lammfellmüte.

Anrus lauschte und fühlte nicht, wie falt die Nacht auf seinem Rüden lag. Er sah das Buchenbrett im Mondlicht schimmern, der Klöppel flinkes Auf- und Niederwandern und des Knaben stoische Ruhe. Und heiß fog fein Fühlen das läutende Rattern ein.

Aber einmal sette der Rumänentnabe aus. Und da antwortete bon weit drüben eine andere Toata mit hastigen, schnellen Schlägen, wie rufend. Der Knabe antwortete darauf. Und nun flang es bald von hier, bald von dort und diese Zwiesprache füllte so eigentümlich die helle Nacht, als ob zwei ernste Männerstimmen über Berg und

Tal redeten.

Plötzlich erwachte Anrus aus seinem Lauschen. Ihn schauerte. Der Rumänentnabe hatte sich entfernt und fahl und einsam hing das Brett im Mondenschein, der auf einmal so falt geworden war. Doch Anrus lag noch lange auf den Steinen, um hinüber zu starren. Und seine Kinderfeele zitterte danach, dort drüben zu stehen, um die Toata läuten zu lassen, nahe und dicht vor sich, allein für sich.

Aber im falten Mondlicht schien sie sich immer weiter zu ent­fernen, flein und fremd zu werden in diesem fremden Garten. Steif stieg er die Mauer hinab und schlich ins Belt, wo er fich fröstelnd in die Lumpen hüllte, die ihm als Lager dienten.

( Fortsekung folgt.)

Arzeugung.

Stadt Seitdem uns die Entwickelungslehre gezeigt und bewiesen hat, daß die komplizierteren, höher entwickelten Lebensformen von den einfacheren, niedrigeren abstammen, mußte die Frage erhöhtes Intereffe getvinnen, woher denn die einfachsten, niedersten Lebewesen stammen, oder mit anderen Worten, wie das Leben überhaupt ent­standen ist.

Es ist flar, daß diese Theorie, die übrigens in letter Zeit be­sonders von dem schwedischen Chemiker und Physiker Arrhenius wieder aufgenommen wurde, das Problem nicht löst, sondern nur hinausschiebt. Die lebende Substanz, das Eiweiß, besteht nur aus Elementen, die sich auch im Reich des Unorganischen finden. Es bildet nur eine bestimmte Zusammensetzung dieser Elemente, ebenso wie jedes Mineral, z. B. der Quarz oder der Kalkstein, aus ihrer Verbindung besteht. Mit demselben Recht wie vom lebenden Eiweiß könnte man daher auch von diesen Steinen behaupten, daß sie sich nicht erst auf unserer Erde gebildet haben, sondern daß ihre Reime von Ewigkeit her den Raum bevölkern.

Einen anderen Versuch das Problem zu umgehen hat Breyer unternommen. Er findet ebenfalls die Frage falsch gestellt. Nicht das Belebte ist aus dem Unbelebten hervorgegangen, sondern dieses aus jenem. Der feurigflüssige Erdball, der die Sonne umkreiste, war ein ungeheurer lebendiger Organismus, dessen Atem vielleicht leuchtender Eisendampf, dessen Blut flüssiges Metall und dessen Nahrung vielleicht Meteoriten waren. Erst die allmähliche Er starrung ließ die fefte Erdkruste erstehen, und das, was wir heute Leben nennen, ist nur mehr der schwache Rest des gewaltigen Pro­geffes unferes heute bereits in Totenstarre liegenden Planeten.

Diese Theorie entrollt vor unserer Phantasie grandiose Bilder; aber sie erklärt nicht das, was sie zu erklären vorgibt. Es wäre müßig, hier darüber zu streiten, ob es einen Sinn hat, auch die ge waltigen Energien, die im feurigen Sonnen oder Planetenball wirken, Leben zu nennen. Dehnt man aber diesen Begriff einmal so weit aus, dann muß man auch daran festhalten, und dann ent­steht eben die Frage, wie sich aus dem unorganischen Leben, wie es eine glühende Masse bietet, das organische, wie es unsere Tiere und Pflanzen aufweisen, herausbildet. Hier ist also nur die Benennung geändert, das Problem bleibt ungelöst.

Durch bloße Spekulation wird diesem überhaupt nicht bei zukommen fein, sondern nur durch sorgsame und mühselige Gr forschung der Lebensvorgänge und ihrer Gleichheit beziehungsweise ihrer Unterschiede gegenüber den Vorgängen in der unbelebten Natur. Da fällt bor allem als charakteristisch für alles Lebende Lebewesen bildet und das Eiweiß auf, das die Grundsubstanz aller in dessen chemischen Umwandlungen Auf diese Tatsachen gründet sich die

das Leben besteht.

3. B.

geistvolle Theorie des großen Physiologen Pflüger. Dieser geht Dem Altertum hatte die Frage, wie sich Belebtes und Un- davon aus, daß sich das lebende Eiweiß in seiner chemischen belebtes bildet, noch keine Schwierigkeiten bereitet. Der Augen- Busammensetzung und Wirkungsweise von dem toten, wie wir es schein schien zu lehren, wie Würmer und Insekten, ja sogar manchmal Bunkten unterscheidet. Er weist besonders darauf hin, daß die allein unseren Versuchen zugrunde legen können, in wesentlichen Fische aus dem Schlamm der Gewässer hervorgingen, und erst ein­gehenderes Studium zeigte, daß es nicht der Schlamm selbst war, caratteristischen Zersehungsprozesse des lebenden Eiweiß, wie sie im Harn der Säugetiere zutage treten, wesentlich der die Lebewesen zeugte, sondern daß diese aus Lebenskeimen, aus bon den Stoffen verschieden sind, die bei der Zerfezung befruchteten Eiern herrührten. Ganz ähnlich wiederholte sich später oder sonstigen Umivandlung des derfelbe Vorgang nach der Entdeckung der Welt der Infusorien und toten Eiweiß entstehen. später wieder der Batterien. Auch hier schien zuerst die Annahme Diesen Zersegungsprodukten des lebenden Eiweiß ist nun das gemein­gerechtfertigt, daß diese fleinsten Lebewesen aus der unbelebten Materie fam und eigentümlich, daß sie entweder Cyan enthalten oder aus Chan, d. i. hervorgehen, und erst die genauen und feinen Methoden der mo- die Verbindung von gleichen Teilen Stickstoff und Kohlenstoff, scheint Cyanverbindungen fünstlich hergestellt werden können. dernen Naturwissenschaft haben auch hier den Irrtum nachgewiesen. daher der Stoff zu sein, an dem das Leben im Eiweiß geknüpft iſt. Bisher sind alle Versuche, eine Urzeugung, d. 5. eben ein Hervor Durch die Atmung nimmt der Drganismus Sauerstoff auf. Dieser gehen von Leben aus dem Unbelebten, zu beobachten oder fünstlich hervorzurufen, gescheitert. Zwar ist es bereits gelungen, eine Reihe berbindet sich mit dem Kohlenstoff des Chan, das sich dabei zersetzt, Auf diese Weise von Stoffen fünftlich herzustellen, die die Natur nur als Produkt des zu Kohlensäure, die wieder ausgeschieden wird. lebenden Organismus fennt, wie z. B. Harnstoff; auch hat man erklärt sich der fortwährende Zerfall des lebenden Eiweiß, schon nach verschiedenen Methoden mit Hilfe unorganischer Stoffe einzelne Lebensborgänge täuschend nachgeahmt; aber wirkliches Leben fonnte man noch nie aus dem Unbelebten hervorgehen sehen.

*) May Verivorn, Allgemeine Physiologie. Jena , Gustav Fischer. Fünfte vollständig neu bearbeitete Auflage. 1909. 742 S.